Erwachen
Erwachen
Es war hell als Joe erwachte. Langsam öffnete er seine Augen und erwartete den Schmerz, den das Licht in sein Gehirn brennen würde.
Es war spät geworden am Abend...mit ein paar Kollegen hatte er wieder einmal ein Sauftour veranstaltet. Er hatte es allen gegeben. Seit seiner Collegezeit war Joe der unumstrittene Führer, wenn es ums Wetttrinken ging. Eine Zeitlang hatte man ihm sogar den Übernamen "Spongy" - Schwamm gegeben, weil er jegliche alkoholische Getränke einfach ihn sich hineinschütten konnte, und trotzdem sehr lange scheinbar nüchtern blieb.
Trotzdem, er war schon zweimal nach einem durchzechten Abend ins Krankenhaus eingeliefert worden, wo man ihm den Magen auspumpen musste. Wenn Joe einmal begann zu trinken, konnte er einfach ab einem bestimmten Punkt nicht mehr aufhören. Er selbst hatte diesen Punkt immer als "Deathline" bezeichnet.
Joe kannte sich selbst und die Reaktionen seines Körpers nach solchen Nächten nur allzu gut. Deshalb wunderte er sich, dass ihm das Licht keine sofortigen Kopfschmerzen verursachte. Er fühlte sich auch erstaunlich klar im Kopf und verspürte keine Übelkeit.
Sein Weckradio zeigte 12.30 an. Das erstaunte ihn, denn normalerweise wenn er so betrunken schlafen ging, wachte er nie vor 15 Uhr auf. Joe setzte sich auf den Bettrand, stützte seinen Kopf in die Hände und verharrte in dieser Position. Er wartete auf das Auftauchen der Übelkeit und den Brechreiz. Schon oft war ihm nur vom Aufsitzen ihm Bett so schlecht geworden, das er gleich gekotzt hatte.
Heute verspürte er nichts von dem. Kalt. Er fühlte sich kalt. Aber nicht so kalt, wie er es sich gewohnt war. Die Kälte kam aus seinem Inneren heraus. "Scheissegal", murmelte er. Hauptsache, das er nicht so einen grauenhaften Kater hatte. Er stand auf, und auch jetzt spürte er keine Schwindligkeit.
Er liess den Abend Revue passieren. Zuerst hatten sie bei seinem Kollegen gesessen, und zu viert einen Harass Bier geleert. Danach waren Sie in verschiedenen Gasthäuser eingekehrt. Vom Rest des Abends wusste er nicht mehr viel, nicht mal, wie er in seine Wohnung gekommen war und wann das gewesen war. Das war nichts Neues für ihn, so was hatte er schon viel erlebt.
Kalt. Verflucht, aber fühlte er sich so kalt. Es war ein verdammt unangenehmes Gefühl, das er noch nie gehabt hatte. Joe ging in seine Küche, nahm ein Glas und schnappte sich das eine halbvolle Flasche Mineralwasser aus dem Kühlschrank. Kalt. Gottverdammt, er fühlte sich kalt. Das Wasser floss in seinen Mund. Er hätte eben so gut Trockeneis trinken können. Das Wasser fühlte sich in seinem Mund an wie der trockene Nebel, der jeweils in den Discotheken in die Leute gepustet wird. Joe wurde unruhig. Solche Wirkungen nach Alkoholgelagen waren ihm neu. Und er kannte sich schliesslich aus.
Er schlurfte in sein Badezimmer, stand unter die Dusche und drehte das Wasser auf.
Kalt. Das Scheisswasser war eiskalt. Er drehte den Duschhahn mehr in die Richtung des Roten Punktes und hoffte, dass das Wasser endlich wärmer würde. Nichts geschah. Irgendwie musste die Heisswasserversorgung seines Mietshauses defekt sein. Ihm fiel auf, das er gar nicht mit den Zähnen klapperte oder Hühnerhaut hatte, obwohl das Wasser eiskalt auf ihn herunterstürzte. Langsam wurde Joe unruhig. "Cool bleiben", dachte, und stiess ein heiseres Lachen aus ob seines zweideutigen Spruches aus. Kalt. Er fühlte sich so kalt. Genervt drehte er das Wasser ab und schob den Duschvorhang zur Seite. Sein Mund fühlte sich auf einmal sehr trocken an.
Das Badezimmer war voll Dampf. Der Spiegel war beschlagen und kleine Wassertropfen liefen an ihm herab. Das Badezimmer sah wie immer aus, nachdem er heiss geduscht hatte. "Kalt", stiess Joe hervor. "Es war kaltes Wasser", dachte er. Woher stammte dieser Dampf? Er taumelte aus dem Bad heraus und eilte in die Küche. Irgendetwas stimmte nicht. Und es gefiel Joe immer weniger. Er hätte lieber seinen gewohnten Kater gehabt, aber nur nicht diese Kälte.
Sein Blick fiel durch die geöffnete Tür der Küche in sein Schlafzimmer und auf das Bett. Schauer von Kälte liefen durch seinen Körper, als er die Gestalt entdeckte, die auf dem Rücken in seinem Bett lag. Mit zwei Schritten war er an der Tür und dann konnte er erkennen, wer es war
Im Bett lag Joe. Er lag auf dem Rücken, der Mund war halboffen und eine grünliche Flüssigkeit lief über das Kinn und bildete auf dem Laken einen Flecken. Auch die Bettdecke war damit an verschieden Stellen mit vollgesogen. Joe starrte auf sich selbst und stellte nüchtern fest, das die Person ihm Bett - das er selbst - an seiner eigenen Kotze erstickt sein musste.
Joe wusste nun, dass es ein Leben nach dem Tod gab.
Es hatte soeben angefangen.