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Euer schönstes Ferienerlebnis

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10.12.2003
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Euer schönstes Ferienerlebnis

„Jonas.“
Er guckt hoch, in das Gesicht seines Lehrers, und versucht daraus abzulesen, was gleich kommen wird. Mustert ihn nachdenklich, legt dazu den Kopf schief. Sein Lehrer zieht die Augenbrauen zusammen, dicke graue Augenbrauenbalken. Falten drüber. Altes Gesicht. Der Lehrer schüttelt den Kopf und seufzt.
„Ich weiß einfach nicht... Hör mal, komm nach der Stunde zu mir, ich würde mich gern darüber mit dir unterhalten.“
Dann legt er das rote Schulheft vor Jonas auf den Tisch. Der Umschlag vollgekritzelt mit Gesichtern. Jonas zeichnet nur Gesichter. Fratzen.
Die Kunstlehrerin erschrickt vor seinen Bildern. Manchmal sollen sie Wasserfarben nehmen und auf ein großes Blatt Papier malen. Jonas malt in schwarz und grau, und er drischt mit seinem Pinsel auf das Papier ein. Am Ende hat er dann fast immer eine hässliche schwarzgraue Fratze aus ihm herausgeprügelt. Nur ein einziges Mal haben sie ein Bild von ihm im Schulflur aufgehängt. Das war, als sie etwas zum Thema Herbst malen sollten und er riesige alte Bäume malte, in grau, und einen mit Blättern übersäten schmalen Weg, der in einen Wald aus noch mehr riesigen grauen Bäumen führte. Ein schönes Bild, hatte die Kunstlehrerin gesagt, aber willst du die Blätter nicht mal rot und gelb malen? Jonas hatte den Kopf geschüttelt.
Nach der Stunde rennen die anderen aus der Klasse, Jonas bleibt sitzen und sieht seinen Lehrer an.
„Warum wolltest du nichts dazu schreiben?“
Jonas zieht die Schultern hoch.
„Ich weiß nicht.“
„Hattest du denn kein schönstes Ferienerlebnis mit deiner Familie?“
Jonas’ Blick fährt über die kleinen Lachfalten um die Augen seines Lehrers. Graue Augen.
„Und Frau Kremp hat mit mir gesprochen, du bist schon seit zwei Wochen wieder nicht mehr im Sportunterricht gewesen.“
Schmaler Mund, weißer Bart drum herum. Jonas fragt sich, warum er einen weißen Bart, aber graue Haare auf dem Kopf hat.

--
Jonas steht am Brückengeländer und wirft Steinchen ins Wasser. Wenn er es richtig macht, springen sie ein- oder zweimal über die Wasseroberfläche, bevor sie verschwinden. In einem Kreis aus winzigen Wellen. Und dazu ein leises Platschen.
Wenn er große Brocken findet, wirft er die auch hinein. Die springen nicht, aber das Wasser spritzt dafür manchmal bis zum Geländer hoch.
„Jonas? Gehst du nicht heim?“
Das blonde Mädchen, das seit dieser Woche neben ihm sitzt, kommt auf ihn zu. Sie ist gut im Rechnen und soll ihm ein wenig helfen. Und weil sie ein nettes Mädchen ist mit einer netten Mutter, die ihr Apfelsaft bringt, wenn eine Freundin sie besucht, macht sie das. Und sie will sich auch jetzt ein wenig mit ihm unterhalten. Weil sie so nett ist.
„Nein.“
„Was hast du da an der Hand?“
Sie deutet auf die kleine kreisförmige Brandwunde auf seiner Handfläche.
„Willst du mir einen blasen?“

--
„Hör mir zu, wenn ich mit dir rede, Jonas. Wenn das so weitergeht, muss ich deine Eltern anrufen.“

 

Hallo,
ich weiß nicht so recht, was ich mit deiner Geschichte anfangen soll. Zum einen ist da die abgehackte Sprache, die du als Stilmittel gewählt zu haben scheinst, die mir aber oft zu abgehackt ist, sodass es schon fast den Fluss stört.
Zum Anderen ist da der Inhalt, der am Anfang fast schon ausschweifend, am Ende mehr als knapp dargestellt wird. Das in der MItte soll ein Einschub sein, richtig? Dann geht es wohl um einen Jungen, der mit dem gesellschaftlichen Leben nicht ganz zurecht kommt. Er scheint noch sehr jung zu sein, sonst würde der Lehrer nicht nach dem schönsten Ferienerlebnis fragen, das geschieht i.d.R. in der Grundschule. Gleichzeitig scheint er dafür sehr frühreif, dass es einem fast schon gefährlich erscheint. Insgesamt hätte ich mir ein bisschen mehr Text gewünscht, um mein Bild zu festigen. Es ist mir zuviel spekulativ.
Hier noch einige Anmerkungen:

dicke graue
Komma dazwischen
übersäten schmalen
ebenfalls
wieder nicht mehr
versuch doch, das umzustellen, es klingt merkwürdig
die auch hinein. Die
ein "die" durch "sie" ersetzen, das würde mehr hergeben


Fazit: vielleicht kannst du deine Geschichte ja noch etwas ausbauen, so ist sie mir zu kurz.

Gruß
Arthuriel

 

Hallo coco,

um ganz ehrlich zu sein, der Titel hätte mich beinah davon abgehalten, deine Geschichte zu lesen.
Mir wäre eine schöne Geschichte entgangen, deren Titelironie ich nach dem Lesen auch gut nachvollziehen undbegreifen kann. In Kenntnis der Geschichte ist er stimmig, in Unkenntnis erwartet man eher einen wirklichen Schulaufsatz, leider.
Deutlich wirst du nicht mit Jonas Schicksal, lässt es im Unklaren, so nebulös, wie er seinen Lehrern wohl vorkommen muss, die trotz der Fratzen, trotz der Brandblase noch ein Telefonat mit den Eltern in Betracht ziehen. Du verrätst kaum, welche Gedanken die Lehrer sich machen. Es gibt wohl beides, Lehrer, die lieber wegschauen (oder angesichts der Schülerzahlen wegschauen müssen) und auch Lehrer, die bei den kleinsten Anzeichen hysterisch über(re)agieren.
Mich hat deine Geschichte getroffen. Es bedurfte nur dieses kleinen verbalbrutalen Ausbruchs von Jonas, um an seiner übersexualisierte Aggressivität sein Leiden festzumachen.
Eine gute Geschichte.

Lieben Gruß,sim

 

Hallo coco

ich weiß nicht recht, ob ich deine Geschichte so richtig verstanden habe.
Jonas, der meiner Meinung nach mißbraucht wird und das noch unter Gewalteinwirkung. Er deshalb vielleicht auch kein schönes Ferienerlebniss mit seiner Familie hatte worüber er schreiben könnte?
Sie bleibt mir sicher noch eine Zeitlang im Gedächtnis.

Einen schönen Abend

Morpheus

 

Genau deshalb habe ich mir mehr Informationen gewünscht, mir ist genau das nämlich nicht klar. Wird Jonas vergewaltigt oder vergewaltigt er? Warum? etc. Entweder ich habe einiges übersehen, oder es fehlt, entweder weil du nichts sagen wolltest, oder, weil es für dich klar ist.

 

Es deutet viel darauf hin, dass er vergewaltigt wird - Bilder sagen mehr als tausend Worte und die Worte, in denen er vom Blasen spricht, sind Spiegel seiner Erlebnisse.
Eine Geschichte, die tief greift, unterschwellig sich brutal entfaltet und nur die Eisbergspitze an schrecklichen Vorstellungen direkt benennt.
Psychologisch bedauernswert, aber sozial gesehen durchaus nichts Ungewöhnliches.
Hoffe, dass keine bio- oder autobiografischer Schreibgrund vorlag.

 

so wie ich es verstanden habe, beides Arthuriel.
Er wird misshandelt. Er vergewaltig noch nicht unbedingt, aber er gibt sein Wissen in Form der verbalaggressiven Äußerung weiter, das was er während der Misshandlung als Aufforderung hört eventuell?

Es kann auch auch gut sein, dass ich zu viel hineinprojiziere.

Lieben Gruß, sim

 
Zuletzt bearbeitet:

Schwer zu sagen, ob jemand, der vergewaltigt wurde, ebenfalls vergewaltigt.
Einerseits gibt es Menschen, die als Kinder geschlagen wurden, und später ebenfalls schlagen.
Andererseits gibt es auch Menschen, die mit alkoholkranken Eltern aufgewachsen sind, Alkohol aber strikt ablehnen.

Wenn die Diskussion wissenschaftlich geführt werden soll, müsste man Psychologen zu Rate ziehen.
Andernfalls lässt die Geschichte an den Stellen Interpretationsraum.

grüßt
Jan

 

Hallo,

ich verstehe die Geschiche so, dass Jonas missbraucht, evtl. auch vergewaltigt wird, vermutlich von einem Elternteil, wahrscheinlich vom Vater.
Die Frage an das Mädchen, ob sie ihm einen blasen wolle, interpretiere ich dahingehend, dass dies die einzige Form der Zuneigungsbezeugung ist, die Jonas in seinem Leben kennengelernt hat. Mit Sicherheit gefällt ihm nicht, was sein Vater mit ihm macht, aber er hat gelernt, "dass Menschen dass miteinander tun, die sich gern haben", und da er das Mädchen gern hat, stellt er diese Frage.

Die Bidler sind ein Zeichen dafür, dass er in einer Welt gefangen ist, die ihm keine Freude mehr bereitet, dass das Leben für ihn buchstäblich grau geworden ist. Mit dem Bildern versucht er, auf sein Dilemma aufmerksam zu machen, wenn auch eher unterbewusst.

Nicht jeder, der als Kind geschlagen wird, schlägt später seine Kinder, und nicht jeder, der missbraucht wurde, missbraucht oder vergewaltigt später andere. Zum Glück! Allerdings ist die Rate derjenigen, die vom Opfer zum Täter werden deutlich höher als die Rate derer, die ohne solche Erlebnisse zum täter werden.

Muss ich noch sagen, dass die Geschichte in ihrer Kürze mir unter die Haut geht?

Nächtliche Grüße

chaosqueen

 

So viel Resonanz bin ich ja gar nicht gewohnt ; ) Vielen Dank dafür.

@Arthuriel:

Zum einen ist da die abgehackte Sprache, die du als Stilmittel gewählt zu haben scheinst, die mir aber oft zu abgehackt ist, sodass es schon fast den Fluss stört.
Falls du damit bestimmte Formulierungen meinst, wär es nett, wenn du sie mir nennen könntest. Vielleicht kann ich ja noch überarbeiten.
Was deine Kritik zum Inhalt angeht - viel ausbauen möchte ich nicht. Zu deutlich soll es nicht werden.

@sim: Vielen Dank. :) Des Titelproblems bin ich mir bewusst.. diesmal hatte ich wirklich Schwierigkeiten, einen zu finden. Jedenfalls schön, dass du die Geschichte trotzdem gelesen hast.

@morpheus, jbk, chaosqueen: Auch euch vielen Dank, hab mich sehr über eure Kommentare gefreut.

Liebe Grüße
coco

 

Hallo,
ich hab mal zwei repräsentative Beispiele herausgesucht, ich weiß, es ist Geschmackssache, aber ich bevorzuge nunmal eine flüssige Erzählweise:

Sein Lehrer zieht die Augenbrauen zusammen, dicke graue Augenbrauenbalken. Falten drüber. Altes Gesicht.
Zum Beispiel hier, ich fänd es schöner, wenn du das alles in einen oder auch mehrere Sätze einbaust.
Der Umschlag vollgekritzelt mit Gesichtern.
oder hier, wo kein Prädikat benutzt wird

Gruß
Arthuriel

 

Hallo Arthuriel,
Ich bin mir noch nicht so ganz sicher, ob ich das ändern werde, denn völlig unabsichtlich war das ja nicht ; ) Es ist die Art, wie Jonas seinen Lehrer sieht, zumindest hatte ich mir das so gedacht.
Andererseits will ich natürlich auch, dass der Text sich angenehm lesen lässt. Mal sehn, ob ich mich noch ans Überarbeiten mache, jedenfalls danke fürs Raussuchen.
Liebe Grüße
coco

 

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