Was ist neu

Erziehung

Mitglied
Beitritt
23.04.2003
Beiträge
6

Erziehung

Ich liege gelangweilt auf der Couch, sehe fern. Nichts Interessantes, bloß eine der vielen Quizshows, die täglich in den frühen Abendstunden laufen. Die Aufgabenstellung klingt einfach. Der Teilnehmer soll fünf Ziele mit einer Steinschleuder treffen, darf allerdings vorher eine Woche lang üben. Den Gewinn hab ich schon wieder vergessen. Wird wohl eine Reise oder Geld oder ein Auto gewesen sein, wie immer eben.
Es werden Filmaufnahmen gezeigt, die den Auserwählten und seine Familie vorstellen. Er, paar’n-dreißig, schmächtig gebaut. Sozialarbeiter. Vier Kinder. Seine Frau, Psychologin.
„Loser“, schießt es mir durch den Kopf.
Es werden noch ein paar Trainingsminuten im heimatlichen Garten gezeigt, dann ist die kurze Einführung beendet.
Die Familie steht nun an diesem Abend versammelt um den Show-Moderator herum. Das Licht im Raum wird abgedunkelt, um die ganze Sache spannender zu machen, wie immer eben.
Der Vater, sichtlich nervös, umarmt seine Kinder und seine Frau ein letztes mal vor der großen Aufgabe.
„Peinlich“, ertönt es in meinem Kopf, „und so ein Softie-Getue vor ein paar Millionen Zuschauern.“
Er geht langsam hinüber zu dem Podest auf dem die Steinschleuder in sechs Metern Abstand zu den Zielen liegt. Die Kamera zoomt heran. Das Gesicht des Mannes wird für zwei, drei Sekunden gezeigt. Höchste Konzentration, angespannte Muskeln, Schweiß auf der Stirn. Die blauen und weißen Lichter der Deckenscheinwerfer heben diese Details deutlich hervor. Das Publikum fiebert mit, wie immer eben.

Nur drei von fünf Zielen hat er getroffen. Nicht gewonnen. Seine Kinder schauen enttäuscht drein, nehmen ihren Helden dann aber tröstend in den Arm. Seine Frau ebenso.
„Schade, ich hätte es ihm gegönnt.“, denke ich und zappe weiter.

 

Hallo,

vom Geschriebenen her ist deine Geschichte ok. Eine Nacherzählung, der du vielleicht noch ein bisschen mehr "Langeweile" hinzufügen hättest können, um die präkäre Situation besser zu beleuchten.

Doch zur Intention. Ich kann die Verbindung zum Thema Erziehung nicht herstellen. Du schreibst immer:

„Loser“, schießt es mir durch den Kopf.
„Peinlich“, ertönt es in meinem Kopf,

Das wirkt, als kämen diese Gedanken ohne dein Zutuen und als könnte man sie auf deine eigene Erziehung oder die deines Protagonisten zurückführen. Wenn deine Geschichte das vermitteln will, solltest du diese Dinge an den betreffenden Stellen mehr betonen und häufiger vorkommen lassen. "GEdanken kamen plötzlich ... ohne mein Zutun ... ohne viel Nachzudenken". Das ganze könntest du dann mit einem passenden Schlusssatz abrunden.

Ich sehe nämlich nicht, warum der Mann ein "Loser" ist, nur weil er Sozialarbeiter ist. Als Sozialarbeiter hat er studiert und arbeitet im sozialen Dienst, wo man als Studierter sogar sehr gut verdienen kann. Vielleicht kümmert er sich im Haushalt auch mehr um die kinder, als die Frau.

Wenn du aber genau diese Ignoranz in deiner Geschichte beleuchten wolltest, dann müsstest du sie noch ein Stück weiter ausbauen, sonst kann zumindest ich nicht viel verstehen.

:) mfg ~tfa

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi tfa,

vielen Dank für die Kritik.
Mehr "Langeweile" willst du, ich probiers mal :)

Du hast die Verbindung zum Thema Erziehung eigentlich ganz gut getroffen.
Dem Protagonisten schießen tatsächlich Dinge in den Kopf, die nicht beabsichtigt sind. Der Mann ist tatsächlich kein Loser, nur weil er Sozialarbeiter ist, er ist aber ein Loser, wenn man die allgemein bekannten Klischees über Männer berücksichtigt. Und genau diese Klischees sind es, die man als Kind für das spätere Mann-Sein anerzogen bekommt (nicht unbedingt von den Eltern). Zum Beispiel sagen so ziemliche alle Väter "Jungs weinen nicht". Der Vater in der Geschichte erfüllt so einige Anforderungen an die Rolle des Mannes (ich sage mit Absicht "Rolle") NICHT:
- Unabhängigkeit, um sich auf Karriere bzw. Leistung (innerhalb der Leistungsgesellschaft versteht sich) konzentrieren zu können
- gestählter Körper
- Unterdrückung von Emotionen, zumindest in der Öffentlichkeit vor Fremden

Im Gegensatz dazu steht allerdings der letzte Satz "Schade, ich hätte es ihm gegönnt.", was symbolisieren soll, dass hier das aktive Denken mit moralisch/ethischem Wertschätzungen wieder einsetzt.
- Beteiligt sich im Haushalt und an Erziehung
- Zeigt Liebe gegenüber seiner Familie
- Sein schmächtiges Aussehen deutet auf Verletzlichkeit (Emotionen) hin

Die Geschichte soll zum Nachdenken über die eigene Denkensweise anregen und eben über die Erziehung vieler Jungs in unserer westlichen Gesellschaft.

In dem Satz "..nehmen ihren Helden dann aber tröstend in den Arm..." spiegelt sich ein Teil meiner eigenen Meinung wieder. Der Vater ist nämlich so gut wie immer der Held seiner Kinder (bis zur Pubertät in etwa, und danach oft auch noch) und er hat wohl die besten Möglichkeiten dieses Klischee-Denken durch ein individuelleres Denken zu ersetzen.

Ich persönlich glaube, dass diese Klischees wirklich fest verankert sind. Deswegen finden wir Bücher wie "Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken können" in den Bestsellerlisten der Sachbücher auf den Top-Plätzen.

Ein kleiner Test für dich:
Stell dir einen harten Biker vor. Muskulöser Körperbau, starker Bartwuchs. Er fährt eine schicke Harley, verträgt literweise Bier, ist ab und zu an der einen oder anderen Schlägerei beteiligt und ist unabhängig von Freunden oder Familie und nun vergleiche dieses Bild mit dem Vater aus der Geschichte. Was wirkt im ersten Moment, ohne groß nachzudenken, männlicher?
Für mich ist es der Biker, weil er eben all das erfüllt, was von einem Mann "erwartet" wird (so blöde es klingt). Unser Umfeld prägt eben unser Denken.
Ich kann nicht sagen, ob man das wieder wegbekommt (darüber gilt es ja nachzudenken), ich bin allerdings auch erst 18. Vielleicht schaff ich das ja in ein paar Jahrzehnten ;)

bye - thec

 

Ok, deine Analyse ist gut und leuchtet ein aber das wird am Text nicht deutlich, weil, wie deine Analyse es zeigt, du sehr selbstverständlich schreibst. Wenn du alles ein wenig länger machst und ausgeschmückter, dann sollte es sofort deutlich werden! :)

Zur Intention: ich gebe dir Recht, auch wenn ich finde, dass du in deiner Analyse sehr viele Themen angerissen hast über die man im Einzelnen erst intensiv diskutieren müsste. Im Endeffekt kann man aber glaub ich der ganzen Situation insofern etwas Positives abgewinnen, als das heutzutage die Situation schon etwas besser ist, als sie es vielleicht noch vor ein paar Dekaden war.

Ich habe selber mit meinen Eltern Probleme und komme kaum zurecht, daher bin ich wohl der falsche Gesprächspartner für dieses Thema. :)

mfg ~tfa

 

Hm, da schaut sich einer "Die Stunde der Wahrheit" an? Im Grunde genommen eine Nacherzählung ohne eigenes Zutun, denn die Gedanken, die dein Prot hat, die hat so ziemlich jeder, der sich das Spektakel mal angesehen hat.

Deine Erklärungen unterhalb der eigentlichen Geschichte sind, sorry, recht lustig. Denn deine Intention hast du mit dem Text überhaupt nicht an den Leser herantragen können. Den Titel "Erziehung" verbindet absolut nichts mit dem folgenden Text.

Merke: Wenn die Erklärung der Geschichte länger als die Geschichte ist, dann ist da offensichtlich was schief gelaufen. ;)

Gruß,
Poncher

 

Gut, das ist wohl mein Problem, dass ich Sachen schreibe, die ich selbst verstehe, andere aber nicht. Aber deswegen bin ich ja auch hier und übe.

@ tfa:
Ich habe keine Probleme mit meinen Eltern, ganz im Gegenteil. Allerdings finde ich dieses Klischee-Denken nicht gerade toll...

@ Poncher:
Ich weiss nicht mehr, wie diese Show hieß, hab sie auch nur einmal für 10 Minuten gesehen, könnte aber gut sein, dass es "Die Stunde der Wahrheit" war.

Denn die Gedanken, die dein Prot hat, die hat so ziemlich jeder, der sich das Spektakel mal angesehen hat.
Und genau das ist es, was ich so komisch und überdenkenswert finde. Warum hat diese Gedanken denn jeder?
Deine Erklärungen unterhalb der eigentlichen Geschichte sind, sorry, recht lustig. Denn deine Intention hast du mit dem Text überhaupt nicht an den Leser herantragen können. Den Titel "Erziehung" verbindet absolut nichts mit dem folgenden Text.
Warum konnte tfa dann halbwegs erkennen, worum es geht? Meine Intention ist nicht gut ausgearbeitet, da gebe ich dir Recht, aber ich finde, dass die Gedanken in dem Text sehr wohl etwas mit Erziehung zu tun haben.
Meine Erläuterung hätte ich auch in einem Satz schreiben können:"Diese Geschichte soll zum Nachdenken über die scheinbare Willkür der eigenen Gedanken anregen - woher sie kommen, wie man sie beseitigt."
Der Rest dient nur zur Verdeutlichung eben dieser Intention, damit ich nicht nur leere Sätze auf den Tisch lege. Vielleicht sollte ich bei der nächsten Erläuterung die Hintergründe meiner Intention nicht ausarbeiten...

Merke: Wenn die Erklärung der Geschichte länger als die Geschichte ist, dann ist da offensichtlich was schief gelaufen.
Werde ich mir merken :)

 

Hi Thec,

eine kleine Anmerkung: ganz zu Anfang schreibst du, daß die Aufgabenstellung in einer Quizshow darin besteht, fünf Ziele mit einer Steinschleuder zu treffen.

Das paßt nicht so richtig. In Quizshows müssen Fragen beantwortet oder Rätsel gelöst werden. Vielleicht nennst du es einfach Unterhaltungsshow.

Gruß,
Somebody

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom