Erziehung
Ich liege gelangweilt auf der Couch, sehe fern. Nichts Interessantes, bloß eine der vielen Quizshows, die täglich in den frühen Abendstunden laufen. Die Aufgabenstellung klingt einfach. Der Teilnehmer soll fünf Ziele mit einer Steinschleuder treffen, darf allerdings vorher eine Woche lang üben. Den Gewinn hab ich schon wieder vergessen. Wird wohl eine Reise oder Geld oder ein Auto gewesen sein, wie immer eben.
Es werden Filmaufnahmen gezeigt, die den Auserwählten und seine Familie vorstellen. Er, paar’n-dreißig, schmächtig gebaut. Sozialarbeiter. Vier Kinder. Seine Frau, Psychologin.
„Loser“, schießt es mir durch den Kopf.
Es werden noch ein paar Trainingsminuten im heimatlichen Garten gezeigt, dann ist die kurze Einführung beendet.
Die Familie steht nun an diesem Abend versammelt um den Show-Moderator herum. Das Licht im Raum wird abgedunkelt, um die ganze Sache spannender zu machen, wie immer eben.
Der Vater, sichtlich nervös, umarmt seine Kinder und seine Frau ein letztes mal vor der großen Aufgabe.
„Peinlich“, ertönt es in meinem Kopf, „und so ein Softie-Getue vor ein paar Millionen Zuschauern.“
Er geht langsam hinüber zu dem Podest auf dem die Steinschleuder in sechs Metern Abstand zu den Zielen liegt. Die Kamera zoomt heran. Das Gesicht des Mannes wird für zwei, drei Sekunden gezeigt. Höchste Konzentration, angespannte Muskeln, Schweiß auf der Stirn. Die blauen und weißen Lichter der Deckenscheinwerfer heben diese Details deutlich hervor. Das Publikum fiebert mit, wie immer eben.
Nur drei von fünf Zielen hat er getroffen. Nicht gewonnen. Seine Kinder schauen enttäuscht drein, nehmen ihren Helden dann aber tröstend in den Arm. Seine Frau ebenso.
„Schade, ich hätte es ihm gegönnt.“, denke ich und zappe weiter.