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Endlich

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23.01.2014
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Endlich

Nicht weit von Salzburg, ungefähr zwanzig Kilometer im Bayrischen, liegt ein kleiner Moorsee. Der größte Teil seines Ufers ist bewaldet oder verschilft, Rückzugsgebiet für brütende Vögel; nur eine Wiesenfläche auf der morgens von der Sonne beschienenen Seite ist für den Badebetrieb frei gegeben.
Braun und still lag er heute Morgen da und regte sich nicht, nicht das kleinste Kräuseln, so windstill war es. Die Familien, die Kinder, die ihn in der Nachmittagshitze bevölkern, waren noch zu Hause. Es war früh. In der alten Badeanstalt hatte die Kioskwirtin gerade den Kaffee fertig. Ich bezahlte, trug ihn von der Theke, verschüttete ein wenig, weil sie es zu gut gemeint hatte beim Einschenken, setzte mich auf die Terrasse, auf der ich der einzige Gast war, und blickte auf den See. Ein einsamer Schwimmer fügte seiner Fläche eine kleine längliche Wunde zu, die sich sofort wieder hinter ihm schloss. Weit weg reckten sich schroffe Alpengipfel in das Diesige wie eine ferne Kulisse, die nahen längst nicht so hohen Berge wirkten wahrer, dunkel und waldig grün. Sie spiegelten sich nicht mit ihren Linien in der Fläche des Sees, verdunkelten mit ihrem Abbild nur das Moorbraun des Wassers.
Angrenzend an das Bad liegt ein Seniorenwohnheim. Heute war Fronleichnam. Auf der dem See abgelegenen Seite des Gebäudes spielte unter Baumkronen und zwischen Sträuchern eine Kapelle aus dem benachbarten Ort Kirchenlieder. Die Bewohner des Heims saßen in Stuhlreihen, viele auch in ihren Rollstühlen. Eine Messe wurde gelesen für die Menschen, die fast schon auf ein zur Gänze gelebtes Leben zurück blickten.
Ich betrachtete die schlafende Hexe. Man muss sie kennen, um sie zu erkennen, die langgestreckte Felskontur mit der scharfen Nase und dem spitzen Kinn, das sie dem Morgengewölk über ihr entgegen reckte. Was kümmern sie die Menschlein, die ihr über den Bauch krabbeln? Sie schläft.
Staub zu Staub. Ich kann damit nichts anfangen. Das Wasser ist es. Aus ihm bin ich gekrochen, aus ihm ist alles gekrochen, seltsam, dass ich mir wünsche, dass es mich irgendwann umfängt, wenn ich gehen muss. Ertrinken soll kein schöner Tod sein.
Auf der Seeseite des Nachbarhauses war kein Mensch zu sehen. Anscheinend waren alle bei der Messe, alle dachte ich, bis auf die bettlägerigen. Nur eine alte Frau mit weißem Körper und weißen dünnen Haaren ging gebückt mit vorsichtigen Tippelschritten auf das Ufer zu, watete langsam und unbeirrt ins Seichte. Im Wasser, je tiefer es wurde, je mehr es sie von ihrem Gewicht befreite, wurden ihre Schritte sicherer. Als es ihr bis zur Brust reichte, begann sie mit kleinen ruhigen Bewegungen zu schwimmen.
Aus dem Garten trug mir ein aufkommender leichter Wind singende brüchige Stimmen zu. Sie lobten den Herrn und ich konnte ihre und meine Endlichkeit fühlen vor den Bergen und der Stille des Sees. Dann verstummte die Musik. Wir werden alle verstummen, die Hexe und den See wird es nicht kümmern.
Sie war schon weit, schwamm ruhig und stetig als wäre sie endlich in ihrem Element. Jeder ihrer Schritte auf dem Weg vom Haus zum Ufer war mir wie ein tapferer Kampf erschienen. Nun war sie leicht.
Ich musste an Caspar denken. Meinen Hund, dem ich vor einigen Wochen den Tod geschenkt hatte. Sein Riesenherz, in den letzten beiden Jahren seines Lebens aufs Doppelte gewachsen, das jeden Tag weniger pumpen konnte, seine Augen, wenn er lag und keine Kraft mehr zum Laufen hatte, zu schwach zum Hund sein, sein Blick, mit dem er immer noch mich trösten wollte, mich den gesunden, weil er meine Traurigkeit erkannte.
In diesem Augenblick wusste ich, auf welchem Weg diese alte gebrechliche Frau war.
Ich stand auf und rannte, sprang über den Holzzaun auf das Nachbargrundstück, irgendwo war auch eine Tür, ich wusste nicht wo, sah im Laufen, dass ihre Bewegungen langsamer geworden waren, riss mir stolpernd meine Schuhe von den Füßen, öffnete den Gürtel, sprang aus meiner Hose, streifte das Shirt ab. Als ich über den Steg anlief zum Sprung in den See, sah ich, dass sie trieb. Dann tauchte ich ein, schwamm mit meinen kräftigsten Zügen, ich bin kein guter Schwimmer, ich schwamm Brust, ich kann nichts anderes, aber so erblickte ich sie nach jedem Zug, wenn ich den Kopf hob, ihre weißen Haare, ich war nicht schnell genug, dann kraulte ich, ich beherrsche den Atemrhythmus nicht beim Kraulen, aber es ging schneller, ich schnappte Luft und Wasser, egal, ich kam an, war das die Stelle, an der ich eben noch ihren Kopf, gesehen hatte, ich hoffte, tauchte mit offenen Augen im braunen See, nichts zu sehen, nichts zu erkennen, nur trübes Wasser, dann berührte ich, griff zu, es war ein Arm, ich zog sie empor, ich weiß nicht, wie lange sie ohne Luft war, wie wassergefüllt ihre Lungen waren, schwamm rückwärts, hielt sie mit einem Arm fest, mit ihrem Rücken auf meiner Brust liegend, Beinschläge mit all meiner Kraft. Es war weit. Als ich Boden unter den Füßen hatte, mich umdrehte, sie in meinen Armen trug, sah ich am Ufer eine Schwester in Weiß stehen, sie rief etwas. Zu mir? Ich wusste es nicht, verstand nichts, aber dann gesellten sich andere Menschen zu ihr, immer mehr, und als ich mit der Frau in meinen Armen aus dem Wasser stieg, wurde sie mir abgenommen, ins Gras gelegt, Menschen umringten sie, ich konnte nicht erkennen, was sie taten.
Ich setze mich ins Gras, war gar nicht so erschöpft, nur mein Kopf, wartete, ließ meinen Atem zur Ruhe kommen, beobachtete das Treiben vor mir, langsam stand ich auf, sammelte auf dem Rückweg meine Kleidungsstücke ein, fand nun auch die Tür, die hinüber ins Bad führte, mein Rucksack hing noch über der Stuhllehne auf der Terrasse, ich entnahm im ein Handtuch, trocknete mich, zog mich an.
Ich saß und kümmerte mich nicht um die Zeit. Ich muss lange so gesessen sein, ohne viel von meiner Umgebung wahrzunehmen. Es war mir entgangen, dass sich die Café-Terrasse gefüllt hatte, auch die Uferwiesen des Bades, Decken hatten sich breitgemacht, Eltern die ihren Kleinen Schwimmflügel überstreiften.
Die Tür zum Nachbargrundstück war in meinem Blickfeld, ein alter Mann öffnete sie von drüben, schloss sie hinter sich und kam mit bedächtigen Schritten auf mich zu. Er setze sich ohne zu fragen an meinen Tisch. Schwieg eine Weile, ich auch, er betrachtete mich, dann sagte er:
Es geht ihr gut. Es geht ihr so gut wie vorher. Oder so schlecht. Sie geben ihr Morphium gegen die Schmerzen. Der Krebs frisst sie auf.
Sie hat es mir vor ein paar Wochen gesagt. Nur mir. Weil sie Vertrauen zu mir hatte, sagte sie. Ich würde sie nicht aufhalten, würde sie verstehen. Natürlich habe ich zuerst gesagt: das kannst du doch nicht tun, Erna. Aber sie sagte: Doch ich kann. Und dann hatte sie ihren ganzen Mut gesammelt. Wochenlang. Und immer wenn ich sie fragte oder auch nur fragend ansah, nickte sie. Ich will es tun und ich kann es tun. Ich wusste nicht wann. Hätte es mir denken können. Der Tag der Messe, wenn alle auf der anderen Hausseite im Park wären, alle Bewohner und auch die Schwestern, die Pfleger, die Ärzte. Keiner würde sich am Ufer oder am Steg aufhalten.
Und dann bist du gekommen.
Ich muss ihn völlig fassungslos angesehen haben, denn er legte seine Hand auf meine: Du kannst nichts dafür.

 

Hallo wander,

eine sehr berührende Geschichte, fand ich. Eingebettet in diese Bergwelt, die ich sehr gut und teilweise sehr lyrisch beschrieben fand. Es scheint, der Prot identifiziert sich mit der Situation der alten Frau (Sehnsucht im Wasser "aufzugehen", Erkennen der Todesnähe durch Erinnerung an seinen Hund). Interessanterweise ist er nur so in der Lage, die Frau zu retten, denn ein anderer hätte wahrscheinlich die Absicht der Frau nicht erkannt. Diese beiden Ebenen (auf Seiten der Frau und des Prot), das Erspüren des Wunsches der Frau und das sich Wehren dagegen, das Verhindern des gewollten Todes machen die Geschichte ergreifend und spannend, finde ich (und existenzialistisch...).

Was mir noch so an Kleinigkeiten auffiel beim Lesen:

Kommasetzung - oft nicht ausreichend und manches dadurch nicht gut lesbar.

Auf der Seeseite des Nachbarhauses war kein Mensch zu sehen
Da dachte ich erst, es handelt sich um ein anderes Haus, vielleicht auf der anderen Seite des Cafés. Vielleicht besser - "des Heims" o.ä.

Anscheinend waren alle bei der Messe, alle dachte ich, bis auf die bettlägerigen.
...die Bettlägerigen. Großschreibung, so weit ich weiß.

...mein Rucksack hing noch über der Stuhllehne auf der Terrasse, ich entnahm im ein Handtuch, trocknete mich, zog mich an.
ihm.

Ich muss lange so gesessen sein, ohne viel von meiner Umgebung wahrzunehmen.
... gesessen haben? Oder "regionale Sprachtönung"?

Er setze sich ohne zu fragen an meinen Tisch.
setzte.

Fand übrigens auch Deine Geschichte "Die Berührung" schon faszinierend...

Liebe Grüße
Cleng

 

Hallo Wander,

sehr schön, wie sich die Geschichte über die Bilder der Natur, dann über das Altwerden und schließlich bis zum Genughaben vom Leben aufbaut. Unglaublich gut gelungen. Ich bin mir nur im Zweifel, ob es nicht besser gewesen wäre, der todgeweihten Krebspatientin ihren Willen zu lassen. Die Rettung kommt positiv rüber aus der Perspektive des Prots, aber eine doch eher sinnlose Hilfe. Ein Urteil ist in der Tat schwer. Wie ich es aber herauslese, hätte die Patientin nur noch an paar Wochen (Monate?) mit Schmerzen zu leben. Wahrscheinlich würden die meisten Menschen wie dein Prot handeln.

Und dann bist du gekommen.
Der Alte fand sein Kommen (die Rettung) nicht passend? Sehe ich das richtig? Dann wäre das Ende natürlich sehr gelungen, weil die Gegenposition vertreten wäre.

„Endlich“ hätte die kranke Frau sicher nicht nach Ihrer Rettung gesagt. Aus ihrer Sicht würde der Titel „Schade“ vielleicht besser passen. Warum eigentlich der Titel „Endlich“? Weil der Prot sehnsüchtig den Selbstmordversuch erwartet?

Aber berührend und faszinierend, wie Du mit „Sterbehilfe“ eine Geschichte aufbaust.

Viele Grüße
Fugu

 

hallo Fugu, natürlich war die Rettung das Dümmste, was geschehen konnte. Kommt das nicht rüber? Das ist keine aktive Sterbehilfe...der alte Mann war einfach in der Lage zu schweigen, sich zurückzunehmen. Voller Hochachtung und Respekt vor dem Mut der Frau. Und der Prot hat einfach reagiert und sie damit Scheitern lassen. Das macht ihm der Alte schon klar; aber er macht ihm keinen Vorwurf daraus.
Und "endlich" hat auch eine andere Bedeutung, Fugu. Wir sind alles "endlich"

 

Hallo Wander,

danke für die Aufklärung.

Ich hatte das zuerst so gelesen (Wegen den Absätzen):

"Es geht ihr gut. Es geht ihr so gut wie vorher. Oder so schlecht. Sie geben ihr Morphium gegen die Schmerzen. Der Krebs frisst sie auf."

"Sie hat es mir vor ein paar Wochen gesagt. Nur mir. Weil sie Vertrauen zu mir hatte, sagte sie. Ich würde sie nicht aufhalten, würde sie verstehen. Natürlich habe ich zuerst gesagt: das kannst du doch nicht tun, Erna. Aber sie sagte: Doch ich kann. Und dann hatte sie ihren ganzen Mut gesammelt. Wochenlang. Und immer wenn ich sie fragte oder auch nur fragend ansah, nickte sie. Ich will es tun und ich kann es tun. Ich wusste nicht wann. Hätte es mir denken können. Der Tag der Messe, wenn alle auf der anderen Hausseite im Park wären, alle Bewohner und auch die Schwestern, die Pfleger, die Ärzte. Keiner würde sich am Ufer oder am Steg aufhalten."

"Und dann bist du gekommen."

Jetzt lese ich es so:

"Es geht ihr gut. Es geht ihr so gut wie vorher. Oder so schlecht. Sie geben ihr Morphium gegen die Schmerzen. Der Krebs frisst sie auf.
Sie hat es mir vor ein paar Wochen gesagt. Nur mir. Weil sie Vertrauen zu mir hatte, sagte sie. Ich würde sie nicht aufhalten, würde sie verstehen. Natürlich habe ich zuerst gesagt: das kannst du doch nicht tun, Erna. Aber sie sagte: Doch ich kann. Und dann hatte sie ihren ganzen Mut gesammelt. Wochenlang. Und immer wenn ich sie fragte oder auch nur fragend ansah, nickte sie. Ich will es tun und ich kann es tun. Ich wusste nicht wann. Hätte es mir denken können. Der Tag der Messe, wenn alle auf der anderen Hausseite im Park wären, alle Bewohner und auch die Schwestern, die Pfleger, die Ärzte. Keiner würde sich am Ufer oder am Steg aufhalten.
Und dann bist du gekommen."

Viele Grüsse
Fugu

 

Hallo wander,

mich konnte dein Text leider nicht überzeugen. Das Thema Freitod im Alter - ich assoziere ebenso Sterbehilfe damit - ist ein wichtiges, klar, wird auch mehr und mehr beackert, allerdings wirst du ihm nicht gerecht, wie ich finde. Ist das überhaupt das Thema? Wo liegt der Schwerpunkt? Da erst ab der Hälfte wirklich etwas passiert, kann ich das nicht klar erkennen. Was du ztw. in ein/zwei Sätzen abhandelst, bedürfte viel mehr Raum und Tiefe. So wirkt vieles sehr oberflächlich und klischeebehaftet.

Auf der Seeseite des Nachbarhauses war kein Mensch zu sehen.

MMn könnte die Geschichte hier beginnen - fände ich übrigens einen gelungenen ersten Satz. Die ersten Absätze tragen für mich weder das Thema, noch leiten sie es gut ein, dienen bestenfalls dazu, einen Bruch innerhalb der Geschichte vorzubereiten. Drei, vier Absätze!, die du streichen könntest - zumindest sehe ich das so -, ohne die Geschichte maßgeblich zu verändern. Deshalb gehe ich auch nicht näher auf sie ein, obwohl du sie gut geschrieben hast, aber eben ziellos irgendwie, zumindest zu ausufernd, in Relation zum Rest.

Sein Riesenherz, in den letzten beiden Jahren seines Lebens aufs Doppelte gewachsen, das jeden Tag weniger pumpen konnte, seine Augen, wenn er lag und keine Kraft mehr zum Laufen hatte, zu schwach zum Hund sein, sein Blick, mit dem er immer noch mich trösten wollte, mich den gesunden, weil er meine Traurigkeit erkannte.
In diesem Augenblick wusste ich, auf welchem Weg diese alte gebrechliche Frau war.

Den ersten Satz finde ich furchtbar (kompliziert), auch stilistisch unschön. Da dürften auch mehr Punkte dazwischen. Sind eigentlich die Augen zu schwach zum Hundsein? Da würde ich auf jeden Fall ran.

Wie er jetzt von der Schwimmerin zum eingeschläferten Hund kommt, hm? Okay. Dass er dann vom Gedanken an den eingeschläferten Hund den Geistesblitz ableitet, die Frau könne sich das Leben nehmen wollen? Also nee, ich bekomme das nicht zusammen, überzeugt mich überhaupt nicht. Übrigens könnten sich Leser an dem Vergleich stören, den Tod eines Hundes mit dem eines Menschen in Verbindung zu setzen. Ich gehöre allerdings nicht dazu :).

Du nutzt anschließend lange Sätze, viele Kommata, die gut zur Atemlosigkeit der Situation passen, wie ich finde.

Ich setze mich ins Gras, war gar nicht so erschöpft, nur mein Kopf, wartete, ließ meinen Atem zur Ruhe kommen, beobachtete das Treiben vor mir, langsam stand ich auf, sammelte auf dem Rückweg meine Kleidungsstücke ein, fand nun auch die Tür, die hinüber ins Bad führte, mein Rucksack hing noch über der Stuhllehne auf der Terrasse, ich entnahm im ein Handtuch, trocknete mich, zog mich an.

Hier übertreibst du es allerdings - ich habe über 60 Wörter gezählt. Abgesehen davon, dass der wirklich unschön ist, der Satz und zu Verwirrungen einlädt (ich stolperte über "nur mein Kopf wartete"; klar da ist ein Komma, ich stolperte trotzdem), finde ich, da sich die Situation geändert hat, könntest du auch den Rythmus wieder angleichen.

... mein Rucksack ..., ich entnahm i[h]m ein Handtuch ...
.

Mir ging das zu schnell. Er schafft es mit der Alten - und das, als ungeübter Schwimmer - ganz relaxed ans Ufer ("war gar nicht so erschöpft"), obwohl sie weit draußen waren ("Es war weit."), sammelt die Klamotten ein und geht. Ich weiß nicht ..., lass ihn doch erschöpft sein, hm? Und will er denn nicht wissen, was los ist? Wie es der geht, bevor er sich vom Acker macht?

Decken hatten sich breitgemacht, Eltern[Komma] die ihren Kleinen Schwimmflügel überstreiften.

Abgesehen vom Komma, glaube ich nicht, dass das grammatikalisch so funktioniert, mit den Eltern. Da fehlt (gefühlt) was oder du gönnst ihnen und den Kleinen einen eigenen Satz.

Er setze sich[Komma] ohne zu fragen an meinen Tisch.

Tja, dann folgt die Pointe und was du da in ein/zwei Sätzen auftischst, ist eben genau das, was mir viel zu wenig ist. Da ist soviel Konfliktpotential drin ... Ich glaube, es wäre besser gewesen, wenn du dich tiefer in den Kopf der Suizidalen hineinversetzt hättest, um auszuloten, was es dazu braucht, so eine Entscheidung zu treffen. Sich einem "Mitbewohner?" anzuvertrauen (warum eigentlich?) Ich könnte hundert Fragen aufzählen ... Da brauchts einfach mehr. Mich hat das gar nicht berührt, in der Art. Wirkt beinahe wie auf Pointe geschrieben das Ganze, dafür ist die Pointe aber zu ernst, aktuell, wie ich finde.
Übrigens, lesenswerter erschien mir, wenn du Anführungszeichen verwenden würdest.

Also, du könntest mich glatt als Leser gewinnen, wenn du die Geschichte weiter erzählen, auserzählen würdest. Dann wäre alles bisher Geschriebene erst der Anfang gewesen ... :)

Natürlich gebe ich nur eine Meinung wieder.

Danke fürs Hochladen & Gruß

hell

 
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Hallo wander,

die Geschichte hat mir gefallen. Sie hat Hand und Fuß und endet an der richtigen Stelle. Und ich finde, der Prot hat eindeutig richtig gehandelt. So viel er zu dem Zeitpunkt wusste (nämlich nichts), konnte er sie nur retten. Alles andere wäre moralisch verwerflich gewesen. Hätte er sich sagen können: »Och, die rette ich nicht, die Alte will bestimmt Schluss machen mit sich und der Welt«? Dann würde ich ihm wünschen, dass er wegen unterlassener Hilfeleistung verknackt wird und dich als Autor ganz schön zur Sau machen, dass du sowas schreibst. ;) Außerdem frage ich mich, was rief die Schwester vom Ufer aus? »Lass sein, die Alte wollte es so«?

Handwerklich ist die Geschichte gelungen. Dennoch lasse ich mal meine Neigung zum Meckern freien Lauf ... ;)

Anmerkungen zu einzelnen Textstellen:
(„>>“ bedeutet: nur als Anregung/ein Beispiel)

Ein einsamer Schwimmer fügte seiner Fläche eine kleine längliche Wunde zu, die sich sofort wieder hinter ihm schloss
  • Diese Metapher finde ich schwülstig und unnötig. >> Ein einsamer Schwimmer durchquerte in bedächtigen Zügen die Mitte des Sees.

Weit weg reckten sich schroffe Alpengipfel in das Diesige wie eine ferne Kulisse, die nahen längst nicht so hohen Berge wirkten wahrer, dunkel und waldig grüen.
  • »in das Diesige«? Nicht in den Dunst oder so?
  • Komma nach »nahen«
  • grün

Angrenzend an das Bad liegt ein Seniorenwohnheim.
  • Ein Haus steht. >> Direkt beim Bad steht ein Seniorenwohnheim

Eine Messe wurde gelesen für die Menschen, die fast schon auf ein zur Gänze gelebtes Leben zurück blickten.
  • der Relativsatz ist überflüssig und kitschig, vergleichbar mit »Ich aß eine Banane, die sich ängstlich vor mir krümmte«. Alleine würde »die Menschen« aber auch wirken wie aus einer Politikerrede gehopst. >> Eine Messe wurde gelesen | Für die Alten wurde eine Messe gelesen.

Sein Riesenherz, in den letzten beiden Jahren seines Lebens aufs Doppelte gewachsen, das jeden Tag weniger pumpen konnte, seine Augen, wenn er lag und keine Kraft mehr zum Laufen hatte, zu schwach zum Hund sein, sein Blick, mit dem er immer noch mich trösten wollte, mich den gesunden, weil er meine Traurigkeit erkannte.
  • Auch ich finde, der Satz ist etwas, nun ja, weniger gelungen. Mein Versuch, ihn zu verbessern, ist vielleicht ein bisschen rührselig, nur zur Inspiration >> Sein Herz, in seinen letzten beiden Jahren aufs Doppelte gewachsen, konnte jeden Tag weniger pumpen. Wenn er lag und keine Kraft mehr zum Laufen hatte, sollte sein Blick wohl trösten, mich, den traurigen Gesunden.

Es war mir entgangen, dass sich die Café-Terrasse gefüllt hatte, auch die Uferwiesen des Bades, Decken hatten sich breitgemacht, Eltern die ihren Kleinen Schwimmflügel überstreiften.
  • Auch dieser wäre zu überarbeiten, wie hell schon sagt >> ... Bades. Decken wurden ausgebreitet, Eltern streiften ihren Kleinen Schwimmflügel über.

Schwieg eine Weile, ich auch, er betrachtete mich, dann sagte er:
Es geht ihr gut. Es geht ihr so gut wie vorher. Oder so schlecht. Sie geben ihr Morphium gegen die Schmerzen. Der Krebs frisst sie auf. [...]
  • Hier scheinst du dir unsicher gewesen zu sein, wer was tut und in welcher Reihenfolge >> Wir schwiegen eine Weile. Dann betrachtete er mich und sagte schließlich
  • Anführungszeichen fehlen. Ich weiß, es gibt Autoren, die sich darüber hinwegsetzen. Meinetwegen, ich muss die ja nicht zweimal lesen.

Aber gern gelesen,
-- floritiv.

 

Danke Tashmetum, da ist einiges Bedenkenswertes für mich drin. vor allem das "weniger ist mehr".

 
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Hallo Wander

Hat mir gefallen. Eine Weile dachte ich, dass es vielleicht keine Geschichte sondern irgendsoein Gefühlsding wird, ein Stück bei dem es darum geht, wie blau der Himmel sein kann und wie wunderbar kühlend ein Bad in einem See, wenn es heiss ist im Sommer. Wurde es aber zum Glück nicht.

Zweierlei fiel mir auf:

Sein Riesenherz, in den letzten beiden Jahren seines Lebens aufs Doppelte gewachsen, das jeden Tag weniger pumpen konnte, seine Augen, wenn er lag und keine Kraft mehr zum Laufen hatte, zu schwach zum Hund sein, sein Blick, mit dem er immer noch mich trösten wollte, mich den gesunden, weil er meine Traurigkeit erkannte.

Der unterstrichene Teil erscheint mir ungelenkig. Vielleicht besser: … zu schwach, um Hund zu sein …

Dann dachte ich noch kurz darüber nach, ob das stimmt, was der alte Mann dem jungen Helden als Begründung für den Entscheid der Frau sagt. Er erweckt nämlich den Eindruck, als ob Krebs das Leben der Frau unerträglich macht und als ob sie darum den Tod durch «Versinken» im See vorziehen würde. Gleichzeitig sagt er, dass man ihr Morphium gebe. Soviel ich weiss, müsste aber mit genügend Morphium auch der schlimmste Schmerz «vergehen». Der Nachteil wäre ein «Versinken» im Morphin-Rausch; also ein Vorgang, den zwar manche als würdelos betrachten, der aber ansonsten ziemlich genau dem entspricht, was sie angeblich im See sucht. Warum also dennoch in den See gehen? Darum fragte ich mich, ob die Sachlage wirklich so einfach und klar ist, wie der Bekannte der Frau sie darstellt.

Gruss teoma

 

danke teoma, danke hell, danke floritiv....manche eurer Kritikpunkte zu Formulierungen kann ich gut annehmen. Bei anderen steh ich weiterhin zu meiner und finde sie passender zu der Art, wie ich erzähle.
Ich habe jetzt auch einige Punkte gelesen zur Logik meiner Geschichte. Das ist ein schwieriges Feld, finde ich. Das Thema, das in der Geschichte wach wird, hat zu tun mit Sterbehilfe, Sterbebegleitung, Freitod, auch Medikation bei Sterbenden....ich werde versuchen, wirklich unlogische Stellen zu verbessern. Aber grundsätzlich sind diese Themen nicht welche, die ich erörtern will. Das wäre überhaupt nicht machbar bei der Länge und auch bei den Genre). Und schon gar nicht erschopfend und alles Fragen beantwortend. Mir gehts viel mehr um das Hineinschlittern des Prot in diese Zusammenhange, ungewollt und unbewusst. Und das nach seinem melancholisches Sinnieren über Natur, Endlichkeit und Tod, verstärkt durch die Beobachtung der Messe und die Gedanken an seinen Hund, dem er sein Leiden abgekürzt hat. Plötzlich wird der Sinnierer zum Handelnden in genau diesen Zusammenhängen und all sein Sinnieren ist Makulatur. Er versteht nichts. Handelt wie ein Simplizissimus. Nur das ist die Geschichte, die ich erzähle.

 
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Hallo Wander,
hatte deine Geschichte so verstanden, dass der Prot eher aus Angst handelt, also die Frau rettet als Reaktion auf seine Gedanken und Erkenntnisse, eben aus Angst vor dem Tod... So wie Du es beschreibst, klingt es, als wäre die ganze Einleitung "sentimentales Gewäsch", um dem Leser eine Bedeutung vorzugaukeln... Naja, jeder "liest", was er will. Und der Aufbau einer Story entsteht ja auch teilweise unbewusst und wird einem wohl erst durch die Auseinandersetzung damit klarer.
Du scheinst eine große Stärke im Aufwerfen von widersprüchlichen Positionen zu haben und die machen deine Sachen auf jeden Fall interessant.
LG
Cleng

 
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Hallo Wander

Mir gehts viel mehr um das Hineinschlittern des Prot in diese Zusammenhange, ungewollt und unbewusst. Und das nach seinem melancholisches Sinnieren über Natur, Endlichkeit und Tod, verstärkt durch die Beobachtung der Messe und die Gedanken an seinen Hund, dem er sein Leiden abgekürzt hat. Plötzlich wird der Sinnierer zum Handelnden in genau diesen Zusammenhängen und all sein Sinnieren ist Makulatur. Er versteht nichts. Handelt wie ein Simplizissimus. Nur das ist die Geschichte, die ich erzähle.

Hm, das ist tatsächlich alles in der Geschichte vorhanden. Aber ich habe es teils überlesen. Seltsam, nicht? Vielleicht habe ich sie zuwenig aufmerksam gelesen oder zu wenig darüber nachgedacht, oder aber du hast zu wenig betont, was du vermitteln wolltest. :hmm: So eine Krux.

Gruss teoma

 

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