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Erste Erfahrung
Ein warmer Sommerabend senkte sich auf das Ferienlager. Militärisch ausgerichtet umringten die Sechzehn-Mann-Zelte den Appellplatz. Ab und zu klirrten die Ringe der Fahnenleine im Luftzug. Melodiefetzen der „Caprifischer“ wehten vorbei. Vor dem Helferzelt entlockte ein junger Mann seinem Akkordeon die neuesten Schlager, umringt von größeren Mädchen, die leise mitsummten.
Ich gehörte zur jüngeren Gruppe, die Elf- und Zwölfjährigen, und trottete ziellos durch das Lager. Es war „Freizeit“, keine organisierten Veranstaltungen und das war mein Problem. Ich hatte keine Freunde und langweilte mich. Unter den Mädchen, die den Akkordeonspieler umringten, erkannte ich Blanka aus dem Nachbarzelt an ihrem hellen Schopf. Sie wiegte sich im Rhythmus der Melodie; ihr Blick verlor sich im Nirgendwo. Ich stellte mir vor: „Ich stehe hinter ihr, lege die Arme um sie, drücke ihr Hinterteil gegen meinen Bauch, wiege mich mit ihr im gleichen Takt.“ Da ich mich nicht zwischen die Mädchen traute, schlenderte ich weiter.
Als ich an einem der Zelte vorbeikam, sah ich am Eingang ein Paar der größeren Gruppe auf der Holzpritsche sitzen, jeder die Hand zwischen den Beinen des anderen. Ich wurde immer unruhiger, ein mir unbekanntes Gefühl durchströmte mich, konzentrierte sich in meinem Unterbauch. Hinter dem Zelt stieß ich plötzlich auf Blanka. Hatte sie mich gesehen und war mir gefolgt? Ihre Bluse hatte sie vorn verknotet, ihr freier Bauch leuchtete hell. „Na du“, sagte sie. Ich blickte auf ihre nackte Haut, wusste nicht, was ich antworten sollte. Sie gab mir einen freundschaftlichen Schubs, ich schubste zurück und dann balgten wir uns wie zwei Jungen. Ihre kleine Brust streifte meinen Arm, meine Hand geriet an ihren Schenkel, mein Gesicht landete auf ihrem Bauch, meine Nase atmete den Geruch ihrer Haut ein. Ich hörte plötzlich auf. Etwas war anders als bei einem sportlichen Ringkampf. Ich wusste nicht weiter. Doch sie hatte schon die Leinwand hochgehoben und kroch ins Innere des Zeltes. Draußen war es noch eine warme Sommernacht gewesen, aber drinnen herrschte eine Temperatur, wie in einem Backofen. Blanca zog mich neben sich auf die Holzpritsche, streckte ihre Beine aus und fächelte sich mit dem Rock Luft zu. Ich versuchte, einen Blick auf ihr Höschen zu erhaschen.
Am Eingang zeichnete sich als Schatten, das Paar der großen Gruppe ab und auf einmal spürte auch ich Blancas Hand bei mir da unten. Mein Herz raste. Ich lag ganz still. Auch Blanca rührte sich nicht, hielt nur fest, was sie mit einem ungeschickten Griff gepackt hatte. Vorsichtig schob ich eine Hand unter ihren Rock und ertastete die mir unbekannten Körperformen, fühlte die Furche, die in ihren Körper führte. Alles war so anders als im Biologieunterricht. Da hatten wir durch unsere Witze die Mädchen in Verlegenheit bringen wollen. Hier war es einfach nur schön. Blanca kam mir entgegen, indem sie sich bequemer hinlegte. Auch ihre Hand setzte sich nun in Bewegung und erzeugte mir bisher unbekannte Gefühle. Es war, wie wenn wir Jungen uns beim Duschen nach dem Schwimmunterricht scherzhaft am Glied packten, aber auch anders, ging mir durch und durch und dauerte nicht nur ein paar Sekunden. Ich merkte, dass Blanca mit ihren Fingern das Wachsen meines Gliedes neugierig verfolgte und unser Atem wurde schneller. Da warf der große Junge, der sich am Zelteingang mit seinem Mädchen beschäftigte, plötzlich ein Kissen nach uns und rief: „Was treibt ihr den da, ihr Ferkel, ihr junges Gemüse. Hört auf, verschwindet und stört uns nicht!“
Ich fuhr erschrocken auf, schob Blanca beiseite, kroch hinten wieder aus dem Zelt. Angst befiel mich, etwas Verbotenes getan zu haben, gleichzeitig Wehmut, nicht weitergemacht zu haben. Bis zum Trompetensignal stürmte ich durch das Lager, hatte Zorn und wusste nicht worauf. Auch als ich dann auf meinem Strohsack lag, konnte ich nicht zur Ruhe kommen. Immer wieder malte ich mir aus, was ich noch alles mit Blanca hätte machen können. Es blieb nur noch die Fantasie. Wenn wir uns später auf der Lagerstraße begegneten, taten wir, als würden wir uns nicht kennen.
Martin Eberhard Kamprad, Leipzig
[ 19.06.2002, 16:32: Beitrag editiert von: Eberhard_Kamprad ]