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Epilog-Nachbearbeitung
Epilog
Er spürte den stechenden Schmerz hinaufziehen, spührte, wie sich Nervenbahnen fast wanden, um der Flüssigkeit auszuweichen, die den Schmerz verursachte. Eigentlich eine unlogische Analogie, aber sie war zutreffend. Er nahm das Pad wieder von seinem Knie und sah das Blut, das es aufnahm.
Jahal Corraeth bemerkte die Wunde an seinem rechten Knie erst, als er in dem frisch getauften Raumfrachter Jägerglück seine Hose hochkrempelte, um die Mechnopothese, die seit dem Solaren Krieg sein Gliedmaß ersetzt, von dem Schmutz, dem Schweiß und den Pilzwucherungen zu befreien, die sie ergriffen. Glücklicherweise erwies sich die Quadranium-Mischung als widerstandsfähig genug, sicherlich auch dank der Behandlung mit dem klebrigen, formbaren Ginoh-Bernstein, der dafür sorgen sollte, dass die zahlreichen auf dem Mars heimischen Baktieren und Pilze, die Metallverbindungen nicht zerfraßen, um sich dann dem elektronischen Inneren zu widmen, an diesem Vorhaben gehindert werden sollten.
Seit den fehlgeschlagenen Koloniesierungsversuchen des Planeten im ausgehenden 23. Jahrhundert und dem späteren Solaren Krieg, der zum Niedergang der Eurasischen Föderation führte, verkam der rote Planet - einst das Ziel aller alten Menschen, in der EF, der Zentralasiatischen Republik oder dem Anglokanadisch-Amerikanischen Bündnis - zu einer Dschungelwelt. Die CO2-Dampfer, große Kohlendioxid ausstoßende Maschinen, die die Atmosphäre des Planeten soweit verdicken sollten, dass eine Erwärmung stattfinden konnte, wurden unbeaufsichtigt gelassen und stieben weiterhin ihren dreckigen Inhalt in die Luft und den Orbit, während die Grünen Keime für Sauerstoffentwicklung sorgten. Nach dem Ende des Krieges vor inzwischen siebenundzwanzig Jahren, wurde der Planet leicht kolonisiert und vor allem von afrikanischstämmigen Farmern betrieben. Die allgegenwärtigen Buschbrände waren eine Konstante des Planeten, wie die Kriege der nordwest-europäischen Inselgruppen Terras gegeneinander.
Ihn kümmerte es jedoch nicht. Er wollte nur sein Erz und dann weiter nach Ceres, um den Profit dafür vom Gürtel-Konsortium einzustreichen. Aber zunächst gab es ein ... argh, schmerzlicheres Problem zu überstehen als mir den Gürtlern zu verhandeln, die ihm sowieso nur für ein Drittel bezahlen würden.
Irgendein Insekt muss in der Nacht zugestochen haben. Jahal biss sich auf die Unterlippe als er in dem primitiven MedBereich der Jägerglück ein weiteres in Alkohol getränktes Tuch über die Wunde legte, um sie genügend zu desinfizieren, damit die Medi-Pads wirken konnten. Ein äußerst fieses Insekt - hat wahrscheinlich vorher einen Politiker gebissen!
Als sich der gebürtige Europäer verarztet hatte, sah er auf sein Armbandchono und erkannte, dass nur noch eine halbe Stunde bis zum Treffen mit diesem übergewichtigen und übel riechenden Hafenmeister verblieb, der nun seine Liegegebühr einstreichen wollte.
Nein, ein übergewichtiger, übel riechender und Mond-Staub abhängiger Hafenmeister, verbesserte er sich noch
Er sprang von der Behandlungsliege auf den harten Metallboden der Glück, eines alten Erzfrachters der Himmelsstürmer-Klasse, eines der letzten hochwertigen Produkte von Boeing. Aber für ihren - Janas und seinen - Zweck reichte es vollkommen, wenngleich er nicht wusste, für welchen Zweck es reichen sollte.
Chiams und sein Treffen auf dem Mars beinhaltete die Suche nach dem Adonis-Wrack und dessen Ladung - und danach? Tja, jetzt heißt es wohl Lebensplanung.
Sein gesundes - in Jahals Definition nicht amputiertes Bein - schmerzte etwas, als er in Richtung Hauptfrachtraum aufbrach. Nachdem er um die Ecke bog, sah er bereits etwas Blaues auf der Andruckliege sitzen und gegen den Bordcomputer eine Runde Halma spielen: Jana Leer, eine Lunarerin, von der Jahal sonst nichts wusste - oder wissen wollte. Aber würde er in Zukunft - nach Chiams bedauerlichem Ableben - mit der neuen Eignerin der in Jägerglück umgetauften Alte Dame klarkommen wollen, dann musste er seine Vorurteile gegenüber der Faschistin überwinden. Auch wenn sie eine Lunarerin war - aber eben war.
Als er näherkam, blickt sie mit ihren leeren Augen zu ihm auf - ihr Kopf wand sich in seine Richtung, aber ihre Augen starrten ins Nichts. Ein herzzerreißender Anblick.
"Euro", begann sie grimmig. "Was wollen Sie von mir?"
"Nur reden - und wir sollten es bei Jahal und ... Jana belassen. Ich bin kein Offizier der Euraischen Föderation mehr und Sie keine ... was auch immer Sie auf Luna waren."
Die darauffolgenden Minuten waren erfüllt von Schweigen, unterbrochen von den Positions- oder Zug-Ansagen des Computer, mit dem sich Jana im Halma maß. Schließlich brach die junge Frau die Stille. "Sie meinen: wer. Key ... ich war Key Lah."
Die rechte Augenbraue Corraeths zog sich unmerklich an, als er den Namen der Frau vernomm, die jedes Kind in der EF zu hassen lernte - er auch. Nur war er inzwischen achtundvierzig und die vor ihm sitzende Frau hätte seine Tochter - oder zumindest jugendliche Gebliebte - sein können.
Dann begann sie mit ihrer Geschichte ...