Endstation
Grelles Licht fuhr Philippe in die Augen, als er die Zugtüre öffnete. Kein Boden unter den Füßen, statt dessen weißer Rauch, in den die milchige Atmosphäre nahtlos überzugehen schien. Gespenstisch ragten filigrane Gebilde wie Stalagmiten aus den zäh dahinkriechenden Nebelschwaden empor. Sein Blick suchte die Ferne. Kein Anfang und kein Ende. Niemandsland.
Die trockene Luft quälte sich nur mühsam in seine Lungen. Einziger Überlebender. Ungefragt hatte man ihm diese Rolle zugeschrieben. Er hasste sie. Wollte lieber bei den anderen, wollte lieber tot sein. Statt dessen lehnte Philippe sich weit hinaus, ohne dabei den Schritt ins Nichts zu wagen. Die Angst zu fallen besiegte den Drang, diesen Zug zu verlassen, diese Stätte des Unglücks, das er erlebt hatte wie ein Zuschauer, der unbeteiligt von den Rängen herunter blickt. Abseits, weit weg von der Realität des grauenhaften Szenarios. Bruchstückhafte Gedanken. Zerfetztes Geschehen.
Er fror trotz der lauen Wärme, die lockend von draußen herein strömte, in der scheinbaren Absicht, die Erinnerung an die verhängnisvollen Minuten aus jedem Winkel des Wagons zu vertreiben.
Sehr weit weg berichtete ein Nachrichtensprecher von dem schrecklichen Unfall, der ein einziges Opfer gefordert hatte.
Ein Windhauch ließ Philippe auffahren. Lautlos schaukelnd schwebte es näher.
Sie kamen, um ihn zu holen.
[ 22.04.2002, 17:45: Beitrag editiert von: Cat ]