- Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:
- Kommentare: 4
Episode 901
Das ist Henry
Henry ist groß, stark und er hat schlag bei den Frauen
O.K. o.k. Henry ist klein, schmächtig und der geborene Verlierer. Keiner kann ihn leiden, keiner will etwas mit ihm zu tun haben, der einzige, der davon noch nichts mitbekommen hat, ist Henry
Es war an einem Montag, als Henry beschloß, seinem prächtigen Körper Erholung in der Sauna zu gönnen.
Wie konnte er auch ahnen, dass montags Männer keinen Zutritt haben und wie sollte er ahnen, dass an diesem Tage ausgerechnet der schwabbelige Körper von Brunhilde sich ebenfalls nach der brütenden Hitze einer Sauna sehnte.
Langausgestreckt lag Brunhilde auf der Holzbank und ihre Wölbungen wölbten sich in jede erdenkliche Richtung. Der Schweiß ließ ihren fleischigen Körper in neuem Glanz erscheinen.
Henry betrat nichtsahnend oder fürchtend das Saunarium und blickte erschrocken zu dieser fleischigen Masse. "Oh, fuck!" sagte er mit höflichem Respekt. Woraufhin Brunhilde ebenfalls erstaunt über den Besucher in angemessener Form reagierte.
Sie nahm eine ihrer Wölbungen - es war vermutlich der linke Arm - und schleuderte ihn mit aller Wucht gegen das Glaskinn von Henry, welcher ihn wenig freudig empfang.
Henry flog in hohem Bogen, das Handtuch, welches sich in seinem rechtem Arm befand, verlierend, zu Boden und wurde von selbigem bedeckt.
Nach einem erholsamen Nickerchen auf dem harten Boden der Sauna, erwachte Henry und ihm ward ziemlich seltsam. So hatte Brunhilde in ihrer Fürsorge noch einige Aufgüsse nachgelegt. Nur allzu gerne hätte er sich dafür bedankt.
Henrys Körper fühlte sich an wie eine zähe Gummimasse, die Zunge schleifte über dem Boden und seine Knie waren wie ein frühmorgendlicher Dünnpfiff - Butterweich. Henry kroch auf dem Boden und konnte mit letzter Kraft den Türgriff erreichen, zog an ihm, doch die Tür ließ sich nicht öffnen.
Shit!
Keine Kraft und keine Hoffnung mehr, lag Henry minutenlang auf dem Boden vor der Tür, die zur Freiheit führte und sinnierte ein wenig über sein Leben, als die Tür mit einem Ruck geöffnet wurde. Wie groß wäre die Freude Henrys gewesen, wäre er nicht so schlapp und müde und stünden dort nicht zwei Polizisten in Uniform, die ihn gar nicht höflich und besonders grob an den Armen packten und ihn aus dem Saunarium zerrten.
„Verhaftet, bist du“ sagte der eine, „perverses Schwein“, sagte der andere.
Die Fronten waren geklärt.
Henry fehlte die Kraft zu erklären, dass ein Mißverständnis biblichen Ausmaßes vorläge und er ein Opfer der Justizia sei und dass sie bitte nicht so grob an ihm zerren mögen. Doch er war müde und schlief wieder ein.
Als er erwachte – und das tat er mit dem gebührenden Respekt, den man vor den harten Gitterstäben einer Zelle haben kann, wenn man mit dem Kopf dagegen gerammt wird, fühlte er sich gleich besser. Beim zweiten Zusammenstoß mit den Gitterstäben, verschwand dieses gute Gefühl und er fühlte sich wieder elend. Das elende Gefühl machte einem neuen für ihn sehr eigenartigem Gefühl platz, was er bis dahin nicht kannte – immense Wut.
Einem Derwisch gleich wirbelte Henry herum und entwickelte eine Kraft, die es ihm ermöglichte sich von seinem Angreifer, einem dickbäuchigen und hohlköpfigen Kubaner zu befreien. McSpeck, wie er hieß, sah Henry mit einer Mischung aus Ungläubigkeit und Entsetzen an. McSpeck, der Henry gut um zwei Köpfe überragte, wurde von ihm mit den Füßen voran angesprungen, so daß er das Gleichgewicht verlor und rücklings auf den Boden fiel. Sein Kopf machte kurz und heftig Bekanntschaft mit Henrys Schuh, bevor er in das Reich der Träume eintrat. Vögel zwitscherten, Sterne flimmerten, McSpeck befand sich im Land des Vergessens.
Die Mitgefangenen, denen dieses Spektakel nicht entgangen war, strömten um den kleinen, schwächlich aussehenden Henry, der ihnen vorkam, als wäre er zwei Meter groß und fragten ihn, nicht ohne Bewunderung, weshalb er McSpeck so verhauen habe
„Gründe, brauche ich nicht“
Ab diesem Zeitpunkt hatte Henry mehr Raum, als er benötigte und mehr Freunde, als er mochte. Sie lasen ihm von den Lippen und zuckten zusammen, wenn er sich zu heftig bewegte, was er öfters tat, um sich bei Laune zu halten.
Nach wenigen Stunden wurde er freigelassen. Er solle sich nie wieder in der Nähe von Saunarien aufhalten, was er auch nicht weiter schlimm fand.