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Erwartung ...
Er liegt im Bett, auf dem Rücken. Halb zugedeckt, von den Füßen bis kurz unter den Bauch; es ist ziemlich warm im Zimmer. Er liest.
Eigentlich ist er müde, aber er weiß, dass sie noch zu ihm kommen wird. Sie kommt jeden Abend, und er mag es nicht, wenn sie ihn weckt. Also erwartet er sie mit einem Buch in der Hand.
Nun steht sie neben seinem Bett und schaut abwartend auf ihn herab. Er ist in sein Buch vertieft, aber ihr Schweigen und dass sie nur da steht und nichts tut, irritieren ihn irgendwann. Schließlich hebt er den Blick über den Rand des Buches, sucht ihre Augen. Ihre Blicke kreuzen sich. Sie ist neu hier, er hat sie noch nie gesehen. Vielleicht war auch nur Schichtwechsel.
Sie ist bereits etwas ungehalten. „Was ist los?“, fragt sie, „kann ich jetzt endlich?“.
„Natürlich“, sagt er burschikos. „Ich darf doch weiter lesen? “. Schmunzelnd senkt sich sein Blick, kehrt zum Buch zurück.
Er spürt ihre Hand, die seine Pyjamajacke nach oben schiebt; dann zieht sie seine Hose ein kleines Stück nach unten. Dabei sagt sie belustigt: „Na also wissen Sie, so was wie Sie hatte ich ja auch noch nicht hier bei mir. Erschrecken Sie nicht, gleich wird es kalt.“
Das Zischen des Sprays dringt kaum in sein Bewusstsein, auch nicht die Kühle auf seinem Bauch, denn die Handlung im Buch zieht ihn schon wieder in ihren Bann. Als sie fertig ist, wünscht sie eine „gute Nacht“ ... und nun kann er das Buch weglegen und endlich schlafen.
Den Pieks der Thrombose-Spritze hat er gar nicht gespürt.