Jaja, da fängt man ein Thema an, vergisst es zu abonnieren und fährt dann erst einmal in den Urlaub. Und schwupps! hat man viel zu kommentieren...
Worauf ich jetzt nicht im einzelnen eingehe, kann als von mir wohlwollend zur Kenntnis genommen betrachtet werden!
Katla:
wenn man bedenkt, dass SciFi in der Zukunft angesiedelt ist, frage ich mich eh, was dann eine Anna Berger dort zu suchen hätte. Egal, ob der Schauplatz in Deutschland oder woanders liegt. Schauen wir 600-1000 Jahre in die Vergangenheit, sind da doch auch kaum Namen, die heute irgendjemand ohne Ironie in einem Alltagstext verwenden würde.
Es wurde schon gesagt, aber die interessanteste SciFi ist oft diejenige, die in einer nicht allzu entfernten Zukunft spielt...
Bin mir ausserdem sicher, du würdest auch in keinem Alltagstext über einen Kevin Meistermann schreiben (außerhalb von Ironie), oder?
Der war ja jetzt auch nur ein Symbolbild - es darf auch gerne ein anderer Name sein...
Möchtegern:
Und viele Geheimdienst-plots müssten auch mit dem aktuellen BND funktionieren hat dann nur einen anderen Charme, es ist halt eine deutsche Behörde. Aber man könnte, wenn man denn wollte ...
Haha, ich hatte vor Kurzem mir mal eine Story überlegt, bei der der Verfassungsschutz einen Maulwurf zum Kanzlerkandidaten macht, um sicherzustellen, dass der Kanzler das Grundgesetz schützt (sprich: Verfassungsschutz manipuliert den politischen Willensbildungsprozess, um das GG zu schützen). Dann kam der NSU und warf die Frage auf, ob der Verfassungsschutz zu solchen durchtriebenen Verschwörungen überhaupt in der Lage wäre...
Meridian:
Horst Müller würde mir auch im echten Leben komisch vorkommen, genau wie Kevin Meistermann.
Und das, wo wir erst letztens einen Horst Köhler als Bundes- und einen Peter Müller als Ministerpräsidenten hatten...
Weil da ja meist davon ausgegangen wird, dass es irgendeinen Weltstaat und eine Weltkultur gibt und als Erbe des 20. Jahrhunderts ist diese vorgestellte Zukunftskultur eben amerikanisch dominiert. Vielleicht ändert sich das ja noch mal und in zehn Jahren tragen Weltraum-Admirale vermehrt chinesische Namen?
Ich bezweifele es, da dafür noch immer zu wenig Deutsche Mandarin sprechen. Mir persönlich ist ein Jack Burns von einem phantasielosen Autoren auch lieber als ein Ching Chang Chong. Die Namen sollten ja zumindest prinzipiell existieren können...
Viele "klassische" Horror-Szenarien sind recht US-spezifisch oder lassen sich zumindest nicht problemlos zu uns transferieren.
Einspruch! Dein Uckermark-Verweis beweist, dass es heutzutage auch in Deutschland gottverlassene Ecken gibt (und übrigens nicht nur Im Osten - Hunsrück und Eifel lassen grüßen...).
Selbst die schlimmsten Stadtteile von Berlin kommen nicht annähernd an das heran, was verschiedene US-Metropolen da zu bieten haben.
Als jemand, der nun fast ein Jahr in einer der 50 gefährlichsten Städte der Welt - gemessen an der Mordrate - gewohnt hat, möchte ich darauf hinweisen, dass dies aber auch eher ein verzehrtes Klischee ist. Mit Ausnahme von Detroit und New Orleans (und diese Städte sind selten Setting) sind in erster Linie lateinamerikanische Städte "gefährlich" - aber mit wenigen Ausnahmen nimmt sich kaum einmal jemand literarisch des Drogenkriegs in Mexiko an...
kinnison:
Aus meiner Sicht ist daher die häufige Verwendung englischer Namen in der SF auch eine Art von historisch begründeter Bescheidenheit.
Das halte ich für einen sehr interessanten Gedankengang - und wirft die Frage auf, wie mit Namen in anderen Ländern umgegangen wird, die keine große Weltraumtradition haben. Weiß jemand, was für Namen z.B. in Italien oder Lateinamerika vorherrschen?
Rick:
Ich find es grundsätzlich nervig, wenn da Kritiken nach dem Motto "Als deutscher Autor sollte man seine Geschichten bevorzugt (grundsätzlich?) auch mit deutschen Namen und in deutscher Umgebung platzieren".
Darum auch die losgelöste Debatte ohne Verweis auf konkrete Geschichten, denn mich interessiert eher die zugrundeliegende Intention als die Frage, ob in der Geschichte X von Autor Y nicht auch deutsche Namen möglich gewesen wären.
Quinn:
Aber es gibt schon Gründe, warum wir in den letzten Jahren keinen riesigen amerikanischen Genre-Film über 9/11 gesehen haben oder über Amokläufe an Schulen (es gibt da Sachen natürlich, aber die sind oft auf einem niedrigeren Level).
Einspruch, euer Ehren! Gerade in Sachen Schulmassaker gibt es mit "We have to talk about Kevin" den Gegenbeweis - das Buch wurde bereits verfilmt, der Film war auf vielen Shortlists für den Oscar, auch wenn er am Ende nicht nominiert wurde, und es ist definitiv kein Wohlfühl-Thriller. Das Ding kam vielleicht nicht gut an, aber es ist eben nicht so, dass nur noch Eskapismus geliefert würde...
So viel von mir. Und vielen Dank für die Antworten und auch die Diskussion über den Trend zum Eskapismus. Das hat zumindest mir einige Denkanstöße gegeben...