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Es war einmal...
Es war einmal ein Drache. Zwischen seinen Artgenossen und ihm gab es einen großen Unterschied – er fraß keine Prinzessinnen, nur Obst und Gemüse. Er griff auch keine Dörfer an, sondern flog rum und passte auf, dass keiner sich was tat. Manchmal, wenn er am Marktplatz saß, dürften die Kinder auf seinem Rücken klettern und ihn hinter den Ohren kratzen.
So hätte er lange und glücklich leben können, nur dann wäre meine Geschichte für euch zu langweilig. Ihr hättet dann das Buch weggelegt und gedacht „Was für 'ne blöde Geschichte, alles so süß, da kriegt man ja einen Zuckerschock von!".
Darum führen wir noch, zum Beispiel, eine Krankheit ein.
Also, hätten sie noch lange in Frieden leben können, wenn nicht irgendein Alchemist beim Rumspielen in seinen Reagenzgläsern eine neue Krankheit entdeckt hätte. Er probierte diese ein paar Tage später an einem Ritter aus. Drei Stunden später ging der Ritter ins Kloster und wurde erstmal zu einem Mönch. Danach putzte er sein Pferd und seine Rüstung, und ritt „Drachen töten". Der Alchemist nannte diese Krankheit „Lancelot-Syndrom". Das einzige Problem dabei war, dass unser Drachen, der übrigens Fafnir hieß, zu diesem Zeitpunkt genau da frühstückte, wo unserer Ritter entlang ritt. Fafnir hatte eine Angewohnheit – die Kinder aßen immer neben ihm. Die Mütter merkten sogar, dass ihre Sprösslinge alles ohne Ausnahmen aßen, wenn Fafnir dabei war, sogar Fisch und Spinat.
Fafnir saß zwischen schreienden und schmatzenden Kindern und kaute langsam seine Haferflocken mit Honig (igitt, widerlich!) und Möhren. Der Ritter betratt die Lichtung, wo sich gerade die Frühstücksbande aufhielt. Entweder war er blind, oder einfach blöd, doch er dachte tatsächlich, dass Fafnir die Kinder auffressen will.
„Weg von den Kindern!", schrie der Ritter und drohte Fafnir mit seinem Schwert. Der Drache streckte seine Zunge raus und schleckte das Schwert dem Ritter aus der Hand. Die Kinder wurden auf einmal ruhig. Der kleinste Junge sagte: „Onkel Fafnir, du wirst damit deine Zunge verletzen!"
„Keine Angst, Kleiner.", antwortete der Drache: „Onkel Fafnir mag das Eisen. Ich weiß, dass das scharf ist, darum bin ich ganz vorsichtig. Und jetzt – ab nach Hause, ich muss mit dem Herrn Ritter sprechen."
„Weg von den Kindern!", wiederholte der Ritter: „hast du mich gehört, du Monster? Lass uns kämpfen!"
„Der böse Ritter will Onkel Fafi weh tun!", fingen die Kinder an zu schreien – „Wir werden das alles unseren Eltern erzählen!". Die Sprösslinge liefen zum Dorf, und ein ganz kleiner Junge schrie „Hier hast du's, du Dosenfutter! Gleich kriegst du noch von meinem Vater eine geknallt!", und schmiss einen Stein nach dem Ritter.
Der Drachen guckte den Ritter an und sagte "Musstest du unbedingt so eine Show vor den Kindern machen? Wir könnten irgendeine gewaltfreie Möglichkeit finden deinen Konflikt mit mir zu lösen. Gleich kommt das ganze Dorf hierher und dann tust du mir echt leid. Die werden dich zerbeulen, zu Altmetall verarbeiten. Wenn die mit dir fertig sind, bist du ein Fall für den Recyling-Hof"
„Aber ich muss dich töten!" – meinte der Ritter.
„Wieso? Was habe ich dir angetan?" – fragte der Drache – „Siehst du – weißt du selbst nicht. Und weißt du, was du jetzt tun musst? Laufen, aber schnell!"
Der Ritter drehte sich um und sah ungefähr hundert Menschen, die auf ihn zuliefen. Sie brachten alles mit, was im Dorf zu finden war – Äxte, Schwerter, einer von ihnen, ein wahrer Hühne, schwang sogar ein halben Baum in der Hand
„Wo ist hier der „Herr Ritter", der keine Drachen mag?" – fragte der Riese mit dem halben Baum.
Der Ritter schaute das alles an und überlegte, ob es eine Möglichkeit gäbe, sich unsichtbar zu machen. Gab es aber nicht. Ein Paar Stunden später wachte er an irgendeinem Ufer auf, ohne Pferd und mit verbeulter Rüstung. Später, als er wieder bei Sinnen war und das Lancelot-Syndrome nachließ, erzählte er diese Geschichte jeden Abend in einer Bar. Jedes Mal wurde das interessanter. Innerhalb von zehn Jahren wurde aus dem einen Drachen Tausende und aus dem kleinen Dorf ein ganzes Land. Und der Ritter war gar nicht abgehauen, sondern hatte tapfer gekämpft, alle seine Gegner besiegt, und war schließlich zum „Heiligen König der Welt" gekrönt worden.
Fafnir schützte wie immer die Dörfer, und nahm einen Teilzeitjob als Babysitter an. Sogar der König wollte ihn als Kinderbetreuer für den kleinen Prinz engagieren, nur Fafnir mochte die Dorfkinder so sehr, dass er lieber bei ihnen im Dorf blieb.
Am besten beschenkte das Schicksal den Alchemisten.Der König gab ihm den Arbeitsplatz des Königlichen Alchemisten, der spurlos verschwunden war. Nun hatte er einen lebenslangen Arbeitsvertrag und ein Gehalt in Höhe von 1500 goldenen Münzen pro Monat. Als Dank bekam der König von dem talentierten Zauberer eine fantastische Armee, die für den Herrscher alles tat (und zudem nichts kostete.). Nach ihrem Ableben wurden der König und der Alchemist für heilig erklärt.
So hätte es ein wunderschönes Happyend sein können, wenn nicht ein verrückter Genie gekommen wäre, der zu viel mit der Erdanziehungskraft gespielt hätte... Aber das ist schon eine andere Geschichte.