Was ist neu

Fallende Blätter

Mitglied
Beitritt
11.03.2003
Beiträge
384

Fallende Blätter

Fallende Blätter

Die Wälder verfärbten sich. Das Ende des Jahres rückte wieder näher und jeder suchte sich ein warmes Zuhause. Der laue Sommerwind, der in letzter Zeit nicht mehr so häufig geweht hatte, verschwand ganz und machte einer kühlen Brise Platz. Das Grün wich einer Vielzahl von Farben. Die Blätter fielen nach und nach von den Ästen, trieben minutenlang in der Luft, landeten dann ganz sachte auf dem Boden, wo schon unzählige andere Blätter lagen, und schliesslich gingen sie verloren in diesem Meer aus tausenden von Farben. Und so ging auch ich verloren.
Ich war ein grünes Blatt, das ganz zart im Frühling aus einer Knospe entsprungen war. Sanft bog ich mich in den Winden, die mal stärker und mal schwächer wehten. Doch ich widerstand allen. Die Winde konnten mir nichts anhaben, so auch nicht der Regen oder die sengende Sonne. Ich lebte unter meinesgleichen, und doch unverwechselbar. Vögel lebten in nächster Nähe, Bienen umschwärmten mich. Der Sommer wärmte mich und gab mir neue Kraft. Die Luft duftete ebenfalls süsslich, wies auf die kommende Ernte hin. Die Früchte wurden schwerer und reifer, ich spürte, wie ihre letzte Zeit gekommen war. Doch bald schon verschwand auch die schwere Süsse, die Erntezeit war gekommen. Da spürte ich, dass auch meine Zeit bald kommen würde. Meine Kraft schwand, eine letzte Euphorie packte mich. Und ich fühlte die letzten wärmenden Sonnenstrahlen.
Dann, eines Tages, war es soweit. Mein Ast gab mich frei und dann fiel ich hinunter. Der Wind trug mich. Sonnenstrahlen wärmten meinen Weg. Irgendwie bedauerte ich es, dass nun mein schönes Leben schon zu Ende sein sollte. Doch ich konnte auch nichts ändern. So ergab ich mich schliesslich in mein Schicksal.
Der Wind spielte sein Spiel mit mir, trieb mich wieder in die Höhe, drückte mich hinunter. Auf einmal realisierte ich neben mir ein anderes Blatt, das mit mir im Wind trieb. Es näherte sich mir und ging wieder fort. Ich folgte ihm. Gemeinsam flogen wir und spielten miteinander. Vollkommene Glücklichkeit. Doch dann trennte der Wind uns und ehe ich mich versah landete ich sanft auf dem Boden. Das andre Blatt aber war weit von mir entfernt, ich konnte es noch lange sehen, im Wind treibend und sich nach mir umsehend. Aber auch es verschwand inmitten des Farbenteppichs. Wir starben, Herbstblätter im Wind. Und doch hinterliessen wir die Hoffnung auf den kommenden Frühling, alles würde noch einmal von vorne beginnen. Bis wieder die Herbstblätter ihren Tod finden würden. So wie wir.

 

Hi Marana

Schöne Geschichte, konnte mich richtig gut in das Blatt hineinversetzen :D
Besonders die Farben und den Sommer hast du toll beschrieben.
Interessant, dass man die Geschichte in manchen Punkten sogar als Gleichnis sehen kann, wenn man mag.
Ein bisschen stört mich noch die Lücke zwischen den idyllischen Bienen usw und dann dem plötzlichen Tod.

Mein Ast gab mich frei

Das hört sich fast so an, als wollte das Blatt weg.

Die Blätter fielen nach und nach von den Ästen, trieben minutenlang in der Luft

Wirklich minutenlang?

Gemeinsam flogen wir und spielten miteinander. Vollkommene Glücklichkeit. Doch dann trennte der Wind uns und ehe ich mich versah landete ich sanft auf dem Boden.

Die Vorstellung dieses "in der Luft Treiben" gefällt mir, irgendwie muss ich dabei nicht nur an Blätter denken, sondern eher an menschliche Freundschaften und Gefühle.

Liebe Grüße
wolkenkind

 

Hi Wolkenkind!
Danke, dass Du meine Geschichte gelesen hast! Ich bin froh, dass sie Dir gefällt. Nun, vielleicht gibt sie auch etwas Freundschaften an.

Mit dem Ast, da hast du Recht! Wenn ich es so lese, kommt es mir komisch vor. Minutenlang mag auch ein bisschen übertrieben sein, werde mir noch eine Möglichkeit überlegen. Auch das mit dem Übergang schaue ich mir noch genauer an.

Danke für Deine positive Rückmeldung!

Liebe Grüsse,
Marana

 

Servus Marana!

Eine sehr schöne Herbstgeschichte, dennoch zeitlos auf unser Leben umgesetzt. Mir gefiel gerade der Satz "der Ast gab mich frei" ganz besonders gut. Lässt er doch zu, dass mancher froh ist endlich aus der Verankerung zu kommen, fliegen zu können, und sei es auch einem Ende entgegen aus welchem wieder neues Leben hervorgeht.

Lieben Gruß an dich - Eva

 

Hallo Eva!
Herzlichen Dank für Deine Kritk! Besonders hat es mich natürlich gefreut, dass auch Dir die Geschichte gefallen hat.
"Der Ast gab mich frei." Nun, ich muss mir jetzt wirklich überlegen, ob ich ihn behalten will, mich davon trennen ode rihn umschreiben.

Liebe Grüsse,
Manuela

 

Hallo Marana,
mir hat deine Herbstgeschichte auch sehr gut gefallen, die Herbststimmung kam sehr gut rüber. Ich würde den Satz mit dem Ast so lassen, wie er ist.
Liebe Grüsse
Blanca

 

Hi Blanca!
Danke fürs Lesen und für Deine positive Rückmeldung! Nun, vermutlich werde ich den Satz auch so lassen wie er ist.
Liebe Grüsse,
Marana

 

Hi Marana!

Eine wunderschöne Geschichte mit herrlichen Beschreibungen :)! Wie wolkenkind schon gesagt hat: Man kann sich wirklich gut in das Blatt hineinversetzen, lässt sich mit ihm vom Wind treiben... Ich würde den Satz mit dem Ast auch lassen, er gefällt mir.

Liebe Grüsse
Lune

PS: Ich widme dir gerade meinen 50. Beitrag :D!

 

Hi Lune!
Juhu! Schön, dass dir meine Geschichte gefallen hat. Schön auch, dass du mir deinen 50.Beitrag widmest!!! :rotfl:

Liebe Grüsse,
Marana

 

Hallo Marana,

eine schöne, symbolische Geschichte ist Dir da gelungen. Besonders gefallen hat mir der Gedanke, sich voneinander zu entfernen, doch trotzdem eine Gemeinsamkeit zu verspüren.
Noch zwei Kleinigkeiten:

„realisierte ich neben mir“ - dieses Fremdwort klingt so technokratisch, `bemerkte´ ich (oder ähnliches) fände ich passender.
„trieb mich in die Höhe“ - „mit mir im Wind trieb“ - vielleicht kannst Du Wortwiederholungen vermeiden, auch bei „Wind“ (Lufthauch; Trug mich in die Höhe, taumelte mit mir im Wind).

Alles Gute,

tschüß... Woltochinon

 

Hallo Woltochinon!
Danke!!!
Ich werd mich an die Verbesserungen machen (sobald ich genug Zeit habe). Und vermutlich sollte ich einen "Wortwiederholvermeidungskurs" machen... :)

Liebe Grüsse,
Marana

 

Hi Marana,

auch mir hat Deine kurze "Blattgeschichte" ganz gut gefallen. Ich bedauere es fast, daß sie so kurz ist, weil Deine Geschichte mich so richtig schön melancholisch gestimmt hat... ;)

Griasle,
stephy

 

Hallo Marana,

eine gefühlvolle Schilderung eines Blatt-Lebens. Gefällt mir gut. Den Rest haben meine Vorredner bereits gesagt.

Gruß vom querkopp

 

Hi Stephy! Hi Querkopp! Hi Bo!
Ich danke euch allen für eure Kommentare!!! Ich freu' mich immer, wenn mir eine Geschichte gelungen ist! (wer nicht?)


@stephy:
Ja, sie wird wohl nicht länger, irgendwie wüsste ich da jetzt nicht mehr viel anzuhängen. :)

@Querkopp:
Ja, ich konnte mich gut ins Blatt hineinversetzen :) Nein, ich weiss auch nicht, wie ich das konnte...

@Bo:
*schonwiederrotwerd* :D

Liebe Grüsse,
Manuela

 

Hallo Annette!
Danke!!! :)

Ich wünsche dir schöne Ferien!
Manuela

 

Hallo Marana!
Auch mir hat deine Geschichte gefallen!
Sehr ruhige Stimmung, ich konnte mir richtig gut vorstellen, wie die zwei Blätter da hinunter gleiten, sich irgendwann aus den Augen verlieren.

Ich finde, die Geschichte hat genau die richtige Länge.

bye und tschö

 

Hi Moonshadow!
Danke für dein Lob, hat mich gefreut, dass du diese Geschichte wieder ausgegraben und gut gefunden hast :)

Liebe Grüsse,
Marana

 

Hallo Marana!
Eine wirklich schöne Geschichte. Kann mich den anderen nur anschließen. Wunderschön beschrieben, da freue ich mich direkt auf den Herbst!

Sommerliche Grüße
Ulrike

 

Hallo Marana,

Ich finde deine Geschichte wunderbar in ihrer Leichtigkeit des Beginnes, des Seins, des und des Endes im Kreislauf des Lebens. Ich finde besonders schön, das du das Ende mit "mein Ast gab mich frei" nicht als bedrohliches Ende sondern als weitere reiche Erfüllung von Sehnsüchten beschreibst. Auch empfinde ich es als tröstend, das der Kreislauf von vorne beginnt.


Wirklich wunderschön:engel:
Liebe Grüße
Goldene Dame

 

Hallo Ulrike, hallo Goldene Dame!
Es freut mich, dass ihr meine kleine Geschichte so toll findet.

@Ulrike: Ich freue mich auch auf den Herbst, aber aus anderen Gründen (es könnte ja mal wieder etwas kühler werde...)

@Goldene Dame: Ja, der Lebenskreislauf (nicht nur der der Blätter) beginnt immer wieder von vorn - danke!

Liebe Grüsse aus der Schweiz
Manuela

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom