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Englische Regentropfen

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26.12.2001
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Englische Regentropfen

Das es in der Dominikanischen Repuplik regnen würde war mir mehr als bekannt. Selbst das es viel regnen würde. Nicht das es so viel regnen würde und zu aller Frechheit auch noch während meiner hoheitsvollen Anwesenheit in diesem von Düften, Blumen und Wunderfiguren übersätem Land. Ich hatte Sonnenschein erwartet, viel Sonnenschein, Sonne und Sonne und nochmals Sonne, obendrauf ein kleines Schirmchen und auch einen Strohhalm und: "Nein, Herr Ober, nicht den billigen Bacardi, den dunklen bitte und vergessen Sie das Eis nicht!" Ich hatte mehr Meerblick erwartet und blumenübersäte Betten, kleine, zu Schwänen gefaltene Servietten und breitgrinsende, einheimische Gesichter, die besonders dadurch auf spezielle Weise lustig wirkten das sich ihre Hautfarbe vom weissen, frischgebügelten Hemd abhob und so von weitem schon als ein fröhlichmunteres Schachbrett mitten in der Dschungelwüste wirkten. Ich hatte Sand erwartet. Was heisst erwartet? Er war mir versprochen worden! "Im Westen des Landes gibt es die schöneren Sandstrände, dafür dauert auch der Flug eine Stunde länger, aber das nehmen sie aufgrund der grossartigen, wunderschönen Landschaft sicherlich gerne in Kauf!" - Ich liebe Reisebüros. "Natürlich nehmen wir das in Kauf, gell Mamma?". Auch wurden mir Cocktails versprochen, unentgeltlich versteht sich für ein All Inclusive Hotel, Cocktails soweit das Auge reicht. Grosse Glasgläser, bunte Schnürchen auf Citronenscheiben und eingefärbter Zuckerrand, nicht ausser Acht zu lassen die Kirsche! Ich liebe Cocktailkirschen! Auf die Zimmer leg ich nie so viel wert. Sauber müssen sie sein, ordentlich, eine Toilette hätt ich bitte gerne und duschen möcht ich auch können, Badewanne ist Luxus, aber gegen Luxus hab ich natürlich auch nichts, eine Terrasse wäre nett, ein bisschen Privatsphäre günstig. Ein paar Menschleins hätte ich erwartet. Junges Gestüt das sich abends in die Discos drängt, morgens verkatert zum Frühstücksbuffet torkelt, sich über mittags am Strand rekelt und schläft um sich Abends wieder ins High Life zu stürzen. Ein bisschen Tummel eben.
Meine Erwartungen wurden bei weitem übertroffen. Es regnete nicht, es schüttete! Cocktails bestanden aus zwei Hauptnahrungsmitteln: Bacardi hell und Bacardi dunkel und wurden in Plastikbechern ausgehändigt. Junge Menschen gab es kaum und der Sandstrand war so gross wie meine Liegematte, der Eingang ins Meer mit Seeigeln überströmt und das Personal so unfreundlich wie ein Belgier der vor geschlossener Frittenbude steht. Im grossen und ganzen war das mein Urlaub, mehr als zwei Wochen lang, begleitet von hysterischen Anfällen meiner Mutter, stundenlangen Kloaufenthalten und einer Ohrenentzündung - man sollte eben erst ein Theoriestündchen nehmen bevor man sich auf zwanzig Meter tiefe ins grüne Wasser fallen lässt!
Aber als ich triefend Nass in die Hotelhalle stürzte und schlecht gelaunt und völlig übermüdet an dem antialkoholischem Begrüssungscocktail nuckelte, da wusste ich noch nicht das es in Punta Cana englische Regentropfen gab. Regentropfen die an deinem Körper hinuntergleiten als wären sie zärtliche Fingerspitzen eines Liebsten, die dich einmümmeln in ein schummriges Nass, das dein Inneres zum Kochen bringt, Regentropfen die an deiner Nasenspitze herunterlaufen, an ihr hängen bleiben und lachen, bis sie sich fallen lassen, mitten auf Deine Zunge und du mit ihr Deine Lippen benetzt als wäre Regen honigsüss. Tropfen, die nicht unangenehm laut ans Fenster pochen, sondern die einen sanften, trommeligen Rythmus schlagen, eine leise, verliebte Musik spielen, einen Grundton des Atmens erzeugen.
Ich setzte mich am nächsten Tag, nach einer ermüdenden Nacht der Kakerlakenjagd, an den Rand des Schwimmingpools und beobachtete das Wasser. Ins Wasser bin ich verliebt, ich war immer schon ins Wasser verliebt. Wie es sich bewegt, wie es herrscht und wie es sich von einer kleinen Bewegung erobern nicht aber erschüttern läßt. Und doch wurde es erschüttert. Das Wasserbecken eines gewohnen Schwimmingpools, als zwei grosse, blaue Augen plötzlich aus der Mitte des Wassers hervorkamen. Wasserringe bildeten sich um den Kopf des seltsamen Wassermannes und kreisten ihn in immer kleiner werdenden Abständen ein. Das Wasserwesen schenkte mir einen Blick und ein Lächeln und verschwand wieder, ebenso wie es gekommen war. Noch am gleichen Abend traf ich den geheimnisvollen Fremden, allerdings in trockenem Zustand und mit einem Plastikbecher Bacardi Cola in der Hand vor dem Hotelstrand. Am gleichen Abend tanzten wir zu den heissen Rythmen amerikanischer Popmusik und am gleichen Abend veränderte sich jeder Regentropfen des ganzen Landes in ein schmeichelndes Heilmittel, am selben Abend ging spät Nachts die Sonne auf und die Kakerlaken im Zimmer verwandelten sich in kleine, leuchtende Glückskäfer. Die Tage waren erfüllt mit einem Sonnenschein der sich mühevoll durch die Wolken drückte und sich dann mit Leichtigkeit seinen Weg ins Herz bahnte. Wir machten uns auf den Weg in die Stadt. Vorbei an alten Einheimischen, die kopfschüttelnd auf den Stiegen ihrer Häuser sassen und sich zwangsläufig fragten was zwei so extrem weisse Menschen in solch einer Gegend machten. Wir stürzten Motorradfahrern hinterher und baten sie uns mitzunehmen, wir gingen in dunkle, schmutzige Bars und versuchten dort zu ergattern was immer man uns gab, den verstanden wurde höchstens unsere Zeichensprache. In diesem Urlaub, in der Dominikanischen Repuplik, habe ich die Welt gesehen! Breit grinsende Gesichter ohne weisse Kragen. Schach, mitten auf der Strasse. Armut in Glück und heissen, englischen Regen. Cocktails aus der Flasche und kilometer lange Sandstrände ohne einen Menschen. Der englische Wassermensch zeigte mir das Leben und die Schönheit der Unterwasserwelt. Als ich abreiste regnete es. Doch es war nicht der Regen der schmerzte, es waren die Tränen die mir wie heisse Glut über die Wangen liefen. Heute ist alles Erinnerung und was blieb ist die Bestätigung das manche Träume wahr sein können, nie für lange, aber immerhin. Ich hatte einen Urlaub erwartet, oberflächliches Vormichhingedünse, Ruhe vom Leben. Ich habe Träume geschenkt bekommen, Erinnerungen, wahre Unwahrheiten, Liebe und englische Regentropfen!

Katharina

 

Hallo Katharina!

Eine schöne Geschichte und eine Liebeserklärung an die Dominikanische Republik, die man nicht aus Hotelburgen sieht. - Sehr schön!

Nochmal dieser Satz, wegen der Beistriche:

Dass es in der Dominikanischen Repuplik regnen würde, war mir mehr als bekannt. Selbst, dass es viel regnen würde. Nicht, dass es so viel regnen würde.......in diesem.....übersäten Land.

Zitat: "Grosse Glasgläser" - Gläser sind doch normalerweise aus Glas (vgl. Holzbäume, Wassergewässer,...) :confused:

"...die Bestätigung, dass manche Träume wahr sein können,..."

(Diese Liste ist unvollständig. Wenn ich sehe, daß Du editierst, komme ich gerne nochmal darauf zurück. ;) )

Liebe Grüße
Susi :)

 

Liebe Katharina, ich mag deinen Stil, was ich ja bereits mit meiner Kritik zu deinen Belgiern bewiesen habe,auch diese Geschichte gefällt mir. Ich hatte das Gefühl, mit dir in der Dominikanischen Republik zu sein.
Bitte sei jedoch so gut und bringe mehr Absätze in deine Geschichten, du mußt hier nicht auf engstem Raum alles hinschreiben. Unterteile die Geschichten und gib damit manchen Gedanken mehr freien Lauf.
Und bitte straffe diese Geschichte mehr, nimm ihr nicht die Atmosphäre, aber die füllenden Worte, die gar nicht fehlen, wenn man sie wegläßt.

 

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