Erlösender Schmerz
Peitschender Regen, heilvolle Nacht. Die Gesichter meiner Erlöser kann ich nicht erkennen. Ihr erster Faustschlag trifft mich in die rechte Gesichtshälfte. Die Wucht des Schlages lässt mich taumeln. Der Schmerz setzt ein paar Sekunden später ein. Er pocht, hämmert, wandert durch meinen ganzen Körper. Er tut mir so gut. Sollte ich wohl doch am Leben sein?
Bekomme wieder drei schnelle Faustschläge hintereinander in die Magengegend. Falle auf die Knie, breche schließlich ganz zusammen. Meine Erlöser verschwinden. Zusammen gekrümmt liege ich in einer Pfütze. Zeit verrinnt im Regen.
Ich glaube, ich habe mir in die Hose gepinkelt, aber ich bin mir nicht ganz sicher, denn ich bin vollkommen durchnässt. Ich halte mir meinen Magen, obwohl der Schmerz längst vergangen ist. Der Schmerz ist weg. Warum kann er nicht für immer bleiben? Mit dem Schmerz verging auch dieses unerwartete kurze Gefühl lebendig zu sein. Vorbei! Eine Leere, die mich ängstigt, durchströmt meinen Körper. Ich möchte heulen! Aber das wäre zu albern. Ich möchte tot sein! Wenn ich es nicht schon längst wäre.
Der Regen hört nicht auf. Er ist jetzt heftiger. Die Tropfen durchbohren mein Gesicht. Man will mich bestrafen. Und das ist richtig so. Diese traurige Existenz der Alltäglichkeit, der Ignoranz verdient eine Bestrafung. Aber eine Bestrafung würde voraussetzen, dass man mich bemerkt. Das ist lächerlich. Meine Existenz ist lächerlich.
Hoffentlich blute ich wenigstens. Wenn ich schon hier liege, sollte ich wenigstens bluten, aus der Nase, aus dem Mund oder dergleichen.
Eine Kamera sollte irgendwo laufen, die mich aufnimmt, wie ich hier zusammen gekrümmt liege. Wenn ich schon mal dem Wesen des Lebens begegne, sollte es von jemanden festgehalten werden. Denn was ist, wenn das hier aus meiner Erinnerung verschwindet? Was habe ich dann noch?
Das Leben sollte ein Film sein. In 90 Minuten würde sich Abenteuer an Abenteuer reihen, ständig würde etwas passieren, eine Wanderung zwischen Schmerz und Glück. Ich wäre nicht mehr tot. So könnte ich das Leben ertragen.
Ich liege zusammen gekrümmt auf dem Boden, in einer Pfütze, und halte mir meinen Magen vor Schmerzen. Es regnet in Strömen. Ich wurde ausgeraubt und brutal zusammengeschlagen. Und ich glaube, ich blute auch. Cut.