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Fünf

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04.12.2002
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Fünf

Fünfzig Jahre war Kolbe geworden. Die meiste Zeit davon hatte er gebuckelt, um in der Firma etwas zu werden. Angefangen hatte er im Lager. Er hatte Kisten gestapelt, Regale geleert, Regale gefüllt, Kartons zugeklebt, Paletten beladen und den Fußboden gefegt.
Er war morgens vor seinem Chef gekommen und war abends nach ihm gegangen, bis er selbst Chef im Lager wurde...

Fünf Jahre lang hatte er dann Tabellen erdacht, Listen geschrieben, die Neuen angelernt und die Alten entlassen, Kisten gestapelt, Regale geleert, Regale gefüllt, Kartons zugeklebt, Paletten beladen, nur den Fußboden hatte er nicht mehr selbst gefegt. Bis in die Nacht hatte er Formulare ausgefüllt, damit der Abteilungsleiter sie morgens seinem Chef vorlegen konnte.
Er hatte geschuftet, bis er nicht mehr konnte und dann hatte er weitergemacht, bis er selbst Abteilungsleiter wurde...

Fünf Monate war es her, da hatte der Sohn vom Alten im Lager angefangen. Sollte sich von der Pieke hocharbeiten, hatte der Alte gesagt. Kolbe hatte ihm alles gezeigt: Kisten stapeln, Regale leeren, Regale füllen, Kartons kleben, Paletten beladen, nur den Fußboden hatte er ihn nicht fegen lassen, war ja schließlich der Sohn vom Alten. Kolbe hatte sein Bestes getan, dem Jungen alles beizubringen, damit der dem Alten nur Gutes erzählen würde.
Nach vier Wochen wußte der Junge alles und ging in die Buchhaltung...

Fünf Wochen unter neuer Geschäftsleitung und vieles hatte sich geändert. Das Lager sollte modernisiert werden. Hochregale und computergesteuerte Stapler sollten angeschafft werden, weniger Arbeiter sollten weniger Fehler machen. Workflow-Management nannte das der Juniorchef.
Kolbe war dagegen, es hatte schließlich schon immer auch so funktioniert...

Fünf Tage war Kolbe im Urlaub gewesen. Er hatte nicht gewollt, aber es waren noch zu viele Tage übrig. Er hatte Rasen gemäht, Unkraut gejätet, den Hund gebürstet, die Zeitschriften seiner Frau gelesen, mit den Kindern telefoniert und an sein Lager gedacht.
Als er am Morgen in sein Büro kam, lag dort eine Notiz, er sollte beim Chef vorsprechen...

Fünf Minuten schwafelte der Junge über Kolbes Urlaub, seine Familie, sein Haus, die Firma, die schweren Zeiten und daß alles nicht mehr so war wie früher. Man mußte mit der Zeit gehen und die Firma mußte sparen. Außerdem konnte er in seinem Alter den Vorruhestand doch noch richtig auskosten, das würde er doch sicher verstehen.
Wütend griff Kolbe nach dem bunten Aschenbecher auf dem Schreibtisch des Schweins und holte damit aus...

Fünf Sekunden reichten Kolbes rechter Hand, den Aschenbecher fallen zu lassen und sich in seine linke Brust zu krallen...

Fünf Schläge noch tat Kolbes Herz.

 
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Hallo asta!

Hab' dir 'ne ziemlich lange Kritik dazu geschrieben und wollte sie gerade abschicken, dann flog ich raus. :mad:
Ist ärgerlich, aber ich hoffe, ich krieg' sie noch zusammen:

Also, anfangs muss ich zugeben, hat mir die Geschichte überhaupt nicht gefallen.

Die triste Routine des Alltags hast du zwar gut durch die Wiederholungen (z. B. "Regale geleert") und öden Arbeiten beschrieben; besonders spannend ist die Geschichte dadurch aber nicht geworden.

Vielmehr kam es mir vorhersehbar vor, dass aus Kolbes Karriere nichts werden wird. Das Ende habe ich in dieser Form zwar nicht erwartet, gefiel mir aber nicht besonders, da es mir zu realitätsfremd erschien.

Ich denke, damit die Geschichte ansprechender für den Leser wird, müsste sie länger sein. Bei diesem relativ kurzen Text fiel es mir persönlich schwer, mich wirklich in deinen Protagonisten hineinzuversetzen.


Soweit zum ersten Teil meiner Kritik.

Dann ist mir irritiert der Titel aufgefallen und ich hab' endlich bemerkt, dass du jeden Absatz mit "Fünf" beginnst und mich gefragt, wieso das so ist.
Mittlerweile glaube ich, dass du die Geschichte bildhaft gemeint hast:

Jemand schuftet sich ab, bemüht sich, seine Arbeit gut zu tun und etwas aus seinem Leben zu machen; und am Ende wird er einfach abserviert oder wegrationalisiert.

Und diese Idee gefällt mir besser. In den heutigen Zeiten der hohen Arbeitslosigkeit ist sie gar nicht mal so abwegig. Insofern regt der Text natürlich zum Nachdenken an, welchen Sinn die ganzen Bemühungen haben. Niemand wird zwar wirklich am Schluss erschossen, aber ich nehme mal an, man muss die Geschichte im übertragenen Sinne sehen, oder?

Ich hoffe, ich liege mit meiner Interpretation richtig.

Die Story glänzt zwar nicht gerade durch lebendige Sprache oder mitreißenden Inhalt; jetzt im nachhinein, nachdem ich glaube, sie verstanden zu haben, gefällt sie mir aber besser, da sie jetzt einen gewissen Sinn macht. Und als Denkanstoß ist sie daher ganz gut gelungen.

Hab' die Geschichte zu Beginn mit anderen Augen gesehen, daher meine zweigeteilte Kritik, wie gesagt, war anfangs für mich persönlich nicht gleich offensichtlich, jetzt aber schon.

Ich hoffe, du kannst mit meinen Bemerkungen was anfangen.

Frohe Weihnachten,

Michael :xmas:

 

Hallo asta,

Deine Geschichte ist nicht schlecht geschrieben, aber etwas spröde und trocken. Für eine kurze story mag ein solcher Stil ok sein, bei einer längeren wäre es mir zu anstrengend geworden.

Von der Kompostition scheint mir dein Beitrag durchdacht. Die Wdh der fünf finde ich gut.

Lobenswert deine Absätze, sie erleichtern das Lesen von Online-texten ungemein.

Deine Aufzählungen der Lagertätigkeiten finde ich gut, vermitteln sie das ausreichende Maß an Authentizität, auch Kolbe kommt mir als Figur glaubwürdig vor.

Die ganze Geschichte wirkt sehr echt, in ihrer Form aber auch sehr alltäglich, selbst in Kolbes Leid auf gewisse Art banal, auch wenn ich nachvollziehen kann, dass er die Wut bekommt, hat ja allen Grund dazu. Ich frage mich, warum du die Geschichte in Spannung gepostet hast. Sie ist nicht spannend. Aber in Gesellschaft wäre sie ein guter Beitrag.

Pe

 

Hallo und danke für die Anmerkungen.

Michael:

Du hast mit Deinem zweiten Teil recht, die Story ist im übertragenen Sinn gemeint. Allerdings habe ich damit gerechnet, daß sie auf unterschiedliche Art gelesen werden kann.

Jedenfalls habe ich bisher im Bekanntenkreis seeeehr durchwachsene Rückmeldungen bekommen, von 'wie gemein' bis 'versteh ich nich'.

petdays:

Der Stil funktioniert so wirklich nur, wenn es bei einer Seite bleibt. Auf dem Papier wirkt dann die Absatzgestaltung zusammen mit den vielen Wiederholungen auch besser.
Bei einer längeren Geschichte würde das alles gar nicht gehen.

Das mit der Kategorie ist so ne Sache, ich glaube, das werde ich nie richtig machen.

Ursprünglich wollte ich übrigens eigentlich einen Liedtext schreiben, aber dann sind mir keine Reime eingefallen...

Gruss
Andreas

 

Hallo asta,

den in einer gewissen Monotonie erarbeiteten Aufstieg von Herrn Kolbe hast Du gut beschrieben. Der Fünfer- Count Down ist ein gutes stilistisches Element. Leider gab`s schon sehr ähnliche Geschichten hier im Forum, deshalb fällt mir die inhaltliche Beurteilung etwas schwer, weil der Plot halt schon bekannt ist.
Wahrscheinlich paßt die Geschichte wirklich besser zu `Gesellschaft`.

Alles Gute,

tschüß... Woltochinon

 

Hallo Asta!

Mir gefällt der Stil sehr gut. Mal was anderes.
Auch war ich einigermassen gespannt, worauf die Sache
hinausläuft. Aber, ich frage mich, was soll uns die
Geschichte sagen? "Das Leben ist ungerecht!"?
Gruss
bassimax

 

Hallo alle,

bassimax:

Ich denke darauf läuft's hinaus.
In meiner Firma werden gerade massiv Leute "weggebeten", dagegen hilft es auch nicht, wenn sie immer rangeklotzt haben. Und auch wenn sie "freiwillig" gehen verschafft uhnen das nur eine Gnadenfrist.
Um diese Hilflosigkeit ging es mir.

Max, ich denk drüber nach.

Gruß
Andreas

 

Mein Vorschlag:

Fünf Schläge tat noch Kolbes Herz.

Der Punkt bedeutet dann wirklich genau das: Punkt. ;)
Außerdem ist das kalt und wirkt auf mich effektiver als die theatralischen drei Punkte.

 
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Hallo asta,

der Anfang und auch der Mittelteil Deiner Geschichte hat mir recht gut gefallen - nur der Schluß nicht; es geschieht alles viel zu rasch, Du wiederholst dieses "fünf" für meinen Geschmack zu oft... Und zwar an dieser Stelle:

Fünf Sekunden reichten Kolbes rechter Hand, den Aschenbecher fallen zu lassen und sich in seine linke Brust zu krallen...
Fünf Schläge tat noch Kolbes Herz...

Wenn die Geschichte noch ein bißchen weiter gegangen wäre oder Du einen der beiden letzten Sätze weggelassen hättest, hätte ich es besser gefunden. ;)

Griasle,
stephy

 

Hallo alle,

ich bin nun Max und skunks Anregungen nach einiger Überlegung nachgekommen.

stephy:
Daß die Absätze am Ende immer kürzer werden soll eigentich unterstreichen, daß sich die Ereignisse hier überstürzen und letztendlich vollkommen Kolbes Kontrolle entziehen. Daher dann auch der krasse Richtungswechsel.

Gruß
Andreas

 

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