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Fabrik
Die Geräuschkulisse im Inneren der Halle, deren einziger Ausgang ein Eisentor ist, erinnert an einen Amok laufenden Mähdrescher. Er stellt sich an seine Maschine (welchen Zweck sie hatte wollte er nie wissen) und fängt an, die ihm aufgetragenen Kombinationen von Knöpfen und Hebeln von einem Blatt Papier auf der Schaltfläche abzulesen. Hin und wieder zischt es im Inneren des Metallmonstrums und eine grüne LED fängt an zu leuchten. Kurze Zeit später beschließt sie aber wieder damit aufzuhören und er betätigt wieder Knöpfe und Hebel. Das Ganze hätte etwas von einem Spiel, wäre der Spieler nicht geistig abwesend und der Spielplatz keine Fabrikanlage. Aus großen, roten Lautsprechern, die in alle vier oberen Ecken der Halle montiert waren, dringt eine blecherne Stimme: „Einheit 4, Pause.“ Ohne diese Information hätte er beinahe vergessen, dass er in dieser Halle nicht allein war. Ein paar Menschen erstehen aus ihrer Lethargie auf und gehen durch das große Eisentor. Seine Gesichtszüge haben die Ausdruckskraft eines toten Fisches während er “Einheit 4“ hinterher blickt. Nachdem auch der letzte 4ler durch das Tor verschwunden ist, dreht er sich zurück zu seinem eisernen Begleiter. Dieser zischt wieder einmal. Auf ihn wirkt es wie höhnisches Gelächter, dennoch nicht weiter störend. Er fokussiert sich wieder auf seine Knöpfe. Blau, gelb, grün, gelb, rot. Zischen. Grüne LED leuchtet. Warten. Grüne LED hört auf, rot, grün, gelb, blau, grün. Wiederholung. Nach wiederholter Wiederholung kehrt Einheit 4 zurück. Sein Blick schweift zur Ecke die ihm am nächsten liegt und sein Fokus liegt auf dem Lautsprecher wie der eines Betenden auf Mekka. Ein kratzendes Geräusch tönt aus ihm und den drei Anderen. Die blecherne Stimme ertönt und mit der Freundlichkeit eines Wärme suchenden Sprengkopfes sagt sie: „Einheit 1, Schichtende“. Durch diese Worte aus seiner Kryostase erwacht, verlieren seine Augen den Fokus auf die Ecke der Halle und richten sich schlagartig auf das Eisentor, während sein Körper anfängt sich auf Selbiges hin zu bewegen. Er passiert das Tor und geht zum Umkleideraum. Er zieht seinen Blaumann aus und sperrt ihn in seinen Schrank. Er rennt in Richtung der Abholzone um den Bus für Soylent- Mitarbeiter zu erwischen und schließt sich, nachdem er in seiner Straße herausgelassen wurde, einer Menschenrechtsdemonstration an.