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Thema des Monats Erfüllte Wünsche

Seniors
Beitritt
04.08.2001
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Erfüllte Wünsche

Jonathan C. hatte seit jeher den Wunsch unsichtbar zu sein. Er wollte nicht wie ein Geist zwischen seinen Mitmenschen wandeln, er wollte ihnen ausweichen.
Er war ein zartes Kind, Krankheiten machten ihm die gesamte Jugend über zu schaffen. Wenn er blass in seinem Bett lag und der Husten ihn im Griff hatte, kam er seinem Ziel bedrohlich nahe.
Sein Vater starb, noch bevor Jonathan begann, ihn als Konkurrenten zu sehen. Er trauerte um ihn, doch Mutter brachte ihn davon ab. Sie hatte ein düsteres Gemüt, das sich nach der Krankheit und dem Dahinscheiden ihres Mannes noch weiter verfinsterte. Sie strich nächtelang durchs Haus, unruhig wie eine Heuschrecke und tagsüber, als Jonathan sie brauchte, schlief sie.
Er begann, Bücher zu lieben, sie wurden wirkliche Freunde für ihn. Während seine Mutter in ihrem finsteren Heim den wolkigen Stimmungen nachhing, strich er durch die Gänge der städtischen Bibliothek und suchte neue Gesprächspartner. In einem las er von wandelnden Blättern, die echtem Laub so ähnlich sehen, dass sie von Fressfeinden nicht angegriffen werden.
Er studierte das Chamäleon, das auf andere Weise in der Lage war, sich seiner Umgebung anzupassen und auf die Art unsichtbar zu werden. Er las von Gottesanbeterinnen, die stunden-, manchmal sogar tagelang in derselben Pose verharrten und so eins wurden mit dem Umfeld. Polarfüchse, Spannerraupen, Karnevalsoktopusse, Schneehasen. Diese Tiere waren seine Helden, er versuchte es ihnen gleichzutun, sogar, wie er annahm, aus denselben Motiven.
Es war nicht Aversion gegen seine Mitmenschen, die ihn dazu trieb, sich vor ihnen zu verheimlichen, er empfand eine gewisse Art von Angst. Furcht vor Reaktionen, die er hervorrief, mit seinem Verhalten, seinen Gesten.
Seine Mutter starb einsam. Jonathan fand sie auf ihrem Lager, die schneeweiße Bettwäsche besudelt mit ihrem Blut. Eine Hand an der Flasche, dessen Hals abgeschlagen war.
Er war keine zwanzig, seine Bezugspersonen hatten die Bühne verlassen, er hatte ein Haus und Arbeit bei einer Versicherungsgesellschaft.
Und er hatte tiefes Misstrauen gegen seine Mitmenschen.
Also versuchte er, sich abseits zu halten, immer schön einen Schritt entfernt vom Nachbarn. Jeder noch so geringen Begegnung aus dem Wege gehen, indem er die relevanten Orte mied. Er ging grundsätzlich in den Abend- oder frühen Morgenstunden einkaufen, größeren Veranstaltungen blieb er fern, öffentliche Verkehrsmittel nutzte er selten. Stattdessen fuhr er Fahrrad, war froh über die Bewegung und genoss das Alleinsein.
War er doch auf den Bus angewiesen, den Zug oder den Flieger, passte er sich den Menschen an. In der Art ihrer Bewegungen und in der Geschwindigkeit imitierte er seine Mitmenschen, glich ihnen somit bis aufs Haar und wurde kaum noch wahrgenommen.
Irgendwann jedoch geschah das Unvermeidliche.
Feierabend war seit einigen Minuten vergangen, die Büros atmeten Menschen aus, langsam kehrte die Ruhe ein. Er hatte einen Auftrag zu Ende bearbeiten wollen und konnte nun mit ruhigem Gewissen seine Sachen zusammenräumen. Als er auf die Straße trat, ahnte er, dass etwas passieren würde.
Vor ihm ging Frau Kreuzer aus seiner Abteilung, einige Tische weiter. Er wusste nicht viel über sie.
Sie war wohl etwas jünger als er, hob sich von den anderen Frauen dadurch ab, dass sie sich nicht so furchtbar exponiert gab. Wenn er interessiert gewesen wäre, hätte er sie sicher hübsch gefunden. Offensichtlich hatte auch sie länger gearbeitet.
Er beobachtete eine Laufmasche an ihrer Wade, als es hinter ihm klingelte. Ein Radfahrer überholte ihn in einem haarsträubenden Manöver und scherte vor ihm wieder ein.
Er hatte die Frau vor Jonathan wohl nicht gesehen, denn als er in sie hinein fuhr, tat er das ungebremst. Frau Kreuzer schrie auf, knallte zu Boden und der Radfahrer raste überstürzt davon.
Frau Kreuzer stöhnte in die Stille hinein, langsam setzte sie sich auf und rieb über das blutige Knie. Von hier aus, wo Jonathan stand und sich fragte, was er tun sollte, konnte er ihre zerrissene Strumpfhose erkennen.
In dem Moment, in dem er auf sie zugehen und fragen wollte, ob er helfen könne (es waren wohl gut zwei Minuten vergangen), lief jemand an ihm vorbei auf sie zu und kniete sich neben sie.
„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte der Mann. „Was ist passiert?“
Ganz einfach!
Jonathan drehte sich um und eilte davon, während ihm mehr Leute entgegenkamen. Er hätte sich beinahe sichtbar gemacht.
Die nächsten Tage fehlte Frau Kreuzer im Büro, Jonathan machte sich Sorgen. Doch am vierten Morgen kam sie wieder zur Arbeit und schien unverändert.
Trotzdem war er nervös bei ihrer ersten Begegnung nach dem Sturz, er fürchtete, sie könnte ihn auf den Vorfall hin ansprechen. Doch sie hatte ihn am Ort des Geschehens wohl gar nicht bemerkt, denn sie erwähnte ihren Unfall mit keinem Wort.
Er arbeitete weiter bescheiden in dem Großraumbüro. Pünktlich um 8 Uhr dreißig war er an seinem Platz, in der Mittagspause von halb eins bis eins ging er hinunter in den Park, aß seine Brote, und keine Minute später als fünf Uhr abends verließ er den Arbeitsraum im Strom mit den anderen Angestellten.
Er kam niemandem besonders nahe, war darauf bedacht, zu jedem recht freundlich und unverbindlich zu sein. Hin und wieder wurde er von seinem Chef angesprochen, zu besonderen Anlässen oder sehr wichtigen Terminen schon mal in dessen Büro zitiert, doch Jonathan wusste, wie er sich geben musste, ohne zuviel Eindruck zu hinterlassen.
Er bewegte sich wie die Masse, war aber niemals bei Ansammlungen zugegen und mied Betriebsfeste und Feierlichkeiten konsequent.
Er suchte weiter nach der Möglichkeit, sich unsichtbar zu geben. Er durchstreifte die Gänge der Bibliothek nach Hinweisen, schlug in diversen Fachbüchern nach, suchte Fußnoten und Querverweise. Er las sogar Romane und Kurzgeschichten.
So stieß er auf eine Erzählung von Jack London: „The Shadow and the Flash“. Abends saß er an seinem Schreibtisch, folgte den Buchstaben mit zitternden Fingern und war fasziniert. Weniger von dem Text, als von der Erkenntnis, dass sich ein Schriftstellers dieses Formates des Problems angenommen hatte.
Doch London ging es um den Konflikt, nicht um die Lösung. Jonathan fand, dass sich der literarische Wert des Stückes in Grenzen hielt.
Er fand eine Anzeige im Lokalblatt, die ihm sofort ins Auge sprang. Schon deshalb hätte er stutzig werden und darüber nachdenken müssen, dass es eventuell umgekehrt war.

Sie haben einen Wunsch, den Ihnen niemand erfüllen kann?
Ich schon!

Darunter eine Adresse, die er nicht kannte.
Er schüttelte den Kopf. Trotzdem er der Meinung war, dass sich hier jemand einen Scherz erlaubte, ging doch eine gewisse Faszination von dem Text aus. Von seiner Schlichtheit, der Eleganz, die sich daraus ergab.
Er wusste, auch wenn er nicht daran glaubte, würde er doch vorbeischauen, und wenn es nur aus Zufall war.
Die Tür war klein und lag unterhalb des Bürgersteigniveaus. Zwei Stufen führten hinab, Jonathan klopfte zaghaft und war erstaunt über seinen eigenen Mut. Eine Klingel gab es nicht, kein Türschild.
Es vergingen Augenblicke aus Sonnenlicht und Straßenlärm, sein Herzschlag über allem. Beinahe erleichtert, niemanden angetroffen zu haben, drehte er sich um und wollte das Treppchen hinaufsteigen, als ein Knarren ihm verriet, dass sich die Tür langsam öffnete. Er erstarrte, es blieb ihm nichts anderes übrig, als zurückzukehren.
In der Anzeige war kein Name aufgeführt gewesen. So war er erstaunt aber nicht überrascht, eine junge Frau vor sich zu sehen, die ihn freundlich anlächelte und ihm die Tür aufhielt.
„Ich komme auf Ihre Anzeige“, sagte er brüchig.
„Ich weiß“, sagte sie, lächelte weiter und ging voraus. Jonathan blieb nichts, als ihr zu folgen.
Es ging hinunter, ein Flur, dunkel und sehr schmal. Kaum dass er die Gestalt vor sich erkennen und ihr folgen konnte, so schien sich der Fußboden dazu noch zu neigen, was einen sehr seltsamen Eindruck ergab. Er musste sich an der Wand festhalten, dabei strich seine Hand über Auswüchse auf dem Putz, die eigenartige Assoziationen in ihm hervorriefen.
Brustwarzen?
Dazwischen Haare, gekräuselt, kurz. Er lief dem Mädchen hinterher, der Flur machte eine leichte Biegung, dann blieb sie stehen und beinahe hätte er sie umgelaufen.
Er blickte sich um, nirgends eine Lichtquelle.
Als sie endlich die Tür öffnete und damit das Licht hereinließ, sah er, dass sie immer noch lächelte. Sie kamen in eine Art Studierzimmer, an den Wänden mit Regalen voller seltsamer Utensilien. In der Mitte ein schwerer Schreibtisch mit Haufen von Papieren.
Das Mädchen setzte sich dahinter und war sofort hinter einem Aktenberg verschwunden. Sie schob ihn beiseite und wies lächelnd auf den Stuhl gegenüber.
Gehorsam folgte Jonathan; nach dem seltsamen Erlebnis im Flur fühlte er sich hier im Licht recht geborgen. Er spürte, dass von dem Mädchen nichts Böses ausging.
So saßen sie sich gegenüber und niemand sagte ein Wort. Sie war hübsch, Jonathan würde sie als rein bezeichnen, mit der vollkommenen Haut, den blonden Haaren, die herab fielen wie gelegt und ihren Augen, die eine Tiefe besaßen, wie er sie noch nie erlebt hatte. Überhaupt machte sie den Eindruck, als sei sie wirklich nur für ihn da.
„Weshalb solch ausgefallene Wünsche?“
Auch ihre Stimme besaß kaum einen Makel, weich und unaufdringlich.
Sie beugte sich vor, weil sie annahm, Jonathan hätte sie nicht verstanden. „Wieso wünscht man sich, unsichtbar zu sein?“
„Nein! Das …“ Jonathan riss sich los von ihrem Anblick. Etwas war geschehen, er spürte ganz deutlich, wie sich etwas löste in ihm. „Das ist nicht nur ein Zeitvertreib“, antwortete er brüchig. „Ich will … ich möchte nicht …“
Sie sah ihn an, den Kopf leicht schief gelegt, den Mund etwas geöffnet, mit erwartungsvollem Blick.
„Ich gehöre nicht dazu.“ Als er sich das sagen hörte, wusste er nicht recht, was er damit überhaupt meinte.
Das Mädchen beugte sich noch weiter über den Schreibtisch, einige Papiere raschelten. Sie schob sich weiter auf ihn zu, er war nicht in der Lage, sich zu bewegen.
„Mein armer Jonathan. Was für böse, böse Gedanken“, hauchte sie hinüber. „Ich kann dir helfen.“ Er spürte die Worte in seinem Gesicht. Eine Fliege umkreiste sein Sichtfeld, er versuchte, ihr mit dem Blick zu folgen, doch es gelang ihm nicht.
Das Mädchen hatte sich erhoben, als er sie wieder ins Auge fassen wollte. Sie stand neben ihm und lächelte auf ihn herab.
„Ich kann dir helfen“, wiederholte sie. Die Fliege umkreiste ihr Gesicht, doch sie schien es nicht zu bemerken.
Sie legte eine Hand auf seine Schulter, berührte mit den Fingern seinen Hals. Er erschauerte, als er die Bewegung aufwärts wandern fühlte.
Die Fliege kam ihm zu Bewusstsein, sie hatte sich auf der Wange des Mädchens niedergelassen. Jonathan wollte sie darauf aufmerksam machen, doch sie drehte sich um und ging zu einem Regal. Bevor sie sich abwandte, eine Bewegung in ihrem Gesicht.
Er schreckte auf. Hatte er richtig gesehen? Ihre Zunge?
Sie hatte sich schon wieder zu ihm umgedreht, kam lächelnd auf ihn zu und zeigte ihm etwas in ihrer Hand.
Es sah aus wie eine Tablette, eine dunkle Pille. Doch dann bewegte und entrollte es sich, und ähnelte plötzlich einem Wurm.
Als sie ihn in ihren Mund steckte, lächelte sie noch immer.
Ab hier ging alles ganz schnell. Jonathan war gar nicht mehr in der Lage, sich wegzudrehen. Das Mädchen beugte sich hinab, packte seinen Kopf mit beiden Händen und presste ihren Mund auf seinen. Das war ein Kuss, aber es war keine zärtliche Geste. Ihr Griff war hart und fordernd, er war nicht in der Lage, sich zu wehren.
Jonathan riss die Augen auf, und mit einem Male konnte er in ihre Pupillen blicken. Auf ihrem Grund sah er Schwärze und Entschlossenheit.
Sein Widerstand – sofern er spürbar vorhanden gewesen war – erstarb zusehends, er resignierte, ließ es mit sich geschehen.
Als das Mädchen ihre Lippen öffnete, tat er es ihr gleich und gab sich ihr vollends hin. Er wurde gierig, ein Gefühl erwachte in ihm und er wollte mehr.
Seine Hände hoben sich, ohne dass er Befehl dazu gab, sie griffen das Mädchen und zogen es noch fester zu sich heran.
Und als ihm schließlich die Sinne zu schwinden drohten, spürte er, wie es ihm mit aller Macht in den Rachen blies.
Ihm fiel der Wurm wieder ein, die Pille oder was immer es war. Er riss die Augen wieder auf und spürte, wie sie von ihm abließ. Während sie immer noch lächelte und ihn erwartungsvoll anblickte, fühlte er, wie das Ding ohne sein Zutun die Speiseröhre hinab glitt – es kroch hinab.
Das Mädchen setzte sich wieder hinter den Schreibtisch und begann, in einigen Papieren zu blättern. Sie blickte nicht auf, als sie sagte: „Du kannst jetzt gehen.“
„Was …was war das für ein Ding?“
„Geh jetzt“, fauchte sie ihn an, um dann etwas versöhnlicher hinzuzusetzen: „Ich habe dir deinen sehnlichsten Wunsch erfüllt, geh jetzt!“
Als Jonathan auf die Straße stolperte, dachte er nur halb im Ulk, ob sie es Ernst gemeint haben könnte. Er stellte sich einem Passanten in den Weg und war etwas enttäuscht, als der ihm mürrisch auswich.
Er beschloss das Erlebnis als peinliche, wenn auch überflüssige Begebenheit zu werten. Einige Tage noch beobachtete er misstrauisch seinen Stuhl, doch als klar war, dass sich darin nichts bewegte, unterließ er auch dies und vergaß die Episode mit dem Mädchen.
Sie fiel ihm erst wieder ein, als sein Chef eines Tages direkt vor seinem Schreibtisch stand und nach ihm suchte. Jonathan saß unmittelbar neben ihm, er konnte ihn faktisch anfassen. Trotzdem schien er für einen Moment für den Mann nicht sichtbar zu sein.
Er wurde euphorisch. Sollte die Wünscheerfüllerin ihn doch nicht an der Nase herumgeführt haben? Hatte sie hehre Absichten gehabt und der übertragene Wurm war verantwortlich dafür, dass Jonathan nach und nach in einen Zustand überging, in dem er letztendlich am Ziel seiner Wünsche wäre?
So begann er sich selbst zu beobachten, seinen Körper und darüber hinaus die Wirkung und Reaktion, die er bei anderen hervorrief. Er forschte verbissen in den Gesichtern seiner Mitmenschen nach Anzeichen, dass etwas Ungewöhnliches mit ihm vorging. Er suchte Erstaunen oder Erschrecken in ihren Mienen.
Der Spiegel in seinem Badezimmer zeigte ihm Veränderungen in seinem Gesicht. Er wurde blasser und machte mehr als je den Eindruck, dass eine Krankheit ihm innewohnte. Seine Augen waren vergrößert und schienen seltsam leer. Schwarz und finstert starrten ihm die Pupillen aus dem Spiegel entgegen.
Während seine Hände auf dem kalten Porzellan ruhten, starrte er weiter in sein Gesicht und es kam ihm immer fremder vor.
Ihn erschreckte die Leere, die er sah.
Er zuckte zusammen, als er merkte, dass er sich am Waschbecken festgekrallt hatte.

Im Laufe der folgenden Wochen mehrten sich die Episoden, in denen er unsichtbar wurde. Er konnte es nicht steuern, es passierte immer von sich aus. Und es geschah jedes Mal ohne die kleinste Vorankündigung.
„Wo sind Sie hin?“, hörte er eines Tages von seinem Chef. Und nach einigen verwirrten Minuten ein: „Da. Wo waren Sie denn, verdammt?“
Zunächst war es Jonathan genauso unheimlich wie seinen Mitmenschen, doch je öfter er in diesen Zustand geriet, desto mehr genoss er ihn. Er konnte sich tatsächlich in der Menge bewegen, als gäbe es ihn nicht. Niemand nahm Notiz von ihm, er brauchte sich nicht um die Reaktion anderer Menschen zu scheren, es war, als lebten er und der Rest der Welt in verschiedenen Universen.
Doch er kam jedes Mal wieder zurück. Und es war wie eine Art Schock, für beide Seiten. Denn die Rückkehr seines Körpers in die Sichtbarkeit erfolgte stets ohne, dass er davon etwas mitbekam. So rief er allerlei Schrecken hervor, wenn er plötzlich auftauchte wie aus dem Nichts und die Leute nicht wussten, wo er vorher war.
Doch es kam, wie es sich angekündigt hatte. Nicht weit entfernt von der Stelle, an der Frau Kreuzer zu Schaden gekommen war, erfasste ein schnell fahrendes Auto Jonathan, als der sich wieder einmal in seinem unsichtbaren Glückstaumel befand. Er bemerkte den Unfall zunächst gar nicht, wunderte sich nur, dass er plötzlich durch die Luft flog. Doch dann kam der Schmerz.
Er schlug auf dem Bürgersteig auf, rutschte etwa zehn quälende Meter weiter und knallte mit dem Kopf gegen einen Laternenpfahl. Er verlor das Bewusstsein.
Als er wieder zu sich kam, weinte er. Er schaute von unten auf Beine, die über ihn hinwegstiegen, als gäbe es ihn nicht, niemand nahm Notiz von ihm, wie er so verdreht zu ihren Füßen lag.
Als er versuchte, sich zu bewegen, stellte er fest, dass er seinen Körper nicht mehr spürte. Die Passanten fühlten zwar instinktiv, dass da etwas war, dem sie ausweichen mussten, einige stolperten sogar, doch niemand konnte ihn sehen, es war, als sei er in einem anderen Zimmer.
So lag er am Boden, hilflos, bewegungsunfähig. Hin und wieder versuchte er kläglich um Hilfe zu rufen. Doch keiner konnte ihn hören.
Niemand konnte ihn sehen.
So starb er, ohne dass es jemand bemerkte.

 

Hallo Hanniball

Mir ist die Geschichte ein wenig zu ruhig und unspektakulär. Du beschreibst uns zu Beginn in einem langen Teil Jonathan, doch im Prinzip sagst du immer dasselbe über ihn: Dass er versucht, Menschen zu meiden. Ich hätte mir mehr Informationen über die Hintergründe gewünscht, weshalb er das tut, und vor allem ... ob er glücklich ist, ob er es freiwillig tut, oder ob er darunter leidet. Diese Info hab ich trotz wortreicher Beschreibungen nirgends gefunden, und doch hätte sie mich viel mehr interessiert, als Jonathans Verhalten im Bus, am Arbeitsplatz, etc. Nur einmal, ganz kurz, blitzt etwas auf:

Sie war nicht hässlich, wie gesagt, und er hatte keine Angst vor ihr; er wollte lediglich nicht enttäuscht werden.

Wer hat ihn denn wie enttäuscht? Und vor allem so sehr, dass er alle Menschen meidet?

Auch verstehe ich Fr. Kreuzner nicht, redet sie mit ihm aus Mitleid, will sie was von ihm, was sind ihre Motive? Sie verschwindet auch ganz plötzlich und leise wieder aus der Geschichte, was ist ihre Rolle? Warum ist sie da? Ich finde da einfach den Zugang zu den Personen nicht, und dann fällts natürlich schwer, in die Geschichte rein zu kommen.

Auch weshalb Jonathan mit seiner Angst / Schüchternheit vor Menschen sich auf einmal auf eine doch recht plumpe Anzeige meldet und zu einem völlig fremden Haus geht, erschließt sich mir an der Stelle nicht. Die Geschichte ist mir an der Stelle zu geradlinig, es erscheint mir alles ein wenig einfach: Die Frau gibt ihm mal schnell die Fähigkeit, unsichtbar zu sein, doch ohne dass er das steuern kann, was durchaus eine interessante Idee ist. Doch hier gleitet mir die Geschichte zu sehr in einen Bericht ab, es wird alles ein wenig schnell runter erzählt. Warum zeigst du uns nicht die eine oder andere Schlüsselszene ein wenig ausführlicher? Warum gehst du nur in einem kurzen Satz auf Jonathans Gefühle hinsichtlich seines "neuen" Zustands ein, warum beschreibst du das Ganze nicht ein wenig ambivalenter ... vielleicht auch ein wenig bedrohlicher, schließlich sind wir hier doch im Horror-Genre!

Auch der Schluss ist keine schlechte Idee und zumindest für mich der einzige Teil, der mit Horror zu tun hat. Wie er da liegt, unsichtbar und schwer verletzt und von niemanden beachtet wird, das ist nicht schlecht. Erinnert so vom Stil her ein wenig an die eine oder andere Geschichte aus der Gruft, die waren manchmal auch eher ruhig, um dann am Ende mit einer erschreckenden Pointe zu punkten. Richtig erschreckend ist deine zwar nicht, aber doch der Höhepunkt der Geschichte.

Also, um es zusammenzufassen: Interessante Ansätze, die man für meinen Geschmack aber noch ausbauen kann.

Sprachlich fehlerfrei, bis auf das hier:

Sie war jünger al er und machte ihn sofort nervös.

Viele Grüße.

 

Hallo Schwupps!

Ja, zunächst war mir vollkommen klar, dass die Rubrik hier nicht die beste für den Text ist. Allerdings hatte ich begonnen, fürs TdM zu schreiben, was dann rausgekommen ist, siehst du hier.
Ehrlich gesagt bin ich froh, überhaupt eine Story mit so etwas wie einem Abschluss zu Papier gebracht zu haben. Mindestens drei Fragment ruhen als Babyleichen in meinem Schreibtisch.

Du hast natürlich vollkommen recht, dass die Motivation des Prot der Knackpunkt der Geschichte ist. Ich kann dir versichern, dass ich zu jeder Zeit des Schreibens den Prot und seine Handlungsgründe klar umrissen vor Augen hatte.
Es ist die Kunst, dies eben zu Papier zu bringen.

Die Art und Weise, die Motivation von Jonathan über seine Taten zu definieren, ist durchaus mit Absicht gewählt, allerdings nicht recht umgesetzt, wie mir scheint.

Nun, ich danke dir für deine schnelle Antwort, die Kritik ist angekommen, der Fehler wird ausgemerzt.

Schöne Grüße von meiner Seite!

 

Hallo Hanniball,

eine mittelmäßige Geschichte mit einer guten Kritik von Schwups, der ich mich anschließen möchte. Es fehlen tatsächlich einige Hintergründe (warum will er unsichtbar werden, was ist mit der Frau Kreuzner, was mit der Verwünscherin..), die mich als Leser interessieren.
Sie war okay zu lesen, hat mich aber nicht sonderlich gefesselt, was wohl auch an dem ruhigen Tonus und dem langsamen Tempo liegt.
Manches fand ich zu ausführlich, z.B. die Stelle mit den Nasenhaaren, wieviel in welchem Loch und so.. Ich hätte einmal erwähnt, dass sie welche hat, und gut. Spielt doch keine Rolle, wieviele und wo genau. Also manches war mir zu breitgetreten, dadurch wurde es eher langweilig.
Am besten nochmal ordentlich straffen und ein paar Hintergrundinfos einflechten.

Viele Grüße,
Maeuser

 
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Moikka herra Hanniball,

ich muß mich mal ganz kurz schizophrenieren, bitte verzeih:

Von Modseite: der Text hat keine Horrorelemente und müßte wohl eher - wenn er so bliebe - nach Seltsam verschoben werden.
Das mal der Gleichberechtigung halber, wie ich es jedem jungen NeuUser auch vorschlagen würde.

Der Grund ist ganz einfach: Ein Junge hat ein eigenartiges, leicht absurdes Selbstbild. Das wird langsam auf die Spitze getrieben, und endet - kurz ein Kuß und ein Wurm, aber keine Grusel/Schreckensmomente - mit seinem Tod. Daß der Prot stirbt, spricht nicht automatisch gegen Seltsam und für Horror.
Und ein Teil des Eindrucks macht auch der Erzählstil aus - es passiert nichts Schreckenerregendes, und das wenige, was geschieht, wird extrem unaufgeregt und aus der Distanz gebracht.

Vllt eher, nur als kleiner Vorschlag: Laß Jonathan nicht von den Menschen und ihren Gesprächen gelangweilt sein, sondern laß ihn Angst davor haben. Dann kann der Horror ja ganz leise-subtil schleichen. Aber das Unsichtbarsein könnte sich ja zu einem Zwang gesteigert haben, als letzter Ausweg, weniger eine Art obsessiver Neugier aus Kinderzeiten. Dann zieht die story mehr an, ohne daß Du dem Tonfall und dem plot untreu werden müßtst.

Edit nach PN: Story wird bearbeitet und bleibt selbstverständlich damit hier. *freu* :)
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Von Userseite:

Auf die Gefahr hin, langweilig zu klingen, muß ich mich den Vorrednern größtenteils anschließen, ich steige schwer in die Geschichte ein - sehr vieles wird mehrfach ähnlich beschrieben, vieles an Begriffen/Formulierungen ist redundant. Der erste Satz ist schön, schräg aber klar, und verspricht eine spannende Geschichte. Dann aber wird ein Zirkelschluß geführt: Jonathan wollte schon immer unsichtbar werden, weil er so scheu ist. Und weil er krankhaft scheu ist, wollte er unsichtbar werden. Hm, entweder möchte ich eine (gern irreale/absurde) 'echte' Erklärung, oder auch gar keine. Die Psychologisierung/Begründung aber, die sich in den Schwanz beißt, ist unbefriedigend und ... naja, nicht beleidigend, aber man fühlt sich für kindlich-naiv gehalten.

„Bleiben Sie noch“, flötete sie, als er Feierabend machen und das Büro verlassen wollte. „Ich habe heute Geburtstag, wir stoßen alle an.“
Ohne jegliche Ironie: das war für mich der spannenste Moment - weil dieses Drängen durch ihre Art zu sprechen für den Leser fühlbar und fast bedrohlich wirkt. Man kann sich gut in Jonathan versetzen, ohne daß die Frau was tatsächlich Bedrohliches sagt. Bei dem Rest kann ich nur einen alten Komm von Dir hernehmen: Nicht alles einfach so sagen. Hier ist viel er ist er war dann fühlte er sich ... und dann rauscht so an einem vorbei.

Selbst die Unfallszene, an sich ein starkes Bild, ist durch den Berichtstil sehr vage und fern gehalten. Sogar trotz Dialog.

Ich wollte Dir grad was rauskopieren als Bsp, aber das würden ganze Absätze werden, sehe ich grad.

Seine Eltern verschieden kurz nacheinander, als träten sie von einer Bühne ab. Er hatte keine Geschwister und so war Jonathan mit gerade achtzehn Jahren vollkommen allein auf der Welt.
Während er tagsüber seiner Anstellung in einem Versicherungsbüro nachging, übte er sich an den Abenden in seiner Passion: Er versuchte, sich unsichtbar zu geben. (DER SATZ FUNKTIONIERT FÜR MICH)
Es war nicht direkt eine Aversion gegen seine Mitmenschen, die ihn dazu trieb. Vielmehr hatte ihm die Gesellschaft der Artgenossen so gar nichts zu geben. Er fand es schlicht langweilig, sich mit anderen zu unterhalten und hatte jedes Mal größte Mühe, den Ausführungen seines Chefs zu folgen, wenn der sich an seinen Schreibtisch verirrte oder gar seiner Nachbarin zu lauschen, wenn die sich über ihren Mann ausließ.
Er war angeödet (SAGST DU JA GRAD DAVOR) und konnte es nicht verheimlichen, also versuchte er, sich abseits zu halten, immer schön einen Schritt weit entfernt vom Nachbarn. Jeder noch so geringen Begegnung aus dem Wege gehen, indem er einfach die relevanten Orte mied. Er ging grundsätzlich in den Abend- oder frühen Morgenstunden einkaufen, größeren Veranstaltungen blieb er fern, öffentliche Verkehrsmittel nutzte er selten. Stattdessen fuhr er Fahrrad, war froh über die Bewegung und genoss das Alleinsein.
War er doch auf den Bus angewiesen, den Zug oder den Flieger, passte er sich den Menschen an. In der Art ihrer Bewegungen und in der Geschwindigkeit imitierte er seine Mitmenschen, glich ihnen somit bis aufs Haar und wurde kaum noch wahrgenommen.(MENSCHEN SIND ABER IN MASSE GANZ VERSCHIEDEN - WIE PASST ER SICH DA AN?)
Als er einmal auf den Bus wartete – er besaß kein Auto, für längere Strecken konnte er das Fahrrad nicht nutzen und musste ausweichen – geschah das beinahe Unvermeidliche: Er war etwas abseits von dem anderen Fahrgast, der gleich ihm an der Haltestelle stand. Seine Bewegungen hielt er so sparsam wie möglich und die, die unumgänglich waren, so unscheinbar wie es ging.
Die Ecke war belebt, nicht einfach für Jonathan. (FIND ICH GUT, DIES KURZE = NACHVOLLZIEHBAR) Der Verkehr rollte, Autos hupten im Vorüberfahren; der Radweg war gut benutzt. Ein Radfahrer – ein jugendlicher Flegel mit einem dieser Fahrräder ohne Bremse oder Klingel – jagte, ohne auf sie Rücksicht zu nehmen, vorbei. Er erwischte den anderen Wartenden, der Mann stürzte zu Boden und blieb liegen, der Übeltäter raste davon. (IST MIR ZU WERTEND, AUCH MIT DEM FLEGEL, HIER SPRICHT JA DER ERZÄHLER, STÜCK IST ZU LANG, DETAILREICH)
Jonathan war allein mit dem Verletzten. Der schien ohnmächtig, blutete aus einem Ohr und sein Bein war verrenkt.
Er musste helfen, eingreifen, agieren. Jonathan schaute sich hilflos um. Er zitterte, seine Bewegungen waren fahrig, als er versuchte, sich hinabzubeugen. (BESCHREIBT DAS GRAD GESAGTE, DAS RAUS KÖNNTE) In dem Moment schob ihn jemand beiseite, Gemurmel wurde laut, mehrere Menschen drängten sich vorbei. (VIELE PASSIVA/ANONYMES, DISTANZIERT, LANGWEILT ABER AUCH)
„Ich bin Arzt, was ist passiert?“ (NA; DAS IST ABER ... ICH DENKE PLÖTZLICH AN FLUGZEUGFILME)
Jonathan trat zurück. Für einen kurzen Moment war er sichtbar geworden.
(UNGÜNSTIGE ÜBERLEITUNG AUS SZENE ZU ALLTAG) Er arbeitete weiter bescheiden in dem Großraumbüro für eine Versicherungsgesellschaft. Er war pünktlich um 8 Uhr dreißig an seinem Platz, in der Mittagspause von halb eins bis eins ging er hinunter in den Park und aß seine Brote, und keine Minute später als fünf Uhr abends verließ er den Arbeitsraum im Strom mit den anderen Angestellten.
Er kam niemandem besonders nahe, war darauf bedacht, zu jedem recht freundlich und unverbindlich zu sein. Hin und wieder wurde er von seinem Chef angesprochen, zu besonderen Anlässen oder sehr wichtigen Terminen schon mal in dessen Büro zitiert, doch Jonathan wusste, wie er sich geben musste, ohne zuviel Eindruck zu hinterlassen.
Er bewegte sich wie die Masse, (S.O. ZU MASSE) war aber niemals bei Ansammlungen zugegen und mied Betriebsfeste und Feierlichkeiten konsequent.

mied und blieb konsequent finde ich ehrlich gesagt auch für diese Geschichte - es ist ja kein 19.Jahrhundert-Stil - zu bieder, antiquiert. Hier spricht ja nicht der Prot, sondern der Erzähler, auch wenn ich nix dagegen habe, wenn die mal zusammenfallen - so fluppt jedenfalls es für mich nicht. Bescheiden arbeiten ergibt für mich kein Bild. Und selbst konfuse Chefs verirren sich nicht an den Schreibtisch eines Angestellten, die wollen dann da was - ich ahne, was Du ausdrücken wolltest, aber finde es nicht optimal verpackt.

Der Spiegel mit der Pupille ... an sich eine tolle Idee, den Schrecken durch seinen Körper selbst auszulösen. Aber das Schwarz der Pupille, das Nichts mit unsichtbar zu verbinden, erschließt sich mir nicht. Unsichtbar ist transparent, das schwarze Nichts ist vllt tatsächlich materielos aber nicht in dem Sinne unsichtbar. Letzteres kann etwas nur sein, wenn sich eine sichtbare Welt im Gegensatz dazu befindet.

Pupillen blicken. Auf ihrem Grund sah er Schwärze und Entschlossenheit.
Ein ähnliches Problem habe ich hier: Schwärze ist - zumindest die einer Pupille - nuancenlos. Um aber irgendeine Regung, wie Entschlossenheit vs. z.B. Grausamkeit, Liebe, Zärtlichkeit, Scheu, aus etwas lesen zu können, braucht es Nuancen. Einen Unterschied zu etwas anderem - das ist hier aber nicht gegeben. Das könnte er nur aus ihrer seltsamen Iris lesen, wenn schon.

Sori, wenn das eine Erbse ist, aber ich habe oft den Verdacht, daß das Nichts/Unendlichkeit/perfektes Schwarz als Metapher und Bild schnell hergenommen wird, weil es sich im Text gut macht, aber meist dabei nicht genügend durchdacht wird.

Sollte die junge Dame ihn doch nicht an der Nase herumgeführt haben?
Ich fand das weiter oben mit den Nasenhaaren auch nicht witzig und auch nicht schön, und nun: Ist das eine humorige Anspielung darauf? Paßt für mich nicht zum Tonfall der Geschichte.
Junge Dame spricht auch wieder so eine extreme Wertung aus, mich bringt der Tonfall gegen den Erzähler auf. Macht den Prot, den ich eigentlich ganz niedlich fand, ziemlich unsympatisch. Ich nehme aus den reinen Szenen den Prot nicht als so spießig wahr, und dann frage ich mich, warum der Erzähler altmodischer klingen muß, als seine Figur. Obendrein habe ich dadurch auch den Eindruck, der Erzähler ironisiert die Figur, und das kann man bei diesem Text - in dem wir mit Jonathan leiden sollten - nicht gebrauchen. Kollidiert auch mit der eigentlichen Perspektive, in der oft Prot/Erzähler zuammenfallen.
Da wäre für mich die Frage, ob der Text nicht besser als 1-P.narrative / Präsens erzählt würde. Mit einem Icherzähler, der stirbt, hätte ich viel weniger Probleme.

Den letzten Satz finde ich sehr schön, etwas melancholisch.

Sori, daß ich so viel zu Kritteln habe. Ich denke fast, die Geschichte würde in sich logisch, knackig und knapp gehalten sogar auf der Hälfte der Zeichen besser funktionieren, als wenn Du noch groß ausbaust. :shy:

Herzlichst,
Katla

 

Hallo Hanniball,

mich hat der Anfang deiner Geschichte zunächst sehr neugierig gemacht, da du einem sehr schönen, altmodischem Stil schreibst. Der erste Absatz erinnerte mich fast an Heinrich Manns "Der Untertan". Das finde ich schon mal sehr gelungen, weil es nicht leicht ist, diesen Ton zu treffen.
Leider hältst du das dann aber nicht durch und verfällst in alltägliche Formulierungen. Zum Beispiel hier:

War er doch auf den Bus angewiesen, den Zug oder den Flieger, passte er sich den Menschen an.

Das fällt für mich völlig aus dem Rahmen. Warum nicht:
Die vollbesetzten Verkehrsmittel bereiteten ihm besonderes Unbehagen, da er hier doch den Bewegungen, Blicken, und, ihm schlimmsten Falle, Berührungen nicht vollständig ausweichen konnte.

Das nur als Beispiel. Mir gefällt diese verschnörkelte Sprache mit ihren verschachtelten Sätzen sehr gut, vor allem weil sie sehr zum Protagonisten und der Geschichte passt. Aber gerade deshalb sollte sie auch den gesamten Text durchgehalten werden.

Der Schluss hat mich dann nicht so überrascht. Das liegt zum einen daran, dass ich das irgendwie aus einer alten Akte X Folge kannte ;-). Das ist aber nicht so schlimm. Wirklich neue Ideen kann niemand finden. Darum geht es gerade im Horror-Genre darum, bekannte Motive zu variieren.
Das andere Problem, das ich mit dem Schluß habe, ist da gravierender. Denn genau wie meinen Vorrednern, ging es mir etwas zu schnell.
Hier müsste mehr kommen. Seine Verzweiflung/Freude/Furcht müssten stärker betont werden. Der Zustand der Unsichtbarkeit stürzt ihn ja in ein völliges Chaos. Das deutest du schon schön an:

So rief er allerlei Schrecken hervor, wenn er plötzlich auftauchte wie aus dem Nichts und die Leute nicht wussten, wo er vorher war.

Aber da steckt noch viel mehr Potential drin. Ich würde auf keinen Fall die Klischees auswalzen, dass er zum Beispiel unsichtbar in die Damenumkleide marschiert, oder einen Bankraub versucht. Das kennt man schon zur Genüge.
Lieber würde ich, gerade aufgrund des Stils den Fokus auf die Psychologische Komponente legen. Wie fühlt er sich? Was für Probleme hat er vor der Unsichtbarkeit und welche danach?

Ich find's insgesamt gar nicht übel. Im Gegensatz zu Katla find ich einige Stellen auch wirklich unheimlich. Das Mädchen mit dem Wurm, der Blick in den Spiegel...
Das ist subtiler Grusel, aber gerade darauf stehe ich ;-) Also in der Rubrik passts schon. Wie gesagt mit ein wenig Überarbeitung kann das eine literarische Kafka-Horror-Story werden. Und das wäre wirklich cool.

Viele Grüße
Christian

 

Hallo!
Werde schnell, schnell versuchen, einige Worte zu finden. Momentan zu wenig Zeit.

Hallo Maeuser!

Danke dir erstmal für die Kritik, auch sie ist - im Nachhinein - erhellend, denn sie wirft den Fokus auf einige Sachen, die tatsächlich zu ändern sind. Die Hintergründe für das Unsichtbarsein-Wollen natürlich, die für mich selbst als Autor, irgendwie immer präsent sind, die ich aber natürlich - am Besten durch Aktionen - sichtbar werden lassen muss (das für ein Deutsch?!:D)

Die Nasenhaare waren wirklich ein Experiment, das wohl schiefgegangen ist, Katla hat sie auch moniert. Sie wirken wohl besser, wenn ich sie im Vorbeigehen quasi erwähne. Die Szene verlangt danach, neu geschrieben zu werden.

Aber ich werde wohl nicht straffen, wie du vorschlägst, eher den Blickwinkel verändern. Mal sehen.
Danke dir, auf jeden Fall!

Katla,
wieder mal viel Arbeit gemacht.

Ich sehe das nicht ganz so extrem mit der Rubrik (das heißt, mit der Story und der Rubrik, in die sie passt), aber du hast natürlich Recht, alle mit derselben Elle!

Ich gehe schwanger mit einem neuen Entwurf, werde deine Einwürfe dabei berücksichtigen, die natürlich, wie immer, ziemlich fundiert sind.

Der Berichtstil, der vorgehalten wird, ist eigentlich beabsichtigt. Vielleicht sollte ich da an einer, eben der entscheidenden, Stelle, ausbrechen und etwas emotionaler berichten.

He-he, dass du den alten Komm von mir hervorzerrst, treibt mir die Schamesröte ins Gesicht, ich hätte vielleicht etwas weiter runter kommen sollen.

Das Beispiel ist erhellend, trägt dazu bei, das Gesamtbild zu erkennen.

Danke dir, nicht nur dafür!

Unbeliever!

Endlich einer, der Ahnung hat!
(Ne, ne. Scherz!)

Ich bin aber trotzdem schon froh, dass du es siehst, wie du es siehst. Denn du kommst damit meiner Sichtweise ziemlich nahe. Und dass du Heinrich Mann erwähnst, ist nicht von ungefähr, habe ich mich doch auch ein wenig an Mann orientiert (auch wenn es Thomas war :D)
Aber, schon der zweite, der mich auf Parallelen hinweist.

Der Stil ist natürlich verbesserungswürdig, die von dir angesprochene Stelle ist nicht die einzige.

Sehr schön auch, dass du Horror empfinden konntest (noch dazu an den richtigen Stellen), ich werde darauf aufbauen.

Ich würde auf keinen Fall die Klischees auswalzen, dass er zum Beispiel unsichtbar in die Damenumkleide marschiert, oder einen Bankraub versucht.

Du beleidigst die Geschichte;) Natürlich passt soetwas gar nicht da rein. Kommt auch nicht.

Aber trotzdem schöne Anregungen, die ich gerne nutzen werde.

Danke auch dir dafür!


Schöne Grüße von meiner Seite!

 

Hallo? ......... Haaaaaaaaalllllloooooo ........ :)

 

Hallo allerseits!
Ich würde gern sagen, ich habe die Story verbessert, doch das wäre gelogen. Ich fürchte, irgendwann habe ich den Faden zur Geschichte vollständig verloren. Und irgendwann habe ich mich etwas geärgert, in diese Richtung hier verändert zu haben.
So habe ich mich gequält, habe ein ungewolltes Kind zur Welt gebracht, und muss es nun lieben.
Es ist halt mein Baby.

Schöne Grüße von meiner Seite!

 

Es ist halt mein Baby.
Welches man als verantwortungsbewusster Vater hegen und pflegen und er- bzw großziehen muss ;)

Hi Hanniball.
Ich habe die Geschichte gelesen und fand sie vielverprechend. Aber, wie du schon sagst, sie ist noch ein Baby.
Ich habe die Kommentare gelesen (die ja noch zum ersten Posting gehörten) und muss sagen: sie passen genausogut zu dieser Version. Der Anfang (insbesondere der erste Satz) ist genial. Lust auf mehr! kommt mit spontan in den Sinn. Toll die Passage in der Bibliothek, als er sich über die verschiedenen Möglichkeiten des Unsichtbaren erkundigt.
Dann kommen die Wiederholungen in Form von lediglich leichten Umschreibungen des eigentlichen Wunsches. Ich als Leser erfahre nichts Neues, möchte aber neues wissen. Sein "Anpassen" an die anderen Menschen beschreibst du in unterschiedlichen Situationen, aber es ist halt immer gleich. Nichts Neues.
Der Zeitungsausschnitt der Frau hat mir gefallen. Hier keimte die Hoffnung auf Horror in mir auf (die Wand, die an Brustwarzen mit Haaren erinnerte, erzeugte ein wohliges Grinsen in meinem Gesicht ;)).
Aber leider geschah nichts Großes. Und die olle Wurmgeschichte kenn ich schon aus diversen alten Gruselschinken der frühen Achtziger (Körperfresser, Das Böse usw).
Das Ende als solches: Nun ja, es war traurig. Aber nichts besonderes irgendwie. Hatte iwie erwartet, dass er auf einmal als Unsichtbarer durchdreht und ein wenig an seinen Mitmenschen rumschneidet oder so :D.
Irgendwas horrormäßiges halt.
Ich finde, Katla hat in ihrem Kom einen wichtigen Punkt genannt, der diesem "Baby" für seine Entwicklung gut täte: Die Intention des Prot, warum er unsichtbar werden möchte, sollte eine andere sein. Und Angst ist da ein guter Anfang. Du könntest die Angst vor der Umwelt ins Unermessliche steigern bis hinauf zum Höhepunkt, wenn er denn wirklich unsichtbar ist, dass er sich dann zu "wehren" weiß. Naja, irgendwie sowas halt.
Ich setze da einfach auf deine väterlichen Erfahrungen ;)

Fazit: Die Erziehung ist noch lang nicht abgeschlossen. Lass dieses Baby groß werden, kümmere dich um es und zeige ihm, wo es lang geht. Aber immer bedenken: Du bist der Vater!

Gruß! Salem

 

Jute n'Abend!

Aber immer bedenken: Du bist der Vater!

Ja, und da kommst du und haust mir meine eigenen Argumente um die Ohren! Schäm dich, das mit mir, altem Mann!

Freut mich mal zumindest, dass du dich des Stückes angenommen hast, obwohl es ja nicht besonders gut weggekommen ist. Ich habe auch den nicht gerade leisen Verdacht, als ob die KG.de-Welt und ich in diesem Punkt vollkommen aneinander vorbeisprächen. Wir wollen irgendwie was vollkommen unterschiedliches.
Die Intention des Prot. Für mich ist sie nachvollziehbar, ohne auch nur große Erklärungen abgeben zu müssen. Ich bin der Meinung, der Wunsch nach Unsichtbarkeit spricht für sich, ist so etwas wie ein Charakterzug der Person. Ja, so war es eigentlich auch gedacht. Der Mensch ist so scheu, dass er unsichtbar sein will. Ohne Rücksicht auf die Konsequenzen.

Der Bogen vom Anfang zum Ende ist dann natürlich geschlagen mit dem Unfall. Niemand kann außerhalb der Gemeinschaft überleben. Kann sein, dass ich das Ganze mit dem hölzernen Hammer habe beibringen wollen und dass die Story deshalb so schlecht ist.
Horror jedenfalls sollte dadurch, durch diese Schlussfolgerung erzeugt werden.

Verstehst du, Salem. Ich habe überhaupt kein Interesse gehabt an dem landläufigen, herkömmlichen Horror. Mir war eine andere Ebene wichtiger.
Dass das ganz und gar nicht geklappt hat, ist mir klar. Ich hätte aber nicht in diese Richtung arbeiten sollen, eher am Stil und dem Aufbau.

Mir ist in letzter Zeit tatsächlich die Lust am wahren, plakativen Horror vergangen. Ich bin dabei eine SF-Story zu schreiben, mit Folter und Außerirdischen. Aber diese Form lässt mich kalt, bin eher auf Gedankenspiele aus.
Versteht man das? Oder ist das zu freaky? Weiß nicht.

Aber, wir werden uns mal zusammensetzen und 'ne richtige Schlachteplatte schreiben:bib:
(Aber erst, wenn ich die andere, die noch aussteht, fertig habe *zuranderenSeiteverneig*)

Soweit von meiner Seite!
Und dazu natürlich Schöne Grüße von hier!

P.S. Der Wurm ist aus Poltergeist II geklaut. Wo hast du in "Körperfresser" so einen Wurm gesehen?

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Hanniball!

Auf zur neuen Runde. :)

Polarfüchse, Spannerraupen, Karnevalsoktopusse, Schneehasen.
Das mit dem Chamäleon und der Gottesanbeterin vorher war okay, aber diese Auflistung hier würd ich rausnehmen oder noch ein ausführlicheres Beispiel geben, denn das wirkt, als hättest du nach Tieren mit der geeignete Eigenschaft gegoogelt oder so.. ;)

Es war nicht Aversion gegen seine Mitmenschen, die ihn dazu trieb, sich vor ihnen zu verheimlichen, er empfand eine gewisse Art von Angst. Furcht vor Reaktionen, die er hervorrief, mit seinem Verhalten, seinen Gesten.
Gut, aber woher Angst & Furcht? Dieser Part impliziert ja, dass er aufgrund seines Tuns negative Resonanz bekommen hat..

Und er hatte tiefes Misstrauen gegen seine Mitmenschen.
Wieder: was ist der Auslöser dafür? Seine Eltern sind tot, ok. Aber evtl. darüberhinaus? ..

Danach gibst du gute Beispiele, wie er seine Mitmenschen meidet, aber die Frage bleibt: immer im Hintergrund: warum?

die Büros atmeten Menschen aus
Schönes Bild.

Sie haben einen Wunsch, den Ihnen niemand erfüllen kann?
Ich schon!
Finde ich zweideutig. Wenn die implizierte Antwort 'nein' wäre, würde der Autor sagen, er hätte trotzdem so einen Wunsch.. (Vielleicht "Ich kann es!" oder so..)

Er wusste, auch wenn er nicht daran glaubte, würde er doch vorbeischauen, und wenn es nur aus Zufall war.
Wenn er so sehr bemüht ist, Mitmenschen zu meiden, würde er nicht so einfach zu einer Adresse aus einer Zeitungsanzeige gehen (mehr Zaudern, lässt ihm keine Ruhe und so..).

Es vergingen Augenblicke aus Sonnenlicht und Straßenlärm, sein Herzschlag über allem.
Wieder schönes Bild.

Das Mädchen setzte sich dahinter und war sofort hinter einem Aktenberg verschwunden.
Doppelung

und ihren Augen, die eine Tiefe besaßen, wie er sie noch nie erlebt hatte.
Gute Beschreibung.

Er beschloss das Erlebnis als peinliche, wenn auch überflüssige Begebenheit zu werten.
beschloss, das

So rief er allerlei Schrecken hervor, wenn er plötzlich auftauchte wie aus dem Nichts und die Leute nicht wussten, wo er vorher war.
vorher gewesen war

Soweit zur neuen Fassung, die ich auf jeden Fall schon einmal besser als die alte finde.

Ich finde, das Hauptmanko ist, dass nicht klar ist, warum der Prot überhaupt diesen Wunsch hat, unsichtbar zu sein.
Wenn das klar wäre, könnte ich ihm als Leser besser folgen und dann könntest du als Autor auch besser agieren, denn Horror habe ich keinen empfunden; Horror existiert im Prinzip nicht, weil die Wunscherfüllung des Prots für diesen (und somit für den Leser in gewisser Weise auch) angenehm ist, wie z.B. hier deutlich wird:

Zunächst war es Jonathan genauso unheimlich wie seinen Mitmenschen, doch je öfter er in diesen Zustand geriet, desto mehr genoss er ihn.
Ich denke, diese Geschichte wäre eher was für Fantasy (mit hohem Alltag-Anteil), denn der Konflikt, der für Horror nötig wäre, existiert m.E. nicht.

Also: besser als die alte Version, vielleicht stellt sich nur einfach heraus, dass diese Geschichte kein Horror ist.. ;)

Viele Grüße,
Maeuser

 

Hallo Hanniball

Habe nun auch die neue Version gelesen und kann mich Maeuser anschliessen - sie gefällt mir besser als die erste Version.

In dieser Version bringst du die Motive des Prot. besser rüber und verzichtest auf einige Nebensächlichkeiten, wenngleich sie für eine gründliche psychologische Beschreibung noch nicht tief genug gehen - aber das ist bei der Länge auch kaum zu bewerkstelligen.

Der Plot mit Fr. Kreuzer erschliesst sich mir nach wie vor nicht ganz. Er wirkt für mich ein wenig wie ein Bruch in deiner Geschichte, was an deiner Art liegt, ihn zu erzählen.

Die ganze Geschichte ist in einem "erzählenden" Stil abgefasst. In wenigen Absätzen machst du lange Zeitsprünge, du verbleibst nicht bei einer Szene, sondern handelst die meisten in zwei, drei kurzen Sätzen ab. Es gibt keine Dialoge und keine Figuren ausser der Hauptperson; andere - wie bspw. die Mutter, sein Chef, die Arbeitskollegen - werden nur ganz kurz erwähnt.
Doch dann plötzlich bleibst du doch an einer Szene "hängen" - dem Unfall mit Fr. Kreuzer und dem Radfahrer. Ich finde, das kann man durchaus auch machen (zunächst einfach erzählen und dann eine bestimmte Szene detailliert beschreiben), aber dann muss diese eine Szene eine Schlüsselszene sein - sie muss irgendwas Besonderes haben, und das hat diese Szene meiner Ansicht nach nicht. Sie zeigt im Prinzip nur wieder, was wir schon wussten - der Mann ist menschenscheu. Vielleicht wird es in dieser Szene noch ein wenig extremer deutlich, da er einer in Not geratenen Person nicht hilft (man könnte es auch als Anspielung auf sein eigenes Ende sehen) - aber das ist mir ein bißchen zu wenig, auch, weil diese Frau Kreuzer danach keine Rolle mehr in der Geschichte spielt.
Vor allem: Nach dieser Szene nimmst du nahtlos den rein erzählenden Stil wieder auf:

Er kam niemandem besonders nahe, war darauf bedacht, zu jedem recht freundlich und unverbindlich zu sein. Hin und wieder wurde er von seinem Chef angesprochen, zu besonderen Anlässen oder sehr wichtigen Terminen schon mal in dessen Büro zitiert, doch Jonathan wusste, wie er sich geben musste, ohne zuviel Eindruck zu hinterlassen.

Hier wird nichts mehr genauer beschrieben (bspw. eine dieser Begegnungen mit dem Chef), was auch OK ist - ich frage mich nur, warum die Szene mit Fr. Kreuzer hier eine Ausnahme macht. Was war die Intention dahinter?

Auch hat mir die Begegnung mit der ominösen "Wunscherfüllerin" besser gefallen, auch die Motive, warum der Mann zu ihr geht sind genauer heraus gearbeitet (schön bspw. das Detail, dass er hofft, niemand sei zuhause und beinahe wieder weggeht). Was mir nicht so gut gefällt ist die Annonce. Ich würde nicht erwarten, dass eine solche Person in der Zeitung eine Anzeige schaltet - warum auch? Eine Person mit solchen Mitteln hätte das nicht nötig. Kann er sie nicht unter anderen Umständen treffen?

Allgemein sind mir auch weiterhin zu wenig Horror-Aspekte in der Geschichte drin. Eigentlich gibt es nur zwei Stellen: Die seltsame Mutter, die nur nachts durch die Wohnung schleicht, und dann eben das Ende. Doch beides ist eigentlich mit jeweils einem Satz gesagt. Die Begegnung mit der Wunscherfüllerin kann man auch noch unter diese Rubrik fallen lassen - wobei da mehr Grusel-/Horrorpotential gewesen wäre. Dies ist eigentlich deine "Schlüsselszene", aber auch sie wird recht schnell abgehandelt.
Den Dialog in diesem Teil wird mir nicht ganz klar:

„Weshalb solch ausgefallene Wünsche?“
Auch ihre Stimme besaß kaum einen Makel, weich und unaufdringlich.
Sie beugte sich vor, weil sie annahm, Jonathan hätte sie nicht verstanden. „Wieso wünscht man sich, unsichtbar zu sein?“
„Nein! Das …“ Jonathan riss sich los von ihrem Anblick. Etwas war geschehen, er spürte ganz deutlich, wie sich etwas löste in ihm. „Das ist nicht nur ein Zeitvertreib“, antwortete er brüchig. „Ich will … ich möchte nicht …“

Warum wundert er sich nicht, dass sie den Wunsch kennt, obwohl er ihn nicht geäußert hat?
Weshalb versucht er sich zunächst zu rechtfertigen, es sei nicht nur ein "Zeitvertreib"? Was genau meint er? Wäre "Spleen" nicht das passendere Wort als "Zeitvertreib"? So wie ich das sehe will er ihr ja mitteilen, dass es kein vorübergehender Einfall ist, sondern ein tief verwurzelter Wunsch, mit dem es ihm durchaus ernst ist und den er schon seit Kindesbeinen an hat?

Also alles in allem eine Steigerung zur ersten Version.

Viele Grüße.

 

Hallo allerseits!
Ich finde es schon überaus bemerkenswert, dass ihr euch auf die zweite Runde einlasst, das ist schon an sich eine Anerkennung für die Story!

Hi Maeuser!

Das mit dem Chamäleon und der Gottesanbeterin vorher war okay, aber diese Auflistung hier würd ich rausnehmen

Vielleicht sollte ich zu jedem eine kleine Bemerkung schreiben?

Gut, aber woher Angst & Furcht? Dieser Part impliziert ja, dass er aufgrund seines Tuns negative Resonanz bekommen hat..

Tja, wie schon gesagt, diese Abneigung, die Furcht vor den Mitmenschen, vor seinem Gegenüber und seinen Reaktionen, hat für mich etwas Archetypisches, nicht Erklärbares. Ebensogut könnte ich versuchen, die Sonne zu beschreiben, das Wetter, den Fahrplan der Bahn.


Horror existiert im Prinzip nicht

Du hast Recht, ich habe auf Teufel komm raus versucht, welchen reinzukriegen. Ich habs nicht zustande gebracht, ehrlich.

Ich denke, diese Geschichte wäre eher was für Fantasy (mit hohem Alltag-Anteil), denn der Konflikt, der für Horror nötig wäre, existiert m.E. nicht.

Ja, ich glaube schon. Allerdings ist es schon für einen Teil der Menschheit Horror, mit ihren Mitmenschen in Berührung zu kommen.:D

Schönen Dank also für deine Mühe, es hat mich um einiges heller gemacht.


Hallo Schwups!

sie gefällt mir besser als die erste Version.

Das freut mich wirklich, ich bin mir nicht so sicher darüber.

Der Plot mit Fr. Kreuzer erschliesst sich mir nach wie vor nicht ganz.

Eigentlich sollte sie so eine Art Gegenpart zu der schönen Wünscheerfüllerin sein. Eine Was-wäre-wenn-Version.

Die ganze Geschichte ist in einem "erzählenden" Stil abgefasst.

Ja, dazu muss die Szenenauswahl ganz genau durchdacht sein, man kann ganz schnell auf die Nase fallen.

ich frage mich nur, warum die Szene mit Fr. Kreuzer hier eine Ausnahme macht. Was war die Intention dahinter?

Da haben wirs: Ich finde, die Szene ist schon ziemlich wichtig für die Geschichte. Aber erschließt sich das im Moment nicht, kann es ja nicht. Das hinterlässt einen unschönen Eindruck, man meint, Frau Kreuzer ist eine wichtige Protagonistin, aber ich als Autor habe eigentlich eine ganz andere Intention bei dieser Szene.

Was mir nicht so gut gefällt ist die Annonce.

Da sind wir schon zwei. Ich habe gesucht, habe mich damit aber immer weiter in Klischees verheddert. So dass ich ich schließlich doch wieder auf die Zeitungsanzeige zurückgegriffen habe.

Warum wundert er sich nicht, dass sie den Wunsch kennt, obwohl er ihn nicht geäußert hat?
Weshalb versucht er sich zunächst zu rechtfertigen, es sei nicht nur ein "Zeitvertreib"?

Nun, der Zeitvertreib wird ja schon in den ersten Sätzen aufgenommen. Für ihn ist es kein Jux, sich unsichtbar machen zu lassen, vielmehr ist es lebenswichtig für ihn - denkt er. Schließlich stellt sich ja heraus, dass gerade durch die Erfüllung des Wunsches seinem Leben ein Ende gesetzt wird. Aber er hat Angst, man könnte diesen Wunsch für einen "Jahrmarkts"-Wunsch halten.

Nun ja, ich danke auch dir für die Zeit und Mühe, die du dem Stück gewidmet hast. Hoffe, wir sehen uns zu besseren Zeiten wieder.

Schöne Grüße von meiner Seite!

 

Vielleicht sollte ich zu jedem eine kleine Bemerkung schreiben?
Im Prinzip ja, aber das wären dann zuviele (zumindest für meinen Geschmack). Du hast: Chamäleon, Gottesanbeterin, Polarfuchs, Spannerraupe, Karnevalsoktopuss, Schneehase, also 6 Stück. Ich würde die 3 eindruckvollsten daraus wählen. Unter Karnevalsoktopuss können sich die meisten, glaube ich, nichts Konkretes vorstellen, Polarfuchs/Schneehase sind nicht so spannend wie z.B. das Chamäleon ... :)

 

Hallo Haniball,

Die Geschichte scheint mir nicht ganz ausgeformt. ZWar ist sie gut erzählt, doch der Horror, den du vermutlich verbreiten wolltest kommt nicht an. Dazu gehen die Szenen zu schnell vorbei. Da geht das Mädchen, dass ihn unsichtbar macht zu schnell wieder seiner normalen Tätigkeit nach. Man fragt sich, was der PReis für diesen Wunsch ist und warum sie es macht.
Und dann kommt das Ende einfach so hingeknallt. Er wird ja lange liegen und leiden, aber du hanselst das in einem Satz ab.
Was mir gut gefallen hat, war Jonathans Charakterisierung. Das ist handwerklich Solide.

Eine Hand an der Flasche, dessen Hals abgeschlagen war.
deren;
Ich habe auch mit dem Inhalt dieses Satzes Probleme: HAs sich etwas eine Mutter mit einer abgeschlagenen Flasche selbst die Adern aufgeritzt. Das klingt irgendwie zu grob und grausam. Eher würde ich an eine überdosis Tabletten glauben

LG
Bernhard

 

Hallo Bernhard!

Danke dir für die Mühe, für deine Kritik und auch für die lobenden Worte!

Ja, Horror kommt nicht auf, tatsächlich. Das stand allerdings nicht im Vordergrund meines Wollens. Ich hatte tatsächlich überlegt, die Story in einem anderen Thread zu posten.
Allerdings hatte ich sie geschrieben für dieses TdM.

Der Tod der Mutter sollte tatsächlich grob sein, ein harter Einschnitt im Leben von Jonathan. Vielleicht nicht ganz wirksam.

Ich danke dir trotzdem! Natürlich.

Schöne Grüße von meiner Seite!

 

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