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Erziehung, die fruchtet
Seit 14 Jahren bin ich Erziehungsberechtigter eines Sohnes, der mir alles andere als Freude bereitet. Ich kann es mir nicht erklären, wieso und weshalb uns der Lümmel missraten ist, aber ich vermute mal, meine Frau ist schuld. Statt dem Jungen eine vernünftige Erziehung zu gewähren, ist sie durchgängig damit beschäftigt, sich selbst zu verwirklichen. Ihre ganze Liebe und Zuneigung gilt unseren drei Zwergpudeln, die sie den lieben langen Tag verhätschelt und für „Deutschland sucht den Superhund“ präpariert. Dass ich dabei zu kurz komme, ist nicht weiter tragisch, da ich mir meine Streicheleinheiten anderweitig suche, doch unser Oskarchen kommt damit offensichtlich nicht klar. Dabei haben wir ihm alles in den Hintern geblasen, was ein Kind zum Gedeihen benötigt. Von der Flimmerkiste bis zum Laptop, vom i-pod bis zum Mountainbike, kein Wunsch bleibt unerfüllt. Er trägt Markenklamotten und sein Taschengeld entspricht dem Einkommen eines Hartz-IV-Empfängers.
Doch was macht der Knabe? Statt sich ordentlich zu benehmen, schwänzt er die Schule, beschimpft seine Lehrerin als Hure und verkauft Haschisch an seine Klassenkameraden. In der Nachbarschaft ist er als Anstifter von Gewalttaten verschrien, vor dem sich nicht nur die anderen Kinder fürchten, sondern auch die Erwachsenen. Die Dame vom Jugendamt meint, bei dem Jungen sei Hopfen und Malz verloren.
Das wollte ich natürlich nicht auf mir sitzen lassen. Die Gewissheit, dass seine Mutter schon länger, wenn nicht sogar von Anfang an, mit der Erziehung überfordert ist, zwang mich zum Handeln. Wer nicht hören will, der muss eben fühlen, und eine Lektion war längst überfällig.
Aber wie macht man aus einem verwahrlosten Analphabeten einen geraden, halbgebildeten Menschen, der der Gesellschaft nützlich ist?
Ins Internat stecken? Zu spät. Zum Barras zwingen? Zu früh.
Ich muss zugeben, Oskar ist für sein Alter in Teilbereichen des alltäglichen Lebens durchaus fit und gewissenlos wie ein Alter, und seine frühreife Neigung zu Lug und Trug ist erschreckend stark ausgeprägt. Sein Lieblingswort ist „scheißegal“, und das ist die Schwachstelle, an der man ihn packen kann.
Mein Plan war im Grunde leicht illegal und mehr als unfair, aber was macht man nicht alles, um seinem Kind eine ordentliche Zukunft zu geben. Die Vorbereitungen liefen dann auch recht schnell an, und nach wenigen Tagen waren alle Maßnahmen getroffen, um den Jungen ein für allemal vom falschen Weg abzubringen.
Es war an einem Montag, Oskar schwänzte mal wieder die Schule, als das eintrat, das sein Leben zum Wohle aller veränderte. Dass die Polizei gleich ein Sondereinsatzkommando schickte, um den Knaben abzuholen, war zwar ein wenig übertrieben, aber effektvoll. Die SEK-Beamten waren nicht gerade zimperlich, als sie unser Oskarchen aus dem Bett zerrten und in Handschellen legten. Aber alles Heulen und Geschreie half nicht, hilflos musste er mitansehen, wie die Polizisten sein Zimmer auf den Kopf stellten und das ans Tageslicht förderten, weshalb sie gekommen waren. Das, was sie nach und nach auf dem Teppich ausbreiteten, hätte jeden erwachsenen Bürger für Jahrzehnte ins Zuchthaus mit anschließender Sicherheitsverwahrung gebracht. Nur so viel: Neben einem Sortiment harter und weicher Drogen, das mir ein befreundeter Zöllner von der holländischen Grenze mitgebracht hat, wurde eine nicht unerhebliche Menge verschreibungspflichtiger Medikamente gefunden. Zudem habe ich eine scharfe Schusswaffe, diverse Hieb-und Stichwaffen, eine Hakenkreuzfahne, 10.000 Flugblätter, in denen zu Amokläufen in Schulen aufgerufen wird, und etliche Raubkopien illegaler Computerspiele platziert. Um die Sache wasserdicht zu machen, zog man noch einen Rollkoffer unter dem Bett hervor, in dem sich eine gefüllte Propangasflasche und eine deutsche Ausgabe des Koran befand.
Ja, und das war’s dann. Unser Oskarchen wurde abgeführt, ein paar Monate den Amerikanern überlassen, und schließlich in die Justizvollzugsanstalt gesteckt, wo er bis zum 21. Lebensjahr eine satte Jugendstrafe absitzen wird. Und das ist auch gut so, denn dort hat der Junge eine Zukunft. Wie es aussieht, wird er einen Schulabschluss machen, eine Lehrstelle antreten und mit Bodybuilding seinen Körper stählen. Dass mein Sohn andere Insassen sexuell missbraucht und auch schon mal zu Tode quält, stört mich weniger und zeigt, dass er sich durchzusetzen versteht und soziale Kompetenz entwickelt.