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Es regnete in Strömen
Als sie aus dem Fenster blickte, seufzte sie auf. Es regnete in Strömen. Sie war gerade erst aufgestanden. Sie, das war Anna, 34 Jahre jung, Single. Angestellt war sie als Schwimmlehrerin im städtischen Hallenbad. Jeden Mittwoch und Freitag gab sie den Anfängern Schwimmunterricht. Montags und donnerstags feuerte sie Seniorinnen und Senioren beim Aquagymnastik an. Heute hatte sie aber frei. Ihre Freundin sollte heute ankommen. 2 Wochen hätten sie dann endlich mal wieder Zeit sich ausgiebig zu unterhalten.
Es war gerade 9 Uhr, der Kaffee tröpfelte in die Kaffeemaschine und verbreitete seinen Duft in der Küche. Unten im Haus gab es eine Bäckerei. Also rannte Anna die 4 Etagen nach unten und holte sich zwei Brötchen. Der Bäcker würde sie ihr auch morgens vor die Tür legen, oft genug hatte er es ihr schon angeboten. Aber sie wollte lieber die Treppen laufen. Schließlich musste sie ja fit sein. Als sie von der Bäckerei zurück war, war der Kaffee fertig. Sie deckte sich den Tisch, Marmelade, ein wenig Aufschnitt. Eine hübsche Tischdecke lag eh schon auf dem Tisch. Noch einen ihrer bunten Teller, heute mal in grün, Besteck, eine Serviette. Sie blickte über den Tisch, stand alles an seinem Platz? Irgendwas fehlte. Achja die Kerze. Anna stellte die Kerze in die Tischmitte, ihr Tisch war nicht groß, aber wofür brauchte sie auch einen großen Tisch. Nachdem sie die Kerze angezündet hatte, frühstückte sie in Ruhe. Sie war ein Ritualmensch. Jeden Tag der gleiche Ablauf, mit ein klein wenig Schwankungen am Wochenende. Ihre Eltern hatten ihr immer wieder eingebläut wie wichtig Strukturen sind.
Seit sie in diese Wohnung gezogen war, lief ihr Morgen immer gleich ab. Aufstehen, duschen, Brötchen holen, frühstücken. Egal bei welchem Wetter, ob bei Sonne oder ob es in Strömen regnete. Sie ließ sich einfach nicht aus der Ruhe bringen.
Heute aber war sie doch nervös. Ihre Freundin Sophie kam aus Düsseldorf zu Besuch. Sophie hatte nach ihrem Design Studium einen Job in Düsseldorf ergattert, als Modedesignerin bei CundA. Sie telefonierten häufig, aber gesehen hatten sie sich jetzt fast zwei Jahre nicht. Seit Tagen fieberte Anna schon der Ankunft ihrer Freundin entgegen.
Halb elf, nach dem Aufräumen war es nun schon fast Zeit zum Bahnhof zu fahren. Sophie sollte um 12 ankommen. Schnell schaute Anna ob im Gästezimmer alles bereit lag. Sie schaute sich um. Rechts das Bett, mit hellblauer Bettwäsche, aufgehübscht mit einer weißen Tagesdecke. Weiße und blaue Kissen lagen am Kopfkissen verteilt, nett sah das aus. Die Pflanzen auf der Fensterbank ließen auch nicht den Kopf hängen. Die Frisierkommode in der Ecke neben dem Fenster war ein Fund auf dem Flohmarkt gewesen. Anna hatte sie abgeschliffen und weiß gelaugt. Schien soweit alles perfekt vorbereitet. Dann also auf zum Bahnhof.
Die Fahrt dauerte nur 20 Minuten, so dass sie viel zu früh da war. Schnell schaute Anna nach auf welchem Gleis Sophie ankommen sollte. Gleis 4 um 12:06. Gut also noch Zeit. Sie schaute sich suchend um. Es regnete in Strömen, immer noch. Ahja, da hinten war ein Café. Schnell eilte sie über die Straße, ihren Kopf unter dem Kragen ihres Mantels flüchtig verborgen. Trotzdem war sie nass als sie im Café ankam. Es war April, Frühling, warum regnete es in Strömen? Naja der April macht ja bekanntlich was er will. Der Winter war lang gewesen. Da sehnte man jeden Sonnenstrahl herbei. Hier im Bahnhofs Café war gerade nicht viel los. Links hinten am Fenster saß ein Mann, vergraben in seine Zeitung. Zwei Frauen saßen an einem Tisch, wild gestikulierend. Unwillkürlich musste anna grinsen. Sie bestellte einen Cappuccino. Während sie wartete, schaute sie auf die Gleise. Es war nur ein kleiner Bahnhof, 6 Gleise plus eines für die S-Bahn. Dort hinten auf der Bank lag jemand. Sie schauderte, bei diesem strömenden Regen am Bahnhof schlafen zu müssen, überhaupt keine angenehme Vorstellung. Da näherten sich schon zwei Polizisten. Sie gingen auf die Gestalt zu. Bei ihm angekommen stupsten sie ihn an der Schulter. Erschrocken fuhr der Mann hoch. Die Polizisten redeten auf ihn ein. Der Mann sank immer mehr in sich zusammen. Er tat Anna leid. Schrecklich war die Vorstellung kein Bett und keine Wohnung zu haben. Die Polizisten packten den Mann unter den Armen und führten ihn weg. Wohin sie ihn wohl brachten. In ein Obdachlosenasyl oder nahmen sie ihn mit aufs Revier?
Der Bahnsteig Nummer zwei füllte sich langsam. Trotz des strömenden Regens, kamen mehrere Leute die Treppe hoch. Anna genoss ihren Kaffee während sie die Menschen beobachtete. Noch 10 Minuten, dann war es soweit. Während sie noch drüber nachdachte kam eine Durchsage. Der Zug aus Düsseldorf sollte wegen eines technischen Defekts zu spät kommen. Anna seufzte.
Ein junger Mann kam ins Café. Groß, schlank, dunkle Haare, mehr ließ sich noch nicht sagen. Er blickte Anna an und lächelte. Dann setzte er sich an einen Tisch ihr gegenüber. Unauffällig beobachtete Anna ihn. Er bestellte einen Tee. Die Bedienung strahlte ihn an, ob sie ihn kannte? Sie plauderten kurz. Welcher Mann setzt sich einfach hier ins Bahnhofs Café? Es war gemütlich, viel gemütlicher als man es für einen Bahnhof erwartete. Aber trotzdem. Entweder kannte die Bedienung ihn oder er wartete auch auf einen Zug. Bei dem Regen...als Anna nun aus dem Fenster blickte, sah sie, dass es aufgehört hatte zu regnen. Es tropfte noch von den Dächern der Bahnsteige, aber der große Regen war vorbei. Endlich.
Plötzlich stand die Bedienung an ihrem Tisch. Anna blickte erstaunt auf. Die Frau hielt einen Cappuccino in der Hand. „Aber...." Der Junge Herr dort drüben, Mark, lässt fragen ob er Sie auf einen Kaffee einladen darf!" „Oh. Danke!" Anna schaute Mark an. Sie lächelte. Er erhob sich und kam zu ihrem Tisch. In der Hand seinen Kaffee. „Darf ich mich zu Dir setzen?" Anna stutzte. Er duzte sie? Sie zog eine Augenbraue hoch, zögerte kurz, nickte aber dann doch „Ja, gerne." „Hallo ich bin Mark." „Hi, ich bin Anna". Schnell kamen die beiden ins Gespräch. Die Wartezeit ging so sehr schnell herum. Als der Zug von Sophie ankam, waren die beiden so in ihr Gespräch vertieft, dass Anna die Zeit vergaß. Plötzlich klingelte ihr Handy. Sophie war am Apparat. Anna schaute erschrocken auf die Uhr. Sie stammelte ins Telefon... „Sorry Sophie, ich habe mich festgequatscht, im Bahnhofscafé. Mit Mark." Sophie verstand gar nichts, aber Bahnhofs Café hatte sie verstanden. Sie schnappte sich ihren Koffer und überquerte die Straße. Die Straßen glänzten noch vom Regen, aber die Sonne blitzte bereits durch die Wolken hindurch. Dann trat sie ins Café. Dort saß Anna, aber wer war der fremde Mann bei ihr? Bestimmt Marc, dachte sich Sophie. Sie ging auf die beiden zu. Am Tisch angekommen sah Anna auf. Sie hatte gerade zahlen wollen um Sophie am Bahnsteig einzusammeln. Und schon stand Sophie hier. Aus dem Augenwinkel sah Anna eine Bewegung. Marc schob ihr eine Serviette zu. Bekritzelt...oh seine Telefonnummer. Sie wurde rot. Sophie die das ganze Spiel beobachtete, musste innerlich grinsen. So hatte sie Anna ja noch nie gesehen. Nach einer kurzen Weile verabschiedeten sich Anna und Sophie von Marc. Nicht ohne das Versprechen eines Anrufs, auf den Marc bestanden hatte.
„Zwei Wochen Ferien Anna, was freu ich mich darauf. Wird bestimmt eine tolle Zeit, und dass du mir bloß keine Details über Marc auslässt bei deiner Erzählung....Ich will alles wissen." Sie grinsten sich an. Dann fuhren sie zu Annas Wohnung.