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Erfolgsdruck

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28.05.2001
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Erfolgsdruck

Erfolgsdruck

Nargol erschrak, als es an seiner Tür hämmerte. Schlaftrunken warf er sich seinen Umhang über die Schulter und spähte aus dem Fenster. Das halbe Dorf hatte sich vor seiner Hütte versammelt. Sie schienen aufgebracht. Es hämmerte wieder: “Nargol, du Scharlatan, komm raus, oder wir brennen deine Hütte nieder!”

Der alte Zauberer öffnete die Tür und sah in das wütende Gesicht des Dorfvorstehers, der ihn sogleich zu beschimpfen begann: “Was ist mit dem Regen? Seit Wochen vertröstest du uns. Unsere Felder vertrocknen, unser Vieh verdurstet, und was haben uns deine Beschwörungen beschert? Die schlimmste Dürre seit 4 Generationen.”
Nargol bemühte sich, würdevoll drein zu schauen: “Ihr müsst Geduld haben. Jeden Morgen beschwöre ich die Sturmgötter. Es ist nur eine Frage der Zeit.”
“Wir haben keine Zeit mehr. Die meisten von uns halten dich für einen Hochstapler. Was ist zum Beispiel mit dem verfluchten Liebestrank, den du für meinen Sohn gebraut hast?”
“Er hat doch funktioniert.”
“Funktioniert? Ha! Baldina hat sich zwar in meinen Sohn verliebt, aber in der Hochzeitsnacht fielen ihr alle Haare aus.”
“Ein geringfügiger Nebeneffekt...”
“Und der Fruchtbarkeitszauber für Karol und Melana?”
“Sie ist doch niedergekommen...”
Ein Knurren war zu hören. Der kleine Wolfsjunge fletschte die Zähne und Melana strich ihrem Sohn beruhigend über das struppige Fell. Karols Blick verhieß nichts Gutes. Nargol lächelte gequält: “Dieses Risiko besteht immer.”
Der Dorfvorsteher stemmte zornig die Hände in die Hüften: “Wenn es bis zum nächsten Vollmond nicht regnet, jagen wir dich aus dem Dorf. Wir können es uns nicht leisten, einen Schwindler durchzufüttern.”
Jetzt war es an Nargol, wütend zu werden: “Ein Schwindler? Ich, ein Schwindler? Ihr wagt es, mich derart zu beleidigen? Was habe ich nicht alles für euer Dorf getan?”
Ratlos sahen die Dorfbewohner einander an und kramten angestrengt in ihrer Erinnerung. Die Stille war noch peinlicher als die infame Unterstellung. Der alte Zauberer wollte das nicht auf sich sitzen lassen, breitete die Arme aus und rief mit erhabener Stimme gen Himmel: “Stratos! Cumulus! Ducit aqua Donnerplus!”

Und tatsächlich bildete sich aus dem Nichts eine große dunkle Wolke über dem Dorf. Erstaunt schauten alle nach oben, nur um zu sehen, wie ein greller Blitz aus der Wolke schoss und das Haus des Dorfvorstehers in Brand setzte. Schnell verflüchtigte sich die Menge, um zu retten, was zu retten war, denn die Wolke verschwand so schnell wie sie gekommen war, ohne einen einzigen Tropfen Regen abgesondert zu haben. Ups! Nargol wusste zwar nicht, was eine Freudsche Fehlleistung war, aber er ahnte es. Mit hängenden Schultern schloss er die Tür und setzte sich resigniert an seinen Labortisch. So durfte es nicht weitergehen. Diese kleine menschliche Schwäche, an der er litt, gefährdete seine berufliche Existenz. Am besten war es, sich erst mal zu entspannen: “Tabaccus impetus Speichelfluss!”

Eine prächtige Zigarre materialisierte sich und schwebte langsam in seinen geöffneten Mund. Der Zauberer schnippte mit den Fingern und zündete sie sich mit seinem brennenden Daumen an.

Nargol zuckte mit den Schultern und nahm einen tiefen Zug. Er konnte sich unter Erfolgsdruck einfach nicht konzentrieren.


 

Hallo Alpha,

insgesamt gut und nett, aber ... ;)

Unsere Felder vertrocknen, unser Vieh verdurstet, und was haben uns deine Beschwörungen beschert? Die schlimmste Dürre seit 4 Generationen.

Das "Und" ist falsch.

infame

Unpassende Wortwahl.

Stratos! Cumulus! Ducit aqua Donnerplus!
und
Tabaccus impetus Speichelfluss!

Zweifelhaft - Meiner Meinung nach unpassend, da irgendwie albern.

Schnell verflüchtigte sich die Menge, um zu retten, was zu retten war, denn die Wolke verschwand so schnell wie sie gekommen war, ohne einen einzigen Tropfen Regen abgesondert zu haben.

Weshalb "denn"?

HTH

Klaus
(dem mit Sicherheit noch mehr auffallen würde ... ;) )

 

Hallo Alpha,

Erstaunt schauten alle nach oben, nur um zu sehen, wie ein greller Blitz aus der Wolke schoss und das Haus des Dorfvorstehers in Brand setzte. Schnell verflüchtigte sich die Menge, um zu retten, was zu retten war, denn die Wolke verschwand so schnell wie sie gekommen war, ohne einen einzigen Tropfen Regen abgesondert zu haben.

und

"Denn" weil Regen Feuer löscht.

Hm - d.h. wenn es geregnet hätte, dann wären also alle stehen geblieben und hätten dem Haus beim Brennen zugesehen?

Klaus

 

Erwischt ;) , äh genau! Weil die alle doof sind. <IMG SRC="smilies/newlaugh_ron.gif" border="0">

 
Zuletzt bearbeitet:

Liest sich nett. :-) Lustig, für zwischendurch. Meine Lieblingsstelle war die mit dem Wolfsjungen - schön subtil dargestellt.
Die Geschichte erinnert mich übrigens, vor allem in der ersten Hälfte, an Sternenkratzers Nebenwirkungen ... wegen der Parallelen von Lissa und Nargol. Ich vermute mal, wem der eine Text gefällt, dem gefällt auch der andere.

edit: Achja - das "Ups!" war mir zu umgangssprachlich.

Ginny

 

KRITIKERKREIS

„Erfolgsdruck“ von Alpha O’Droma

Mit meiner heutigen Kritik wird das Promi-Barometer des Kritikerkreises in Höhen vorstoßen, die noch nie ein Mensch zuvor gesehen hat. Und als Captain dieses Fluges wird es mir hoffentlich gelingen, meine Crew aus Buchstaben und Satzzeichen richtig einzusetzen, um heil wieder zu den Menschen des Planeten KK zurückzukehren.

Zur Person: Alpha O’Droma ist seit Mai 2001 Mitglied bei kg.de und hat bis zum heutigen Tage einige „Schlager“ hier veröffentlicht, wie die „Gottgeschichten“ unter Satire-Serien und zwei Texte sind auch in „17 Kurze“ veröffentlicht. Sein Witz und sein flüssiger Stil gepaart mit einem großen Patzen Kreativität haben ihn zu einem richtigen Publikumsliebling gemacht und zu einem eigenen Roman („Eins – Die Ankunft“) verholfen.

Doch genug mit der Schleimerei, all das interessiert uns überhaupt nicht und soll uns wenig beeindrucken, schließlich sind wir hier nicht bei der Oskarverleihung. Wir sind beim Kritikerkreis, wo es nur um Geschichten geht und nicht um Biographien!

Ich habe mir darum die Geschichte „Erfolgsdruck“ ausgesucht, weil sie eine der ersten Geschichten von Alpha auf kg.de aus dem Jahre 2001ist, ein Klassiker sozusagen.
Ich möchte meine heutige Kritik in folgende, teils bewährte Abschnitte gliedern: Inhaltsangabe, Inhalt, Stil und Fazit .


Inhaltsangabe

Die Geschichte „Erfolgsdruck“ aus der Rubrik Fantasy/ Märchen handelt von dem stressgeplagten Zauberer Nargol, der in letzter Zeit einige Misserfolge verzeichnen muss. Und diese wohl temporäre Unfähigkeit richtig zu zaubern ist auch der Grund, warum ihn das Dorf ausweisen will. Doch Nargol ist bemüht, seine Fehler auszubessern und nach all den Vorwürfen zaubert er mit einer Mischung aus Verzweiflung und Wut eine Gewitterwolke herbei, die anstatt den ersehnten Regen zu bringen, durch einen Blitz das Haus des Dorfvorstehers in Brand setzt.
Die Geschichte endet damit, dass sich der Zauberer eine Zigarette mit dem Daumen anzündet, während das Dorf versucht, Gegenstände aus dem brennenden Haus zu retten. Unter Erfolgsdruck kann er sich einfach nicht konzentrieren.


Inhalt

Der Inhalt der Geschichte ist wirklich nicht berauschend und konnte mich wenig begeistern. Es ist zwar eine nette, aber schon ziemlich ausgelaugte Idee, einen erfolgslosen Zauberer zu beschreiben. Aber das wäre wohl durchaus verkraftbar, wenn die Handlung mitreißend und kreativ wäre. Doch meiner Meinung ist sie das nicht.
Viel zu wenig geschieht und viel zu früh setzt der Schluss ein, der lediglich mit einer psychologischen Selbstdiagnose des rauchenden Zauberers endet:
„Nargol zuckte mit den Schultern und nahm einen tiefen Zug. Er konnte sich unter Erfolgsdruck einfach nicht konzentrieren.“
Genauso Schulter zuckend wie Nargol lässt die Geschichte auch mich zurück. Ein Ende, das einer Kurzgeschichte nicht entspricht und eher für ein Kapitel in einem Roman geeignet wäre.

Einzig die Vermenschlichung des Zauberers und die Darstellung des Zauberns als Beruf und weniger als Berufung finde ich gelungen.


Stil

Auch wenn der Plot etwas seicht und der Inhalt wenig zufrieden stellend ist, brilliert die Geschichte durch den typischen O’Droma-Stil, der neben den erwarteten Eigenschaften wie flüssig und ansprechend auch zusätzliche Adjektive wie witzig, pointiert und kreativ aufweist, die die Geschichte auch ohne Handlung zu einem unterhaltsamen Leseerlebnis machen.
Der Höhepunkt ist, so finde ich, der Wortwechsel zwischen Zauberer und Volk, durch den ihn das Dorf als unfähig bezeichnet. Sie zählen ihn einige Misserfolge auf und Nargol versucht sich erfolglos aus der Misere zu reden. Meine Lieblingsstelle:

„Und der Fruchtbarkeitszauber für Karol und Melana?”
“Sie ist doch niedergekommen...”
Ein Knurren war zu hören. Der kleine Wolfsjunge fletschte die Zähne und Melana strich ihrem Sohn beruhigend über das struppige Fell. Karols Blick verhieß nichts Gutes. Nargol lächelte gequält: “Dieses Risiko besteht immer.”

Das Gelungene ist meiner Meinung nach gar nicht die Idee an sich, sondern die Umsetzung. Der Witz wird dem Leser nicht aufgedrängt, sondern zugänglich gemacht. In diesem Stil steht und fällt der Erfolg eines (geschriebenen) Witzes. Alpha O’Droma beherrscht diese subtile Art Witze zu erzählen sehr gut.


Fazit

Trotz der inhaltlichen Unpräsenz ist die Geschichte ein kurzweiliger Genuss und ein Vorbild für alle Anfänger des humoristischen Schreibens.

Note : 3+ auf der Peter-Hrubi-Skala


Für den Kritikerkreis, Peter Hrubi.

 

Diese Geschichte wurde im Kritikerkreis besprochen.
Wir würden uns über weitere Anmerkungen zu diesem Text freuen.

Das Kritikerteam.

 

Ja also, dann sollen sich doch die anderen Mitglieder des Kritikerkreises dazu äußern, oder? :D

Okay, wird gelöscht... :)

 

he, wenn das hier eines der frühen Werke von Alpa O'Droma ist, dann werde ich gerade durch diese Ausgrabung hier ermutigt, zu schreiben.

Der Text an sich ist (vermute ich) nur eine Fingerübung gewesen. Er liest sich sehr gut und flüssig, macht auf mich aber den Eindruck einer angefangenen Geschichte. Es kann doch nicht das Ende sein, daß sich der Zauberer einfach nur entspannt und eine Zigarre qualmt... Da fehlt doch etwas.
Aber was quatsche ich hier. Ich habe auch noch nix weltbewegendes zustande gebracht.
Murx

 

oh, jetzt traue ich mich gar nicht, etwas dazu zu schreiben :( wenn der kritikerkreis da doch schon so viel arbeit gehabt hat... egal

ich finde die geschichte nett fuer zwischendurch, gebe den kritikern aber ganz unkreativ einfach mal recht :)

glg, das vita

 

Hallo Peter Hrubi und alle anderen,

mir hat die Geschichte gefallen, einschließlich des abrupten Schlusses. Will sagen, dass ich nicht den Eindruck hatte, etwas fehlte da noch. Ist sicher Geschmackssache. Ich mag das Lakonische und finde deshalb besonders an O’Henry (William Sydney Porter) Gefallen.

Zum Inhalt vermag ich der Einschätzung nicht ganz zu folgen, denn was soll die Bemerkung

Zitat:
zwar eine nette, aber schon ziemlich ausgelaugte Idee, einen erfolgslosen Zauberer zu beschreiben

mir sagen? Fast alles ist dann als „Idee“ ausgelaugt (ganz doofes Wort, wie ich finde). Dinge, über die schon hundert Mal oder öfter geschrieben wurde, auf eine neue, witzige Weise anzugehen, ist doch gerade schön. Ich mag mich nur ungern im literarischen Bereich „modischen“ Aspekten unterwerfen, weil uns das ärmer macht. Soweit erst mal.

Gruß Pied Piper

 

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