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Endstation

Cat

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06.03.2002
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101

Endstation

Grelles Licht fuhr Philippe in die Augen, als er die Zugtüre öffnete. Kein Boden unter den Füßen, statt dessen weißer Rauch, in den die milchige Atmosphäre nahtlos überzugehen schien. Gespenstisch ragten filigrane Gebilde wie Stalagmiten aus den zäh dahinkriechenden Nebelschwaden empor. Sein Blick suchte die Ferne. Kein Anfang und kein Ende. Niemandsland.
Die trockene Luft quälte sich nur mühsam in seine Lungen. Einziger Überlebender. Ungefragt hatte man ihm diese Rolle zugeschrieben. Er hasste sie. Wollte lieber bei den anderen, wollte lieber tot sein. Statt dessen lehnte Philippe sich weit hinaus, ohne dabei den Schritt ins Nichts zu wagen. Die Angst zu fallen besiegte den Drang, diesen Zug zu verlassen, diese Stätte des Unglücks, das er erlebt hatte wie ein Zuschauer, der unbeteiligt von den Rängen herunter blickt. Abseits, weit weg von der Realität des grauenhaften Szenarios. Bruchstückhafte Gedanken. Zerfetztes Geschehen.
Er fror trotz der lauen Wärme, die lockend von draußen herein strömte, in der scheinbaren Absicht, die Erinnerung an die verhängnisvollen Minuten aus jedem Winkel des Wagons zu vertreiben.

Sehr weit weg berichtete ein Nachrichtensprecher von dem schrecklichen Unfall, der ein einziges Opfer gefordert hatte.

Ein Windhauch ließ Philippe auffahren. Lautlos schaukelnd schwebte es näher.
Sie kamen, um ihn zu holen.

[ 22.04.2002, 17:45: Beitrag editiert von: Cat ]

 

Hallo Cat,

die Geschichte finde ich echt nett. Das Schmunzeln konnte ich mir nicht verkneifen. :D

Merkwürdigerweise finde ich den letzten Absatz/Satz sehr schön.
Hat was mysteriöses. :thumbsup:

Gruß
Mad Ferox

 

Ein freundliches Miau,

sag' mal, habe ich das richtig verstanden? Dass der Protagonist, der sich eingebildet hatte, der einzige Überlebende eines Unfalls zu sein, in Wirklichkeit der einzige Tote ist? Und wer sind die, die ihn "holen" kommen? Engel? Teufel?

Oder habe ich da was falsch verstanden?

Buuuh...gruselig! Und wirklich super geschrieben!

P.

 

jo so hab ich das auch verstanden! find ich aber gutz die idee! naja denke er ist in der hölle wg. den stalagmiten und der wärme! vielleicht hätte man das unglück noch eingrenzen können (bahnunglück oder so). die idee ist aber echt klasse auch geschrieben isses sehr gut!weider so!

 

Hi!
Vielen Dank für eure Kritiken, habe mich sehr gefreut!

@Mad Ferox:
Dein Schmunzeln wundert mich ein bißchen, denke aber, es bezieht sich auf den letzten Satz. Schön, dass dir der so gut gefällt und du die Geschichte (oder nur den letzten Absatz?) als mysteriös empfindest, denn das sollte sie sein.

@ Pipilasovskaya:
Ein freundliches Miau zurück ;)
Das hast Du völlig richtig verstanden. Er glaubt, als einziger überlebt zu haben, ist aber tatsächlich der einzige Tote. Wer ihn da holt, kann ich dir leider selbst nicht genau sagen, denn es sollte ein offener Schluss sein, mit dem Effekt, dass man nach dem Lesen darüber nachdenkt. Ich könnte mir vorstellen, dass es etwas Überirdisches ist; was genau, bleibt deiner Fantasie überlassen.

@['instin(c)t]:
Meinst du mit Unglück eingrenzen, dass der Nachrichtensprecher erwähnen sollte, dass der Unfall ein Zugunglück war? Oder dass generell nicht klar wird, um welches Unglück es sich handelt?
Interessant finde ich, dass Du Dir unter der beschriebenen Landschaft die Hölle vorstellst. Wie schon oben erwähnt, wollte ich das völlig offen lassen.


Viele Grüße an euch alle

Cat

 

nee mit dem zugunglück meinte ich nur, das es ja passen würde, wenns ein zugunglück wäre. allgemein kritisiere ich das nicht beschrieben wird was das für ein unglück war und spätestens der nachrichtensprecher würde das doch sagen oder`?

 

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