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Es ist keine Liebe, fühlt sich aber scheiße an
Ich wusste, dass Jovanka in Schwierigkeiten steckte. Sie steckte für gewöhnlich in Schwierigkeiten. Und Jovanka bedeutete für gewöhnlich Ärger.
»Was machst du denn hier?«
»Freust du dich nicht, mich zu sehen?«
»Bei dir weiß man nie. Also?«
»Ich will mich voll laufen lassen. Besser gesagt, ich muss. Gibst du mir 'nen Whisky-Cola?«
»Okay.«
Ich drehte zur Seite und griff ein eckiges Glas aus dem braunen Eichenholzschrank, goss Tullamore Dew hinein und füllte mit Cola auf und stellte ihn hin. Ich hatte Jovanka seit Wochen nicht gesehen, ich rief sie nicht an und sie mich nicht. Nachdem wir was los hatten, was schnell ging – wir landeten an dem Tag an dem wir uns kennen lernten in der Kiste – verlief es sich mit selbiger Geschwindigkeit. Wir fickten, aber entschieden uns, eigene Wege zu gehen und den jeweils anderen nicht aufzusaugen.
»Ist eigentlich Verschwendung. Whisky sollte man pur trinken.«
»Pur kann ich ihn gar nicht trinken.«
»Dann steig doch um auf Appletinis, oder so.«
»Frauengesöffs? Nein, lass mal. Ich will dir keine Arbeit machen.«
»Du siehst doch, dass sonst nichts los ist.«
Die Tische waren leer, nur leises Geräusch strömte aus den Boxen der Anlage. Jovanka trank in einem Zug. »Kommst du mit raus auf 'ne Kippe?«
»Hab aufgehört.«
»Red kein' Scheiß.«
»Ich mein's ernst.«
»Gut. Bis gleich.«
Sie verschwand durch die Tür und ging in den Hof. Ich spülte Gläser und beobachtete den Rauch, der sich an der Außenbeleuchtung tummelte. Jovanka war ein schönes Mädchen. Sie war einiges älter als ich, neun Jahre, und mit einunddreißig machte sie was her. Blondes, schulterlanges Haar mit Pony; tiefbraune Augen, die im Sonnenlicht glitzerten, wenn sie keine Sonnenbrille trug (sie trug sie oft); schlanke Figur; wohlgeformte Brüste und Lippen; ein knackiger Hintern und lange Beine. Und schlau war sie. Sie verstand sich auf Psychologie und Sozialpädagogik, hatte Ahnung vom Universum und Lebenserfahrung (Drogen und sonstige Ekstasen). Ich mixte ihr einen Drink, als sie rein kam.
»Sonst warst du nie so flott.«
»Kommt drauf an, auf was du das beziehst. Im Bett lass ich mir Zeit. Da geht's schließlich auch um ihr Vergnügen.«
»Vergiss es, heute läuft nichts.«
»Ich hab nie behauptet, dass ich Zeit für dich hab.«
»Ich kenne deinen Blick. Frauen haben ein Gespür für sowas. Du schaust mir dann immer auf die Lippen.«
»Wenn du von Frauen sprichst, meinst du dich.«
»Ich bin anders, schlauer, ich weiß. Aber nein, Frauen merken das wirklich.«
»Gut, machen wir's im Kühlhaus.«
»Ich hab aufgehört, es in Kühlhäusern zu treiben.«
»Soll das 'ne Revanche werden, weil ich mit dem Rauchen aufgehört hab?«
»Ein klitzekleines bisschen.«
»Gut zu wissen.«
Ich goss mir einen Whisky ein und trank und stellte mich ihr gegenüber.
»Also, warum bist du dann hier?«
»Ich wollte dich sehen.«
»Ich dachte, wir wollten uns nicht mehr sehen.«
»Werden wir auch nicht. Deswegen bin ich hier. Ich wollte dich ein letztes Mal sehen.«
»Du meinst, du wolltest mich ein letztes Mal ficken.«
»Nein, nur sehen. Abschiedssex ist traurig.«
»Ich mag's dreckig und traurig.«
»Ich steh nicht auf traurig.«
»Warum bist du dann hier?«
»Ich verschwinde.«
»Für wie lange?«
»Für immer.«
»Und wo soll's hingehen?«
»Unklar. Werd' wohl erst nach Holland. Mich mit Weed eindecken und dann fahr ich weiter. Wohin mich das Leben eben treibt.«
»Gibt's 'nen bestimmten Grund, warum du weg willst?«
»Du liest mich doch so gerne, sag du's mir.«
»Kusel ist zu klein für uns beide, Baby.«
Jovanka lachte. »Nee, ich muss hier einfach raus.«
»Du hättest dich nicht verabschieden müssen. Willst du noch 'nen Drink?«
»Ja, bitte.«
Ich mischte Whisky-Cola. Dieses Mal verwendete ich Jack Daniels. Bourbon schien passender.
»Wenn du Probleme hast, erzähl's mir.«
»Hab keine.«
Ich glaubte ihr nicht. Ich erkannte es, wenn sie lügte. Ich nahm ihre Hand, zog sie von der Bar weg und drückte sie gegen die Wand. »Was genau willst du«, sagte ich und presste ihre Hände mit meiner rechten über ihren Kopf und an ein Gemälde von Gustav Klimt. Ihre Pupillen weiteten sich und schimmerten im Licht der Neonröhren, die an der Decke entlang lagen.
»Mach mich traurig.«
Ich küsste sie auf den Mund. Es wurde heftiger, ich ließ von ihren Händen ab, drehte sie inmitten des Raumes und packte sie an den Haaren, zog ihren Kopf zurück und küsste ihren Hals, während ich sie auf einen der Tische schob. Sie knöpfte mir die Hose auf und nahm meinen Schwanz in die Hand. Er wurde hart. Ich drückte ihren Oberkörper auf die Tischplatte und entledigte sie ihrer engen Jeans. Dann steckte ich ihn rein und pumpte und pumpte und pumpte und pumpte. Sie kam zwei Mal, ich einmal. Wir ließen voneinander ab und zogen uns an.
»Verdammt. Jetzt haben wir doch gefickt.«
»Was Frauen sagen und was sie tun sind eben zwei Paar Schuhe.«
»Seit wann hast du Ahnung von Frauen und Schuhen?«
»Hab ich nicht.«
»Du hast aber was dazu gelernt seit dem letzten Mal. Triffst dich wohl mit anderen Weibern, stimmts?«
»Ein Gentleman schweigt und genießt.«
»Ein Gentleman machts nicht mehreren gleichzeitig.«
»Weiß nicht, kenn nicht viele.«
»Du bist auf jeden Fall keiner. Höchstens ein Arschloch, das einer sein könnte. Potential hast du, dass muss man dir lassen, aber ...«
»... Die Arschlochnummer zieht besser.«
»Nein, heut zu Tage kann jeder ein Arschloch sein. Potential ist sexy, wollte ich sagen.«
»Ich geh mal pissen, gleich wieder da.«
Ich ging die Wendeltreppe runter aufs Klo und ließ laufen. Jovanka sollte bleiben, wir hatten eine gute Chemie, dachte ich und zog die Spülung. Ich ging zurück hoch und an die Bar. Ein alter Kerl; mürrische Visage; lange, graue Haare; stand am Tresen und schlug die Zeitung von vorgestern auf. Er bestellte Kamillentee. Ein Stück Papier lag neben meinem Glas - es war mit Bleistift beschrieben, der daneben lag:
Renn mir nicht hinterher, und such mich auch sonst nicht, und denk ja nicht daran, mir zu schreiben oder mich anzurufen. Leb wohl und viel Glück. - J.
Ich goss Glenlivet ein, trank in einem Zug, nahm Geld aus der Kasse und kaufte eine Packung Camel am Automaten in der Ecke und rauchte.