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Er über sich

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21.03.2003
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Er über sich

... im Alltag genervt, man macht seinen Mist zu Ende, lächelt noch mal oder erzählt einen mittelguten Witz und fährt nach Hause. Und man ist vernünftig, die großen Gefühle gibt es da nicht; wenn ist da nur eins, Angst oder Nervosität, nicht wegen dem, was ist, sondern wegen dem, was wäre, wenn man nicht täte, was normal wäre. Folglich ist man normal; und langweilig und durchwachsen und fühlt sich auch so. So fühlt und denkt man bis man 28 ist, dann fällt es ersatzlos weg.

Man sitzt im Flieger nach Ibiza: neben einem die hübsche, äußerst devote Freundin, deren Vater Zahnarzt ist, vor einem liegen Sonne, Strand und Meer und neben einem klasse Hotel wartet noch ein nagelneuer Porsche auf einen. Praktisch alles, wonach der pubertierende Sohn eines mittellosen Arbeiters in seiner Jugend gierte.

Eigentlich bräuchte er das nicht, er wusste, dass es wieder nur normal sein würde, niemals so schmecken würde wie er es sich damals erträumte. Aber er tat es und musste es tun. Er redete nicht darüber, war sich im Klaren, dass ihn keiner verstehen könnte. Es handelt sich um eine Verbindlichkeit an seine Jugend. Er litt damals, die Krankheit, sie ist längst überstanden, doch die Gedanken, die ihm halfen, sie zu überstehen, waren noch präsent, zwar ohne Gefühl, aber noch sprachlich da, wie die Zeche für einen vor Jahren verprassten Deckel. Er musste ihn einlösen.

So sind auch seine überzogenen Reaktionen auf den Jahres- und Klassentreffen zu erklären. Er schuldete es seinen pubertierenden Fantasien, mit denen er sich noch zu Schulzeiten künftige Jahrestreffen ausmalte. Nur so war es ihm möglich, seine Minderwertigkeitsgefühle zu überstehen. Sie allein waren der Motor seines Ehrgeizes. Und er war dankbar, dankbar dafür, dass er sie nicht beiseite wischte, dass er sich ihnen stellte, sie sich nicht wegredetete, sondern sie sättigte.

Was erst Gedanken an Töchter reicher Väter und Porsches ausfüllten wandelte sich dann in Sprachgehabe. Plötzlich redete der Sprachgossler mit einem Vokabular, das ihm vorne und hinten zu groß war. Sozialer Aufstieg durch Sprache, ja auch er durchlebte es. Später dann wollte er schreiben, nicht son Gesülz, nein Wahrheiten, Lebensveränderndes: Das Lebenshöchste musste es sein. Seine Texte sollten allen die Augen öffnen und man sollte ihn für schlau und groß halten. Diese Phase war echt gefährlich und hatte ihn voll an den Eiern. Tausende Seiten Manuskripte aufzubrennen brachte er nicht fertig, aber seit Jahren wagte er es nicht, auch nur einen Blick zu riskieren. Dort warteten auf jeder Seite emotionale Granaten, die sein Wohlbefinden, seine Gesundheit in Minutenschnelle sprengen konnten. Was solls? Es gibt nun mal Granaten, sie sind in der Welt und man muss sie meiden! Ein Troch, der ein Minenfeld erkennt und weiter wandert.

Und heute lebt er eben so dahin. Es ist okay. Er erinnert sich oft, wie er früher groß fühlte über die Dinge des Lebens, die ihm phantastisch anmuteten. Heute macht man alles und es ist normal. Aber manchmal noch, wenn er im Radio per Zufall Lieder von früher hört, wenn er am Fenster steht und es regnet, , dann erinnert er sich, dass man sich im Leben fantastisch fühlen kann und er genießt den Schmerz, den es hat, wenn er sich dabei ertappt wie ein 17-jähriger geträumt zu haben, aber nicht mehr über den Trost verfügt, dass alle Zeit der Welt noch vor einem liegt und es die Zukunft schon richten werde. Nein, der Trost des Aufschiebens ist dahin und mit ihm der bittersüße Balsam suizidaler Gedanken.

 

Hallo Schriftbild,

dein Text ist ja ganz schön deprimierend.
Träume sind was wunderbares, wenn sie ermutigen und nicht entmutigen.
Und manchmal sind Fantasien so lange anregend, wie sie nicht in Erfüllung gehen.
Dein Protagonist lässt sich von Träumen entmutigen, die du als pubertäre Träume beschreibst. Es sind so banale Träume wie ein Porsche. Aber es scheinen mir nicht seine Träume sondern Konsumträume zu sein.
Vielleicht gönnen sie ihm auch deshalb sekbst in der Erfüllung nur Normalität, und kein Glück.

Du siehst, dein Text regt zu Gedanken an, dafür also ein dickes Lob.
Stilistisch bin ich nicht ganz so überzeugt. Wahrscheinlich hast du dir etwas dabei gedacht, deinem resigniertem Träumer keinen Namen zu geben. Ich könnte mir vorstellen, dass du damit erreichen wolltest, dass sich jeder Leser mit ihm identifizieren kann. Ich persönlich finde es aber immer schöner, wenn ich enem Menschen mit Namen und Gesicht vor mir habe. Ich kann mich dan besser in eine Figur einfühlen, und sie auch besser auf die gesellschaftliche Ebene für mich abstrahieren.
Die Sprache enthielt mir zu viel Unverbindliches, zu viel "Man" zum Beispiel. Das finde ich ein bisschen schade, weil sich der Text so weiter von sich fort drängen lässt.
Auch neigst du leider ein bisschen zum Erklären anstatt zu erzählen. Daran kannst du für die nächste Geschichte vielleicht noch ein bisschen arbeiten.

Ansonsten frage ich mich beim Lesen mit Erschrecken, ob man mit 28 schon so alt ist, dass das Leben vorbei ist? Aber wahrscheinlich ist es bei deinem Prot eher so, dass er bis 28 hofft, das Leben würde endlich beginnen, und ab dann denkt, jetzt ist es vorbei. Sonst könnte er sich auch mit 60 noch den Trost erhalten, dass er zumindest einen Teil seiner Träume ja noch leben kann.

Lieben Gruß,
sim

 

hi Schriftbild

Deprimierend ist dein Text wirklich, aber ich denke, das muss man hier als Stärke sehen. Der sichere Stil und die teilweise neuen interessanten Gedanken heben ihn für mich aus der Masse der selbstmitleidigen Rückblicktexte heraus.

Zum Nachdenken regt hier vielleicht besonders das "was wäre wenn" zwischen den Zeilen an. Man weiß nicht, ob mit der "Krankheit" im Jugendalter eine tatsächliche Krankheit gemeint ist oder nur die erwähnten Ängste, passt jedoch beides.

Falls du das "Man" bewusst als Stilmittel verwendest, hätte ich im Gegensatz zu sim nichts dagegen einzuwenden. Man könnte interpretieren, dass der Prot sich selbst fremd wird durch seine GEwöhnlichkeit, durch die Allgemeingültigkeit seines Lebens, er verliert sozusagen das "ICh" und wird zu einem anonymen "Man".

Dass du noch mehr erzählen könntest, ist vermutlich klar, jetzt ist es mehr eine Ansammlung von Gedanken, eine Stimmung, aus den KLassentreffen, aus der Szene im Flieger, aus dem Fenster und dem Regen könnte man eigene Geschichten machen, die vielleicht noch eingängiger, weil subtiler, wären.

Der letzte Satz ist mir nicht ganz klar, wieso hatten die Suizidgedanken früher den bittersüßen Balsam und heute nicht mehr? Ist damit das Hessesche "wenn es nicht mehr läuft, bringe ich mich um" gemeint?

Den Abschnitt mit den Manuskripten finde ich zwar shcön geschrieben, aber nicht unbedingt originell.
Wenn er sich nicht traut, in die Texte zu sehen, wieso macht er sich dann überhaupt diese Gedanken. Wenn er über seine damaligen Träume nachdenkt, ist das doch nichts eigentlich anderes.

Liebe Grüße
wolkenkind

 

Für mich klingt die Geschichte wie ein Aufschrei eines sentimentalen Mannes, der resignierend feststellt, dass seine Träume von damals- seien sie materieller oder geistiger Natur- am Leben zerschellt sind, wie mit einer Granate in tausend Fetzen gerissen!
Damit stellt er einen Träumer- Typ dar, der den bitteren Geschmack der Realität zu kosten bekommt, der wohl darüber hinaus in die Krise seines Lebens stürzen wird, denn die Welt, die ihm früher fantastisch anmutete, ist normal geworden, die Wunder von einst haben ihre Magie verloren, seine Träume nähren nicht mehr sein Ego, er versinkt im Durchschnitt. Das schmerzt. Desillusioniert in die Welt zu schauen, zu erkennen, dass die Träumereien, die Welt verändern zu können, gescheitert sind- das alles wird ihm im Alter von 28 Jahren klar.

Aber mal ehrlich: hätte er die richtige Frau gefunden, die mit ihm zusammen über den Boden der Tatsachen gegangen wäre, dann hätten sich seine Träumereien in Verständnis aufgelöst und er wäre glücklich geworden, wenigstens nicht so deprimiert, wie er jetzt zu sein scheint.

 

Erstmal schönen Dank für eure Beiträge.

@wolkenkind:

Der letzte Satz ist mir nicht ganz klar, wieso hatten die Suizidgedanken früher den bittersüßen Balsam und heute nicht mehr? Ist damit das Hessesche "wenn es nicht mehr läuft, bringe ich mich um" gemeint?

Gemeint ist hier in diesem Text, dass man in jüngeren Jahren eher der Illusion nachhängt, tatsächlich den Mut zu haben, sich umzubringen. Man kennt seinen Ausweg (im Hesseschen Sinne). Im "Alter" verliert sich dieser Glaube/Trost einen Notausgang zu kennen, da man wohl begreift, dass man doch nie den Mut aufbringen könnte diesen zu nutzen.


@sim:

Ansonsten frage ich mich beim Lesen mit Erschrecken, ob man mit 28 schon so alt ist, dass das Leben vorbei ist?
Nicht das Leben ist vorbei, aber die Gedanken sind andere. Grübeleien fallen weg.

 

@sim:

Zitat:
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Ansonsten frage ich mich beim Lesen mit Erschrecken, ob man mit 28 schon so alt ist, dass das Leben vorbei ist?
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Nicht das Leben ist vorbei, aber die Gedanken sind andere. Grübeleien fallen weg.


aaah, jetzt weiß ich endlich, warum ich mich immer noch so jung fühle. Ich grübel noch zu viel. :)

Lieben Gruß, sim

 

Hallo Schriftbild,

da hat es jemand geschafft, dorhin zu kommen, wo er sein Glück vermutete und stellt fest, dass das Besondere zur Normalität verkommen ist. War sein Bestreben aussichtslos, oder ist so der Lauf der Dinge?
Ich finde diese persönliche Krise des Protagonisten interessant, an manchen Stellen den Text aber etwas holprig ( „son“, die Stelle mit dem „Deckel“).

Tschüß... Woltochinon

 

Klar ist, dass mir JBK ´s Kritik die liebste ist. Ja es freut mich, wenn ich so verstanden werde.

Was die Frau angeht, hm, hat sich Werther wegen Lotte umgebracht? Es liegt immer in einem selber und es ist nie die eine äußere Sache, die einen am Leben scheitern lässt.

Und Wolto, ich gebe die Frage zurück, ist es der Lauf der Dinge?

 

Zu deiner Frage:
Werther hat sich umgebracht, da zur damaligen Zeit die Konvention in der Gesellschaft vorherrschte, dass verlobte Frauen ihrem Mann schon ehern verpflichtet sind. Dies führt dazu, dass Lotte ihre Gefühle zu Werther der gesellschaftlichen Norm unterordnet und bei Albert bleibt. Werthers pulsierendes Herz kommt damit nicht klar, was der Grund für den Selbstmord darstellt. Es ist nicht direkt Lotte, die ihn zum Suizid führt, sondern ihr Verhalten, an den Regeln der Gesellschaft festzuhalten.

 

Sehr deprimierend und auch erschreckend - aber ich denke, auch in jüngeren bzw. auch in späteren Jahren gibt es solche Gedanken, sobald es Träume gibt, die erfüllt sind, man keine hat etc.
Ich finde auch, dass seine Träume teilweise sehr banal waren - ein Porsche z.b.. Irgendwie verständlich, dass ihn das nicht glücklich macht, sondern eher einsam. ;)

Teilweise ist der Text etwas verwirrend geschrieben, an manchen Stellen verstehe ich nicht so ganz, was du genau ausdrücken willst. Auch ist das ganze ja eine Aneinanderreihung von Gedanken, ich hätte es schön gefunden, wenn noch ein bisschen mehr vonihm erzählt worden wäre, dann hätte ich ihn vll noch besser verstanden.

Nebenbei ... über Lotte und Werther könnte man wohl ewig diskutieren - ich denke, man kann es auch auf andere Weisen deuten. (Ihr Verhalten gehört zu ihr, und wenn es ihr Verhalten war, war sie es vll doch? Zumindest indirekt.)

 

Ich denke, dass Verhalten und das wahre Selbst durchaus zwei Seiten einer Medallie sein können: während das Verhalten einen Rollencharakter hat, sind die Gefühle das, was man wirklich, also hinter der Fassade fühlt. Als Werther ihr gegen Ende nochmals Klopstock vorträgt, weinen beide, denn obwohl sie einander lieben, hat sich Lotte der Gesellschaft unterzuordnen. Sie ist eben nicht soweit der Zeit voraus wie Werther.
Aber du hast insofern Recht, als dass die Werke Goethes reichlich Interpretationsmaterial bieten :)

 

Die Idee, dass es die Gesellschaft ist, an der er zu Tode leidet, gefällt mir gut. Er konnte die Normen nicht verstehen, wollte alles mit dem Verstand und besonders mit dem Herzen begreifen und hielt vieles für unsinnig, verstand es einfach nicht, unter uns: ist ja auch nicht zu verstehen.

Was mich immer stutzig machte ist Folgendes: Das Erste, was Werther über Lotte erfuhr, war, dass sie vergeben war. Sie war nicht erreichbar. Ideal, um allen Weltschmerz auf sie zu projizieren. Wäre sie zu haben, hätte er nicht dieses Interesse für sie entwickelt, auch wenn sie ein ganz unvergleiches Geschöpf ist. Wenn dem so wäre, so war er schon vorher krank, vor seiner Flucht und Reise. An der Oberfläche ist Lotte der Grund, auch Werther glaubt das, in der Tiefe eben doch etwas anderes. Fragt mich bitte nicht was, sagt ihr es mir. Vermutlich aber bei allen Suizidgefährdeten das Gleiche. Irre ich mich?

 
Zuletzt bearbeitet:

Der junge Goethe, Stuermer und Draenger, hat Gefuehle in sich, die er mit einer jungen Generation teilt, der klar wird, dass alles RATIONALE, wie es Hauptgedanke der Aufklaerung ist, nicht das beantworten kann, was tief drinnen im Menschen lebt: SEINE GEFUEHLE.
Da besonders bei Goethe ist, dassProtagonist und Autor dasselbe denken und fuehlen; und es ist tatsaelich der Scmerz einer ganzen Generation.
Werther beginnt allerdings damit, dass er auf einer Wiese sitzt und zeichnet. Er malt Lottes Kinder, dann erscheint Lotte und Werther glaubt, einen Engel zu sehen. Es ist einerseits ihre Anmut, die den Blick auf Lotte lenkt, andererseits die Art und Weise, wie sie mit den Kindern umgeht. Sehr muetterlich, weshalb ich dieVermutung anstellen moechte, dass Goethe/Werther in ihr die Mutter ihrer beider Kinder sieht. Er wusste auch anfangs nicht, dass sie vergebn ist. Erst, als er bei ihnen zuhause ist, wird ihm das klar.
Trotzdem verstehen sich Werther und Lotte praechig. Auf dem Weg zum Fruehlingsball dann VERLIEBT sich Werther entgueltig in sie, als sie ueber Buecher und Klopstock sprechen- einmer ihrer beiden Lieblingskuenstler.
Dann, auf dem Ball, ziehen sich beide zurueck, kommen sich naeher, waeren sich vielleicht noch naeher gekommen, wenn das Gewitter nicht die die tragische Wendung ankuendigen wuerde. Im Verlauf lernt Werther noch Albert kennen, mit dem er sich gut versteht. Sie sind keine Feinde, nein, sie reden aus unterschiedlicher Lebenserfahrung und Praemissen freundlich miteinander. Deshalb haendigt Albert Werther auch- unwissend, was dieser vorhat- das Gewehr aus. Und Werther sollte mit dem Schuss aus dem Gewehr die Gefuehle vieler junger Leute treffen, eine Salve sozusagen gegen eine von Regeln, Normen, geschriebenen und ungerschriebenen Gesetzen, Kovention und Rationalitaet gepraegten Gesellschaft.
Kurz bevor Werther sich das Leben nehmen will, redet er nochmal mit Lotte, gesteht ihr alles: seine Liebe, seinen Schmerz- und hier moechte ich auf deine Frage zurueckkommen, was denn der Schmerz unter der Oberflaeche ist: es ist eben diese Konvention der Gesellschaft und: Lotte moechte nicht fuer eine unsichere Beziehung mit Werther ihr Heim, ihren Mann und Kinder aufgeben. Sie waere vielleicht mit Werther gluecklicher, doch sie muss auch an ihre Sicherheit denken, die ihre und die ihrer Kinder- auch finanziell gesehen.
Haette sie all das aufgegen, so waere dies ein immenser Taboubruch gewesen. Damals (fast) unvorstellbar (ausser dem "Visionisten-Werther"!
Aber schau auch auf heute. Es gibt auch heute Frauen, die sichfuer Sicherheit im finanziellen Bereich entscheiden, als mit ihrer "wahren Liebe" durchzubrennen.

Und nochwas abschliessendes: Goethe errette sich durch das Schreiben des "Werthers" vor dem Suizid, denn er war ungluecklich, todesliebend verliebt. Durch dieses Werk erleichterte er sich von seiner Seelenqual, die er in der Gesellschaft der damaligen Zeit empfindet- und tausende andere seienr Generation: er loesste eine Welle der Begeisterung aus, ein WAHRER TRENDSETTER, wenn man so will. Viele trugen die Farben des Werthers: gelb und blau- auch heute noch die Farben der Liberalitaet (FDP).
Der Rest der Geschichte. Nach der vergeblichen Liebe fand Goethe eine Frau (wer wei0 nochnmal ihren Namen) und lebte lange Zeit gluecklich.
Er selbst wuerde zum Teil einer neuen Gesellschaft, die wir als Klassik bezeichnen.
Es gibt wohl bei jedem von uns eine Zeit, in der er ungluecklich verliebt ist, die Sympathie zwiscehn Mann und Frau nur zu Freundschaft reicht- und auch dann, so finde ich, solltte man sich hinsetzen und darueber schreiben. Keinen "werther" gleich, aber doch eine kurze Geschichte auf dieser Seite!

Ich hoffe jetzt einfach mal, dass wir uns noch oefters schreiben, ueber neue und alte Geschichten plaudern und austauschen werden!

MfG
Jan

 

Hallo Jbk,

wir werden uns noch öfter austauschen, ich warte nur noch, bis mein sprachliches Rüstzeug besser ausgefeilt ist, um mich dann über deine sprachlichen Mittel herzumachen fg*.


Man mordet sich also aus Liebe. These: Wenn Lotte nie geboren wäre, wäre er auch nie glücklich geworden, weil er eben die eine, die für ihn geschaffen ist, nicht gefunden hätte. Es wäre also, wenn er Lotte nicht getroffen hätte, auch zum Suizid gekommen? Oder wäre es dann eine andere geworden, etwa die da, die er nach Lotten auf seiner Reise kennen gelernt hat.
Die Frage ist nicht sauber formuliert, ist noch nicht ausgereift, aber sie zeigt die Richtung dessen, was mich daran interessiert.

Und eines wusste ich auch noch nicht und wäre eine große Erkenntnis für mich. Aufklärung steht für die Aussage, dass das Rationale die Gefühle nicht fassen kann. Ich dachte immer, es wäre umgekehrt und erst Goethes Roman oder die Empfindler zeigten auf, dass Aufklärung, also Vernunft und Geist nicht ausreicht, um das Leben und alles was mit dem Leben zu tun hat(Gefühle), aufzuklären und zu erhellen.


Freunschaftliche Grüße

-S-

 

Hi Schriftbild,

du fragst ja im wesentlichen zwei Dinge:

a) Was ware, wenn Lotte niemals geboren waere?
Ich glaube, es ist muesisch, darueber nachzudenken; aber da Goethe in eben diese Lotte ungluecklich verliebt war, schrieb er den Werther. Also: Waere Lotte niemals geboren worden, so ist es wahrscheinlich, dass wir den Werther- zumindest in dieser Form- wohl niemals haetten lesen koennen.

b) Zur Aufklaerung: Aufklaerung und Sturm und Drang waren zwei gesellschaftliche Hauptstroeme etwa zur selben Zeit. Der Hauptsatz, wenn man so will, ist "Cogito ergo sum": "Ich denke, also bin ich." von Descartes. Die Aufklaerer dachten, die Welt durch Denken begreifen zu koennen. Sie waren Naturwissenschaftler, Mathematiker, Rationalisten, Kopfmenschen.
Dem entgegen wirkten die Stuermer und Draenger, indem sie das absolute Gefuehl als das Mass aller Dinge predigten. Es waren die Dichter und Schreiber des Buergertums, Freidenker, Querdenker, Aufbruechler, Visionisten, Gefuehlsmenschen. Sie wollten auch nicht, wie die Aufklaerer, aufklaeren; sondern sie waren sich bewusst, dass sie Gefuehle, starke Empfindungen, in sich trugen- und wollten sie ausleben!
Erst spaeter muendeten die beiden Stroeme in der einen, der grossen Klassik, die sowohl die rationalen als auch affektiven Gedanken als Mittel zur Erkenntnisgewinnung akzeptierten.
Deshalb ist auch der Faust ein solch grosses Buch der Literatur, weil sich hier die Erkenntnisse beider Bewegungen (und noch vieler mehr) widerspiegeln.

Mfg
jan

 

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