- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 12
Fahrstunde
„Die nächste links“, mein Fahrlehrer dreht sich gelassen eine Zigarette, während ich wie ein Blöder am Lenkrad kurbel. Die „nächste“ war leider nur noch einen Meter entfernt, als er die Güte hatte, mich von seiner Routenplanung in Kenntnis zu setzen. Mit einem schrillen Quietschen schleudert der Wagen herum und schafft es gerade noch um die Ecke.
Dies ist nicht meine erste Fahrstunde, aber ich komme immer noch nicht richtig mit der Steuerung des Wagens zurecht. Autos und ich haben ein seltsames Verhältnis. Nicht, dass Sie mich falsch verstehen, ich habe kein Problem mit Autos, ja, das Fahren macht mir eigentlich sogar Spaß. Vielmehr scheinen Autos ein Problem mit mir zu haben. Als ich mich zum ersten mal vor ein Lenkrad setzte, verreckte der Motor nach ungefähr dreihundert Metern mitten auf einer Kreuzung. Der Fahrlehrer sagte mir, der Wagen sei schon alt gewesen und das hätte früher oder später passieren müssen.
Damals glaubte ich ihm es noch, doch heute bin ich mir sicher, dass der Wagen Selbstmord begangen hat, nachdem er festgestellt hatte wer an seinem Steuer saß.
Naja, das ist jetzt jedenfalls meine 56. Fahrstunde und langsam mache ich mir wirklich Sorgen, dass ich meinen Führerschein wohl nie bekomme. Ich wette, mein Fahrlehrer hat sich mittlerweile ein kleines Haus im Grünen gekauft, bei dem, was er an mir verdient.
Als wir an einem Parkplatz vorbei kommen lächelt er schelmisch: „So, jetzt üben wir erst mal rückwärts einparken.“
Meine bisherige Einpark-Bilanz:
- 3 abgerissene Rückspiegel
- 5 zerkratzte Autos
- 2 leichte Blechschäden
- 1 zertrümmertes Frontlicht (beim anderen Wagen)
- 1 zertrümmertes Hecklicht (bei Mir)
- 1 leichte Körperverletzung (was allerdings nicht allein meine Schuld war, der Typ hätte ja auch auf seinen Fuß aufpassen können)
Mein Fahrlehrer muss eine leicht sadistische Ader haben.
Ich fahre also auf den Parkplatz und suche nach einer geeigneten Lücke. Während ich über den Parkplatz kurve, fällt mir eine ältere, aufgetakelte Dame mit zwei noch viel stärker aufgetakelten Pudeln auf. Es stimmt schon, die Leute sehen irgendwann aus wie ihre Hunde. Von dem spektakulären Anblick abgelenkt rassel ich fast mit einem entgegenkommenden Auto zusammen. Nur das Eingreifen meines Fahrlehrers rettet mich vor einer Erweiterung meiner persönlichen Einpark-Bilanz. Trotz des überhöhten Adrenalinspiegels in meiner Blutbahn, (dem Fast-Unfall sei dank) schaffe ich es erstaunlich gut einzuparken. Ein bisschen schief, aber immerhin.
Nachdem mein Fahrlehrer kurz ausgestiegen ist, um am nächsten Kiosk seinen Tabakvorrat aufzustocken, geht es zurück in den Straßenverkehr.
„So, jetzt anhalten“.
Oh nein, ich ahne was auf mich zukommt. Anfahren im Hang. Sicherlich hätte die Spanische Inquisition diese Übung mit Freuden in ihren Folterkatalog aufgenommen.
„Dann üben wir noch mal das Anfahren im Hang“. Ich wusste es! Die grausamste aller Übungen. Todesangst steigt in mir auf, doch ich schlucke sie mit meinem Kaugummi runter…..
Nachdem ich den Hustenanfall überstanden habe, gehe ich es an.
Also Handbremse lösen und los. Panik überkommt mich, als das Auto nach hinten rollt, im letzten Moment trete ich das Gas durch und entgehe so knapp einer näheren Bekanntschaft mit der Stoßstange meines Hintermanns. Der Angstschweiß steht mir auf der Stirn, aber mein Fahrlehrer grinst nur: „Na also, das ging doch recht gut!“
Der hat gut reden, er ist schließlich auch nicht derjenige, der von jedem Auto gehasst wird.
Nach dieser grausamsten aller Gefahren kann es jetzt eigentlich nur noch besser werden, also entspanne ich mich etwas und tatsächlich erschallen die erlösenden Worte: „So das reicht für heute, dann fahren Sie mal zurück, der nächste Schüler wartet bestimmt schon.“
Als wir an der Fahrschule ankommen, steht der nächste Schüler tatsächlich schon da. Beim Aussteigen grinse ich ihn an und freue mich darüber mal wieder mit dem Leben davongekommen zu sein. Im Stillen wünsche ich ihm im viel Glück und hoffe er übersteht es genauso glimpflich wie ich.
Doch was macht der arrogante Sack? Er fährt ohne jedes Ruckeln an und biegt gekonnt in die nächste Straße ein.
Verdammter Angeber!