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Es ist kalt - Aus dem Leben eines Pinguins

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25.09.2017
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Es ist kalt - Aus dem Leben eines Pinguins

Drei Tage ist es nun her, dass er aus dem Ei geschlüpft war. Hätte er das doch nur gelassen. Es ist so kalt! Wenn Mutti nur einmal kurz die Flügel ausschüttelt, unter denen er ruht, dann zieht die Kälte bereits in jeden einzelnen seiner kleinen Knochen. Verflucht, ist das kalt!
Vielleicht wäre es mit einem Bruder oder einer Schwester wärmer gewesen, aber das andere Ei seiner Eltern soll von einem riesigen Vogel gefressen worden sei. Ein großes, grau gefiedertes Monstrum. Sein Vater hatte ihm das erzählt. Mutter weint noch ab und zu deswegen.

Endlich kam Vater wieder. Sein Hunger war schon fast unerträglich. Als er den schwarz weißen Körper aus dem Wasser auftauchen sah, begann er aufgeregt zu piepsen. Was es wohl heute zu essen geben wird?
Der Vater spuckte einige kleine Fische vor seinen Sohn. Während er die kleinen silbernen Tiere musterte, verflog die Vorfreude auf das Futter. Wieder nur Fisch? Enttäuscht guckte er hoch und erblickte den tadelnden Blick seiner Mutter. Er zuckte mit den kleinen Flügeln und verschlang gierig das erbeutete Futter. Anschließend verkroch er sich schnell wieder. Es war viel zu kalt!

Einige Wochen sind vergangen. Unser kleiner Freund ist mittlerweile im Kindergartenalter. In größeren Gruppen werden die Jungtiere betreut und auf das spätere Leben vorbereitet. Er weiß jetzt alles über den großen Vogel, der sein Bruder oder seine Schwester gefressen hat. Und über Seeleoparden. Und über all die anderen Gefahren und Tiere, die ihn fressen wollten. Aber die Seeleoparden machten ihm am meisten Angst.
Viele seiner Freunde sind bereits gestorben. Viele wurden von den grauen Vögeln geholt, andere sind verhungert, manche erfroren, weil die Eltern von Seeleoparden geholt worden sind. Es ist aber auch kalt hier!
Heute hatten sie einiges über Algen und Fische gelernt, die sie fressen können. Aber Vorsicht vor Seeleoparden. Wo es Futter gibt, sind Jäger nicht weit! Und morgen ist schließlich ihr großer Tag. Ab ins Meer. Seine Freunde freuten sich. Aber im Meer war es bestimmt noch kälter! Er seufzte und kuschelte sich zwischen seine Eltern. Er erblickte die Narbe an der Seite des Körpers seines Vaters. Er war so tapfer gewesen. Er war damals als erstes in das tiefe Blau gesprungen, direkt vor einen Seeleoparden. Doch er ist ihm entkommen.
Er schloss seine Augen und versuchte zu schlafen. Doch ihm war keine Ruhe gegönnt. Diese Nacht war es besonders kalt.

Die Sonne war gerade erst aufgegangen. Er stand mit seiner Gruppe am Rande der Eisscholle, die sein Zuhause war. Alle starrten auf die riesige blaue Fläche, die vor ihnen lag. Eine seichte Brise ließ ihn schaudern und das Wasser kräuselte sich. Immer wieder tapsten einige an den Rand der Scholle und blickten hinab. Doch dann trauten sie sich nicht, kehrten wieder um. Bisher hatte niemand Seeleoparden gesehen. Eigentlich optimale Voraussetzungen.

Er stand jetzt am Rand. Blickte noch einmal zurück in die von Angst erfüllten Augen seiner Freunde, die sich so auf diesen Tag gefreut hatten. Sein Blick streifte die Narbe seines Vaters und sah, dass dieser ihm zunickte. Er wandte sich ab und blickte wieder auf das glatte Nass. Die Sonne spiegelte sich an der Oberfläche. Er schluckte ein letztes Mal und sprang.
Er raste auf die blaue Fläche zu. Er streckte sich, um gerade ins Wasser einzutauchen. Aus den Augenwinkeln sah er, dass weitere Jungtiere es ihm gleich taten und ebenfalls absprangen. Aber er war der erste gewesen. Stolz breitete sich in ihm aus und zum ersten Mal war ihm warm. Doch was war das? Wenige Zentimeter vor dem Ziel sah er den Schatten, der sich in dem dunklen Blau abzeichnete. Er schnellte ihm entgegen.
Er durchbrach die Linie, die Luft und Wasser trennt. Ein riesiger Schlund tauchte darunter auf. Messerscharfe weiße Zähne blitzen in der Dunkelheit auf. Adrenalin schoss durch seinen kleinen Körper. Das war es. Er wusste es. Das Ende seines kurzen Lebens.
Die Zähne des Seeleoparden durchbohrten ihn. Sein Blut färbte das Wasser rot. Während das Leben aus seinem Körper wich, sah er durch den roten Vorhang, der ihn umgab, wie seine Freunde panisch umherschwammen. Doch es schien kein weiterer Jäger da zu sein. Er wird sterben, aber seine Freunde werden Leben. Endlich wird er seinen Bruder kennenlernen, oder seine Schwester. Und er könnte mit all den anderen spielen, die es nicht bis hierher geschafft haben.
Und vielleicht entkommt er endlich der Kälte.
Er lächelte, als das Licht aus seinen Augen wich.

Endlich waren die Pinguine gesprungen. Jetzt schnell nach Hause. Sein Junges hatte Hunger. Mit einem mächtigen Satz erhebt sich der glänzende Körper aus dem Wasser. Das Licht wird durch die umherfliegenden Tropfen gebrochen. Doch die Scholle war leer. Er ließ den Pinguin fallen und starrte auf den Blutfleck, der sich an der Stelle befand, wo sich seine Frau und sein Junges befunden hatten. Daneben die Abdrücke von Menschenschuhen. Wut kochte in ihm hoch und ein wütender Schrei entkam seiner Kehle. Er spürte einen Schmerz, den er noch nie zuvor gespürt hatte.
Er blickte auf die Leiche des Pinguins, der vor ihm lag. Er wurde traurig.

 

Danke für die Rückmeldung.
Eigentlich habe ich diesen einfachen Satzbau gewählt, um das einfache Gemüt des Protagonisten widerzuspiegeln. Das ganze ist schon etwas älter, aber 20 war ich schon. Die Interpretation des Endes ist nicht so geplant, aber man kann es nur so verstehen. Das werde ich nochmal überarbeiten.

 

Willkommen Zwicked

Ist witzig und rührend, wie du einen für einen Menschen nicht ganz alltäglichen Alltag schilderst.

Betreffend dem einfachen Stil. Der passt schon. Ist aber nicht zwingend, da die Geschichte in der Er-Form erzählt wird. Dein Erzähler und der kleine Protagonist können also zweierlei Personen sein.

Er blickte auf die Leiche des Pinguins, der vor ihm lag. Er wurde traurig.

Heisst es bei Tieren nicht eher Kadaver? Menschen enden als Leichen und Tiere als Kadaver, oder?

Beim letzten Absatz vermisse ich ein wenig die Klarheit, die deine Geschichte ansonsten prägt. Plötzlich muss man sich fragen, von wem denn nun erzählt wird und was da am Schluss eigentlich geschieht und ausgesagt wird. Ich mag das nicht. Ich mag es nicht, wenn der Autor den Leser ins Dunkle tappen lässt. Ich mag es eher, wenn jemand klar macht, was er erzählt.

Gruss teoma

 

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