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Es ist nur eine Leidenschaft
Immer wenn der Herbstwind weht, stellt sie sich vor, wie er langsam den farblos scheinenden Himmel aufreißt und goldene Blätter sanft von den Bäumen wiegt.
Sie sah, wie die vom Vortrag übrig gebliebenen Regentropfen von den noch lebendigen Pflanzen fielen und wie der rosa-grau geringelte Regenwurm versuchte, seine Geborgenheit in der kühlen Erde zu finden.
Die Natur schien ihre intimsten Seiten vor ihr zu entblößen, nur damit sie staunend stehen blieb und zu einer kaum merklichen Observation ansetzte.
Schade nur, dass diese Bilder sie heute einfach nur krank machten, denn selbst mit dem Persönlichkeitstitel ’’Philosophin’’ beziehungsweise ’’Denkerin’’ erschien ihre diese Schönheit zu banal und sogar beinahe lächerlich. Denn sie hatte ihre Musik.
Harte Gitarrenrhythmen schallten durch ihre Kopfhörer, alles in ihrem Kopf schmerzte, das Schlagzeug schien ihr Herz ersetzt zu haben.
Selbst ihr Blut schien die Musik zu spüren, während sie schneller und schneller ihre schwarzen Lederstiefel auf dem nass werdenden grauen Asphalt bewegte. Ihre Gedanken schienen zu kochen, ein Bild nach dem anderen erschien vor ihrem geistigen Auge, schlimmer und schlimmer, die Alpträume, die Erinnerungen und alles durchfuhr ihre zitternden Glieder, während sie es doch nur verschwommen wahrnahm.
Sie blieb stehen. Ein ockerfarbener Fußballplatz ,der zu einer Grundschule gehörte, erstreckte sich vor ihr. Wohl eher ein ehemaliger Fußballplatz, denn die Tore und spielenden Kinder schienen schon lange einen besseren Ort gefunden zu haben. Doch wann wurde es Zeit für sie? Wann würde der Tag kommen ,an dem es anders wäre?
Das Rennen lief weiter. Noch hundert Meter ,bis zum Haus, noch hundert Meter bis sie sich ihren Gedanken wohl oder übel widmen musste. Doch das war noch eine Ewigkeit, solange die Musik spielte, solange bis der Schlagzeuger aufhörte zu spielen und das Leben sich knallhart in ihrem Bewusstsein wiederspiegelte.
’’Es ist eine Leidenschaft’’, murmelte sie fieberhaft ,während sie versuchte, den verschwommenen Zustand in sich einzuschließen, ’’aber ist es bloß eine Leidenschaft?’’
Und während der Sänger mit langsam ausklingenden Tönen die letzte Strophe beendete, setzte sie sich vor ihre weiße, leicht verschmutzte Haustür. Um diese Uhrzeit war noch niemand zu Hause.