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Er

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29.09.2013
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Er

Nora lag im Bett. 02:18 Uhr. Morgen (oder viel mehr heute) war Schule. Ihre Gedanken rasten wie mit 200km/h durch ihren Kopf, sie konnte sie gar nicht mehr nachvollziehen. Es war zu viel passiert. Wieso hatte es so kommen müssen? Sie kam aus der Nummer nicht mehr raus, egal was sie tat. Nora machte die Augen auf, setzte sich und versuchte ihre Gedanken zumindest soweit zu ordnen, dass sie schlafen konnte. Doch ihr Hirn hielt einfach nicht die Fresse. "SCHEIßE!" schrie sie und wusste nicht wieso. Sie nahm das nächstbeste, warf es gegen die Wand, um dann zu bemerken dass es ihr Handy gewesen war. Wütend schlug sie mit der Faust gegen die Wand. Ein höllischer Schmerz durchfuhr sie. Nora begann zu schluchzen. Was hatte sie nur getan? Sie hatte alles gehabt. Freunde, eine tolle Familie, gute Noten und dann kam dieses Dreckschwein und machte ihr alles kaputt.

Sie weinte. Um ihn. Niemand hatte ihre Beziehung, ihre unendliche Liebe zueinander nachvollziehen können. Er hatte ihr alles genommen. Die gute Beziehung zu ihren Eltern, das Vertrauen jeglicher Menschen. Ihr Herz. Würde sie es jemals zurück bekommen? Hatte er es behalten? Wo war es dann jetzt? Im Himmel? Oder in der Hölle? War er ein guter Mensch gewesen? Sie war immer fest davon überzeugt gewesen, doch jetzt bahnten sich Zweifel an. Er hatte ihr so viel genommen, sie hatte so viele Opfer gebracht und für was? Für rein gar nichts! Wann hatte er mal etwas für sie getan? Wann?! Er hatte sie in allerlei Mist verwickelt, hat sie davon überzeugt mal auf alles zu scheißen und das Leben einfach zu leben, aber was hatte sie davon? Klar - sie hatte Spaß, aber im Nachhinein bereute sie alles. Sämtliche Dinge kamen ihr leichtsinnig und dumm vor. Sie war wirklich blind vor Liebe gewesen. Und jetzt? Was war jetzt? Jetzt kam sie aus der ganzen Sache nicht mehr raus! Tief in ihrem Inneren spürte sie eine Revolution. Aus der Liebe wurde immer mehr Hass. Immer mehr wurden ihr seine negativen Eigenschaften bewusst. Durch ihn war sie nicht mehr sie selbst. Er hatte sie zum schwänzen ermuntert. Er hatte sie zum Junkie gemacht und in seine Geschäfte verwickelt. Er hatte ihr Herz gestohlen um sie zu kontrollieren. Ja, er hatte sie unter Kontrolle gehabt. Sie war eine winzige Insel gewesen und er der Ozean. In ihrem Körper wurde es immer unruhiger. Die Revolution schritt voran. Der Hass würde siegen. Doch noch war die unendliche Liebe in ihr verankert. War sie wirklich nur sein Opfer gewesen? Hatte nicht auch er so viel für sie aufgegeben? Hatte er ihr nicht Hoffnung gegeben, wenn sie mal wieder am Rande einer Klippe stand? War er nicht immer für sie da gewesen, egal wie schrecklich sie zu ihm gewesen war? Hatte sie nicht eigentlich ihm ihr Leben zu verdanken? Doch wenn er fort war, war sie auch nicht mehr da. Er hatte sie mitgenommen, so wie er es immer getan hatte. Er hätte sie niemals im Stich gelassen. Er hatte ihr versprochen, dass er immer für sie da sei und sie in jeder Lebenslage beschützen würde, sie erinnerte sich noch gut daran wie er es so liebevoll in ihr Ohr geflüstert hatte. Immer wieder. Aber was bedeutete "Lebenslage"? Nun war es, zumindest für ihn, keine "Lebenslage" mehr. Was kam jetzt? Er hätte sie doch niemals allein gelassen. War das noch Nora die da saß? Plötzlich spürte sie nichts mehr. Nicht dass Gemetzel in ihrem inneren, nicht mehr den Hass oder die Liebe, nicht mehr den Schmerz, nicht einmal mehr die Tränen, die ihr wie warme Niagarafälle am Gesicht hinunter strömten. Es war eine unglaubliche Leere. Wie gelähmt saß sie da. Nahm nichts mehr um sich herum wahr, saß einfach nur so da.

Um 6:30 Uhr klingelte ihr Wecker. Wie in Trance schaltete sie ihn ab. Sie würde nicht zur Schule gehen. Es war ihr egal, dass sie heute eine Abiturklausur schrieb, sie war sowieso nicht gut vorbereitet. Man würde sie verstehen. Hoffte sie zumindest. Er hatte sie immer verstanden. Ohne ihn kam ihr alles sinnlos vor. Wieso sollte sie überhaupt noch mal in die Schule ohne ihn? Sie blieb liegen. Weinte. Schlief. Weinte wieder. Schlief. Wurde von ihrer Mutter besorgt versucht zu trösten. Bekam dutzende Anrufe, nahm keinen entgegen. Weinte. Blickte melancholisch ins Leere. Weinte. Was hatte das Leben denn noch für einen Sinn? Ihre Mutter wollte dass sie wieder zur Schule geht, doch sie verneinte. Was sollte sie dort? Ohne ihn erschien ihr alles sinnlos. Die Revolution war nicht zu Ende - natürlich nicht - aber die tiefe und dunkle Trauer überschüttete alles und ließ Liebe und Hass verbleichen. Nur der atemberaubende Schmerz stach hervor. Der Schmerz um ihn.

Die Nacht schlief sie wenig, am nächsten Tag musste sie zur Zeugenaussage aufs Polizeirevier. Blass und trostlos verließ sie mit ihrer Mutter das Haus. Nora hatte sich an ihre Welt angepasst. Blass und trostlos. Sie hatte die äußeren Tränen besiegt, doch innerlich blutete sie um so mehr.
Sie sollte erzählen, ihre Sichtweise erläutern, doch sie hatte die Kraft dazu nicht. All die Bilder kamen ihr in den Sinn. Wie er sich gefreut hatte, als er seinen Führerschein mit 0 Fehlern bestanden hatte. Wie er stolz sein erstes eigenes Auto präsentiert hatte. Wie sie zusammen gefahren waren. Wie das Auto auf sie zukam. Dieses Dreckschwein. Sie hatte Mühe es alles zu erzählen, doch irgendwas gab ihr die nötige Kraft dazu. Am Ausgang brach sie zusammen.

Nora wurde immer melancholischer. Seit 5 Tagen war sie nicht mehr in der Schule. Sie saß in ihrem Zimmer, die Rollläden ganz runter gelassen. Nichts hören, nichts sagen, nichts sehen. Manchmal kam ihre Mutter rein und berichtete über Anrufe oder Besuche, doch Nora lehnte sie stets ab. Manchmal kam auch ihr Vater rein und zog die Rollläden hoch, nur damit Nora sie gleich wieder runterzog. Manchmal kamen auch ihre beiden Eltern, setzten sich links und rechts neben sie und versuchten sie aus ihrer Melancholie zu wecken. Vergeblich. Das einzige was sie schafften, war, ihre Tochter dazu zu zwingen etwas zu sich zu nehmen. Sie machte ihre Eltern traurig. Sie hatten Angst um sie. Doch was sollten sie schon tun?
Nora sehnte sich danach mit ihm gestorben zu sein. Sie hatte geschlafen, wahr unversehrt aufgewacht, wusste nicht, wie es dazu gekommen war. Er war ein verantwortungsbewusster Fahrer gewesen. Er konnte nichts dafür.

2 Wochen später. An Noras Gefühlen hatte sich nichts geändert.
Immer wieder tauchten die Bilder auf. Die von ihm. Von ihr wurde verlangt wieder zur Schule zu gehen. Sie hatte nicht widersprochen, denn es war sowieso zwecklos.

Wie in Trance stand sie um 6.30 Uhr auf, ging zur Schule, starrte den Unterricht lang in eine Ecke. Andauernd kamen Leute zu ihr, die sie trösten wollten, sie in den Arm nahmen und betüttelten. Nora ließ es über sich ergehen. In der Pause kam Tom, sein bester Freund. Er sagte nichts, kam nur, umarmte Nora. Sie weinte. Die Revolution war gescheitert. Was war das auch sinnlos. Ein Kampf gegen das Unendliche konnte nicht gewonnen werden. Nora liebte ihn. Er war ihr ein und alles gewesen und sie war das selbe für ihn. "Warum?", schluchzte sie in Toms Jacke. "Für manche Dinge im Leben gibt es keinen Grund", flüsterte Tom.

In der 2. Pause ging sie nach Hause. Sie konnte nicht mehr. Ihre Mutter akzeptierte. Er hatte auch immer akzeptiert.

Es war einen Monat danach. Nora saß in ihrem dunklem Zimmer und starrte an die Wand. Ohne anzuklopfen kam jemand rein, machte einen Rollladen hoch und schmiss etwas auf Noras Bett, auf dem sie saß. Es war Tom. "Er ist tot", sagte er steif und deutete auf das was er geschmissen hatte. Es war eine Zeitung. Eiskalt lief es durch Noras Körper. Mit zitternen Händen griff sie nach der Zeitung. "GEISTERFAHRER BEGEHT SUIZID" prangten die Buchstaben. "Nachdem Martin U. durch seine Fahrt 3 Menschen auf dem Gewissen hat, wurde der Geisterfahrer vergangen Freitag tot in seiner Wohnung aufgefunden..." Nora fing an zu weinen. Sie wusste nicht wieso. "Ich dachte du solltest es wissen", meinte Tom und nahm sie in den Arm. Sie weinte. Bis es trotz hoch gelassenem Rollladen dunkel war.
"Und was jetzt?", schluchzte sie. Tom sah sie an.
"Nora, wir müssen weiter leben. Ich weiß, es hat alles keinen Sinn, so kommt es mir ja auch vor, aber wir müssen stark sein! Wir dürfen nicht aufgeben. Das Dreckschwein ist tot. Und wieso? Weil er aufgegeben hat! Jetzt sind es schon 4 Tote. Nora, das dürfen nicht noch mehr werden, verstehst du?"
Nora sah ihn mit Tränenüberströmten Gesicht an.
"Tom ich vermisse ihn so. Ich kann nicht mehr. Es hat doch alles keinen Sinn"
"Scheiße man, denkst du ich nicht? Denkst du ich stehe nicht jeden Gottverdammten Tag auf und frage mich was es überhaupt für einen Sinn hat weiter zu leben? Denkst du der Schmerz bleibt mir erspart? Aber wir müssen versuchen weiter zu Leben, um ihn glücklich zu machen. Er selbst hat nicht mehr die Chance hier zu sein, wir müssen das übernehmen. Das Leben ist hart und unfair aber es ist ein Geschenk. Weißt du wie viele Menschen nicht die Chance haben zu Leben? Weißt du wie viele Menschen täglich sterben? Krebskranke Menschen, sogar Kinder, Leute aus Entwicklungsländern... Opfer von Unfällen..."
"Tom wie konnte das passieren?" keuchte sie regelrecht.
"Ich weiß es nicht"
"Ich kann den gar nicht bemitleiden". Nora deutete auf die Zeitung
"Ich auch nicht..."
"Wegen ihm musste er sterben"
"Er hat es nicht mit Absicht gemacht. Er kam von der Fahrbahn ab. Hätte er jemand umbringen wollen, hätte er sich danach nicht umgebracht"
"Aber er tut dir auch nicht Leid?"
"Ja"
"..."
"Das macht mir Angst..."
"Ja..."
Sie schwiegen sich an. Erschrocken von ihren Gefühlen. Doch das Leben musste weiter gehen. Sie wussten nicht wie, sie wussten gar nichts. Nur dass Alex tot war.

 

Hallo Marley,

herzlich willkommen!


Die Geschichte beginnt spannend. Was mag Nora wohl so quälend beschäftigen.

Doch ihr Hirn hielt einfach nicht die Fresse.
Gut auf den Punkt gebracht.

dann kam dieses Dreckschwein und machte ihr alles kaputt. Sie weinte. Um ihn.
Da und im Folgenden kommt Noras Zwiespalt gut zur Geltung (Nachtrag: Was sich am Ende als Irrtum herausstellt!). Doch langsam könnte es etwas konkreter werden.

Wieso sollte sie überhaupt noch mal in die Schule ohne ihn? Sie blieb liegen. Weinte. Schlief. Weinte wieder. Schlief. Wurde von ihrer Mutter besorgt versucht zu trösten. Bekam dutzende Anrufe, nahm keinen entgegen. Weinte. Blickte melancholisch ins Leere. Weinte. Was hatte das Leben denn noch für einen Sinn? Ihre Mutter wollte dass sie wieder zur Schule geht, doch sie verneinte. Was sollte sie dort? Ohne ihn erschien ihr alles sinnlos. Die Revolution war nicht zu Ende - natürlich nicht - aber die tiefe und dunkle Trauer überschüttete alles und ließ Liebe und Hass verbleichen. Nur der atemberaubende Schmerz stach hervor. Der Schmerz um ihn.
Eigentlich schade, hier beginnt der Text sich um sich selbst zu drehen. Es kommt nix Neues dazu. Sicherlich stellt das auch einwenig Noras Situation dar. Ihre Gefühle drehen sich auch im Kreis. Aber ich meine, das kann man auch anders, interessanter vermitteln.
Auch bleibt alles rätselhaft. Zu Anfang war das noch gut, um den Leser neugierig zu machen, aber jetzt werde ich, beim Lesen von allerlei Gemeinplätzen (Wie gelähmt saß sie da. – Wie in Trance schaltete sie ihn ab. – Blickte melancholisch ins Leere – usw.) etwas ungeduldig. Wo sind jetzt so Sätze wie: „Doch ihr Hirn hielt einfach nicht die Fresse“ und wann wird’s konkret? Wann lerne ich Nora und ihr Problem wirklich kennen, so, das ich es verstehen und mit ihr mitfühlen kann.

Ein Kampf gegen das unendliche konnte nicht gewonnen werden
Das find ich wieder stark! Na also, es geht doch, du hast das drauf, eigene Worte zu finden.
Übrigens: das Unendliche

Okay, das Ende verwirrt mich kurz, bis mir aufgeht, dass das Dreckschwein und „Er“ nicht ein und dieselbe Person sind. So hatte ich das bis dahin gelesen. Ich weiß nicht, ob da Absicht hinter steckt, wenn ja, find ich das nicht so toll, wenn nein, dann solltest du einiges ändern.
Zum Beispiel hier:

schluchzen. Was hatte sie nur getan? Sie hatte alles gehabt. Freunde, eine tolle Familie, gute Noten und dann kam dieses Dreckschwein und machte ihr alles kaputt. Sie weinte. Um ihn. Niemand hatte ihre Beziehung, ihre unendliche Liebe zueinander nachvollziehen können. Er hatte ihr alles genommen. Die gute Beziehung zu ihren Eltern, das Vertrauen jeglicher
Da können zwei Absätze eingefügt werden:
schluchzen. Was hatte sie nur getan? Sie hatte alles gehabt. Freunde, eine tolle Familie, gute Noten und dann kam dieses Dreckschwein und machte ihr alles kaputt. [Absatz]
Sie weinte. Um ihn. Niemand hatte ihre Beziehung, ihre unendliche Liebe zueinander nachvollziehen können.[Absatz]
Er hatte ihr alles genommen. Die gute Beziehung zu ihren Eltern, das Vertrauen jeglicher

Aber so wirklich klar wird es damit nicht, weil nur die Protagonistin einen Namen hat und die Nebenfigur Tom. Und auf den könnte sogar verzichtet werden. Ich meine, Tom bringt der Geschichte nix. Er schafft es nicht, Nora aufzurichten und so endet der Text mit einer weiteren Floskel: „Doch das Leben musste weiter gehen.“

Ja, schade, einiges hat mir gefallen, aber insgesamt ist mir die Geschichte zu dünn. Dieses Verwirrspiel mit den Figuren find ich dem Motiv – Tod durch Geisterfahrer – nicht angemessen.

Lieben Gruß

Asterix

 

Hallo,

Danke!

Und vielen Dank für deine Beurteilung!

Das Problem und auch mehr oder weniger der Grund weshalb ich die Geschichte hier rein gestellt habe ist, dass ich mir wie man sicherlich schon erkennt selbst nicht bewusst war was ich überhaupt schreibe und wie die Handlung der Geschichte überhaupt sein soll.
Ich schreibe meistens aus irgend einem Grund, meist aus irgendeiner Stimmung heraus und zum Zeitpunkt dieser Geschichte befand ich mich mehr oder weniger in einer recht schwierigen Phase. Dem entsprechend auch die Geschichte.
Wie du gut bemerkt hast war ich dann irgendwann auch sehr planlos, leider hatte ich beim wiederholten lesen keine Gedankenblitze.

Aber noch mal vielen Dank für deine Tipps. Absatz & Rechtschreibfehler sind schon korrigiert, überarbeitet wird morgen noch mal :)

LG
Marley

 

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