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Es

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26.11.2002
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Es

Den Halteknopf gedrückt, faltet sich die Tür auf und die Stufen sinken zur Straße. Zwei Schritte ist es draußen, links gucken, rechts gucken, über die Straße, den Bürgersteig, liegt in einer Tür ein Mensch, es erkennt es nur, weil eine Glut glimmt, es ist so wahnsinnig kalt und es hat Mitleid und spricht es an, ob es nicht mit raufkommen will in die warme Bude und es sagt ja. So schnell ging das nicht und auch der Weg nach Haus wird nicht beschrieben, nur dass es jetzt schon acht Tage bei es wohnt und der Herd verklebt ist von der Dosensuppe und dass die vollurinierten Unterhosen neben dem Wäschepuff liegen und Läuse und Flöhe durch die Wohnung hüpfen und faustgroße Fraßstellen im Teppich und Brandlöcher in den Polstern, patsch, tritt es in eine Pfütze aus Rotwein im weißen Schurwollteppich- Scheiße! Es sagt nichts. Es sollen noch acht Monate vergehen, bis es es nicht mehr erträgt; es ist Frühjahr, es verläßt das Haus, es räumt das Feld und schläft im Park und reißt junge Mädchen nieder.
Und tagtäglich steigen Leute aus der Bahn und in einem Anflug von Mitleid entscheidet es ihr ganzes Leben.

 

Hallo Peter,
man könnte sagen: was soll das denn? Keine Namen, einfach nur "Es". Keine näheren Beschreibungen der Protagonisten, der Verhältnisse, der Beziehungen.
Gerade das macht es wohl aus. Ich finde Deine Minigeschichte total gelungen.
Ich bemängele bei vielen, daß nur mangelhaft Bilder erzeugt werden, weil eben die näheren Beschreibungen zu dürftig sind.
Seltsamerweise macht bei Deiner Geschichte das gerade den Reiz aus. Eben diese Lücken haben meine Phantasie gereizt.
Hat irgendwie schon einen Hauch von Horror.

Ein kleines Problem:
Jedesmal, wenn ich die Geschichte lese, sehe ich was anderes.
Oder doch kein Problem?
Ein Abenteuer?

Vielleicht stellt sich irgendwann in meinem Kopf eine endgültige Fassung ein.

Kompliment und Gruß
Manfred

 

Hallo Peter,
Durch die eigenwillige Art Deines Textes kommt es mir so vor, als stelle "es" sich nur vor, den Obdachlosen bei sich aufzunehmen. Es macht sich Gedanken, was wäre wenn.. und lässt es dann.
Gedanken, die ich und wahrscheinlich auch viele andere Passanten haben, wenn sie an einem durchgefrorenen Obdachlosen vorbeigehen.
Interessant dargebracht.
Grüße Heidi

 

Na, da bin ich ja mal gespannt, ob der Autor noch was zu den Kritiken zu sagen hat, bevor die Kritiker das Interesse an der kritisierten Geschichte verloren haben.
Wenn was kommt, werde ich mir die Geschichte wohl noch mal durchlesen, um mich zu erinnern, worum es geht.

 

"Es" ist kein Alptraum, sondern existiert tatsächlich. Es nimmt den Obdachlosen auf, der sich in der Wohnung immer mehr ausbreitet. Es kann sich nicht durchsetzen, gibt nach und zieht aus. Im Park rächt es sich an Schwächere. Und dann kommt zum Schluß die Moral.
"Es" ist sächlich, weil ich mich nicht entscheiden konnte,welches Geschlecht ich dieser Person zuordnen sollte. Hilft sie ihm? (typisch Frau = Helfersyndrom).
Hilft er ihr? (typisch Mann, der will doch nur das eine). Also, dachte ich, ist es gerade bei dieser Thematik heikel mit Geschlechtern zu arbeiten und außerdem war es ein Versuch, den Protagonisten überhaupt keine Persönlichkeit aufzudrücken, auch als Zeichen seiner Schwäche und Marionettendaseins. Die Bilder wollte ich dann eher beim Zustand der Wohnung enstehen lassen.
Schön das es Dreimeier (er,sie, es?)gefallen hat, komme nur mangels nicht vorhandenem eigenen Internetzugang selten ins Netz.
Beste Grüße und danke für die Kritik.

 

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