erst in fünf jahren liebe ich dich
‚Sag mir, dass du morgen noch da bist !’
Ihre dunklen, braunen Augen funkeln aus der Dunkelheit hervor. Ihr Blick hält mich, wartet . Auf eine Antwort - die richtige Antwort.
‚Sag mir, dass ich morgen nicht aufwachen muss, um dich nicht mehr zu sehen !’
Eine Träne klammert sich an ihre Brust, bevor sie den Kampf verliert und langsam eine salzige Spur zieht , bis sie auf ihrem sanften Bauch liegen bleibt. Es ist keine ihrer Tränen - es ist eine meiner.
Ich sehe sie an, meine Augen begleiten die Kurven ihres Körpers, streifen die Spannung ihrer Haut.Ich sehe sie an, ihre Augen , ihre Wangen, ihre Lippen, die ich immer noch spüren kann.´Eine weitere Träne will von mir, will zu ihr.
Ihr Duft ist überall. Meiner wohl auch, aber den rieche ich kaum. Aber ihr Duft schwimmt in der Luft, riesige Wellen, die nach Salz schmecken . Und nach ihr.
Sie sieht mich an, und die Antwort kommt nicht.
Was soll ich ihr sagen ? Dass ich sie liebe und dennoch morgen allein sein werde. So wie sie ? Ich möchte nichts sagen, will sie nur ansehen, ihren Geruch in mich aufnehmen, ihr Relief in mich einbrennen.
Ich liebe sie. In diesem Moment liebe ich sie. Das werde ich auch morgen tun , hunderte Tage wird sie mich begleiten. Und dann ?
Ich weiss es nicht.
Und darum werde ich morgen nicht hier sein. Nicht, weil ich ein mieses Stück bin. Nicht weil ich sie nicht liebe. Nicht weil ich sie seit 4 Wochen in jedem Atemzug fühlen kann. Nicht weil ich ihren Körper nächtelang augenlos, mit meinen Fingern und Händen in mich aufgenommen habe. Nicht weil mir der Sauerstoff fehlt, wenn sie sich nicht im selben Raum bewegt wie ich.
Ich gehe, weil ich wissen will, ob sie in meinen Träumen bleiben wird, wenn ich schon lange fort bin, wenn sie schon lange fort ist.
Sie ist einzigartig für mich. Nie werde ich vergessen , wie sie riecht, wenn sie mich ansieht, wenn sie voller Lust ist, voll Schmerz , voll Liebe. Hunderte Nuancen von ihr, die ich immer erkennen würde. Das kann die Zeit nicht ändern. Doch die Zeit lässt ein Bild verblassen. Ganz gleich, ob ich jetzt das Gegenteil behaupte. In fünf Jahren wird ihr Duft in meinem Kopf derselbe sein. Ihr Bild wird es nicht mehr sein. In fünf Jahren wird sie irgendwo sein, mit irgendwem , weit weg von mir oder ziemlich nah.
Die Zeit ist ein Killer. Millionen Liebesschwüre binden sich an die Zeit, ohne jemals eine Chance zu haben, den Kampf zu gewinnen. Niemand wird zugeben, jemanden vergessen zu können. Und doch versteckt die Zeit deine Erinnerungen, verschiebt sie, vermischt sie, und wartet . Wartet darauf, dass sie gewinnt.
In fünf Jahren werde ich zu träumen beginnen. Und warten. Darauf warten, dass diese Frau - die jetzt in meinem Bett liegt, die für mich sterben würde, wenn ich es verlangen würde, für die ich sterben würde, wenn sie es verlangen würde - dass diese Frau in meine Träume tritt. Ohne dass ich sie gerufen hätte.
Dann, wenn ihr Bild verblasst ist, wenn die Zeit sich schon als Sieger fühlt, trotz all meiner Gegenwehr, dann, wenn tatsächlich Tage und Wochen an mir vorübergehen , in denen ich nicht an sie denke.Dann werde ich zu träumen beginnen.
Ich werde nicht von ihr träumen, werde sie nicht einladen. Aber vielleicht , vielleicht wird sie dennoch kommen, und ich werde aufwachen, und sie überall spüren, ihr Geruch wird in der Luft schwimmen. Ich werde ihre Kurven auf meinen Bauch zeichnen. Mein Herz wird hetzen und Tränen werden fallen. Wenn sie kommt.
Dann werde ich mich auf die Suche nach ihr machen. Es wird zu spät sein, ihr Herz wird in anderen Fesseln liegen. Aber ich werde sie nicht mehr los werden. In fünf Jahren, wenn sie in meine Träume tritt, dann werde ich sie immer in mir tragen.Immer. Vielleicht nur als Erinnerung, aber ihr verblasstes Bild wird hell sein
Dann werde ich zurückkehren, und vielleicht werde ich sie sogar wiedersehen.
‚Sag mir, ob du eines Tages zurückkommen wirst !’
Sie lächelt mich an, küsst mich auf meine Lippen , legt ihre Hände auf meine Brust. Ich presse ihren nackten Körper an mich.
’In fünf Jahren. In fünf Jahren werde ich aufwachen und nach dir riechen.’