Mitglied
- Beitritt
- 22.10.2009
- Beiträge
- 17
Entführt
Es war eine kalte, regnerische Nacht. Der Mond war kaum zu sehen, nur hier und da brach er zwischen den Wolken durch. Das alte, marode Haus stand inmitten des Waldes auf einer Lichtung. Die Vordertür klapperte im Wind, die Fenster, die teilweise nur noch an einer Angel hingen, schlugen gegen die Hauswand. Es war seit Jahrzehnten nicht mehr bewohnt und es war ein Wunder, dass es noch nicht zusammengefallen war. In eben diesem Haus, saß Jenny Wilford nackt, gefesselt auf einem Stuhl und erwachte gerade aus ihrer Ohnmacht. Der Kopf schmerzte, es fühlte sich an wie ein Presslufthammer, der von innen gegen ihren Schädel hämmerte.
Das letzte an das sie sich erinnern konnte, war, dass sie an einem Rastplatz gehalten hatte, um eine kurze Pause einzulegen. Sie hatte sich gerade über den Kofferraum gebeugt und ihren Proviant ausgepackt, als bei ihr sämtliche Lichter erloschen.
Es musste sie also jemand überfallen und entführt haben, aber wieso? Ihr fiel plötzlich auf, dass sie am ganzen Körper fror. Plötzlich war sie hellwach, denn sie bemerkte, dass sie nackt war, ihr Entführer hatte sie also ausgezogen. Wollte er sie vergewaltigen, hatte er es bereits getan oder hatte er noch schlimmere Sachen mit ihr vor? Als das raste ihr plötzlich durch den Kopf. Sie suchte verzweifelt nach einer Möglichkeit aus dieser Falle zu entkommen. Sollte sie um Hilfe schreien, wahrscheinlich würde sie wohl niemand hören. Außerdem könnte ihr Entführer sie hören und sofort bei ihr auftauchen. Ängstlich blickte sie sich im Zimmer um, aus jeder Ecke drang ein Stöhnen und Ächzen. War er schon hier, hatte er nur gewartet, bis sie aufwachte, um sie jetzt in ihrer Angst zu beobachten? Sie rückte auf ihrem Stuhl herum, so gut es ging, damit sie sich einen Überblick verschaffen konnte. Er schien nicht hier zu sein und die Geräusche kamen von den Holzdielen, aus denen dieses Haus anscheinend ausschließlich bestand. ’’Okay,’’ sagte sie sich in Gedanken, ’’versuch dich zu beruhigen, irgendwie musst du doch hier rauskommen.’’ Fieberhaft stellte sie Überlegungen an, wie sie entkommen könnte. Hier gab es doch bestimmt
irgendwo einen Gegenstand, mit dem sie die Fesseln durchtrennen konnte. Aber was? ‘’Verdammt, irgendetwas muss doch…’’
Schritte!
Sie klangen vom Zimmer über ihr auf und wurden leiser, das heißt, dass der Entführer das Zimmer verlassen hatte und auf dem Weg nach unten war. So war es auch! Sie hörte die Schritte jetzt von vorne. Nur noch wenige Augenblicke und er stand hinter der Tür. Jetzt! Die Schritte verstummten. Das ganze Haus war plötzlich eigenartig still oder es kam ihr zumindest so vor, weil ihr Herz raste und sie nur noch auf das achtete, was vor der Tür zu ihrem Zimmer auf sie lauerte. Erst jetzt sah sie, dass die Tür nur angelehnt war und sie nahm auch die Gestalt davor wahr. Er drückte die Tür ganz langsam auf, um ihre Qualen ins Unermessliche zu steigern. Sie starrte mit schreckensweiten Augen auf die Tür, die immer mehr von der Person, die hinter ihr stand, preisgab. Jetzt war die Tür ganz geöffnet und ihr Peiniger betrat den Raum.
Er sagte nichts, er grinste nur diabolisch, während er in seinen Lederstiefeln auf sie zuschritt. Er trug nur eine schwarze Jeanshose und eine schwarze Lederjacke deren Ärmel fehlten. Jenny fiel der Gegenstand auf, den er in seiner rechten Hand hielt. Ein riesiges Schwert, blankpoliert und geschärft, mühelos würde es durch Holz schneiden, wahrscheinlich auch durch Stein, geschweige denn durch sie!
Jetzt hielt sie es nicht mehr aus, sie fing an zu betteln, ‘’bitte, lassen sie mich gehen. Ich habe Ihnen doch gar nichts getan.’’ Die Tränen liefen ihre Wangen entlang und Hals hinunter. Der Schleim tropfte aus ihrer Nase, aber das war ihr jetzt egal, sie wollte nur irgendwie ihren Entführer dazu bringen, sie am Leben zu lassen.
‘’Bitte tun sie mir nichts, ich werde auch niemandem etwas sagen, ich verspreche es. Bitte, bitte, bitte! Sagen sie mir, was ich tun soll, damit sie mich in Ruhe lassen, sagen sie’s mir. Oh Gott, bitte!
Er stand da, grinste weiterhin wie ein Teufel, Er hob seinen rechten Arm, in dem er sein Schwert hielt, ‘’Nein, nein, nicht!’’, schrie Jenny. Aber er stach nicht zu, stattdessen fuhr er ihren Bauchnabel mit der Schwertspitze nach. ‘’Bitte,’’ schluchzte sie vollkommen verzweifelt, ‘’wieso lassen sie mich nicht gehen? Wieso?’’ Jetzt gaben ihre Nerven auf, sie sackte auf dem Stuhl in sich zusammen. Sie hörte ein Geräusch aus seiner Richtung und blickte zu ihm auf. Würde er sie doch gehen lassen? Hatte er plötzlich Erbarmen? Bekam sie jetzt eine Antwort?
Nein!
Stattdessen schoss sein rechter Arm vor und rammte ihr das Schwert in den Leib, durchbohrte ihr Herz und ließ es am Rücken wieder austreten. Sie gab noch ein kurzes Röcheln von sich, bevor sie von der ewigen Dunkelheit umschlungen wurde.
Jenny Wilford war tot! Und genauso plötzlich wie er erschien, verschwand der Entführer wieder. Das einzige, das von seiner Tat übrigblieb, war die Tote und das Schwert, das immer noch in ihrem Körper steckte.