Es regnet
Manche sagen, Regen sei die Tränen der Engel. Die Sonne geht auf — im Westen. Von ebendort kommt jemand auf mich zu. Ich kenne sie nicht, aber ich bin sicher, daß sie die Antwort weiß. Sie ist da, prostet mir mit einer Bierdose zu und geht vorbei.
Angeblich ist der Horizont 4,6 Kilometer entfernt. Ich kann das nicht ganz glauben, denn als ich mich umdrehe, ist sie schon fast hinter ihm verschwunden. Also laufe ich ihr nach. Sie scheint plötzlich die Richtung zu wechseln, geht jetzt nach Süden. Ich laufe immer weiter, direkt auf sie zu, aber wie um mich zu verspotten, umkreist sie meinen Horizont im Uhrzeigersinn.
Ich ändere meine Taktik: Ich behalte sie weiter im Blickfeld, versuche sie sogar anzustarren — so gut das möglich ist, durch den Regen aus einer Entfernung von 4,6 oder was weiß ich wie weit weg sie ist. Aber ich gehe rückwärts, ha! Sehr bald — zu bald — ist sie verschwunden. Panik! Ich beherrsche mich, gehe weiter. Natürlich folge ich dem Klischee und falle über eine Wurzel? Einen Stein? Eine unsichtbare Schildkröte auf den Hinterkopf und in Ohnmacht.
Ich erwache in einem Bett. Nicht allein, sie liegt neben mir. Es ist nicht mein Bett, nicht mein Zimmer. Aber sie liegt neben mir — und ich wage nicht, sie zu fragen. Vor dem Bett steht eine Bierdose. Ich stehe auf, die Dose ist noch halbvoll, trinke sie aus — grauenhaft.
Schaue aus dem Fenster. Es regnet.