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Für mich, für dich, für andere

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21.11.2016
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Für mich, für dich, für andere

23:56

Noch 3 Minuten und 24 Sekunden.
Warten. Warten. Warten... Kälte. Angst. Die Angst, die dich Nachts aus deinem Traum reißt. Die Erleichterung, die du hast, wenn du merkst, dass es nur ein Alptraum war, gibt es nicht.

23:57

Das zitternde Bein, das still hin und her zuckt. Die Arme, die sich an den Körper schmiegen. Ihn schützen, aber selber halt brauchen. Die Hände. Ineinander verankert. Zum Himmel betend. Der Kopf gebeugt. Die Augen geschlossen. Ruhiger Atem. Das einzige Ziel, leise zu sein. Nur das Herz. Das Herz. Das Herz, das pochte, als hätte es nur noch zwei Minuten zu leben.
Was wenn es wirklich so war.

23:58

Weiter warten. Und warten. Warten. So einfach und doch so schwer. Die Gedanken. Woran dachte man in dieser Situation. Gedanken. Sie schweiften zu den vergangen Stunden. Tagen. Wochen. Monaten. Jahren.
Zu viele Fehler. Zu viele Schmerzen. Zu viele Tränen. Zu viel Hass.

23:59

Noch eine Minute. Bilder im Kopf. Bilder. Geschehnisse. Die Briefe. Die Rufe. ,,Stirb". Zu viele. Zu oft. Nur leben, um zu überleben. Ein Instinkt.
Die letzten Sekunden. Die letzten Atemzüge. Die letzten Herzschläge. Das Messer aus der Jackentasche. Der Tod in Gestalt.
Der letzte Blick zum Himmel. Zu den Sternen. Das letzte Ziel.
Der Tod ist kein Feind. Der Tod ist ein Freund.

Ich hieß den letzten Schmerz willkommen.

00:00

Und rammte mir das Messer in die Brust.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Tony Lea Sky,

ja, der Tod ist dein Freund und nicht dein Feind. Ich weiß nicht, wie viele Ergebnisse der Google sendet, wenn man diesen Satz eingibt, aber ich glaube, es sind ziemlich viele.

Mich hat deine Geschichte relativ ratlos zurückgelassen, zumal bei mir neben den Uhrzeiten eigentlich eher weniger von ihr hängen geblieben ist. Am Ende erfahre ich, dass die Person Selbstmord begeht, jedoch nicht, warum sie das tut :confused: Hmmm. Mir geht das alles einfach eine Spur zu schnell, auch wenn es nur vier Minuten sind. Mir fehlt die Tiefe in deiner Geschichte, auf die ich mich als Leser stützen kann. Für mich liest sich das durch die Zeitangaben (durch die auf der anderen Seite aber auch Spannung reinkommen) mehr wie ein Protokoll. Sorry, vermutlich wirst du mich jetzt hassen :D

Warten. Warten. Warten... Kälte. Angst. Die Angst, die dich Nachts (nachts) aus deinem Traum reißt. Die Erleichterung, die du hast, wenn du merkst, dass es nur ein Alptraum war, gibt es nicht.

Warten. Warten. Warten... aber auf was? Auf den Tod? (ist nicht bös' gemeint. Ich versuche nur, auszudrücken, was mir an deiner Geschichte fehlt)


Viele Grüße und ein herzliches Willkommen :)

SCFuchs

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Tony Lea Sky,

Deine sehr komprimierte Sprache hat bei mir ein Gefühl der Spannung erzeugt. Leider war es auch für mich nicht ersichtlich, warum sie (?) Selbstmord begangen hat. Das einzige das ein Hinweis geben könnte ist

Die Briefe. Die Rufe. ,,Stirb". Zu viele. Zu oft.
, doch wir erfahren nicht, welchen Grund die Rufer haben ihr den Tod zu wünschen. Waren es die Briefe? Was stand dort drinnen?
Warum musste sie auf Null Uhr warten um ihren Plan (?) in die Tat umzusetzen? Es scheint fast als ob es ein Ritual wäre, denn sonst würde sie nicht auf die Geisterstunde warten.

Gruß, Waldmeister

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Tony Lea Sky,
wenn ich Deine Geschichte als Riesenhaiku lese, kann ich damit etwas anfangen. Dann ist es ein eingedampfter Blick auf eine Situation, die in der fragmentarischen Sprache gut eingefangen ist. Das finde ich vor allem in der Zeitspanne von 23.56 Uhr bis 23.57 Uhr. Obwohl ich sagen muss, dass ich die Zeit etwas zu theatralisch gewählt finde. Ich persönlich fände z.B. 4.23 Uhr besser. Ab 23.58 Uhr ist mir das dann sprachlich fast zu viel. Außerdem scheint mir das "man" zu distanziert, wo es vorher und bis zum Stich um eine sehr persönliche Schilderung geht. Das Imperfekt kommt mir da, ehrlich gesagt, auch etwas künstlich vor. Der Text will ja ganz nah sein, chronologisch, wie ein Seismograph der Empfindung. Da bringt mich das so in eine Erzählspur, die im Imperfekt ausladender und detaillierter sein müsste.

Die Gedanken. Woran dachte man in dieser Situation. Gedanken. Sie schweiften zu den vergangen Stunden.
Das Rammen in die Brust. Das finde ich am Schluss zu plakativ. Im Gegensatz zu dem sprachlich fragil gewobenen Teil vorher. Dann rammt das einfach rein. Wenn der Text eine poetische Anlage hat, und das hat er ja, fände ich das am Ende auch nicht schlecht.
Ich würde also den Text noch stärker einkochen im Mittelteil, so nach Art moderner Poesie, wie Reiner Kunze vielleicht, kann ja auch kryptisch sein.
Viel Spaß also in der Küche!
Herzlich
rieger

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo,
herzlich Willkommen bei uns Wortkriegern.

Dein Text wirkt auf mich, als seist du noch sehr jung. Liegt wohl an der Themenwahl.
Ich frage mich sehr oft, was am Tod, speziell am Selbstmord eigentlich so verführerisch ist, dass gefühlt jede dritte Geschichte vom Tod oder dem Selbstmord handelt. Und zwar immer vom Ableben als rein abstraktem Phänomen. Und sehr häufig mit einem dramaturgisch inszenierten Effekt wie hier dem gerammten Messer.

Meine Kritik ist nicht (um Missverständnisse zu vermeiden) dass jemand zu Tode kommt, darum geht es nicht, sondern dass Tod als pures Phänomen der Schwerpunkt des Textes ist und nicht der Mensch, der sich töten will.
Da ist keine Geschichte drumherum, dass und warum jemand den Selbstmord als letzten Ausweg sieht. Sondern da läuft eine Uhr, paar üble, kryptische Gefühle tauchen auf, der Held will am Anfang sterben und am Ende will er das immer noch, Gegenwehr zeigt er keine. Und stirbt dann halt möglichst effektvoll.
Was soll so aufregend sein an einem in die Brust gestoßenen Messer? Mich als Leserin bezieht das ja überhaupt nicht ein, ich kann keinerlei Gefühle für diesen Menschen entwickeln. Ist er eine fiese Möpp? Ein kranker Mann? Hat er was Schlimmes getan? Was hat er denn überhaupt erlebt, dass die Todessehnsucht so von ihm Besitz ergreift. Ist jemand anderes schlimm zu ihm? Warum?
Du merkst, du lässt den Leser völlig im Dunkeln tappen. Und wenn so wenige Anhaltspunkte geliefert werden, kann auch kein Kopfkino entstehen.

Du wolltest Feedback. Es fällt hart aus, was mich betrifft. Ich śag das so direkt, weil du eigentlich schreiben kannst. Schon allein die Idee, den Text als Countdown zu beschreiben, zeugt davon. Und du schreibst ja auch flüssig. Aber komm mal bitte weg von dem Skizzenartigen, ruh dich nicht auf der Idee aus, dass Tod, Selbstmord oder Leid allein (ohne Geschichte drumherum, den Menschen, der das erlebt, seine Ängst und Konflikte) etwas wären, was einen Text trägt. Das tut es leider überhaupt nicht.

Ich kann dir eigentlich nur raten, geh rein in eine Geschichte, in das Leben eines Menschen und lass dich auf den Menschen ein, seine Konflikte und Gedanken und auf seine Ideen und Lösungsversuche. Dann kommen auch Geschichten raus. Im Moment sind deine Texte abstrakte Entwürfe. Damit beziehe ich mich auch auf den anderen Text über die Schwester und die Katzenaugen. Der ist momentan eher noch eine Zusammenfassung deines Vorhabens. Mein Haupttipp für dich ist, fang an, was zu erzählen.

Viele Grüße von Novak

Im Übrigen: Bitte nicht diesen Text noch mehr "einkochen" im Sinne moderner Poesie, wie das mein Vorkommentator rieger empfahl, wir sind ein Geschichten- und kein Lyrikforum.
Und auch als Gedicht (muss ich leider so sagen) wäre die Themenwahl abgegriffen.

 

Mit dem Forum hast Du natürlich Recht, Novak.
Also: Lassen wir die Küche kalt.
Herzlich
rieger

 

Hallo Tony Lea Sky!

Ich kann mich Novak in allen Punkten nur anschließen - ich finde diesen "Buhuuuu - das Leben ist ja sooo mies und der Tod ist ja sooo toll"-Hype mittlerweile ebenfalls so dermaßen abgegriffen und ausgelutscht, dass ich weder eine Betroffenheit angesichts des geplanten/gewünschten/durchgeführten Suizids verspüre, noch von einer morbiden Fazination ergriffen werde und schon gar nicht mit dem Suizidenten empathisch werde.
Ich kann diesen Selbstmord-Glorifizierungen, denen meistens irgend eine pathetisch-rührselige Selbstmitleid-Lebensrevue vorausgeht, allenfalls noch ein Interesse daran abgewinnen, wie sich der-/diejenige denn aus dem Leben befördern will.
Aber auch da werde ich meistens enttäuscht -mit ner Stange Dynamit um den Bauch in ein Säurebecken voller Haie zu springen, das wär mal was!

So aber hat mich dein "Countdown to Extinction" (Danke für den Titel, Megadeth!) leider nicht umgehauen!

Unbeeindruckte Grüße vom unbeeindruckten EISENMANN

 

Halodrio,

dein Text besteht zu ca. 90 % aus Ellipsen. Das finde ich gut. Sie erzeugen noch mehr Spannung als ellenlange Sätze mit zig Kommata.

Es erinnert mich sehr an die berühmte "Duschen-Szene" aus Hitchcocks "Psycho". Immer und immer wieder sticht er da zu. Das ahmst du ein wenig mit deinen kurzen Sätzen nach. Sehr gut!

Dieser Countdown, den du zwischendurch runterzählst verstärkt diese Szene umgemein und macht sie dadurch noch schneller, panischer und lebhafter.
Ich selber verwende auch sehr gerne Ellipsen, weil sie richtig eingesetzt Spannung aufbauen.
Ob es jetzt zuviele Ellipsen sind, muss jeder selbst entscheiden, für mich hätten es aber nicht noch mehr sein können.

Leider sind dir ein paar Tempusfehler unterlaufen.

Die ganze Zeit über bist du im Präsens.

Ich hieß den letzten Schmerz willkommen.

00:00

Und rammte mir das Messer in die Brust.


Hier schreibst du im Präteritum.

Sonst ist alles tippitoppi.

 

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