Endlich Regen
Die Küsse fallen wie heißer Tau auf meine Haut. Von jedem Kuss bleibt mir für Sekunden eine Feuchtberührung in Erinnerung. Ganz kurz nur, eben bloß für Sekunden, denn Kuss folgt auf Kuss.
Miss Di verküsst sich auf meinem in ein weißes Laken hinein gedichteten Leib. Eine vollendete Zufriedenheit füllt mich an vom Kopf bis zu den Füßen. Meine Hautgedanken verdichten sich auf einer Bühne und schlagen lustige Purzelbäume. Die Augen geschlossen verträume ich mein Mannsein in eine fernere Welt. Der Mann hat seinen aggressiven Akt erledigt. Nun liegt sein Ich wie aufgeblättert und so ganz verloren an den Graupenregen Kuss.
Miss Di fliegt ihr heißes Körperweich in einer Fastnichtberührung an mir vorbei. Ihr Flug fühlt sich an, wie der glühende Föhnwind, der den späten Mittwochnachmittag des zwölften August Zweitausend und drei benarrte, die Menschen sogar im Anblick des grünen Spiegels eines kühlen Sees verschwülen und dabei so manchem Mann die Hoden schwellen ließ. Bei etwas Glück fand so ein Kochtopf auch seinen zu ihm passenden Deckel. In diesem Sommer wurden wohl viele Kinder gezeugt.
Ha, und .... bumm, puh, geil .... aus ihrem Nabelloch floss schon bald der Schweiß in wahren Strömen. Mir erging es ebenso. Ich war wohl glitschnass. Ich leckte ihr das Flusssalz vom Hals, von den Schultern, ihren Brüsten, und auch den süßsauren Klarapfelgeschmack ihres hellgrünen Stiftes von den Lippen. Die Süße und das Salz - sie schlugen sich in Wonnen. Mmmmhhhh.
Und dafür vergeht sie sich nun an mir. Ich zerbebe unter der Vergewaltigung mit Küssen. Ich bin ganz weit weg und doch so nah .... und ich bete:
"Oh Herr, halt bitte an diesen Augenblick, wirf mich mit Miss Di in eine Zentrifuge der Zeitlosigkeit. Lass mich mich dort den Lebensrest an ihr verreiben. Sonst habe ich keine Wünsche mehr."
Ich bin doch nicht vermessen? Meine Wunschreduzierung ist doch nicht etwa maßlos übertrieben?
Ich kranke für Sekunden einen Traum: Ich wünsche mir, mit Miss Di in einer gemeinsam begangenen Ichvernichtung zu einer einzigen ewiglichen Zweisamkeit ineinander zu verschmelzen.
Irgendwann dann schliefen die Küsse ein. Ich habe dieses Wann nicht mehr mitgekriegt, bin schon zuvor entschlafen. Ich erwachte dann irgendwann am frühen Morgen. Danaes Kopf war leicht an meiner Schulter angebettet. Sie war Alles, was meine eine Seite wärmte. Ein kühler Wind strich vom offenen Fenster herein. Was ich hörte war der seit Langem von uns Allen ersehnte Regen, der die Blätter der durstigen Bäume beraschelte und Danaes regelmäßige Atemzüge. Endlich kühler. 38 Grad im Schatten, eine Unerträglichkeit. Das hält auf Dauer ja kein Mensch aus. Da freut einen das Arbeiten nicht mehr. Scheiß Arbeit.
Na ja! Jetzt soll es ja etwas kühler werden, heißt es. Temperaturen jenseits der Dreißig sollen vorbei sein. Hoffentlich. Doch das Wetter soll doch noch bis Ende September halten. Unvorstellbar. So einen Sommer habe ich noch nicht erlebt. Mir ist es nun schon fast zu kühl. Meine Hüfte fröstelt. Der kühle Wind hat mich aufgeweckt. Ich greife vorsichtig über mein Dornröschen hinweg und nach dem Leintuch und zieh es uns bis zum Hals. Sie verwohlt zart grunzend an mir. Ich mauere sie .... uns sanft unter der Decke ein, so dass es nirgends mehr reinzieht und schlafe dann mitten in eine tiefsüße Traumentartung hinein.
Endlich Regen. Dies war wohl der Gradgierigste Sommer meines hoffentlich noch langen Lebens. Endlich Regen. Endlich Regen.
© Copyright by Lothar Krist (15.8.2003 von 2.30 - 4.00 Uhr)