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Erde ohne Männer
Als Mariechen, die gerade in der Küche Kartoffeln aufsetzte, ans Fenster ging, weil der gewohnte Straßenlärm abrupt abstarb, dauerte es eine ganze Weile, bis sie begriff, was da los war. Sie sah nur noch Frauen, die dumm aus ihrer Wäsche und in der Gegend herum schauten. Dann begann das große Wehklagen.
Mariechen hatte den Neutronenblitz für ein Flackern gehalten, deren Ursache unerheblich war. Als dann die Erkenntnis langsam einsetzte, bekam sie große Angst und stürzte in das Arbeitszimmer. Albert saß vor dem PC und fluchte, weil der Rechner seine Arbeit eingestellt hatte. Dort sollte der Virenscanner arbeiten, den er vor einer halben Stunde gestartet hatte. Aber der Bildschirm flackerte nur. Neben ihm lag ein Netz mit Champignons. Albert hatte sie zwischendurch soeben aus dem alten Bunker geholt. Der Bunker war noch unter dem Keller des alten Hauses, ein Überbleibsel aus dem Krieg. Albert liebte seine Champignon-Zucht im Bunker. Fast so sehr wie Mariechen. Obwohl, das mit Mariechen war natürlich etwas anderes, auch wenn Albert eigentlich nur ein halber Mann war.
Ihm fehlte ein Testikel von Geburt an. Es war nach innen gewachsen und musste deshalb noch vor der Geschlechtsreife entfernt werden. Auf seine sexuellen Aktivitäten hatte das keinen Einfluss, was sicher auch das Verdienst von Mariechen war. Die Spermaprobe, die er hatte untersuchen lassen, war auch in Ordnung. Eigentlich hätte er durchaus Vater werden können. Trotzdem fühlte er sich manchmal nur als halber Mann, öffentliche Sauna und FKK mied er.
„Setz dich an deinen PC, verhalte dich ruhig, telefoniere nicht, gehe nicht ans Fenster und stell mir bitte jetzt keine Fragen“, blaffte Mariechen Albert an. Sie musste so energisch auftreten, damit er keine Widerworte gab. Bisher hatte das immer geklappt.
Es klingelte an der Wohnungstür. Durch den Spion sah Mariechen eine verheulte Nachbarin, die mit ihrem Mann und zwei Söhnen eine Etage tiefer wohnte. Mariechen öffnete nicht. Das Gejammer der Frauen auf der Straße wurde immer lauter.
Mariechen schaltete den Fernseher ein. Erst kam eine Weile ein Bild mit „Störung“, dann eine Nachrichtensprecherin. Alle männlichen Lebewesen auf der Erde seien verschwunden. Ins Nirwana. Die weiblichen Minister bildeten die neuen Regierungen. Warum Angela Merkel auch weg war, wusste man nicht.
Mariechen ging ins Arbeitszimmer, legte einen Finger auf die Lippen und versuchte, Albert aufzuklären, was los sei. Der schaute sie nur blöde an. Es dauerte wirklich extrem lange, bis er begriff, dass er nun der einzige Mann auf der Welt war.
Nun brauchten sie eine Strategie. Es durfte auf keinen Fall herauskommen, dass Albert noch da war. Also zog Mariechen Albert erst einmal ins Schlafzimmer und ließ die Vorhänge herunter. Dann begann sie, Albert so zu verwöhnen, wie er es seit Monaten nicht mehr gewohnt war. Albert gefiel das gut, er ließ sich alles gefallen, auch wenn er nicht laut stöhnen durfte.
Mariechen war klar, im Haus konnten sie nicht bleiben. Am nächsten Morgen bekam Albert eine alte Perücke verpasst, die noch vom Karneval übrig geblieben war. Mariechens Rock war ein bisschen eng, passte aber knapp. Mit dem Lippenstift sah er richtig niedlich aus.
Sie verließen leise das Haus, auf den Treppen war niemand. Das Auto stand vor der Tür. Man konnte auch fahren, obwohl überall leere Autos herumstanden.
Nach zwei Stunden Fahrt kamen sie in den Hunsrück. Mitten im Wald, bei Hotzenplotz, nahmen sie ein Ferienhaus. Albert wurde eingesperrt, während Mariechen im nächsten Dorf einkaufen ging.
Das Gejammer der Frauen ertrug sie mit der Gewissheit, den einzigen Mann der Welt in ihrem Bett zu haben.
Albert hatte sie eingeschärft, bloß das Handy ausgeschaltet zu lassen. Der hat sich aber nicht daran gehalten, weil er glaubte, schnell noch einer vergangenen Freundin, die eigentlich noch gar nicht so richtig vergangen war – eher das Gegenteil, wenn auch nur einmal im Monat - schnell noch vor der Abfahrt von zuhause ein SMS schicken zu müssen.
Inzwischen wurde weltweit nach noch vorhandenen Männern gefahndet. Es gab Hunderte davon auf der Erde. Sie hatten aber alle keine Eier mehr. Entweder durch Unfall oder durch Krankheit abhanden gekommen. Auf Sizilien hatte die Mafia unter Polizisten ein Gemetzel veranstaltet und die Eier auf dem Marktplatz von Siracusa an einen Baum genagelt.
Damit war klar. Die Menschheit war dem Aussterben gewidmet. Auch die Samenbanken für künstliche Befruchtung waren verschwunden.
Die neue Weltregierung der Frauen bildete eine Kommission. Es ging darum, nach Möglichkeiten zur Erhaltung der menschlichen Rasse zu suchen. Vorsitzende wurde die deutsche Wissenschaftlerin Dr. Adele Möglein aus Köln.
Nach Tagen der weltweiten Verzweiflung erreichte Frau Dr. Möglein ein Anruf. Direkt aus Köln. Die Anruferin behauptete steif und fest (ja eigentlich ein männliches Attribut), ihr Geliebter Albert hätte noch zehn Minuten nach dem Blitz ein SMS an sie geschickt. Also müsse er ja noch unter den anwesenden Erdenbürgern sein. Aber zuhause sei er nicht.
Von da an ging alles sehr schnell. Die Anruferin wurde zuhause abgeholt und vorsorglich erst einmal eingesperrt, damit sie die Nachricht nicht anderweitig verbreiten konnte.
Als Albert im Hunsrück gerade den mittäglichen Sex mit Mariechen hinter sich hatte und sie dabei schwängerte, was beide zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht wissen konnten, klopfte es laut an der Tür und Frau Dr. Adele Möglein begehrte Einlass. Umringt von bewaffneten Frauen in Tarnanzügen. Weil beide noch nicht angezogen waren und deswegen nicht so schnell zur Tür konnten, wurde diese nach zehn Sekunden aufgebrochen.
Mariechen hatte nicht bedacht, dass man auch die Batterie aus dem Handy nehmen muss, wenn man nicht geortet werden will.
Frau Dr. Adele Möglein trat ein. Albert wurde die schon angezogene Hose vom Leib gerissen. Adele nahm genüsslich sein Gemächt in die Hand. Natürlich aus rein wissenschaftlichen Gründen. Was Albert sofort die nächste Erektion bescherte, obwohl er gerade erst…. Na ja.
Beim Anblick des Testikels mit Alleinvertretungsrecht stutzte Adele zunächst, meinte dann aber : „Nicht so schlimm, geht schon“.
Man muss wissen, Frau Adele war gerade 36 Jahre alt, gut gewachsen, nicht gerade hässlich und strebte eigentlich auch nach Mutterschaft.
Der inzwischen auf der Wiese gelandete Hubschrauber brachte die beteiligten Personen zur Burg Hellenthal in der Eifel. Wo eine Abschirmungszone eingerichtet wurde. Alles streng geheim. Albert kam ins Verlies. Zwei lesbische Bewacherinnen standen davor, die man nur davon abhalten musste, dass sie sich mit sich selbst beschäftigten.
Nutzte aber nichts. Alberts Geliebte – eingesperrt in Colonia – hatte schon vorher geredet. Die Nachricht verbreitete sich blitzartig. Alle Frauen auf dieser Erde wussten nun, dass es noch einen Mann gab, der sexuell aktiv werden konnte. Sie wussten halt noch nicht, wie sie es anfangen sollten, ihn in ihr Bettchen zu kriegen. Aber weil Frauen in dieser Beziehung überhaupt nicht blöde sind, konnte es nur eine Frage der Zeit sein, bis die intelligenteste von Ihnen zum Ziel kommen würde.
Das war auch Frau Dr. Adele Möglein klar, immerhin mit dem Alleinvertretungsrecht ausgestattet, die Nachkommenschaft der Menschheit zu regeln.
Hellenthal war nicht länger tragbar. Man brauchte eine Insel. Umgeben von viel Wasser. Nicht zu groß, damit man sie rundum mit Flak bestücken konnte.
Drei Tage später traf man auf der Insel im Pazifik ein. Frau Dr. Adele Möglein, eine Kompanie weiblicher Soldaten (was sonst?) und Albert. Mariechen durfte nicht mit, was Albert zwar zunächst sehr bedauerte, er hing ja an ihr, was er aber angesichts der auf ihn zukommende Möglichkeiten (man beachte das Wortspiel) dann doch hinnahm. So kam es dann auch, Adelchen nahm sich zunächst mal selber, was ihr nach ihrem Selbstverständnis zukam.
Albert war inzwischen klar geworden, dass er zum Alleinbefruchter der Menscheit auserkoren war.
Das weckt natürlich Ansprüche und Begehrlichkeiten. Adele sah keine Chance, ihn davon abzubringen. Er konnte es ja nicht mit der ganzen weiblichen Bevölkerung der Erde treiben. Da musste ganz schön selektiert werden und er, Albert, würde die Selektionen bestimmen.
Zunächst mal mussten die Gruppen von Weibern weg, die Albert überhaupt nicht leiden konnte. Für sie musste ein riesiges Areal in Sibirien reserviert werden, das der Deportation dienen sollte.
Um das umzusetzen, wurde ein Riesencomputer aus der ehemaligen Volksrepublik China herbei geschafft, der die Selektionen berechnen und bewerkstelligen sollte. Mit dem dazugehörigen Bedienpersonal, schnuckeligen, kleine Chinesinnen mit Mandelaugen.
„Die Lesben müssen zuerst weg“, meinte Albert. Die aktuelle weibliche Bevölkerung auf der Erde betrug 3 715 027 770. Danach waren es nur noch etwa 2 999 999 000.
Albert mag auch Frauen nicht, die rauchen. Blieben 1 495 800 000. Überhaupt kamen sowieso beischlafmäßig für ihn nur weibliche Wesen zwischen 8 und 38 Jahren in Betracht, was Adele indigniert auf 16 bis 40 korrigierte. Blieben noch etwa 750 000 000.
Der Riesencomputer rauchte ganz schön. Hatte ja viel zu rechnen. Zwischenzeitlich wurde von der Deportierung abgesehen. Sie war nicht mehr machbar. Es reichte, wenn die Frauen ihren Heimatort nicht verließen.
Nur, 750 Mio waren immer noch zu viel. Es kämen ja sowieso nur Jungfrauen für ihn in Betracht, meinte Albert. Daran rechnete der Supercomputer drei Tage. Zwischendurch fiel er wegen Überlastung aus und musste gekühlt werden. Übrig blieben glatte 50.000.
Köterweiber, die ihre Hunde mit ins Bett nähmen, ginge auch nicht, bestimmte Albert. Blieben noch 25.000. Frauen, die schon Kinder hätten, würden auch nur versuchen, ihn auszurauben, meinte Albert. Das ändert aber nichts. Die waren schon über die Jungfrauenauswahl weg selektiert.
Dann müsse man halt was anhand der Körpermaße regeln, meinte Albert. 90-60-90 würde er sich wünschen. Und das brachte den Computer an den Rand seiner Kapazität. Es blieben aber nur noch 5.000 übrig. Dauert mehr als 13 Jahre, bis ich die alle vernascht habe, wenn ich es nur einmal am Tag mache, rechnete Albert laut. Worauf ihn Frau Dr. Adele Möglein erinnerte, was ihrer Ansicht nach möglein wäre.
Aufgrund der hervorragenden technischen Möglichkeiten des Riesencomputers bekam Albert nun die Möglichkeit, sich übrig gebliebene Damen in Bewegtbildern anzusehen, was ihn ganz schön in Fahrt brachte. Pech für ihn, dass zur Zeit nur Adele verfügbar war. Das weibliche Personal und die schnuckeligen Chinesenmädchen waren ausgesperrt.
Am Horizont näherte sich ein Riesenschiff. Voller geiler junger Weiber. Intelligent genug, um herauszufinden, wohin sie das Schiff steuern mussten. Nur, damit hatte Adele gerechnet. Torpedos leisteten ihren Dienst, den Rest erledigten die Haie.
Nach einigen Tagen hatte Albert die Faxen dicke. Er kam auf die perfide Idee des nächsten Ausschluss-Kriteriums, das es in sich hatte. Es würde ihn auch von Adele befreien. Die im Übrigen bisher immer nur deswegen davon gekommen war, weil die Chinesinnen sie als Sonderfall berücksichtigen mussten. Und er wollte nun endlich die erste 90-60-90-Frau. Also ging er zu den Programmiermädchen beim Supercomputer und bestimmte, dass ein Programm erstellt werden sollte, das Frauen körperlich eliminieren sollte, die intelligenter waren, als er selber.
Die Frauen warnten ihn, schrieben aber das Programm. Letztendlich einsetzen wollten sie es aber nicht. Wegen der absehbaren Folgen.
Das störte Albert nicht. Wollte auch etwas Rache nehmen wegen Mariechen, die zuhause eingesperrt war und er deswegen zwangsläufig Adele bedienen musste. Ohne vorläufig eine Chance zu haben, an die kurvigen Frauen zu kommen, bevor die Selektion ganz abgeschlossen war. Nach Mitternacht, als die Frauen schliefen, ging er zu dem Computer und drückte auf den roten Knopf.
969 Jahre danach kamen die Außerirdischen von Alpha Centauris zurück, um zu sehen, wie sich die Erde weiter entwickelt hatte, der sie damals die Männer geklaut hatten. Einige der Nachkommen derjenigen, die sich dann auf AC mit den dortigen Frauen gepaart hatten, waren an Bord. Äußerlich sahen sie aus wie normale Menschen. Die Evolution hatte ihnen aber einen doppelten Penis mit insgesamt vier Testikeln verliehen. Die nachwuchsen, wenn einer abhanden kam. Ihre weiblichen Begleiterinnen waren alle 90-60-90, weswegen sich die Männer manchmal dürre Frauen wünschten, damit etwas Abwechslung aufkam.
Sie fanden eine Erde, die über und über mit Urwald bewachsen war. Lebewesen gab es kaum, wenn man von den Schaben absah, deren einzige Aufgabe es war, die Pflanzen mit Enzymen zu versorgen, die deren Nachkommenschaft sicherte. Diese Erde war wunderschön. Ein richtiger blauer Planet. Mit sauberen Meeren und glasklaren Bächen. Trotzdem waren die Centaurianer etwas bedrückt. Das hatten sie eigentlich nicht gewollt. Wollten sich ja nur mit Männern versorgen, die ihnen bei einer Seuche weggestorben waren. Eigentlich nur deswegen, weil die sich bei gleichgeschlechtlichen Aktionen einen ganz ganz bösartigen Virus zugezogen hatten, der dann auch die Normalos weg gerafft hatte.
Auf der Insel im Atlantik wurden sie jedoch fündig. Es gab dort eine Gattung von Ziegen mit Menschenköpfen. Alle mit doppeltem Geschlecht. Weiblich und männlich. Die Speicher des Computers waren noch lesbar. Dort fanden sie das Protokoll von Dr. Adele Möglein. „Mein Gott, wie dämlich“, dachte der oberste Centaurer, „hat sie denn nicht gewusst, dass eineiige Männer nur weibliche Kinder zeugen können?“.
Die Centaurianer schlachteten die Ziegenwesen. Hatten ja eine weite Rückreise vor sich und schätzten Frischfleisch. Sie drehten das Fleisch durch und würzten es mit einer Pflanze, die hoch und büschelweise in der Nähe einer verfallen Burg mit einem seltsamen Hufabdruck an einer Mauer wuchsen. In einem tiefen Keller an einem Fluss mit viereckigem und dreieckigem Verlauf fanden sie Fässer mit einem Getränk, das sehr apart schmeckte und in größeren Mengen leicht berauschte.
Es wurde ein richtig lustiger Rückflug nach Alpha Centauris.
Eppelein
11.12.2018