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Fürchtet ihr den schwarzen Mann

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13.12.2016
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Fürchtet ihr den schwarzen Mann

AUF DER MAUER STAND GESCHRIEBEN

Fürchtet ihr den schwarzen Mann?


Nein, Nein, Nein!

Wenn er aber kommt?

Dann laufen wir davon!!! (Altes Kinderspiel)


Jahrelang las ich diesen Spruch, der in großen schwarzen Buchstaben die Mauer um unser Rathaus zierte. Doch nachdem das Unglück passiert war, stand ein paar Tage später mit roter Schrift darunter „Weglaufen hilft nicht!“
Oft habe ich später über diese drei Worte nachgedacht. Und irgendwann ist mir der Gedanke gekommen, dass diese Worte unser Dorf betrafen. So abgeschieden wir auch lagen, dem Bösen konnten wir dadurch auch nicht entgehen.

Aufgewachsen bin ich in einem dreihundert Seelen Dorf in Schwaben. Kinder wie ich, lebten dort wie in Mutters Schoß. Ich glaube, das kann man so sagen. In dieser Beschaulichkeit kannte jeder jeden, und irgendwie waren wir alle eine große Familie. Natürlich besaß jede Familie ihr eigenes Haus mit Garten. Irgendwelche „Zugezogenen“ gab es hier nicht. Ein paar Knechte, die auf den größeren Höfen arbeiteten und in der Gesindekammer schliefen, das waren die einzig Fremden hier.

Als Kinder war dieses Dorf ein einziger Spielplatz für uns. Hinter dem Haus meiner Familie begannen die Wiesen und Äcker. Die „Schmutter“, ein Ausläufer des Lechs durchzog die Gegend. Sie wurde mangels eines Schwimmbades sehr häufig genutzt um Autos zu waschen, Hunde zu baden, Abfall zu entsorgen, aber vor allem um sich im Sommer abzukühlen. Kein Mensch sorgte sich damals um die Umwelt oder die Sauberkeit des Wassers. Das Einzige was dort störte, waren die riesigen Schnacken, die uns aussehen ließen wie Streuselkuchen, wenn sie unser Blut soffen.

Kindergarten gab es bei uns noch keinen, ebenfalls keine Autos, die uns auf den recht ländlichen Straßen überfahren konnten. Höchstens Traktoren, auf denen die Bauernbuben mit ziemlichem Tempo über die landwirtschaftlichen Wege donnerten. Da kam es schon mal vor, dass zumindest eine Katze oder ein Hund ihr Leben lassen mussten. Ich glaube, ich kenne nur einen Fall, bei dem auch ein Mensch daran glauben musste. Es war die Oma von Karli Schmiedbauer, die kam nicht mehr rechtzeitig über die Straße. Aber sie war schon an die 80 Jahre alt, und so gab es auch kein größeres Aufsehen.


Solange wir noch nicht zur Schule gingen, lebten wir vogelfrei. Unsere Aufpasser waren meist Oma oder Opa. Hier gab es keine größeren Gefahren für uns, und so war es diesen ganz recht, wenn das Wetter einigermaßen mitspielte, und wir draußen, rund um das Haus spielten. Wir durften auf jeden Baum klettern, ohne dass wir zurückgepfiffen wurden, durch die Maisfelder toben, oder die Kühe ärgern. Das war alles in Ordnung und störte niemanden, außer den Kühen vielleicht. .

.Von klein auf wurde uns Respekt gegenüber allen Menschen, die größer waren als wir, eingebläut. Man ließ uns viel durchgehen. Aber wehe, wir vergaßen, einen uns entgegenkommenden Menschen zu grüßen mit dem traditionellen „Grüß Gott“, dann wurden uns die Ohren langgezogen, das uns Hören und Sehen verging.


Später als wir in der Schule waren, da war Helfen angesagt an den freien Nachmittagen. Sehr oft verbrachten wir die Zeit mit Unkraut jäten, oder Äpfel ernten, sowie Lindenblühten zupfen. Im Sommer, in den Ferien, da brauchten uns die Bauern zum Kartoffel klauben. Moderne Geräte, die heute schon das meiste selbst machen, gab es da noch nicht

Den Rest unserer Freizeit verbrachten wir auf der Straße, bei verschiedenen Ballspielen, oder anderen, von uns ausgedachten und erfundenen Fantasiespielen. Langeweile kannten wir nicht. Nur eine Regel galt bei uns allen. Schlag 19.00 Uhr war Feierabend. Da waren die Straßen plötzlich leergefegt.


Also ein beschauliches Dorf, ohne besondere Vorkommnisse. Natürlich waren die Verbreitungsmöglichkeiten der Medien sehr eingeschränkt damals, kein Fernseher, selten Zeitungen, außer dem „Donauboten“ Darin stand aber meist nur wer gestorben war, wer geehrt wurde, oder wann die nächste Messe war. Das Radio in der Küche wurde nur aufgedreht beim Hafenkonzert am Samstag, so dass Nachrichten von größeren Straftaten hier bei uns gar nicht ankamen.

Kleinere dagegen, verbreiteten sich durch Reich Resl, einem unheimlich geschwätzigen Weib. Mein Vater sagte immer:“ Wenn die mal stirbt, muss man die Gosch extra totschlagen“. Ansonsten könnte man sagen, hier im Dorf lebten wir lange „Hinter dem Mond.

Mord und Totschlag gab es bei uns nicht – obwohl ab und zu schon mal ein Bauer in das Jauchefass fiel und ersoff. Ich glaube keinem wäre eingefallen, dies näher zu untersuchen, da wir ja nicht mal einen Polizisten hier im Ort hatten. Auch Menschen die sich das Leben nahmen gab es öfter einmal. „Der Brechtenbreiter Sigi hat sich aufgehängt“, wurde da getuschelt. Aber da Scheidungen damals verpönt waren, kann ich mir heute als ältere Frau schon vorstellen, dass viele Menschen auch unglücklich waren und verzweifelt, zu dieser Zeit. Und dies vielleicht der einzige Ausweg war.

Ich glaube der größte Skandal war, als unser junger Pfarrer mit der Pfarrköchin durchbrannte, da standen die Mäuler nicht mehr still. Uns Kinder interessierte das alles nicht.

Hier waren wir sicher und keinem der Erwachsenen fiel es ein, zu schauen wo wir waren. Die hatten alle genug zu tun. Kam wirklich einmal ein fremdes Auto hierher, oder verirrte sich ein Fremder in unseren Ort, waren zwanzig Augenpaare auf ihn gerichtet und jeder wusste Bescheid. Und dann holte uns eines schönen Tages im Dezember die Wirklichkeit ein.


Hubert Meier war tot! Das Dorf war in Aufruhr. Die Menschen standen am helllichten Werktag auf der Straße herum und redeten. Viele Frauen weinten. Wir Kinder wurden im Haus eingesperrt, und wussten nicht was uns geschah. Mein Bruder saß heulend in der Ecke. Hubert war sein bester Freund gewesen, der Sohn unseres Nachbarn. Alle Omas saßen in der warmen Küche und Mama kochte Tee.

Erst nach und nach bekamen auch wir Kinder mit, was geschehen war. Dazu muss ich etwas ausholen:

Die Gegend, in der unser Dorf stand, war das Donautal. Berge gab es hier nicht. Leider! Für uns Kinder war dieser Umstand gerade im Winter recht schlimm. Mit bloßem Auge war rundherum kein Berg oder Hügel zu entdecken. Oft bauten wir uns, wenn viel Schnee gefallen war, selbst einen. Doch das war sehr mühsam. So stapften wir mit unseren Holzschlitten oft kilometerweit in den übernächsten Ort. Dort stand ein altes Kieswerk beim Wald, auf einer kleinen Erhebung. . Aber es war nicht immer spaßig mit so vielen anderen Kindern darauf zu warten, wenigstens einmal herunterfahren zu dürfen.
Darum hatten wir Kinder aus dem Dorf einen geheimen Hügel. Hinter dem einzigen Gasthaus des Ortes gab es einen Hof. Dieser hatte eine Scheune und die stand auf einem kleinen Hügel. In der Scheune war ein Heustadel untergebracht. Sie war im Winter mit einem Schloss gesichert. Wenn viel Schnee gefallen war, verbrachten wir dort ganze Nachmittage, bauten noch mehr Schanzen in diesen winzigen Hügel um ein bisschen Spaß beim Herunterfahren zu haben.

Am Tag vorher war Hubert zu uns gekommen und wollte meinen Bruder mitnehmen, zum Rodeln auf diesem Hügel. Doch wie so oft, hatte der Hausarrest. Mein Bruder war ein ausgemachter Schlingel, ein „Schlori“ wie man hier sagte. Er machte echt jeden Blödsinn mit, und kassierte dafür von unserem Vater öfter eine Tracht Prügel. Das Kinder den Hosenboden voll bekamen, war hier normal. Natürlich gab es auch Fälle von prügelnden Eltern, da würde heute das Jugendamt kommen, aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Und so musste Hubert sich alleine auf den Weg zu diesem besagten Hügel machen. Das Wetter war ziemlich winterlich. Der Wind blies durch die Felder das einem die Ohren abfroren, so hatten an diesem Tag wenig Kinder Lust, sich dem kleinen Hubert anzuschließen. Ich sah ihn noch, wie er schmollend mit Rotznase von dannen zog. Ja, und da muss er ihn getroffen haben, seinen Mörder. Dieser hatte ihn mit Süßigkeiten in die Scheune gelockt und wie ein Metzger abgeschlachtet.

Als Hubert am Abend nicht nach Hause kam, wurde in Windeseile das ganze Dorf zusammengetrommelt. So etwas war noch nie dagewesen. Wie gesagt, hier gab es keine Polizei, man half sich selbst. Wir mussten bei den Omas bleiben. Es muss gegen Mitternacht gewesen sein, als man den Jungen fand. In dieser Nacht hat keiner geschlafen. Und am nächsten Morgen rollten tatsächlich drei dunkelgrüne VWs bei uns ein.
Darin saßen ziemlich wichtige Leute, die erst einmal beim Bürgermeister einkehrten. In unserem Dorf lebten, wenn man sich im Sonntagsgottesdienst einmal umschaute, ja lauter rechtschaffene Menschen. Christen, arbeitsam und fromm.

Und so war es keine Kunst, den Mörder noch am Abend des gleichen Tages dingfest zu machen. Es war der Knecht, Franz Heble, der in der Gastwirtschaft hier am Ort die Rösser versorgte. Das Dorf atmete auf. Der Pfarrer predigte auf der Kanzel, und wetterte „über Mordbuben die über die Berg daherkamen“.
Nur meinen Nachbarn hatte das nicht mehr geholfen. Hubert war tot. Seine Beerdigung war ziemlich traurig. Aber alle aus dem Dorf waren gekommen. Der Friedhof war fast zu klein für uns alle. Mein Bruder trauerte noch lange um seinen Freund. Oft nahm Mama ihn in den Arm und ich sah ihr an, sie malte sich aus was passiert wäre, wenn er an diesem Tag mitgegangen wäre.


Für uns Kinder war es von diesem Tag an aus mit der Freiheit. Wir mussten immer sagen, wohin wir gingen, und wann wir wiederkämen. Fremde wurde noch misstrauischer beäugt als früher, und Knechte wollte keiner mehr einstellen.
Nach einiger Zeit wurden die Verbote und die Vorsicht wieder weniger, aber eines war sicher. Wir waren kein Dorf mehr hinter dem Mond. Das Böse hatte auch uns erreicht.

 

Meine Lieben, leider bin ich zu dumm um meine Geschichte bei der richtigen Rubrik einzustellen. Vielleicht kann jemand das für mich machen. Ich wollte die Rubrik "Auf der Mauer stand geschrieben". Danke.

 

Hallo Pilgerin58,

und willkommen hier.

Die Rubrik "Auf der Mauer stand geschrieben" ist eine zeitlich begrenzte Rubrik. Du findest sie ganz unten unter "Texte", "Challenge". Der Termin zur Einstellung eines Textes zu dieser Challenge ist bereits abgelaufen, von daher ist deine Geschichte unter "Kurzgeschichten" richtig und gut aufgehoben.

Ich habe das Stichwort "Mundart" entfernt, da ich kein einziges Wort Mundart in der auch sonst dialogarmen Geschichte gefunden habe ;)

Wünsche dir viel Spaß hier.

Beste Grüße,

GoMusic

 
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Hallo Pilgerin58

Willkommen bei den Wortkriegern.

Deine Geschichte habe jetzt mal schnell überflogen.

Auffällig ist an deinem Schreibstil, dass du häufig das Hilfsverb „war“ benutzt, (s. Textauszug).

Erst nach und nach bekamen auch wir Kinder mit, was geschehen war. Dazu muss ich etwas ausholen:
Die Gegend, in der unser Dorf stand, war das Donautal. Berge gab es hier nicht. Leider! Für uns Kinder war dieser Umstand gerade im Winter recht schlimm. Mit bloßem Auge war rundherum kein Berg oder Hügel zu entdecken. Oft bauten wir uns, wenn viel Schnee gefallen war, selbst einen. Doch das war sehr mühsam. So stapften wir mit unseren Holzschlitten oft kilometerweit in den übernächsten Ort. Dort stand ein altes Kieswerk beim Wald, auf einer kleinen Erhebung. . Aber es war nicht immer spaßig mit so vielen anderen Kindern darauf zu warten, wenigstens einmal herunterfahren zu dürfen.
Darum hatten wir Kinder aus dem Dorf einen geheimen Hügel. Hinter dem einzigen Gasthaus des Ortes gab es einen Hof. Dieser hatte eine Scheune und die stand auf einem kleinen Hügel. In der Scheune war ein Heustadel untergebracht. Sie war im Winter mit einem Schloss gesichert. Wenn viel Schnee gefallen war, verbrachten wir dort ganze Nachmittage, bauten noch mehr Schanzen in diesen winzigen Hügel um ein bisschen Spaß beim Herunterfahren zu haben.

Solange wir noch nicht zur Schule gingen, lebten wir vogelfrei.
Der Begriff „vogelfrei“ bedeutete zwar im Mittelalter noch „frei wie ein Vogel“, heutzutage aber genau das Gegenteil: rechtlos, geächtet.

Irgendwie hatte ich beim Lesen den Eindruck, dass der in dieser Geschichte wichtigste Handlungsstrang etwas zu kurz gekommen ist.

Während du der Beschreibung der Lebensbedingungen in dem Ort viel Text schenkst, nimmt der Handlungsstrang rund um den bestialischen Mord an dem Jungen nur wenig Raum ein.
Er wirkt eher so als Nebenhandlung angehängt; spannungstechnisch wird nicht primär darauf hingearbeitet.
Das ermordete Kind wird einfach so nachts gefunden; erstmalig kommt die „grüne Minna“ (Polizei) ins Dorf und nimmt den Knecht fest. Basta.
Irgendwie kommt mir das im Verhältnis zur langen Einleitung zu kurz und zu schwach dargestellt vor.

Mehr Spannung hättest du erzeugt, wenn du das Aufeinandertreffen des Jungen mit seinem Mörder geschildert und die Todesangst, die der Junge ausstehen musste, gezeigt hättest.
Damit gäbe es auch einen deutlicheren Bezug zum Titel, inklusive der Zusatzaussage: Weglaufen hilft nicht!

Da muss ja was in der Scheune oder auf dem geheimen Hügel geschehen sein: Der Junge hat wohl vergeblich versucht, dem Mörder zu entkommen, wegzulaufen.
Man hätte auch kurz schildern können, wie nach dem Jungen gesucht wird, wie er gefunden wird und wie man es schafft, den Mörder zu entlarven.


Es grüßt
kathso60

 

Hallo ihr zwei,

danke für die Kritik. Ich bin ein Schnellschreiber. Das heißt, mir fällt etwas ein und ich will es aufschreiben. Aber ihr habt beide recht, ich muss ein bisschen ordentlicher und genauer sein. Danke.
PS: Ja das mit dem Bösen! Ist wahr. ich werde nochmal darüber nachdenken.

 

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