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Ergreifendes gehört Robert Trefstedt
In einer kleinen Ortschaft, in der Nähe von London, lebt Robert Trefstedt. Angehender Geschäftsführer einer Investmentgruppe. 44 Jahre alt, volles Haar, mit einer Vorliebe für farbige Mädchen und teure Anzüge. Seine Wohnung scheint geschmackvoll eingerichtet. So, als hätte ein Designer sie bestückt. Dabei hat er einfach die Möbel stehen gelassen, die er sich von seinem ersten Lehrlingsgeld gekauft hatte. Die Wohnung ist ein Geschenk seiner Eltern.
Doch wir wollen da beginnen, wo Roberts Lebensgeschichte sich völlig umstrukturiert.
Was für ein schrecklicher Traum!
Ein dunkler Mann war erschienen und hatte ihn irgendwo verletzt. Das Blut war aus ihm herausgespritzt und bis zu den Knöcheln stand er dann im Rot. Als Robert schweißgebadet aufwachte, machte er das Licht an und schaute auf die Uhr. Es war 06:00 Uhr. Nun lohnte es sich nicht mehr, sich umzudrehen und weiterzuschlafen. Die Milch auf das Müsligemisch, Orangensaft ins Glas und im Bad die Maske aus Schaum auf- und mit dem Rasierer wieder abgetragen.
Ach ja, das Auto hatte er ja oben an der Ecke geparkt. Gott sei Dank keine gefrorenen Scheiben. Zeitlich hatte er sich darauf eingestellt. Beim Ortsausgangsschild bemerkte er dann beiläufig, dass die Tankfüllung ziemlich verfahren war. Der Zeiger war schon über dem roten Strich und auf einen Stop ohne Weiterkommen hatte er keine Lust. Das war ihm viel zu oft schon passiert. Einmal genau zwei Straßen vor seinem Büro. Die Arbeitskollegen fuhren lachend an ihm vorbei. Noch vor dem nächsten Schild fuhr er an die Tankstelle. Tankdeckel vom Auto schließen und ein kleiner Blick zur netten Tankerin nebenan. Dann ergriff Robert den Zapfhahn.
Die Luft flirrte, es knackte und alles um ihm herum schien in Bewegung. Alles flimmerte. Die Aufschrift der Tankstelle wurde blasser, das blau wandelte sich in lila und plötzlich stand da, wo „Shell“ gestanden hatte „Trefstedt“. Auch die Zapfsäule war auf einmal lila geworden. Was war hier los? Robert hatte den Zapfhahn fallen lassen und rieb sich die Augen. Aufgeregt schaute er sich um. Wo war die versteckte Kamera, wo die lachenden Gesichter. Er sah sich schon auf irgendeinem Privatsender den Lachmann spielen. Ein Seitenblick zu der Frau, die auch tankte war erfolglos. Er hatte sich gewünscht, auch in ihrem Gesicht Entsetzen zu sehen, aber da war nur Verständnislosigkeit, weil er sich so benahm, als hätte er den Teufel gesehen.
Sie hatte also nichts wahrgenommen. Robert schaute noch einmal zur Tankstelle hin. „Trefstedt“ stand da ganz fett in roten Buchstaben. Woher sollten die seinen Namen kennen?
„Herr Trefstedt. Schön dass sie sich einmal persönlich von unserem Tun überzeugen wollen.“ Hinter ihm stand ein schlanker Junge. Auf seinem lila Hemd und seinem lila Hut stand auch „Trefstedt“. „Sie wissen wer ich bin?“ stutzte Robert. „Na klar. Ich war bei der Einweihung, vor einem Jahr, schon da.“ Was wurde hier nur gespielt? Sicher, diese Tankstalle stand hier seit einem Jahr, aber schon immer war das eine Shelltankstelle und wieso trug sie jetzt seinen Namen?
Der Junge nahm den Zapfhahn in die Hand, den er fallen lassen hatte und fragte ob er voll tanken solle. Er nickte. „Was macht das“ fragte er instinktiv, als der Junge fertig getankt hatte und hing doch mit seinen Gedanken ganz woanders. Seine Augen suchten die ganze Landschaft nach Kameras oder irgendwelchen Fehlern ab. Er fand nichts. Kein Objektiv blitzte von irgendeinem Baum oder aus einem der vielen Büsche.
Der junge Tankwart, hatte gelacht und fand, dass das ein guter Witz gewesen sei. Verstört und in der Mitte zerrissen fuhr Robert weiter. Der Raum im Rückspiegel flimmerte immer kleiner „tdetsferT“.
In London war er Minuten später sicher, dass er etwas gesehen hatte, was so nicht wahr gewesen war. Nur die Tanknadel und das unaufgemachte Portemonnaie verdrängte er.
Im Büro warteten schon alle. Anja, seine Sekretärin, Gregor der Chef, Gunther ein guter Biergeselle und ein paar andere Abteilungsleiter. Gunther schaute recht genervt. „10 Minuten überfällig“ flüsterte seine Sekretärin ihm zu, als er sich neben sie setzte. Als er gestresst ausatmete und seine Hände auf den Konferenztisch legte, vibrierte der runde Tisch und das Holz schien sich in Wellen zu verändern. Erschrocken zog Robert seine Hand zurück und es hörte auf. „Was?“ fragte er die Sekretärin und deutete auf den Tisch. Die schien nicht zu verstehen, schaute aber dann auf die Blätter vor ihm und sagte schüchtern „Den Bericht, den sie mir gestern noch hingelegt hatten, hab ich nicht mehr geschafft. Entschuldigung.“
Noch einmal berührte er, nun deutlich vorsichtiger, die Maserung des Holzes und wieder vibrierte das Holz und wurde schummrig. Das Vibrieren war das einzige, was er fühlte. Da war nichts weiter Unangenehmes. Neben ihm hatte auch die Sekretärin die Hände auf dem Tisch. Sie spielte mit ihrer Brille und schien nichts zu bemerken. Angestrengt schaute sie aus dem Fenster.
Und dann hörte das Vibrieren auf. Auf einmal war es weg und das Holz war auch nicht mehr schummrig. Gregor Kreister, der Chef erhob sein Wort. „Bevor wir zu den üblichen Tagungspunkten kommen, möchte ich Herrn Trefstedt in aller Form von uns allen danken“. Das riss ihn aus den Gedanken; „Ja, äh für was denn bitte?“. Alle Blicke richteten sich auf ihn. Selbst Gunther schien zu denken, er sei bescheuert. Katrin stupste ihn an „Er meint den Tisch“. Robert entschloss sich, erst einmal nur „Bitte“ zu sagen. Die gesamte Besprechung hindurch blieb er ruhig und überlegte, was sein Chef gemeint hatte. Hatte er das Vibrieren gesehen? Wieso bedankte er sich dafür?
Als er wieder in seinem Büro saß, musste seine Sekretärin ihm mitteilen, dass er der Geschäftsführung einen Konferenztisch geschenkt hatte. Aus allen Wolken fallen, war gar kein Begriff der die Sache richtig traf. Robert war von einem fernen Stern auf die Erde geknallt. Immer wieder fragte er . „Ich hab dem Chef einen Tisch geschenkt?“. „Nein er gehört noch immer ihnen, aber sie haben ihn dort oben aufstellen lassen“.
Wie sollte er so einen großen Tisch bezahlt haben? Darüber musste es Rechnungen geben. Leider fand Katrin die. Als sie ihm die Zettel auf den Schreibtisch legte, griff Robert ein wenig zu früh zu und berührte ihren Arm.
Mit einem Ruck drehte sie ihren Kopf und schaute ihn an. In ihren Augen war etwas. Sie sprühten Feuer und wie in einem schlechten Scharfer Streifen, leckte sie sich lasziv über die Lippen. Ihr Blick, sagte „Nimm mich“. Jetzt hier und sofort. Vor Aufregung fiel Robert mit seinem Stuhl nach hinten um, berührte dabei den Boden und er lag auf einmal nicht mehr in seinem Büro, sondern im Büro seines Chefs und Katrin machte sich gerade daran, seinen Gürtel zu öffnen. Verwirrt stieß er sie weg. Ihre Enttäuschung zu sehen, gemischt mit der prallen Oberweite schmerzte, aber an Sex konnte er jetzt wirklich nicht denken.
Als die Sekretärin die schwere Mahagonitür zugestoßen hatte, blitzte es irgendwo in seinem Kopf und er konnte sich an seinen Traum erinnern. Am Morgen hatte er nur Fetzen ins Gedächtnis rufen können. Jetzt war alles da und er verstand. Dieses Wesen hatte ihm die Hände abgerissen und geraunt, dass ihm jetzt das gehöre, was er erlangen könnte. Er hatte seine Hände mit einem Ruck abgerissen. Das war eine schmerzhafte Erinnerung, bei der seine Gliedmaßen wie verrückt anfingen, zu pulsieren.
Das war alles andere als vorstellbar, aber es passte so alles. So machte der Tag einen Sinn. „Ich bin verrückt“, dachte er und fügte „Ein glücklicher Verrückter“ dazu.
Zum Test, rappelte er sich auf, nahm einen Kugelschreiber vom Schreibtisch, hörte das bekannte Knistern und schon stand Trefstedt darauf. Was er berührte gehörte ihm und es schien auch bei Menschen zu funktionieren. Kathrin fiel ihm wieder ein, aber wer war Kathrin, wenn er auch Naomi Campell und Beyonce haben konnte.
Seine Augen leuchteten, er ging durch die Tür, bekam so eine Holzfirma in Belgien und stieg in den Aufzug. Jetzt musste er erst einmal hinaus.