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- 08.06.2002
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ES
Ein alarmierendes Gebilde befand sich in seinem Kopf. Ohne Form, ohne Existenz, an keine Dimension gebunden pulsierte es durch seine Gehirnwindungen und entfloh erstaunlich und leise den Gedanken, die es zu fangen geschickt wurden. Es war ein unmögliches Unterfangen, so unmöglich wie die Bemühung, das Innere eines schwarzen Loches zu erleuchten.
Wie unsinnig doch alles geworden ist! Ein verlorenes Lachen, ein verschwundener Tag, ein leeres Jahr, ein nicht genutzter Augenblick ... sie suchte nach nichts Bestimmtem. Nur nach einer Möglichkeit, sich loszureissen von der kalten Umklammerung dieser Welt ... doch sie sah keinen Weg. Keinen Pfad, ja nicht einmal Platz, um einen neuen zu legen. Sie hatte sich von allem abgewandt, alles abgestritten, und die Flucht war ihr gelungen. Die Sicherung war perfekt.
Er lief gegen eine Wand in ihrer Nähe. Was anzufangen mit diesem Gebilde? Wohin damit? Dunkel und düster war es, staubig und grausam. Grausam nicht zu ihm - zu ihr. Aber weshalb grausam? fragte er sich. Worum geht es hier? Sein Kkopf steckte in Sand. In Treibsand.
Sie wußte ganz genau, was das zu bedeuten hatte. Sie wußte von ihrem Ziel, von ihrer Hoffnung. So banal sollte es enden? Eine Welle von Sehnsucht schwappte über ihrem Kopf hinweg und floß hinauf zwischen die Sterne. Ein verirrter Mond sprang zur Seite und machte Platz. Sie dachte an ihn. Kein Chance?
Wie sprengt man eine Gewohnheit, vernichtet die Normalität? Wie überwindet man den Spott über sich selbst? Wie kam es, dass er solche Wünsche hatte? Eine lächerliche Verzweiflung, ein innerliches Zerreißen - er schlug gegen die Wand. Sie bewegte sich nicht. Und sie würde es auch nie tun, das wusste er.
Sie wollte diesen Mann, mit all seinem Charakter, seiner Stärke, seiner Macht. Sie wollte seinen Blick, seine Nähe, seinen Körper, seinen Geist. Sie wollte seine fiebrige Umarmung, wollte untertauchen in seiner Welt, wollte ertrinken, sterben, um in ihm aufzuleben, um von ihm bezwungen zu werden. Nur von ihm. Sie wollte seine Blöße, seine Einsamkeit, wollte seine Fassade durchbrechen, sein Herz ihm entreissen, es schlagen sehen. Einen Atemzug wollte sie ihm geben, aus ihrem Mund in den seinen. In dieser Hitze zerfließen. Ihm alles darbieten. Sterben.
Er wollte diese Frau, dieses faszinierende Wesen, wollte ihr Geheimnis zerschlagen, sich selbst überwinden, und sie entdecken, erforschen, sie in seinen Händen schemlzen sehen, ihre Gedanken beobachten, ihr Gefühl verschlingen. Er wollte ein Rätsel wagen, eine Reise ohne Wiederkehr, eine Welt bauen und verlorengehen, mit einem Schrei untergehen, fallen nach der unvermeidlichsten Sünde, die eine Paradoxie nur bieten kann. Er wollte mitgerissen werden von dem Strom der Freiheit, wollte sich in diese stürzen und sie aufsaugen. Er wollte beschützen. Einhüllen. Leben.
Es gibt nichts Schlimmeres als aneinander vorbeizugehen und wegzusehen. Wenn zwei Welten kollidieren, verändern sie ihre Umgebung. Oder werden von dieser vernichtet. Einfach so, wie ein Doppelsternsystem, welches verschmelzen und das schwarze Loch in ihrer Nähe explodieren lassen will. Einfach so.
dreamcatcher
[ 08.06.2002, 19:06: Beitrag editiert von: anti_materia ]