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Fünf Personen

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18.01.2013
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Fünf Personen

Fünf Personen – fünf Geschichten - Ein primitives Ziel.
Dass endlich jemand vorbeikommen und diese hässliche Tür öffnen würde, deren Prunkstück wegen der abgeplatzten weißen Farbe, die Milchglasscheibe war. Eine Milchglasscheibe, die durch die Guls Hiebe mit der flachen Hand auf eine echte Bewährungsprobe gestellt wurde. Das durch das Treppenhaus schallende Echo der strapazierten Tür mischte sich mit einem Wortbreit aus italienischen Versatzstücken, der einen Hälfte aus einem persischen Telefongespräch und den Versuchen in rudimentären Deutsch die Frage zu klären, wer denn nun einen Schlüssel hätte.
Fünf Personen – Ein Saudi, der aber lediglich italienisch zu sprechen schien, ein Kurde, der mit 65 Jahren in einer Sammelunterkunft für „Asylbewerber“ im Norden Deutschlands gestrandet war, ein afghanischer Paschtun, der verzweifelt versuchte sich mit Gul, dem afghanischen Hazara zu verständigen und ein misanthropischer geneigter Junge aus Klansberg, der diese unwirkliche Situation mit Bier und Zigarette auf den Treppenstufen sitzend, verfolgte.
Der etwas unbeholfene, aber unglaublich warme Ausruf „Allemand, Allemand!“ riss Chris aus seiner Beobachterposition heraus. Guiseppe, bei dem sich Chris die ganze Zeit fragte, wo er nun eigentlich herkäme, hielt ihm ein geschundenes Handy zusammen mit einem scheinbar gebügelten und wohlbehüteten Kassenbon entgegen. Nach kurzer Zeit verstand Chris, was von ihm gewollt wurde und begann mit der Aufladung des Handykontos eines Anbieters, von dem er, obwohl in vollem Umfang in der Werbe- und Hightechgesellschaft sozialisiert, nie gehört hatte.
Die Computerstimme, die ohne jede normale Betonung von Wörtern und Silben auskam, erweiterte den Gesprächskreis durch ihre pure Lautstärke um eine weitere Sprache, die ihren eigenen Gesetzen folgte. Nachdem Chris den 16-stelligen Cash-Auflade-Code in die lädierten Handytasten gehämmert hatte, beglückwünschte die Stimme ihn zu seiner glorreichen Entscheidung sich für die Aufladung entschieden zu haben und beglückte ihn des Weiteren mit unglaublich günstigen Flatrate-Angeboten und der Möglichkeit diese mit dem neusten Iphone kombinieren zu können. Obwohl in ihm zu diesem Moment eher Wut aufstieg, musste er aufgrund des Zynismus, die diese Werbung in der jetzigen Situation hatte, zwangsläufig lachen.
Dies wurde von den Umstehenden nicht ganz verstanden und zu einer Klärung kam es auch nicht, da Gul ihm das nächste Pet-Bier hinüberwarf und mit seiner unglaublichen Lebensfreude dazu aufrief, anzustoßen und den jeweils geläufigen Trinkspruch dazu verlauten zu lassen. Doch durch den Misch aus „Salute!“ und „Sal salomati!“ brach ein lautes Lachen. Marwa kam vergnügt die Treppenstufen herauf und feixte sich einen, als er diese so unterschiedliche Gruppe wie kleine Kinder, die auf ihre Mutter warten, vor der Tür sitzen sah.
Die Zwischentür vom Treppenhaus in den kargen Flur flog auf und die Gruppe zerstreute sich in unterschiedliche Zimmer. Chris blieb noch sitzen und rauchte seine Zigarette auf. Dabei kamen ihm unweigerlich die Szenenbeschreibungen in den etlichen Emigrantenromanen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in den Kopf. Dies hier war nicht die Pariser Cafélandschaft, die von Intellektuellen bevölkert wurde und deren Schilderung romantisch klang. Dies hier war kein Refugee-Hotel in dessen Keller Schach gespielt wurde. Dies hier war ein alter, heruntergekommener Bundeswehrbau an einem verschissen kalten Novembertag. Dies hier waren verschiedenste Lebensläufe in einem Land des verschissenen Nobelpreisträgers Europäische Union!

 

Hallo David,

herzlich Willkommen im Forum.

Fünf Personen – fünf Geschichten - Ein primitives Ziel.
Ein sonderbarer Einstieg in eine Geschichte - oder in diesem Fall eher: ein Fragment, einen kurzen narrativen Ausschnitt -; mir sagt dieser Einstieg nicht zu, auch wenn es nur ein paar Worte sind, allein schon deshalb, weil er mehr an einen Sachtext oder eine Reportage erinnert und nicht an eine Erzählung oder einen Erzählungsausschnitt.

die durch die Guls Hiebe mit der flachen Hand auf eine echte Bewährungsprobe gestellt wurde.
Das 'die' streichen.

musste er aufgrund des Zynismus, die diese Werbung in der jetzigen Situation hatte, zwangsläufig lachen.
den diese Werbung

Dies hier war kein Refugee-Hotel in dessen Keller Schach gespielt wurde.
HotelKomma

Dies hier waren verschiedenste Lebensläufe in einem Land des verschissenen Nobelpreisträgers Europäische Union!
Der Satz passt zwar zum Anfang, gefällt mir aber auch nicht, allein schon, weil 'verschissenen' mir hier für den Abgang zu oberflächlich gesellschaftskritisch daherkommt.

Der Ton, in dem du erzählst, passt vermutlich, aber insgesamt ist es doch nur ein teils neutraler, teils subjektiver Bericht, eine Art fragmentarische Reportage, in der eine Reihe von Eindrücken vermengt werden, ohne damit - in meinem Fall - viel Eindruck zu machen. Mir fehlen Handlung, Fokus auf einen Hauptcharakter, irgendetwas, was sich in der Kürze dieses Textes auch gar nicht realisieren ließe.

Viel Spaß im Forum,
Sam

 

Ich muss ehrlich zugeben, dass ich kein Freund von plotlosen (oder plotarmen) Geschichten bin. Soll aber nicht heißen, dass der Text schlecht ist. Abgesehen davon, dass die ersten Sätze etwas verwinkelt sind, finde ich die Atmosphäre nicht schlecht.

Die Computerstimme, die ohne jede normale Betonung von Wörtern und Silben auskam, erweiterte den Gesprächskreis durch ihre pure Lautstärke um eine weitere Sprache, die ihren eigenen Gesetzen folgte.
Mir gefällt dieser Satz sehr gut. Die Computerstimme, die nur spricht, und die Runde, die nicht versteht. Ein interessanter Gegensatz.

Ich muss mich Sam allerdings anschließen. Der Beginn der Geschichte lässt etwas ganz anderes erwarten. Eher deutet er eine Gesprächsrunde an, in der die Menschen ihre Geschichten erzählen. Und nicht, dass sie sich kaum bis garnicht verstehen.

 

Hallo DavidFrankfurter,

willkommen im Forum.

Deine Geschichte ist eine Momentaufnahme, die mich persönlich nicht sonderlich anspricht.

Dass endlich jemand vorbeikommen und diese hässliche Tür öffnen würde, ...

Hier hätte ich mir tatsächlich den »Anfang«, als »Ende« gewünscht, aber so, hast du jegliche Spannung aus dem Text genommen. (Die Fragen: Warum sitzen so viele unterschiedliche Personen zusammen? Was verbindet sie? Wie kam es dazu? Woher kennen sie sich?)

... und ein misanthropischer geneigter Junge aus Klansberg, der diese unwirkliche Situation mit Bier und Zigarette auf den Treppenstufen sitzend, verfolgte.

Warum beschreibst du es nur, lass ihn doch wirklich alles verfolgen. Lass ihn denken, fühlen, schmecken, riechen.

Fünf Personen – Ein Saudi, der aber lediglich italienisch zu sprechen schien, ein Kurde, der mit 65 Jahren in einer Sammelunterkunft für „Asylbewerber“ im Norden Deutschlands gestrandet war, ein afghanischer Paschtun, der verzweifelt versuchte sich mit Gul, dem afghanischen Hazara zu verständigen und ein misanthropischer geneigter Junge aus Klansberg, der diese unwirkliche Situation mit Bier und Zigarette auf den Treppenstufen sitzend, verfolgte.

Das ist für mich eine Aufzählung, keine wirkliche Beobachtung. (Eben interessant dabei wäre, der italienisch sprechende Saudi.) Allerdings ist es für mich fraglich, wenn es doch diese Verständigungsschwierigkeiten gibt, woher Chris dies alles weiß. Folglich müssen sie sich viel länger kennen und damit passt für mich, die gewählte Sprache, die Distanz zum Geschehen nicht. Gibt es keinen darunter, mit dem Chris bisher nicht sonderlich auskam, oder, bei dem er sich schon immer viele Fragen gestellt hatte, auf den er neugierig geworden ist ...?

Textkram:

Fünf Personen – fünf Geschichten - Ein primitives Ziel.

Fünf Personen – Ein Saudi, der aber lediglich ...

»Ein« - klein

„Allemand, Allemand!“

Nach Komma »klein« weiter.

Iphone
iPhone


Mir wäre, ein deutlicher Protagonist mit Nähe zur Situation lieber gewesen, so wirkt der Text emotionslos und fern der Situation. Wäre deine Geschichte länger gewesen, hätte ich sicherlich abgebrochen.


LG
Nachtschatten

 

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