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Erwartung ...

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30.12.2003
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Erwartung ...

Er liegt im Bett, auf dem Rücken. Halb zugedeckt, von den Füßen bis kurz unter den Bauch; es ist ziemlich warm im Zimmer. Er liest.
Eigentlich ist er müde, aber er weiß, dass sie noch zu ihm kommen wird. Sie kommt jeden Abend, und er mag es nicht, wenn sie ihn weckt. Also erwartet er sie mit einem Buch in der Hand.

Nun steht sie neben seinem Bett und schaut abwartend auf ihn herab. Er ist in sein Buch vertieft, aber ihr Schweigen und dass sie nur da steht und nichts tut, irritieren ihn irgendwann. Schließlich hebt er den Blick über den Rand des Buches, sucht ihre Augen. Ihre Blicke kreuzen sich. Sie ist neu hier, er hat sie noch nie gesehen. Vielleicht war auch nur Schichtwechsel.

Sie ist bereits etwas ungehalten. „Was ist los?“, fragt sie, „kann ich jetzt endlich?“.
„Natürlich“, sagt er burschikos. „Ich darf doch weiter lesen? “. Schmunzelnd senkt sich sein Blick, kehrt zum Buch zurück.

Er spürt ihre Hand, die seine Pyjamajacke nach oben schiebt; dann zieht sie seine Hose ein kleines Stück nach unten. Dabei sagt sie belustigt: „Na also wissen Sie, so was wie Sie hatte ich ja auch noch nicht hier bei mir. Erschrecken Sie nicht, gleich wird es kalt.“
Das Zischen des Sprays dringt kaum in sein Bewusstsein, auch nicht die Kühle auf seinem Bauch, denn die Handlung im Buch zieht ihn schon wieder in ihren Bann. Als sie fertig ist, wünscht sie eine „gute Nacht“ ... und nun kann er das Buch weglegen und endlich schlafen.

Den Pieks der Thrombose-Spritze hat er gar nicht gespürt.

 

Hallo Pied!

Irgendwie hat mir Deine kleine Geschichte gefallen.
Der Titel, auch der Beginn des textes legt andere Erwartungen anhe, jedenfalls nicht die Trombosespritze. Du hast es hierbei ausgezeichnet geschafft, diese Situation - Leben nach einem Blutgerinsel -ein Stück "Alltag" werden zu lassen, unspektakulär und gerade deswegen gut.
Überarbeiten könntest Du den kurzen Dialog in der Mitte, der wirkt einfach nur plump auf mich.

schöne Grüße
Anne

 

Hallo,
ich kann mich eigentlich nur anschließen. Trotz der Kürze gelingt es dir, eine Atmosphäre zu erzeugen, die nur, wie schon angemerkt wurde, durch den doch sehr plump wirkenden Dialog etwas gestört wird. Hier kann man wohl sagen, dass die Würze hin und wieder doch in der Kürze liegt, was pauschal ja nicht zutrifft.
Ich hab noch eine weitere Verbesserung:

irritieren ihn irgendwann
irritiert

Gruß
Arthuriel

 

Hallo Maus,

danke für deine Kritik – da habe ich wohl zu dick aufgetragen bei dem Dialog! Ist geändert worden.
Zur Situation: es ist nicht Leben nach einem Blutgerinnsel, sondern nach einer beliebigen OP. Die Thrombosespritze dient der Vorbeugung und müsste eigentlich Anti-Thrombosespritze heißen; doch im Sprachgebrauch hat sich halt die irreführende Bezeichnung durchgesetzt.

Und Dank auch für das Lob.

LG Pied Piper

 

Hallo Arthuriel,

auch dir ein Dankeschön für deine kritische Einschätzung wie für die anerkennende Bemerkung.

Deinem Hinweis zur Verbesserung möchte ich nicht folgen, weil:

... ihr Schweigen und dass sie nur da steht und nichts tut, irritieren ihn ...
sehe ich als eine Aufzählung an, nämlich das Schweigen und das Nichtstun – also habe ich die Pluralform gewählt.

Gruß Pied Piper

 

hi pied,

na ja, wie soll ich es sagen? was soll ich positiv hervorheben? fehlerfreie geschichte? - aber das wäre nicht unbedingt ein lob bei den wenigen zeilen.
also, mir ist die geschichte viel zu kurz. eine momentsache wird geschildert. ich als leser werde niergends eingeführt und in spannung versetzt. diese 2 punkte sind wesentliche bestandteile einer geschichte, so dass ich dein werk nicht unbedingt als herausforderung bezeichnen möchte.
am ende ist es "nur" eine thrombose-spritze. kein wirklicher schicksalsschlag, keine wirkliche dramatik. dabei würde die realität viel stoff liefern für deine idee, sofern es mehr sein soll als ein ansatz.
selbst in dieser kurzen geschichte finde ich sogar noch einen stolperstein.

Eigentlich ist er müde, aber er weiß, dass sie noch zu ihm kommen wird. Sie kommt jeden Abend, und er mag es nicht, wenn sie ihn weckt. Also erwartet er sie mit einem Buch in der Hand.

Nun steht sie neben seinem Bett und schaut abwartend auf ihn herab. Er ist in sein Buch vertieft, aber ihr Schweigen und dass sie nur da steht und nichts tut, irritieren ihn irgendwann.


hier fehlt für eine flüssige geschichte der übergang. auf einmal steht sie neben seinem bett. so zu schreiben verändert die 1 momentaufnahme in 2 blitzlichter. ich weiss nicht, ob das deine absicht war, aber es ist auf jeden fall nicht harmonisch.

fazit: zu wenig, als dass ich diese geschichte "objektiv" beurteilen könnte.

bis dann

barde

 

Hallo Barde,

es tut mir leid, dass dir die Geschichte nicht gefällt, aber da kann man nix machen!

Ich bin mir nicht einmal sicher, ob du die Geschichte richtig verstanden hast? Wobei es Blödsinn wäre, sie nun Satz für Satz zu erklären, denn auch ein Witz wirkt nicht mehr, wenn er erklärt werden muss. Die Kommentare von Maus und Arthuriel sprechen der KG jedenfalls nicht ihren Charakter ab.

am ende ist es "nur" eine thrombose-spritze. kein wirklicher schicksalsschlag, keine wirkliche dramatik

Verstehe ich nicht, warum willst du einen Schicksalsschlag? Darum geht es eben gar nicht! Und auch Drama heißt nicht Katastrophe, sondern zunächst Handlung. Ein Drama ist die dichterische Gestaltung eines Handlungsablaufes, und zwar in erster Linie für die Bühne, wenn man es von den Ursprüngen ableitet.

Unter’m Strich kann ich nur schreiben, dass sich über Geschmack schlecht streiten lässt, und das „Werk“ sollte sicher keine „Herausforderung“ sein, sondern eine Episode aus dem Alltag, etwas Schlichtes, Alltägliches ...

Gruß Pied Piper

 

hi pied,
es kann sehr gut sein, dass ich die geschichte nicht verstanden habe. es kommt öfters vor, dass ich die gedanken anderer menschen nicht verstehe.
allerdings musst du meinen beitrag nicht als abriss deiner geschichte verstehen. ich habe es im fazit ja gesagt, sie ist zu kurz, als dass ich eine objektive meinung darüber bilden kann.
dass maus, arthuriel und meine meinung da voneinander abdriften, spielt eigentlich keine rolle, da die leserschar grundsätzlich verschieden ist. die beiden sind in literatur bewandert, und bei maus kenne ich auch ihre persönliche vorliebe bei geschichten. deine geschichte gehört nicht zu meinen persönlichen vorlieben. wenn du mehr positive als negative kritiken bekommst, dann war deine geschichte ganz sicher erfolgreich. aber du darfst ruhig wissen, dass dein werk nicht bei allen lesern gut ankommt, sonst wäre es ja druckreif *smile*!
die geschichte, die mich beeindruckt hätte, hat mehr anspruch. aber dann wird sie vielleicht maus und/oder arthuriel nicht gefallen.
ich kenne das, eine geschichte fertigzuschreiben, sie selbst für gelungen zu bezeichnen und sie zu veröffentlichen. dann kommen die kritiker. dann gibt es dabei kritiker, die haben nicht einmal einen blassen schimmer von dem, was sie gelesen haben und von dem, was sie dann schreiben. sie machen aus der geschichte einen abriss, vielleicht weil sie gerade dazu aufgelegt sind. dann lese ich mir ihre kritiken durch und frage mich, ob sie überhaupt die bedeutung der worte kennen, die sie da verwenden.

Und auch Drama heißt nicht Katastrophe, sondern zunächst Handlung. Ein Drama ist die dichterische Gestaltung eines Handlungsablaufes, und zwar in erster Linie für die Bühne, wenn man es von den Ursprüngen ableitet.

du bist durch meine kritik verletzt. das tut mir leid. aber das solltest du nicht sein, denn es geht hier lediglich um persönliche vorlieben. ich habe das wort drama im volkstümlichen sinne gemeint. so wie ein drama-spielfilm auch schon kein theaterstück mehr ist.
was die herausforderung betrifft; ich denke, jede geschichte, die ein autor für andere menschen schreibt, sollte möglichst eine herausforderung für ihn sein. wenn ich also sage, dass deine geschichte keine herausforderung war, dann bedeutet das grundsätzlich, dass ich davon überzeugt bin, dass du anspruchsvollere werke schreiben kannst.
ich hoffe, dass ich die richtigen worte gefunden habe.

bis dann *smile*

barde

 

Off-Topic, aber bevor ihr euch weiter streitet:
Drama: griech. für Schauspiel; erregendes od. trauriges Geschehen (für die Bühne)
Dramatik: erregende Spannung
(das steht auch im Duden, da sollte man mal hineinschauen, wenn man unterschiedliche Meinungen über die Bedeutung eines Wortes vorfindet)

Drama bedeutet nicht Katastrophe, sondern es beinhaltet sie. Die Katastrophe ist auch nicht zwingend tragisch, sie dient der Auflösung, d.h. auch Komödien haben eine Katastrophe.

So gesehen, obwohl die Geschichte kein Drama ist, hat sie eine gewisse Dramatik, wenn auch eine kurze, knappe. Die Katastrophe ist die Auflösung, dass die Spritze nicht schlimm war, im Gegenteil.

Ich hoffe mal, das hat irgendwem weitergeholfen
Gruß
Arthuriel

 

Ich hab es so verstanden, als ob sich der Prot mit dem Buch selbst ablenkt. Er ist nicht wirklich versunken, versucht aber, sich einzureden, er würde nichts mehr bemerken.
Kann natürlich auch sein, dass ich falschliege...

 

Hallo Barde,

danke für dein weiteres Posting, ja, nun ist es für mich aufbauender. Ich fühlte mich nicht verletzt, sondern eher missverstanden und dachte: „Warum liest er nicht in Spannung, wenn er darauf auf ist, sondern in Alltag?“.
Ist aber okay nun für mich und sicher hast du Recht, dass nicht jeder jede Geschichte gleich gut oder doof findet – deshalb meine Bemerkung, dass über Geschmack schlecht zu streiten sei.
Herausforderung nein, das hast du richtig bewertet. Ich habe mich damit nicht geplagt, sondern nur einen momentanen Gedanken kurz ausformuliert.

Fazit für mich: Auch wenn einen eine Kritik zunächst ärgert, ist sie es doch wert, noch mal durchdacht zu werden, um etwas Positives daraus zu entnehmen.

Gruß Pied Piper

 

Hallo Der Illusionist,

ich meine, du hast das schon richtig interpretiert, wie ich es angelegt hatte; natürlich blöd, wenn du schon zu zeitig auf die Pointe kommst und der Effekt verpufft. Ganz bestimmt ist so eine Spritze nichts „Schlimmes“, wenn auch nicht grade das, was man sich jeden Abend wünscht.

Tja, warum er das Buch dann weg legt? Es war eines mit short stories, und die eine Geschichte war gerade zu Ende. :D

Danke auch dir für deine Meinung und Fragen zu der KG!

Gruß Pied Piper

 

Hi again Arthuriel,

Danke für’s off topic, mein Erklärungsansatz stammte aus einem Fremdwörterbuch.

Zu deiner Interpretation ebenfalls „Ja“ wie bei Der Illusionist schon geschrieben. Deshalb seine „burschikose“ Art in dem Moment.

Vielleicht noch eine Ergänzung: Die Schwester ist verunsichert, sonst hätte sie ja gleich gespritzt, weil die meisten Patienten eben doch ängstlich-erwartungsvoll reagieren, die Bauchmuskeln in Erwartung des „Pieks“ anspannen – und dann tut es richtig weh, auch noch am nächsten Tag!

Die bewusste Konzentration auf das Buch hilft dem Prot. zu einer Art Gelassenheit, welche die Schwester verblüfft, so dass sie sagt: „So was wie Sie hatte ich hier auch noch nicht“.

Also noch mal Danke für deine Einschätzung sowie den Definitionsansatz zum Dramatischen.

Gruß Pied Piper
:)

 

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