Was ist neu

Es war perfekt

Mitglied
Beitritt
29.03.2012
Beiträge
1

Es war perfekt

Immer, wenn er dieses Lied hörte, wurde er wieder nachdenklich. Beim Refrain sang sie damals leise mit. Es war perfekt. Es war einer dieser Momente, die man gerne immer wieder erleben würde. Ein Moment unglaublicher Nähe. Als wäre man für immer zusammen. Im Verlauf des Abends waren sie immer näher zusammengerückt. Und schliesslich war doch nichts passiert. Am nächsten Tag dann die grosse Ernüchterung. Immer noch träumte er dem Abend zuvor nach. Doch als er ihr dann in der Schule auf dem Gang zum ersten mal wieder begegnete, reichte es knapp für ein nettes "Hallo", und auf den schönen Traum folgte das unweigerliche Erwachen. Alles war wieder normal, kein Hauch mehr von der romantischen Stimmung, der fast unerträglichen Spannung, die zwischen ihnen in der Luft gelegen hatte. Diese Spannung war es, die ihn dazu verleitet hatte, sicher zu sein, dass sie für ihn genau dasselbe empfand. Und nun war es, als wäre alles wieder in den Anfangszustand zurückversetzt worden, als hätte es den letzten Abend nie gegeben. Auch seine Gefühle waren wieder die gleichen. Ein fast schon unangenehm starkes Bedürfnis, ihr nahe zu sein, und die quälende Unklarheit. Ein ständiges, unerträgliches hin und her. Er wusste nicht weiter. Er wusste nicht, ob er sie fragen sollte, ob sie Lust hätte, sich mal mit ihm zu treffen. Er wusste nicht, wie er es angehen sollte. Immer wieder hatte es Momente gegeben, die perfekt gewesen wären. Doch wenn es soweit war, hielt er sich immer wieder selbst davon ab, etwas zu versuchen. Es war die Ungewissheit, die ihm Angst machte, Angst davor, dass er sich blamieren könnte. Dass er sich in eine peinliche Situation bringen könnte. Was, wenn sie mich nicht genauso sieht? Und am nächsten Morgen, als er sich in Gedanken wieder zurückversetzte, war er noch ein bisschen verunsicherter als zuvor. Und doch bereute er es, dass er nie etwas unternahm. Wenn sie nichts von dir will, bist du wieder gleich weit wie zuvor, sagte er sich. Warum also nicht mal das Risiko eingehen. Und dann wieder die Angst. Und er fragte sich, ob er sich jemals überwinden könnte.

Immer, wenn er dieses Lied hörte, wurde er wieder nachdenklich. Und er hörte ihre Stimme, wie sie leise mitsang. Es war perfekt. Aber wahrscheinlich wird doch nichts daraus.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo darkside,

und Willkommen bei KG.de.

Deine Geschichte hat mir leider nicht so sehr gefallen. Ich mag das Thema gern, dass es scheinbar Momente der Nähe gibt, aus denen dann nichts wird, weil die Angst zwischen den beiden steht.
Aber in diesem Textchen fehlt so ziemlich alles, was eine Kurzgeschichte charakterisiert. Es gibt keine Handlung, keine Charaktere, keine Spannung. Oder zumindest hältst Du alles so klein, das ich es kaum bemerke.
Mir würde es sehr viel besser gefallen, wenn der Text plastischer wäre, wenn ich an dem Abend dabei sein könnte, wenn Du mir zeigen würdest, was da genau passiert. "Show don't tell" - eine ganz wichtiger Grundsatz. Wie ein Kameramann sollte der Autor hinter seinen Figuren stehen und alles aufschreiben, was er durch das Fensterchen sehen kann, dass schreibst er auf und dann beginnt beim Leser eine Art Kopfkino. Und dieses Kopfkino, was entstehen kann, das ist es dann, was man eine Kurzgeschichte nennt.
Wenn ich mir Deine Geschichte als Film vorstelle, dann sehe ich jemanden zu, der denkt. Wie spannend ist das?

Jetzt nicht den Kopf in den Sand stecken. Schreiben ist vor allem lernen, wie man ein Instrument spielen lernen muss, bevor man sein erstes Konzert geben kann. Und dafür ist dieses Forum ja da. Und die Idee, die Basis der Geschichte, die ist sehr gut. Fehlt nur noch der Kameramann ;).
Wenn es Dir Ernst mit dem Schreiben ist, schau mal hier vorbei, dass könnte interessant für Dich sein. Versuch es einfach mal, dem Text ein bisschen mehr Leben einzuhauchen und beobachte, wie er sich verändert.

Liebe Grüße Fliege

 

Hallo & herzlich willkommen hierorts,

liebe darkside.

Nachdem Paul McCartney (in Zusammenarbeit mit John Lennon) When I’m Sixty-Four geschrieben hatte, bemerkte er ganz trocken, dass sie alle (womit er alle Rock ’n’ Roller meinte) mit vierzig Jahren Schlager (nix anderes sind “pop songs“) schrieben, die den Wünschen des Publikums weitgehend entgegen kämen und somit Kitsch produzierten, der aber einen hohen Erinnerungswert besäße.
Er konnte 1967 nicht ahnen, dass Lennon, der intellektuelle Bremser McCartneys Neigungen zum Glatten und Gefälligen hin, es ernst mit der Trennung von den Beatles meinte, so dass McCartney spätestens 1970 (also mit nicht einmal 30 Jahren) ohne Korrektor Schlager zu produzieren begann, und schon gar nicht hatte er mit Dylan und Young gerechnet, die sich heute im Rentenalter immer noch nicht für Trends interessieren.
Dem Schlagerfuzzy ist ein Schlager Objekt der Erinnerung an i. d. R. schöne Momente im Leben – als wär’s gestern gewesen …

Eine solche Geschichte erzählstu uns aus dem Schulmilieu, und zwar im Präteritum, dass das Adjektiv im Titel, der noch einige Male im Text wiederholt wird, einen anderen, einen grammatischen Sinn bekommt. Dabei erzählstu wie in einem Schulaufsatz über „ihn“, wohl einem Schüler, der sich eines schönen Augenblickes mit einer Mitschülerin erinnert. Dabei gibt es – dem Trend entgegen bei jungen Neueinsteigern – bis auf zwei Schnitzer m. E. keinen grammatischen Fehler:

… zum ersten mal …
Spendier dem Mal ruhig (ein)mal ein großes m …

Nun ein paar Bemerkungen wider den stilistischen Zwang zum Schulaufsatz:

Der erste Satz lautet:

Immer, wenn er dieses Lied hörte, wurde er wieder nachdenklich,
was uns vorgaukelt, er mache sich Gedanken, obwohl er doch nur eine Erinnerung abruft und den Wunsch, dass sich die angenehme Erfahrung mit „ihr“ wiederholen möge (siehe Schlager).
Was spräche also dagegen, das nachdenklich werden gegen das Erinnern zu setzen?
Immer, wenn er dieses Lied hörte, [erinnerte er sich].

Dann beginnen zwei Sätze mit „es“, was mich wenig stört (andere sicherlich mehr, die aber nicht den Unterschied begreifen: Die „es“ haben unterschiedliche Funktionen, selbst wenn beide als Satzsubjekt auftreten: zu Anfang dient es als Platzhalter für „ihren Gesang“, das zweite steht mit alttestamentarischer Macht für ein Geschehen wie etwa das „Es werde Licht!“ und es umfasst geradezu grenzenlos die ganze Welt im Glücksgefühl:
Es war perfekt –
hier böte sich bei meiner Interpretation (ich kann auch daneben liegen, was mir aber nix ausmacht, da bin ich ziemlich stur) statt des „perfekt sein“ ein perfekt klingen an, dass die Gestalt – um auch nicht den Titel widerzukäuen – etwa so aussehen könnte:
Es [klang] perfekt.
Dann geschieht aber ein grammatisches Missgeschick: Singular und Plural widersprechen einander:
Es war einer dieser Momente, …
Singular
…, die man gerne immer wieder erleben würde.
Plural, der hier m. E. zwingend zu vermeiden ist, wenn man sich für „einen“ entschieden hat.
Zudem ist es eine unglückliche Aneinanderreihung entbehrlicher, weil wenig präziser Wörter nebst unnötigem Konjunktiv:
… man gerne immer wieder … würde.
Wie wäre es mit
Es war einer dieser Momente, [den] man gerne … wieder erlebt[e].
Ob nun als Futur (diese Funktion übernimmt hier das Präsens i. S. eines "ich komm morgen" statt des umständlichen "ich werde morgen kommen") oder Konjunktiv durch Anhängen des e statt einer unwürdigen würde-Konstruktion.

Alles war wieder normal, kein Hauch …
Was zum teufel ist schon „normal“? Was entspricht schon der Norm, dass der Statistiker wohlgefällig seine Normalverteilung oder der Nachbar als soziale Kontrolle schlechthin einen beäugt usw. Vielleicht war alles wieder wie „vorher“, vor dem glücklichen Augenblick, wofür eigentlich die Aussage
… wieder in den Anfangszustand zurückversetzt …
spräche.
Alles war wieder [wie vorher].

Nun wieder zurück zur Eingangsthese, denn wer kennte nicht die Angst vor dem Ungewissen? Und dass wir hier über Schlagerromantik sprechen, zeigt die Angst vor der Blamage auf.

Ich werd nun nicht Deinen Schlusssatz heranziehen, denn ich trau Dir zu, die Geschichte weiter zu bearbeiten, vom Ballast zu befreien und das Schulmilieu zu überwinden.

Gruß & schönes Wochenende vom

Friedel

 

Ne, Friedrichard,

nichts gegen die Neigung, selbst (in meinen Augen) banale Texte zu sezieren bis zur Verg...Übertreibung ;), aber daran

Es war einer dieser Momente, die man gerne immer wieder erleben würde.
ist grammatisch nichts auszusetzen:
[einer [dieser Momente[, die man gerne immer wieder erleben würde]]].

1. Klammer: Nominalkonstruktion mit Kopf »einer« i.S.v. »ein Moment« (Sg.)
2. Klammer: NP im Genitiv, mit Kopf »Momente« (Pl.), welches ein »dieser« als begleitendes Demonstrativum hat
3. Klammer: Relativsatz zu »diese Momente«

Text selbst ist eben banal und enthält zu wenig Substanz für mich.

 

Vom Stil und den eingebrachten Gefühlen nicht schlecht, passt aber eher in eine Szene aus einem Roman o.Ä.

 
Zuletzt bearbeitet:

Wär ich denn ein Grammticus?

Aber

nichts gegen die Neigung,
Sachverhalte richtig zu stellen, d'rum dank u wel,

floritiv!,

aber im Nachhinein und einen Tag später riskier ich mal'n bissken, jeder hat ein Recht auf Irrtum - und in unserem Fall insbesondere darkside, schließlich ist noch kein Meister vom Himmel gekommen:

Um an den Ausgangspunkt zu erinnern, sei der Satz noch einmal wiedergegeben:

Es war einer dieser Momente, die man gerne immer wieder erleben würde.

Nun sind wir beide über einen an sich schlichten Text („Schulaufsatz“ bemerkte ich, "banaler Text", floritiv) über o. g. Satz in die Kluft zwischen grammatischem Regelwissen und dem sprachlichen Gefühl gestolpert.

Ursache ist nicht so sehr die Klammerei, die Klammern werden durch floritiv exakt aufgezeigt, sondern eher das eigentümliche, vorangestellte Pronomen „es“.

Es bildet das Satzsubjekt – aber für wen wäre es Platzhalter?

Das Pronomen, so behaupte ich nun, ist ein vollwertiges Subjekt.

Ursprünglich war „es“ auch ein Zahlwort und stand für „ein“, das seinerseits inzwischen zum unbestimmten Artikel verkümmert ist. Das es ist ein vollwertiges Subjekt, das sich im Hauptsatz nicht aus der Geschichte bedient, um den Platz für das Substantiv x zu halten, sondern „es“ definiert sich selbst über seine heutige Bedeutung hinaus in seine alte hinaus: „Es war ein Moment“, um den Moment weiter zu bestimmen: „den man gerne zurück- oder wiederholte“ oder gar festhielte (auf ewig, wenn der Augenblick verweilen soll). Auf einmal tobt Weltliteratur durch einen belanglosen Text. Dass ein Ding / Geschehen möglich sein muss, bevor es wird, ist eine Trivialität die es sogar bei Paul Tillich in die Theologie geschafft hat mit dem Gegensatz von Potenzialität und Aktualität: der Moment ist ein besonderer unter allen möglichen, aber beliebigen Momenten.

Kurz: Stil muss sich um Grammatik, in der Teufel im Detail innewohnen mag / mögen, relativ wenig kümmern, wenn Sinn hergestellt wird. Aber wir wollen auch nicht auf die dunkle Seite des Mondes, um Goethe, Kleist oder Tillich wegen der Grammatik auseinanderzunehmen.

Darum spring ich auch zurück auf meine ursprüngliche Position:

Es war einer dieser Momente, [den] man gerne … wieder erlebt[e]
oder kürzer
Es war [ein Moment, den] man gerne … wieder erlebt[e].

So viel oder wenig für heute vom

Friedel

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom