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Exkursion zum frischen Lack der neuen Zeit
"Da, die Mercator-Projektion!" Der zerblätterte Atlas riss die Forscher aus der Lethargie. Farbige Markierungen wiesen auf ungewöhnliche Ereignisse der physikalischen Grösse Zeit. Forcierte und retardierte Zeit, rückwärtslaufende Stunden und parallele Zeittunnel galten als Grundvokabular dieses zeitlichen Vermessungstrupps.
Arndt Schmidtchen, Vorstand der Expedition, zog den Riemen am Tropenhelm stramm und besprach mit seinen Kundschaftern das erste Explorationsfeld. In der Ortschaft POTEMKIM gäbe es ein Church-In zum Thema: "Kirche an der Singularität der Zeit."
Time-Profis tapsten am Strassenrand rhythmisch zum Song "Through the gate". Gierig sog das Mikro Liedfetzen in den Recorder: "Am Puls der Zeit, Impuls uns kickt, ewig scheint der Augenblick...".
Vor einer weiten Wiesenlandschaft wurden die Eintrittskarten gecheckt. Die schillernde Stadt der Zukunft in der Vergangenheit war weg. "Sie wollen in die Altstadt? Dann stossen sie sich nicht die Platze, wenn sie jetzt weiter marschieren." Keine Beule, zum Glück hatte der Doktor seinen Helm tief in die Stirn gezogen gehabt, als er an das durchsichtige Hindernis an-stiess. Die Stadtmauer war von neureichen Bürgern mit Unsichtbarkeitsfolien von "all-tv" verkleidet worden. Tops der City-Hierarchie, erläuterten die flexiblen Bildschirmwelten. "Beliebig und jederzeit können wir den Hintergrund vorne abbilden und dadurch unsichtbar werden." Futsch, weg waren sie. Nur ihre Stimmen hallten noch. Nun sähe man eine Town-in-Town Exposition zum Thema flexible Zeitwechsel. Erst prunkte das Fachwerkhaus in altehrwürdiger Gediegenheit, dann weideten Kühe auf der Koppel. Plötzlich entfaltete sich ein glitzernder Palast. Der verantwortliche Architekt deutete auf sein Glanzprodukt und erwähnte die zentrale Bedeutung moderner Gebäudefassaden. "Äusserlichkeiten können wir gestalten, die Innenarchitektur entwirft Fräulein Hansen."
[ 14.07.2002, 23:33: Beitrag editiert von: Gerhard Kemme ]