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Für alle Fälle
Ich kaufe durchaus immer noch Bücher. Trotz meines Büchereiausweises. Zwei-, dreimal im Jahr, borge ich mir Lesestoff aus, den Kindern aber viel öfter. Obwohl ich ihnen natürlich auch Bücher schenke, haufenweise. Ehrlich gesagt, ich kann nicht anders. Jede Buchhandlung, jeder Flohmarkt zieht mich magisch an. Es wird geschmökert, was das Zeug hält und die Bücher säckeweise nach Hause geschleppt. Ungelesenen Lesestoff haben wir also in rauen Mengen. Natürlich besitze ich auch einen E-Book Reader. Bin ja schließlich nicht von gestern. Den hab ich immer mit, so für alle Fälle. Falls mal längere Wartezeiten eintreten, egal wo. Damit ich dann nicht unvorbereitet bin. Und das Buch, das ich gerade lese, habe ich auch immer mit. Und noch ein Reservebuch, falls ich den aktuellen Schmöker blöderweise genau dann fertig habe, wenn ich im Vorraum des Arztzimmers hocke. Dann kann es nämlich passieren, dass der Akku des Readers leer ist und ich nichts mehr zum Lesen habe. Die Zeitschriften kann man nämlich vergessen. Entweder Klatsch und Tratsch oder Motoren und Mädchen, im besten Fall Gesundheit und Ernährung.
Ja, mein Rucksack wiegt ein bisschen was. Ganz klar, seit ich meine Kinder habe, muss ich alles dabei haben. Nähzeug, Fleckenentferner, Stifte, Kalender (ja ich schreibe noch in meinen Kalender, ich mag das Getippe am Smartphone nicht, treffe sowieso nie die richtigen Buchstaben). Was brauch ich sonst noch? Ach ja, Wundsalbe, Pflaster, am besten einen ganzen Erste-Hilfe Kit, Feuchttücher (ganz wichtig!). Und damit ich das alles gleich finde, gebe ich es zusätzlich in kleine Täschchen. Dann sind in meinem Rucksack also noch mal so drei bis vier Beutel, plus Blechdosen mit Spielen und sonstigen nützlichen Dingen. Die Kinder sind jetzt nicht mehr so klein, dass ich dauernd das mitgeschleppte Zeugs brauchen würde, aber ich habe mich nun mal daran gewöhnt, für alle Fälle immer alles mitzuhaben.
Und dann passiert es. Zum Beispiel wenn ich für ein Rezept schnell zum Hausarzt ums Eck renne. Dann schnappe ich nur schnell die Geldbörse und die Hausschlüssel. Meistens steht schon eine Schlange von älteren Mitmenschen, die auch nur schnell Medikamente verschrieben bekommen wollen. Und Rat und Trost von der Sprechstundenhilfe. Dann dauert es doch ein wenig länger. Mich stört das nicht, ich setz mich dann auf einen der Plastiksessel und nehme mir notgedrungen die neueste Ausgabe der «Woman», die trotz allem schon mindestens ein Jahr alt ist. Am Weg zur Toilette fällt mir ein, dass ich jetzt auch blöderweise keine Feuchttücher mithabe. Außerdem habe ich den Elternsprechtag verschwitzt. Weil ich zwar alles brav in den Kalender eintrage, aber leider nur selten darin nachsehe. Ich habe wirklich immer alles mit. Nur gerade dann nicht, wenn die Kinder mit aufgeschlagenen Knien ankommen. Oder mit verschmutzter und zerrissener Kleidung. Ich muss mir jetzt auch endlich mal angewöhnen, immer eine Flasche mit Wasser mitzunehmen. Der Nachwuchs trinkt zu Hause nämlich den ganzen Tag nichts. Aber wehe, wenn wir das Haus verlassen!
Und weil ich immer so viel horte und es dann letztendlich doch nicht habe, wenn es Not tut, beschäftigte ich mich mit einem neuer Trend. Minimalismus! Das finde ich sinnvoll. Wir haben sowieso alle zu viele Sachen, die wir nicht brauchen. So miste ich also brav aus. Seit ungefähr einem Jahr versuche ich, alles Überflüssige aus dem Haushalt und aus dem Rucksack zu entfernen. Zum Beispiel Gewand, dass mir vor fünfundzwanzig Jahren gepasst hat. Meine Kleidergröße hat sich seitdem leider um zwei, sagen wir lieber drei Nummern verändert. Nach oben hin versteht sich. Ich dachte immer «da passt du wieder mal rein», aber ich muss zugeben, es wird wohl ein Wunschtraum bleiben. Also habe ich konsequent aussortiert. Nur eine Kiste mit zu kleinen Klamotten habe ich aufbehalten. Für alle Fälle. Wer weiß, vielleicht werde ich noch krank und verliere dreißig Kilo. Oder es kommt wieder was davon in Mode und meine Töchter reißen sich darum. Auch nach Farben habe ich ausgemustert. Ich trage von nun an nur mehr grün, orange und senfgelb. Alle blauen, weißen und roten Stücke habe ich weggegeben. Nur einen Reisekoffer voll musste ich behalten. Man weiß nie, heute so morgen so.
Gestern kommt mein Mann zu mir und meinte, ich müsse ihn endlich gehen lassen. Ich wäre viel zu anhänglich und außerdem ein Kontrollfreak.
Ich verstehe zwar nicht ganz, was er damit meint. Unter Umständen ist er aber auch einfach nur sauer, weil ich sein letztes Paar «Fila» entsorgt habe. Bei meiner letzten Säuberungsaktion.
Es ist jetzt aber auch nicht so schlimm. Schließlich habe ich einen Reservemann. Für alle Fälle. Wird ja beim Fußball auch so gemacht …
Blöd nur, dass ich den gerade nicht dabei habe, jetzt wo ich ihn brauche.