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Fäulnis im Wurzelsystem

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27.03.2024
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Fäulnis im Wurzelsystem

Die einzige Stütze nach dem Verlassen des Hauses ist eine verschmutzte Wand links neben mir. Es muss ohne gehen. Der Grillgeruch einer Dönerbude steigt mir in die Nase. Riecht definitiv besser als es schmeckt. Nach einigen Schritten verschwindet er und wird ersetzt durch einen krustig-süßlichen Duft aus einer Backstube. Eine Backstube, keine bestimmte. Es gibt zwei Stück hier und ich besuche keine von beiden. Sie hatte immer etwas von „unserer Backstube” geholt. Ich weiß bis heute nicht, welche sie meinte.
Von hinten nähert sich ein Motorgeräusch. Sicher ein VW-Diesel. Klingt genau wie der, den ich damals von der Arbeit bekommen hatte. Ein grundsolider Wagen.
Es ist doch ein Renault. Irgendein silberner Kombi mit fremdem Kennzeichen, der umherirrt.

Auf einer Bank neben einem Brunnen mache ich Pause. Die Häuser auf der anderen Straßenseite wurden auch nicht schöner. Die einstmals bunten Fassaden wirken trotz des warmen Sonnenlichts schal und grau. Der einzige Blickfang ist eine Buche vor dem Spielplatz, deren Blätter sanft vom Wind erzittern. Ein schöner Baum. Sehr groß. Fast so wie der bei Wesemanns damals. Hat durch den Sturm das Haus ziemlich zerstört. Fäulnis im Wurzelsystem. Wie der Stamm nach all den Jahren langsam ins Wanken geraten sein muss, schließlich den letzten Halt verlor und auf das Zimmer des kleinen Leo niederdonnerte.
Sie hatte mich dann überredet, die Kastanie neben dem Schuppen fällen zu lassen. Doch das ist lange her und die Bilder des eigenen Gartens weit weg.
Obwohl der Wind hier unten kaum spürbar ist, schnellen die Wolken hinter dem Grün der Buche nur so dahin. Ein weiß-weicher Kontrast am oberen Rande des Blickfelds. Wie an meinem Geburtstag. Es musste der fünfte oder sechste gewesen sein. Durch die Sahnewölkchen auf der Torte wurde die Tischplatte für meine kindlichen Augen in die Höhe gezogen. Nie sind mir die Beine des Tisches so hoch vorgekommen wie in diesem Moment. Die erste Sahne blieb im Kopf, an die letzte kann ich mich nicht erinnern.

In der Fußgängerzone herrscht viel Betrieb. Ein routinierter Strom von Menschen mitten durch das Gemisch aus Parfüm, Zigarettenrauch und Frittierfett. Begleitet von monotonem Gemurmel und der Geige eines Straßenmusikers. Die Blicke ruhen auf Smartphones, wandern über Schaufensterscheiben oder werden von den Eingängen aus zögernd in die Läden geworfen. Taschen und Tüten aller Art wie verwachsen mit den sie tragenden Armen.
Doch inmitten dieser unterschiedlichen aber doch so gleichen Gestalten tanzt ein gelber Pullover. Ja, er tanzt. Nicht routiniert und glatt geschliffen wie bei einem Walzer. Ohne jene elegante Ästhetik. Sondern so wie man tanzt, bevor man das Tanzen gelernt hat. Wie sie, in dieser Kneipe in Toulouse. Frei, unbeholfen und nicht ganz im Takt. Beinahe stolpernd bewegt sich der gelbe Fleck vorwärts. Aber es ist kein fehlerhaftes Abweichen von der Routine des Laufens, nicht wie bei mir das Resultat einer zunehmenden körperlichen Schwäche. Im Gegenteil, es ist ein Stolpern voller Energie. Die Beine des Pullovers sind nicht aufeinander eingestimmt, wodurch jeder Schritt ein individueller, neuer ist. Er schlängelt sich vorwärts durch die Masse, die ihn nicht beachtet. Die den Ausdruck von Kraft und Einzigartigkeit nicht zu bemerken scheint. Ein paar Seitenstraßen später haben wir die blinde Menge hinter uns gelassen. Unter einer Linde bleibt er stehen. Nun dreht sich der Pulli das erste mal um und ein im Comic-Stil gezeichneter Hund lacht mir von seiner Vorderseite zu. Ich stütze mich auf der Schulter des Jungen ab, lasse die Hand über seinen Rücken wandern und stelle mich vor.

 

Hallo @Takinios unbekannterweise,

Ich schreib mal mit:

Riecht definitiv besser als es schmeckt.
Da spricht der Autor. Mit Wertungen, die in Richtung schwer belegbare Behauptung gehen, bin ich vorsichtig.
Sie hatte immer etwas von „unserer Backstube” geholt. Ich weiß bis heute nicht, welche sie meinte.
Gut, damit sagst du viel über das Verhältnis der Eheleute.
Irgendein silberner Kombi mit fremdem Kennzeichen(Komma) der umherirrt.
Obwohl der Wind hier unten kaum spürbar ist, schnellen die Wolken hinter dem Grün der Buche nur so dahin. Ein weiß-weicher Kontrast am oberen Rande des Blickfelds.
Gut.
Durch die Sahnewölkchen auf der Torte wurde die Tischplatte für meine kindlichen Augen in die Höhe gezogen. Nie sind mir die Beine des Tisches so hoch vorgekommen wie in diesem Moment. Die erste Sahne blieb im Kopf, an die letzte kann ich mich nicht erinnern.
schnall ich nicht, Tischplatte wird in die Höhe gezogen, klingt nach Alice im Wunderland, was geht da ab? Was ist das mit der letzten Sahne?
Ein routinierter Strom von Menschen (fließt) mitten durch das Gemisch aus Parfüm, Zigarettenrauch und Frittierfett.
Würde dem Satz ein Verb gönnen.
Doch inmitten dieser unterschiedlichen aber doch so gleichen Gestalten tanzt ein gelber Pullover. Ja, er tanzt.
Das weckt Neugierde.
Wie sie, in dieser Kneipe in Toulouse.
Wie wer? Da springst du mitten im Text in eine Rückblende zu einer Situation mit einem Menschen, den du nicht eingeführt hast.
Im Gegenteil, es ist ein Stolpern voller Energie.
Die Formulierung ist nicht ganz sauber, stolpern ist nicht unbeholfen tanzen, sondern ein Missgeschick, jemand stolpert unabsichtlich über ein Hindernis.
Die Beine des Pullovers sind nicht aufeinander eingestimmt, wodurch jeder Schritt ein individueller, neuer ist.
Sorry, das Bild ist schief, ein Pullover hat keine Beine.
Nun dreht sich der Pulli das erste mal um und ein im Comic-Stil gezeichneter Hund lacht mir von seiner Vorderseite zu. Ich lege dem Jungen die Hand auf die Schulter und stelle mich vor.
Ich lese die ganze Zeit über einen gelben Pulli und am Schluss steckt ein Junge darin, Houdini lebt. Ne, im Ernst, für mich ist das keine gute Idee. Ich würde da nachlegen und aus dem Anfang einer Geschichte einen wirklichen Plot entwickeln. Was bisher passiert ist nur: Alter Mann geht durch die Stadt, folgt einem gelben Pulli (?) und trifft einen Jungen. Da, wo die Geschichte beginnen könnte, blendest du raus.
Mir fehlt da vor allem die Interaktion der beiden, was haben sie sich zu sagen und zu geben? Warum tanzt der Junge da alleine rum und warum fühlt sich der alte Mann so zu ihm hingezogen? Momentan finde ich das ein bissl dürftig, aber du hast ja jederzeit die Möglichkeit nachzulegen, trau dich!

Peace, l2f

 

Hallo @Takinios

Der Titel macht schon mal neugierig und deine Geschichte hat für mich etwas Rätselhaftes, was ja nicht unbedingt schlecht sein muss. Der Baum mit seinem faulen Wurzelsystem spielt offenbar eine große Rolle, sonst hättest du diesen Titel ja nicht gewählt.

Daraus folgt, auch der kleine Junge, auf den der Baum niederdonnerte. Gibt es eine Verbindung zu dem Jungen im gelben Pullover? Wenn das so gedacht war, sollte die Verbindung deutlicher gemacht werden. So, wie der Text jetzt dasteht, stochere ich als Leser nur in Vermutungen. Der wandelnde Pulover gehört zu dem Jungen, aber der seltsam tänzelnde Gang erinnert den Ich-Erzähler an seine Frau, die wahrscheinlich schon vor längerer Zeit verstorben ist. Die Beschreibung des Ganges finde ich gelungen. Das hat mein Interesse geweckt.

Von mir aus bräuchte der Pullover auch keine Beine, sondern könnte ein Pullover bleiben, dem am Ende der Erzähler seine Hand auf die Schultern legt. Wenn schon rätselhaft, dann auch richtig! Soweit mein Leseeindruck.

Zur Form will ich hier gar nichts sagen, sondern auf meine Detail-Anmerkungen verweisen.

Die Häuser auf der anderen Straßenseite wurden auch nicht schöner.
„Sind nach dem letzten Mal auch nicht schöner geworden“ passt besser in die an das Mündliche angelehnte Erzählweise.
Wie der Stamm nach all den Jahren langsam ins Wanken geraten sein muss, schließlich den letzten Halt verlor und auf das Zimmer des kleinen Leo niederdonnerte.
Warum hier als Vermutung formuliert. "Er ist …"
Obwohl der Wind hier unten kaum spürbar ist, schnellen die Wolken hinter dem Grün der Buche nur so dahin
„schnellen“ passt für Wolken nicht. segeln vielleicht, um den „Wind“ aufzugreifen
Durch die Sahnewölkchen auf der Torte wurde die Tischplatte für meine kindlichen Augen in die Höhe gezogen. Nie sind mir die Beine des Tisches so hoch vorgekommen wie in diesem Moment.
Kindlicher Vorstellungskraft traue ich ja eine Menge zu, aber das?
Nun dreht sich der Pulli das erste mal um und ein im Comic-Stil gezeichneter Hund lacht mir von seiner Vorderseite zu.
Vorderseite ist ein Streichkandidat.

Grüße
Sturek

 

Moin @Takinios ,
oh was freue ich mich, endlich etwas von Dir zu lesen zu bekommen. Ich erinnere mich an Deine so hilfreichen Kommentare zu meinem Romanexpose und freue mich über Deinen Challengebeitrag.
Ich würde sagen, Du bis ein Autor, der seinen Lesern etwas abverlangt, mitdenken, -fühlen fordert und sie dafür mit schönen Bildern belohnt.
Für mich hat hier ein recht gebrechlicher alter Herr eine schmerzhafte, aber dennoch wundervolle Erinnerung an seine verstorbene Frau. Einiges habe ich auch nach einem dritten Lesen noch nicht verstanden, aber dafür kann ich ja die Kommentare verfolgen.

Fäulnis im Wurzelsystem
Ja, der Titel erklärt sich aus einem Teil des Textes, aber ist er auch wirklich das, worum es geht? Dann wäre die Erinnerung doch eher die an das Kind, was bei dem Baumunglück starb?
Ich kann auch keine übergeordnete Bedeutung erahnen, denn um Fäulnis, verfall geht es eigentlich nicht. Und Wurzelsystem klingt arg nach Biologieunterrricht - vielleicht nur in der Wurzel? Wurzelwerk?

Die einzige Stütze nach dem Verlassen des Hauses ist eine verschmutzte Wand links neben mir. Es muss ohne gehen.
Ich brauchte die zwei Sätze um ein Bild zu haben, um die Erzählperspektive zu erkennen, aber das hat mich neugierig gemacht.

Der Grillgeruch einer Dönerbude steigt mir in die Nase. Riecht definitiv besser als es schmeckt.
Ist jetzt echt kleinkariert: Wenn er von einer (also irgendeiner) Bude spricht, dann erscheint mir der zweite Satz zu direkt, zu sehr auf diese Bude bezogen. Ich plädiere für ein "der Dönerbude". Generell gehörst Du wohl eher zu den Verfechtern von mein, dein, sein - fällt natürlich oft unter Geschmackssache.

Sie hatte immer etwas von „unserer Backstube” geholt. Ich weiß bis heute nicht, welche sie meinte.
Gut eingebaut, dass er jetzt allein ist, sie wahrscheinlich verstorben? Und er sich um sowas nicht gekümmert hat.

Klingt genau wie der, den ich damals von der Arbeit bekommen hatte. Ein grundsolider Wagen.
Es ist doch ein Renault. Irgendein silberner Kombi mit fremdem Kennzeichen der umherirrt.
Der Sinn dieses Absatzes hat sich mir noch nicht erschlossen. Geht es darum, das er einmal einen Dienstwagen hatte, also durchaus etwas darstellte? Oder das seine Wahrnehmung nicht mehr zuverlässig ist? Ja, letzteres wäre eine gute Erklärung ...
das fettgedruckte hat für meine Ohren keine schönen Klang, fällt hier auf.

Auf einer Bank neben einem Brunnen mache ich Pause. Die Häuser auf der anderen Straßenseite wurden auch nicht schöner. Die einstmals bunten Fassaden wirken trotz des warmen Sonnenlichts schal und grau.
inhaltlich klar, aber warum der Zeitsprung? Eigentlich ja sogar zwei, denn danach bezieht er sich auf die Vergangenheit (einstmals).

Der einzige Blickfang ist eine Buche vor dem Spielplatz, deren Blätter sanft vom Wind erzittern. Ein schöner Baum. Sehr groß. Fast so wie der bei Wesemanns damals. Hat durch den Sturm das Haus ziemlich zerstört. Fäulnis im Wurzelsystem.
ja, der Baum löst die Erinnerung aus. Heißt das "bei Wesenmanns" bei den Nachbarn oder bei Bekannten?

schließlich den letzten Halt verlor und auf das Zimmer des kleinen Leo niederdonnerte.
Hier läge eine Idee für die Erinnerung - dem Leo wäre dann etwas passiert.

Sie hatte mich dann überredet, die Kastanie neben dem Schuppen fällen zu lassen. Doch das ist lange her und die Bilder des eigenen Gartens weit weg.
Aber eigentlich führt es nur weiter, die Erinnerungen hangeln sich aneinander lang. Buche-großer Baum-Baum fällt-Ehefrau hat Sorge und lässt Kastanie fällen- ...
Mir fehlt ein bisschen Gefühl (sagen wir mal Innensicht), denn Du schiebst mich mit solchen Sätzen wie: die Bilder des eigenen Gartens weit weg - einfach auch von dem Protagonisten weg.

Obwohl der Wind hier unten kaum spürbar ist, schnellen die Wolken hinter dem Grün der Buche nur so dahin.
für mich dürfen die Wolken schnellen, ich frage mich nur die ganze Zeit, von wo aus er den Baum sieht. Hinter dem Baum wäre für mich sowas wie auf Augenhöhe mit der Buche, also auf einem Hügel. Aber okay, dass liegt daran, das ich beim Lesen "Filmgucke" und hier keine Ahnung zur Kamerastellung bekomme.

Ein weiß-weicher Kontrast am oberen Rande des Blickfelds. Wie an meinem Geburtstag. Es musste der fünfte oder sechste gewesen sein. Durch die Sahnewölkchen auf der Torte wurde die Tischplatte für meine kindlichen Augen in die Höhe gezogen.
Sorry, aber ich habe den Teil auch nicht verstanden. Weder die Sahnewölckchen (dann müsste das irgendwie eine besondere Wölkchentorte sein). Und warum bei einem Kind, was schon auf den Tisch gucken kann die Tischplatte wächst - ich freue mich auf die Erklärung.

Nie sind mir die Beine des Tisches so hoch vorgekommen wie in diesem Moment. Die erste Sahne blieb im Kopf, an die letzte kann ich mich nicht erinnern.
Die erste Sahne bleibt im Kopf kaufe ich, aber was meint er mit der "letzten". hier würde ich etwas offeneres erwarten: Wer weiß, wann/wo die letzte Sahne erscheint sinngemäß

Ein routinierter Strom von Menschen mitten durch das Gemisch aus Parfüm, Zigarettenrauch und Frittierfett. Begleitet von monotonem Gemurmel und der Geige eines Straßenmusikers. Die Blicke ruhen auf Smartphones, wandern über Schaufensterscheiben oder werden von den Eingängen aus zögernd in die Läden geworfen. Taschen und Tüten aller Art wie verwachsen mit den sie tragenden Armen.
Hier kommen die Stellen, die ich wirklich sehr mochte. Oh, sie sind ein bisschen schief, die Bilder, aber es passt für mich zu dem Protagonisten, der schwankt und humpelt. Jedenfalls lese ich es so, kann mich hier voll auf ihn einlassen.

Doch inmitten dieser unterschiedlichen aber doch so gleichen Gestalten tanzt ein gelber Pullover.
Braucht es das "doch"? Worauf bezieht es sich?

Ja, er tanzt. Nicht routiniert und glatt geschliffen wie bei einem Walzer. Ohne jene elegante Ästhetik. Sondern so wie man tanzt, bevor man das Tanzen gelernt hat. Wie sie, in dieser Kneipe in Toulouse. Frei, unbeholfen und nicht ganz im Takt.
Auch die Stelle mag ich sehr, sehe den Pullover vor mir. Über die Dopplung würde ich nachdenken, der mittlere Teil klingt für mich noch nicht rund, tanzend :-)
Und da ist sie! Die Erinnerung! So wichtig für ihn!

Aber es ist kein fehlerhaftes Abweichen von der Routine des Laufens, nicht wie bei mir das Resultat einer zunehmenden körperlichen Schwäche. Im Gegenteil, es ist ein Stolpern voller Energie.
Auch schön!
Für das fette hätte ich mir ein weniger logisch klingendes Bild gewünscht, aber es ist ja kein Wunschkomzert.

Die Beine des Pullovers sind nicht aufeinander eingestimmt, wodurch jeder Schritt ein individueller, neuer ist. Er schlängelt sich vorwärts durch die Masse, die ihn nicht beachtet. Die den Ausdruck von Kraft und Einzigartigkeit nicht zu bemerken scheint.
Doch, für mich gehen die Beine des Pullovers in Ordnung. Es geht ja um die durch die knallige Farbe wahrnehmbare Bewegung. Er interpretiert eine Menge hinein in den Pullover, in die damit verbundene Figur/Erinnerung?

Ein paar Seitenstraßen später haben wir die blinde Menge hinter uns gelassen. Unter einer Linde bleibt er stehen. Nun dreht sich der Pulli das erste mal um und ein im Comic-Stil gezeichneter Hund lacht mir von seiner Vorderseite zu. Ich stütze mich auf der Schulter des Jungen ab, lasse die Hand über seinen Rücken wandern und stelle mich vor.
Und jetzt meckere ich: Er sitzt auf dem Platz, verfolgt den Pullover mit den Augen. Nie könnte er bei den schwungvollen Bewegungen folgen. Ich glaube ihm auf die Entfernung nicht einmal die Comic-Figur, aber das mag an meinem privaten "Kinofilm" liegen.
Wenn er es bis dahin geschafft haben sollte, schlucke ich das abstützen, das wäre ein toller Bezug auf die Ehefrau/Geliebte, die ihn bestimmt immer gestützt hat. Aber warum stellt er sich vor?
Ich bin gespannt!
Zusammengefasst gesagt, ich mag Deine Bilder, ich mag den Sound der kleinen Geschichte. Verstanden habe ich sie garantiert noch nicht ganz .
Viel Spaß noch bei der Challenge
greenwitch

 

@linktofink, @Sturek, @greenwitch,
vielen lieben Dank euch für eure Zeit und Anmerkungen! Nach einem halben Jahr des Mitlesens ist es natürlich besonders schön, die Auseinandersetzung mit dem eigenen Text zu beobachten.

Da ihr ja zumindest teilweise die gleiche Kritik geäußert habt, würde ich erst ein paar allgemeine Sätze zu meiner offensichtlich nicht wirklich funktionierenden Vision teilen. Denn ihr alle habt ja angemerkt, dass euch ein bisschen der Plot fehlt oder ihr nicht ganz schlau aus ihm werdet. Das ist natürlich nicht das, was man sich als Reaktion auf die erste Geschichte erhofft hat.
Da ich ja doch schon eine Weile mitlese, kenne ich natürlich das Phänomen, dass - insbesondere bei WK-Neulingen - Texte nach negativen Leseeindrücken von den Autoren vehement verteidigt und erklärt werden. Das ist insofern aus meiner Sicht teilweise fehl am Platz, weil die Notwendigkeit des Erklärens ja bereits zeigt, dass an dem Text noch gefeilt werden sollte. Gleichzeitig schwingt in solchen Erklärungen ja auch oft etwas mit, was die Sicht der Kritiker und damit ihre Arbeit relativiert. À la "Eure Kritik ist falsch, ich sag euch jetzt, warum der Text toll ist."
Diesen Eindruck möchte ich natürlich nicht bei den Leuten hervorrufen, die so nett waren und ihre Zeit in meinen Text investiert haben.
Gleichzeitig gab es ja von eurer Seite schon auch Fragen danach, wie ich mir den Text vorgestellt habe und auch wenn es darum geht, weshalb ich manche eurer Anmerkungen nicht direkt umsetze, spielt meine Intention der Geschichte natürlich schon eine zentrale Rolle.
Deshalb verliere ich jetzt doch ein paar Sätze zu meinen Ansatz, allerdings bin ich mir darüber bewusst, dass - da die von mir intendierte Interpretation/Idee der Geschichte nicht bei euch ankommt - ich diese noch deutlicher herausarbeiten muss!

Also zu meiner Idee der Geschichte:

Im Wesentlichen wollte ich durch meine Geschichte einen im Alter entwurzelten Menschen schildern. Seine Frau lebt nicht mehr und er fühlt und beschreibt seine Umwelt zwar, interagiert aber nicht mit ihr (deshalb die vielen unbestimmten Artikel, eine Bank, ein Brunnen, eine Buche usw., die den fehlenden persönlichen Bezug des Protas zu seiner Umgebung aufzeigen sollen). Stattdessen sind sie nur Auslöser für weit zurückliegende Erinnerungen. Durch die Erinnerung an den umgestürzten Baum (und damit auch durch den Titel) habe ich andeuten wollen, dass beschädigte Wurzeln für die Umwelt - in diesem konkreten Fall für Leo und den Jungen im gelben Pullover - ein Risiko darstellen. Das metaphorische Umfallen des Protas sollte dann durch die im letzten Satz angedeutete unangemessene Annäherung an den Jungen aufgezeigt werden. Den letzten Satz habe ich nach den ersten beiden Kommentaren etwas verschärft, um dieses zentrale Element etwas deutlicher herauszuarbeiten. Gedacht war es so, dass man den assoziativen Ausschweifungen des Protas über weite Teile des Textes gerne folgt, man eventuell seine Faszination für die vom Pullover ausgehende jugendliche Energie nachempfinden kann, bevor der Text in den letzten beiden Sätzen eine unangenehme Wendung nimmt. In der Theorie habe ich versucht diese Wendung natürlich nicht im Text vorwegzunehmen, aber durch Andeutungen (Das Entwurzeltsein des Protas, das bestimmte "der Spielplatz", die Verknüpfung zwischen Pulli und der verstorbenen Frau etc.) im Rückblick nachvollziehbar wirken zu lassen.

Soviel zu meiner Idee. Ich muss mir die nächsten Tage noch einmal etwas Zeit nehmen und gucken, wie ich das besser umsetzen kann. Ich hoffe ihr nehmt es mir deshalb nicht übel, wenn ich mich mit Anpassungen noch etwas zurückhalte, aber eure Punkte nehme ich natürlich mit, vielen Dank dafür! Falls ihr mit meiner Idee im Hintergrund konkrete Vorschläge habt, bin ich für diese natürlich sehr dankbar!

Jetzt noch ein paar konkrete Kommentare zu euren Anmerkungen.

Zunächst zu Dir, @linktofink:

Riecht definitiv besser als es schmeckt.
Da spricht der Autor. Mit Wertungen, die in Richtung schwer belegbare Behauptung gehen, bin ich vorsichtig.
Die Idee war, dass das ein Kommentar des Protas ist und (eine kleine) Distanz zwischen sich und der Umwelt erzeugt.

Irgendein silberner Kombi mit fremdem Kennzeichen(Komma) der umherirrt.
Danke!

Durch die Sahnewölkchen auf der Torte wurde die Tischplatte für meine kindlichen Augen in die Höhe gezogen. Nie sind mir die Beine des Tisches so hoch vorgekommen wie in diesem Moment. Die erste Sahne blieb im Kopf, an die letzte kann ich mich nicht erinnern.
schnall ich nicht, Tischplatte wird in die Höhe gezogen, klingt nach Alice im Wunderland, was geht da ab? Was ist das mit der letzten Sahne?
Damit wollte ich auf diese (kindlichen) Momente der Begeisterung anspielen, in denen man die Umwelt ganz anders begreift als sie tatsächlich ist. Ich habe mir beispielsweise früher immer im Bett vorgestellt, wie mein Zimmer wirken würde, wenn die Zimmerdecke eigentlich der Fußboden wäre etc. In diesem konkreten Fall ist das Bild entstanden durch den Gedanken, dass man als Kind beim ersten Kontakt mit Sahne dieser aufgrund der wölkchenhaften Optik womöglich schwebende Eigenschaften zuschreibt. Aber die Stelle hat bei @Sturek und @greenwitch ja auch nicht funktioniert, also gelingt es mir entweder das Bild in meinem Kopf sprachlich besser zu verpacken, oder es muss raus.

Ein routinierter Strom von Menschen (fließt) mitten durch das Gemisch aus Parfüm, Zigarettenrauch und Frittierfett.
Würde dem Satz ein Verb gönnen.
Mit dem Verb wird es auf jeden Fall flüssiger, allerdings habe ich die Hoffnung, dass in meiner Version eine gewisse Distanz durch den etwas nüchternen Ton entsteht.

Wie sie, in dieser Kneipe in Toulouse.
Wie wer? Da springst du mitten im Text in eine Rückblende zu einer Situation mit einem Menschen, den du nicht eingeführt hast.
Den Kommentar verstehe ich ehrlich gesagt nicht ganz, da Dir eine technisch sehr ähnlich umgesetzte Stelle (im Bezug auf die Backstube) gefallen hat. Auch dort ist ja plötzlich von einer nicht näher spezifizierten "sie" die Rede. Aber ich habe das jetzt auf dem Schirm und gucke, ob weitere Kommentare hier keinen Bezug herstellen.

Im Gegenteil, es ist ein Stolpern voller Energie.
Die Formulierung ist nicht ganz sauber, stolpern ist nicht unbeholfen tanzen, sondern ein Missgeschick, jemand stolpert unabsichtlich über ein Hindernis.
Dieser Satz war ja darauf bezogen, dass die Fortbewegung von der "normalen" Routine des Laufens abweicht. Gleichzeitig habe ich versucht, im nächsten Satz zu spezifizieren, wie dies vom Prota wahrgenommen wird.

Die Beine des Pullovers sind nicht aufeinander eingestimmt, wodurch jeder Schritt ein individueller, neuer ist.
Sorry, das Bild ist schief, ein Pullover hat keine Beine.
Ich verstehe natürlich was Du meinst. Hoffe aber, genau dadurch wird angedeutet, dass es anscheinend nicht nur um einen umherschwebenden Pullover geht. Aber ja, ich muss gucken, dass der Text durch solche Formulierungen bei euch Lesern nicht zu sehr ins Seltsame abdriftet.

Ich lese die ganze Zeit über einen gelben Pulli und am Schluss steckt ein Junge darin, Houdini lebt. Ne, im Ernst, für mich ist das keine gute Idee. Ich würde da nachlegen und aus dem Anfang einer Geschichte einen wirklichen Plot entwickeln. Was bisher passiert ist nur: Alter Mann geht durch die Stadt, folgt einem gelben Pulli (?) und trifft einen Jungen. Da, wo die Geschichte beginnen könnte, blendest du raus.
Ich hoffe meine obige Erklärung bringt etwas Licht ins Dunkel.

Vielen Dank Dir für Zeit und Kommentar - Deine Geschichte habe ich auch schon gelesen und komme entsprechend demnächst zu einem Gegenbesuch vorbei.

Nun zu Deinen Anmerkungen, @Sturek:

Der Baum mit seinem faulen Wurzelsystem spielt offenbar eine große Rolle, sonst hättest du diesen Titel ja nicht gewählt. Daraus folgt, auch der kleine Junge, auf den der Baum niederdonnerte. Gibt es eine Verbindung zu dem Jungen im gelben Pullover?
Hoffe die Verknüpfung zwischen Titel und Geschichte wurde durch meine Erklärung deutlicher. Die gedachte Verbindung zwischen dem kleinen Leo und dem im gelben Pullover war, dass beide durch ein nicht ausreichend verwurzeltes Objekt (Baum/Prota) zu Schaden kommen.

Von mir aus bräuchte der Pullover auch keine Beine, sondern könnte ein Pullover bleiben, dem am Ende der Erzähler seine Hand auf die Schultern legt. Wenn schon rätselhaft, dann auch richtig!
Ja, das ist schon so ein Gedanke, der mir beim Lesen eurer Kommentare kam. Wenn mir für den aktuellen Plot keine adäquate Umsetzung einfallen möchte, könnte ich vielleicht die surrealistische Lesart des Textes stärker herausarbeiten und den bisher bewusst von mir gemiedenen Tag "Seltsam" hinzufügen.

Die Häuser auf der anderen Straßenseite wurden auch nicht schöner.
„Sind nach dem letzten Mal auch nicht schöner geworden“ passt besser in die an das Mündliche angelehnte Erzählweise.
Ja, macht es. Allerdings erzeugt es dadurch auch so etwas Konkretes durch den Verweis auf "das letzte Mal", den ich eigentlich vermeiden wollte. Gleichzeitig funktioniert meine Umsetzung bisher nicht, weshalb der gesamte Satz für mich ein Streichkandidat ist.

Wie der Stamm nach all den Jahren langsam ins Wanken geraten sein muss, schließlich den letzten Halt verlor und auf das Zimmer des kleinen Leo niederdonnerte.
Warum hier als Vermutung formuliert. "Er ist …"
Der Gedanke war, dass dieser Satz einem sich-Hineinversetzen des Protas in den Baum nachkommt und dadurch eine Vorahnung für den weiteren Verlauf der Geschichte liefern soll.

Obwohl der Wind hier unten kaum spürbar ist, schnellen die Wolken hinter dem Grün der Buche nur so dahin
„schnellen“ passt für Wolken nicht. segeln vielleicht, um den „Wind“ aufzugreifen
Hmm, also für mich beschreibt ein "schnellen" den scheinbar zielgeleiteten Weg von Wolken besser, aber ich nehme es noch mal mit - Danke Dir!

Nun dreht sich der Pulli das erste mal um und ein im Comic-Stil gezeichneter Hund lacht mir von seiner Vorderseite zu.
Vorderseite ist ein Streichkandidat.
Ich hatte ein bisschen Bedenken, dass man ohne diesen Zusatz über den Jungen im nächsten Satz stolpert. Also durch meine Formulierung wollte ich klar machen, dass der Prota keinen Hund im gelben Pullover vor sich hat :D
Aber ja, das sollte raus!


Vielen Dank Dir für Deine Zeit und Anmerkungen - bis die Tage unter Deinem Challenge-Beitrag!


Und nun noch zu Dir, @greenwitch!

oh was freue ich mich, endlich etwas von Dir zu lesen zu bekommen. Ich erinnere mich an Deine so hilfreichen Kommentare zu meinem Romanexpose und freue mich über Deinen Challengebeitrag.
Vielen Dank für die netten Worte! :)
Dein überarbeitetes Expose steht auch noch auf meiner Liste der zu kommentierenden Beiträge - nur vermutlich erst nach der Challenge. :Pfeif:
Ich freue mich über Deinen so nett formulierten Kommentar!

Fäulnis im Wurzelsystem
Ja, der Titel erklärt sich aus einem Teil des Textes, aber ist er auch wirklich das, worum es geht? Dann wäre die Erinnerung doch eher die an das Kind, was bei dem Baumunglück starb?
Ich kann auch keine übergeordnete Bedeutung erahnen, denn um Fäulnis, verfall geht es eigentlich nicht. Und Wurzelsystem klingt arg nach Biologieunterrricht - vielleicht nur in der Wurzel? Wurzelwerk?
Lustig, dass Du den Titel herausgegriffen hast. Ich hatte beim Schreiben tatsächlich den Gedanken, ob er von der Botanikerin des WK-Hauses akzeptiert wird. :D
Weshalb ich finde, dass der Titel den Kern der Geschichte abbildet, ist hoffentlich bei meinen obigen Erklärungen herauszuhören.
Zu der konkreten Formulierung: Ja, da schwingt der Biologieunterricht schon mit. Gleichzeitig gefällt sie mir recht gut, da sie so einen diagnostischen Tonfall hat, der sich für mich gut auf den Baum und den Prota übertragen lässt.

Der Grillgeruch einer Dönerbude steigt mir in die Nase. Riecht definitiv besser als es schmeckt.
Ist jetzt echt kleinkariert: Wenn er von einer (also irgendeiner) Bude spricht, dann erscheint mir der zweite Satz zu direkt, zu sehr auf diese Bude bezogen. Ich plädiere für ein "der Dönerbude". Generell gehörst Du wohl eher zu den Verfechtern von mein, dein, sein - fällt natürlich oft unter Geschmackssache.
Wie oben schon angemerkt habe ich in dem Text versucht, bestimmte Artikel sehr gezielt einzusetzen. Deshalb ist es für mich - analog zur Backstube - "eine Dönerbude". Ich muss jetzt mal überlegen, ob das ein Stilmittel ist, dass aufgrund des scheinbar geringen Impacts zugunsten des Leseflusses rausfliegt.

Klingt genau wie der, den ich damals von der Arbeit bekommen hatte. Ein grundsolider Wagen.
Es ist doch ein Renault. Irgendein silberner Kombi mit fremdem Kennzeichen der umherirrt.
Der Sinn dieses Absatzes hat sich mir noch nicht erschlossen. Geht es darum, das er einmal einen Dienstwagen hatte, also durchaus etwas darstellte? Oder das seine Wahrnehmung nicht mehr zuverlässig ist? Ja, letzteres wäre eine gute Erklärung ...
das fettgedruckte hat für meine Ohren keine schönen Klang, fällt hier auf.
Ja, meine Intention war Deine zweite Erklärung.
Ich sehe was Du mit dem Klang meinst. Ich tendiere aktuell dazu, es zu "wie der von der Arbeit damals." umzuformulieren. Danke Dir!

Auf einer Bank neben einem Brunnen mache ich Pause. Die Häuser auf der anderen Straßenseite wurden auch nicht schöner. Die einstmals bunten Fassaden wirken trotz des warmen Sonnenlichts schal und grau.
inhaltlich klar, aber warum der Zeitsprung? Eigentlich ja sogar zwei, denn danach bezieht er sich auf die Vergangenheit (einstmals).
Ja, das war schon beim Schreiben so ein Sorgenkind. Ich wollte es eher unbestimmt formulieren und habe deshalb das "werden" gemieden. Der Satz steht für mich deshalb insgesamt auf der Kippe.

Der einzige Blickfang ist eine Buche vor dem Spielplatz, deren Blätter sanft vom Wind erzittern. Ein schöner Baum. Sehr groß. Fast so wie der bei Wesemanns damals. Hat durch den Sturm das Haus ziemlich zerstört. Fäulnis im Wurzelsystem.
ja, der Baum löst die Erinnerung aus. Heißt das "bei Wesenmanns" bei den Nachbarn oder bei Bekannten?
In meinem Kopf waren es Nachbarn, müssen es aber vermutlich gar nicht sein. Denke Bekannte wären auch in Ordnung.

Aber eigentlich führt es nur weiter, die Erinnerungen hangeln sich aneinander lang. Buche-großer Baum-Baum fällt-Ehefrau hat Sorge und lässt Kastanie fällen- ...
Mir fehlt ein bisschen Gefühl (sagen wir mal Innensicht), denn Du schiebst mich mit solchen Sätzen wie: die Bilder des eigenen Gartens weit weg - einfach auch von dem Protagonisten weg.
Das war schon auch so ein Kernelement des Textes, dieses Assoziative. Auch das Wegschieben war bewusst. Ich habe dadurch versucht, den von seiner Umwelt isolierten Ich-Erzähler teilweise auch vom Leser immer wieder zu isolieren. Deshalb teilt er mit dem Leser auch Intimes eher indirekt und nicht explizit. Aber vielleicht ist das zu viel.

Obwohl der Wind hier unten kaum spürbar ist, schnellen die Wolken hinter dem Grün der Buche nur so dahin.
für mich dürfen die Wolken schnellen, ich frage mich nur die ganze Zeit, von wo aus er den Baum sieht. Hinter dem Baum wäre für mich sowas wie auf Augenhöhe mit der Buche, also auf einem Hügel. Aber okay, dass liegt daran, das ich beim Lesen "Filmgucke" und hier keine Ahnung zur Kamerastellung bekomme.
Hmm, ich verstehe was Du meinst. Für mich sind die Wolken bei einer Perspektive von unten irgendwie auch hinter dem Baumwipfel aber wahrscheinlich ist ein "über" akkurater.

Nie sind mir die Beine des Tisches so hoch vorgekommen wie in diesem Moment. Die erste Sahne blieb im Kopf, an die letzte kann ich mich nicht erinnern.
Die erste Sahne bleibt im Kopf kaufe ich, aber was meint er mit der "letzten". hier würde ich etwas offeneres erwarten: Wer weiß, wann/wo die letzte Sahne erscheint sinngemäß
Die letzte Sahne sollte so eine subtile Verknüpfung zu dem von seiner verstorbenen Frau mitgebrachten Kuchen sein. Ebenfalls ein Wackelkandidat.

Hier kommen die Stellen, die ich wirklich sehr mochte. Oh, sie sind ein bisschen schief, die Bilder, aber es passt für mich zu dem Protagonisten, der schwankt und humpelt. Jedenfalls lese ich es so, kann mich hier voll auf ihn einlassen.
Das freut mich, dass Dir die Stellen gefallen haben!

Doch inmitten dieser unterschiedlichen aber doch so gleichen Gestalten tanzt ein gelber Pullover.
Braucht es das "doch"? Worauf bezieht es sich?
Das doch war von mir als sprachliches Signal intendiert. À la "Alles ist routiniert (und langweilig) doch da erblicke ich etwas, dass mich anzieht." Ich schlafe noch mal drüber!

Ja, er tanzt. Nicht routiniert und glatt geschliffen wie bei einem Walzer. Ohne jene elegante Ästhetik. Sondern so wie man tanzt, bevor man das Tanzen gelernt hat. Wie sie, in dieser Kneipe in Toulouse. Frei, unbeholfen und nicht ganz im Takt.
Auch die Stelle mag ich sehr, sehe den Pullover vor mir. Über die Dopplung würde ich nachdenken, der mittlere Teil klingt für mich noch nicht rund, tanzend :-)
Und da ist sie! Die Erinnerung! So wichtig für ihn!
Danke Dir fürs Aufzeigen, die Dopplung hatte ich übersehen. Leider fällt mir gerade noch keine gute Alternative ein, aber den Satz nehme ich noch mal mit!

Aber es ist kein fehlerhaftes Abweichen von der Routine des Laufens, nicht wie bei mir das Resultat einer zunehmenden körperlichen Schwäche. Im Gegenteil, es ist ein Stolpern voller Energie.
Auch schön!
Für das fette hätte ich mir ein weniger logisch klingendes Bild gewünscht, aber es ist ja kein Wunschkomzert.
Ja, das sehe ich. Glaube ich habe diese etwas abstrakt anmutende Formulierung verwendet, um nicht zu sehr ins Explizite abzurutschen, was für mich nicht zu dem Text passt. Aber ja, vielleicht finde ich noch eine elegantere Lösung.

Die Beine des Pullovers sind nicht aufeinander eingestimmt, wodurch jeder Schritt ein individueller, neuer ist. Er schlängelt sich vorwärts durch die Masse, die ihn nicht beachtet. Die den Ausdruck von Kraft und Einzigartigkeit nicht zu bemerken scheint.
Doch, für mich gehen die Beine des Pullovers in Ordnung. Es geht ja um die durch die knallige Farbe wahrnehmbare Bewegung. Er interpretiert eine Menge hinein in den Pullover, in die damit verbundene Figur/Erinnerung?
Ja genau. Ich wollte dadurch zeigen, dass es irgendwo eine abstrakte Sehnsucht ist, die den Jungen für ihn so anziehend macht.

Und jetzt meckere ich: Er sitzt auf dem Platz, verfolgt den Pullover mit den Augen. Nie könnte er bei den schwungvollen Bewegungen folgen. Ich glaube ihm auf die Entfernung nicht einmal die Comic-Figur, aber das mag an meinem privaten "Kinofilm" liegen.
Wenn er es bis dahin geschafft haben sollte, schlucke ich das abstützen, das wäre ein toller Bezug auf die Ehefrau/Geliebte, die ihn bestimmt immer gestützt hat. Aber warum stellt er sich vor?
Ich bin gespannt!
Gut, dass Du meckerst! In meinem Kopf gibt es zwischen dem zweiten und dem dritten Absatz einen zeitlichen Sprung und der Prota sitzt nicht mehr auf der Bank, sondern ist in der Fußgängerzone und dann bei dem Jungen. Aber ja, da muss ich wahrscheinlich noch etwas zur zeitlichen/lokalen Orientierung einbauen.

Noch mal vielen Dank für Deine Zeit und den Kommentar, zu meinem Gegenbesuch komme ich hoffentlich zeitnah!

Liebe Grüße euch
Takinios

 

Hallo @Takinios,
schön, dass du dabei bist! Ich dachte, ich schreibe erstmal wie deine Geschichte bei mir ankommt und dann gucke ich mir deinen Spoiler an.


Der einzige Blickfang ist eine Buche vor dem Spielplatz, deren Blätter sanft vom Wind erzittern. Ein schöner Baum. Sehr groß. Fast so wie der bei Wesemanns damals. Hat durch den Sturm das Haus ziemlich zerstört. Fäulnis im Wurzelsystem. Wie der Stamm nach all den Jahren langsam ins Wanken geraten sein muss, schließlich den letzten Halt verlor und auf das Zimmer des kleinen Leo niederdonnerte.
Die Geschichte heißt "Fäulnis im Wurzelsystem" und es liegt nahe, dass der Baum eine Metapher für den Protagonisten ist, der auch alt ist, wankt.
Sie hatte immer etwas von „unserer Backstube” geholt. Ich weiß bis heute nicht, welche sie meinte.
Das finde ich eine sehr schöne, lebensnahe Stelle.
Die Häuser auf der anderen Straßenseite wurden auch nicht schöner.
werden?
Durch die Sahnewölkchen auf der Torte wurde die Tischplatte für meine kindlichen Augen in die Höhe gezogen. Nie sind mir die Beine des Tisches so hoch vorgekommen wie in diesem Moment. Die erste Sahne blieb im Kopf, an die letzte kann ich mich nicht erinnern.
Den ersten Satz verstehe ich nicht. Den zweiten finde ich schön und den dritten auch sehr lebensnah.
Doch inmitten dieser unterschiedlichen aber doch so gleichen Gestalten tanzt ein gelber Pullover. Ja, er tanzt. Nicht routiniert und glatt geschliffen wie bei einem Walzer. Ohne jene elegante Ästhetik. Sondern so wie man tanzt, bevor man das Tanzen gelernt hat.
Tja, das klingt jetzt wieder nach einer Metapher. Der Tod? Die Jugend?
Die Beine des Pullovers sind nicht aufeinander eingestimmt, wodurch jeder Schritt ein individueller, neuer ist.
Also dass der Pullover Beine hat, klingt jetzt einfach falsch.
Ein paar Seitenstraßen später haben wir die blinde Menge hinter uns gelassen. Unter einer Linde bleibt er stehen. Nun dreht sich der Pulli das erste mal um und ein im Comic-Stil gezeichneter Hund lacht mir von seiner Vorderseite zu. Ich stütze mich auf der Schulter des Jungen ab, lasse die Hand über seinen Rücken wandern und stelle mich vor.
Und hier denke ich, das wird doch hoffentlich kein Traum sein? Dass er den Jungen gleich so anfasst, noch bevor er sich vorstellt, löst ein bisschen Unbehagen aus bei mir. Jetzt wirkt es ja einfach so, dass das tatsächlich ein Mensch ist, ein Junge eben, den der Mann vorher "Pullover" genannt hat, weil der gelbe Pullover so prägnant war, vielleicht?

So, jetzt habe ich den Spoiler gelesen und bin nicht so viel schlauer. Die Entwurzelung als Gefahr für die Jungen, den aus der Erinnerung und den echten in der Straße? Also ein alter Mann, verwirrt, distanzlos, der tatsächlich so zudringlich wird?
Aber dann endet die Geschichte mir hier zu früh, denn jetzt würde es doch erst interessant. Wie reagiert der Junge, den wir bisher ja gar nicht als Menschen, sondern nur als Pullover kennen?
Was funktioniert und was du ja auch beabsichtigt hast ist, dass ich den Mann anfangs sympathisch finde, ein bisschen Mitgefühl habe, und am Ende schleicht sich da eben dieses Unbehagen ein. Aber das reicht einfach in meinen Augen nicht, ist noch etwas dünn, da empfinde ich die Geschichte auch als unentschieden, was sie eigentlich sein will.

Hab gerade nochmal in die Kommentare gelesen und deine Antworten.

Hoffe die Verknüpfung zwischen Titel und Geschichte wurde durch meine Erklärung deutlicher. Die gedachte Verbindung zwischen dem kleinen Leo und dem im gelben Pullover war, dass beide durch ein nicht ausreichend verwurzeltes Objekt (Baum/Prota) zu Schaden kommen.
Ja, aber noch kommt der Junge ja nicht wirklich zu Schaden, das bleibt noch sehr abstrakt. Und geht es da um Pädophilie? Da fehlt für mich auch sonst der Bezug, das wäre für mich nicht das Wurzelwerk, sondern eben eine bestimmte Störung des Protagonisten.
Also ich bleibe dabei, da fehlt am Schluss was.

Aber es hat Spaß gemacht, zu rätseln.

Liebe Grüße von Chutney

 

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