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Empfänger

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16.03.2013
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Empfänger

Silke konnte es einfach nicht glauben. Wie lange schon wollte sie so einen haben? Immer kam etwas dazwischen, oder das Geld war knapp. Jetzt stand er endlich auf der Kommode, so wie sie es sich vorgestellt hatte. Auf einem Flohmarkt hatte sie ihn heute Morgen entdeckt: So einen alten Radioempfänger, mit fetten Knöpfen und beleuchteter Senderleiste. Sie mit ihrem Faible für alte Sachen, keiner in ihrem Freundeskreis konnte es verstehen. Doch was wussten die schon.
Sie fragte sich, ob er noch funktionierte. War ihr eigentlich egal, er sollte ja nur als Deko dienen. Und der Stecker sah auch nicht gerade wie der sicherste aus. Versuchen konnte sie es ja Mal. Hinter dem Schrank war eine Steckdose, und rein damit.
Aus dem Lautsprecher rauschte es und eine grüne Zierleiste wurde beleuchtet. Ihre Augen funkelten, denn das sah jetzt noch viel besser aus. Sie drehte am Knopf, bekam aber kein Signal rein. Nur das ewige Rauschen. Sie lauschte hinein in dieses Rauschen. Es hatte sie schon immer fasziniert. Es klang wie ein Regenschauer oder das Meer. Sie hatte sich immer vorgestellt, damit tief in die Unendlichkeit des Alls vordringen zu können, dort wo noch nie ein Ohr zuvor gewesen war. Oh Mann, sie ertappte sich gerade dabei, einem Radio ohne Empfang zuzuhören, wie albern! Als sie ausschalten wollte, hörte sie, wie von weiter Ferne ihr Name gerufen wurde. Verdutzt hielt sie inne, hatte sie sich nur getäuscht? Natürlich hatte sie das. Trotzdem horchte sie noch eine Weile. Es rauschte. Sie stellte ihn ab und zog zusätzlich noch den Stecker.

Eines Morgens nach dem Aufstehen bemerkte Silke, dass das Radio eingeschaltet war. „Moment mal“, dachte sie sich, „war jemand in ihrer Wohnung gewesen?“ Panisch blickte sie umher, fand aber alles an seinem Ort. Nach einer Weile beruhigte sie sich wieder. Vielleicht war es ja mal wieder passiert. Seit ihrer Kindheit kam es nämlich ab und zu mal vor, dass sie schlafwandelte und dabei ziemlichen Unfug anstellte. Einmal war sie sogar im Schlafanzug aus dem Haus gegangen. Ihre Mutter war ihr gefolgt und musste zusehen, wie ihre Tochter schnurstracks zum Friedhof ging, sich vor das Grab einer wildfremden Person stellte und anfing zu reden. Es war noch dazu in einer Fremdsprache gewesen. Nach einer Weile hatte sie aufgehört sich mit wem auch immer zu unterhalten und war wieder zurück nach Hause in ihr Bett gegangen. Silke fröstelte bei dem Gedanken.
Gestern bei der Arbeit hatte sie Petra, eine Kollegin von ihr, die sie nicht besonders gut leiden konnte, auf das Radio angesprochen. Wie man sich so einen alten Kasten, der nicht mal funktionierte, ins Wohnzimmer stellen könne, fragte sie vor den anderen. Sie habe auch so einen geerbt und ihn schleunigst als Sperrmüll entsorgt. Silke versuchte zu erklären, dass solchen alten Gegenständen eine Art Seele innewohnte. Alles was dieses Radio erlebt habe, alle Unterhaltungen, Streitereien, oder vielleicht auch, wie zwei Menschen verliebt mit einander getanzt haben, wäre nun ein Teil von ihm geworden. Und es konnte ja sein, dass es von dem Erlebten etwas zurückgeben könne. Die anderen schauten sich nur an und verzogen hämisch grinsend die Gesichter.
Sie stellte das Radio ab. Dann machte sie es nochmal an und drehte auf. Es rauschte wieder.

Es war Winter geworden. Schneeflocken schwirrten wie kleine Insekten durch die Luft. Der Stadtverkehr verwandelte die Straße zur Matschpiste. Tanja betrat das Bekleidungsgeschäft. Es lief eine Musik, die die junge Kundschaft zum Verweilen einlud. Sie lief zur Kassentheke.
„Entschuldigung, arbeitet Silke heute nicht?“ fragte sie die Verkäuferin. „Sorry, die ist krankgemeldet, seit zwei Wochen. Wir wissen auch nicht, was sie hat.“
„Danke.“
Sie wählte Silkes Nummer auf ihrem Handy. Keiner ging ran. Sie schaute auf die Uhr und da sie noch Zeit hatte, beschloss sie, bei Silke vorbei zu schauen. Die Wohnung lag nicht weit entfernt.
Tanja kannte Silke schon seit dem Kindergarten, aber im Alter von sechszehn, hatten sich ihre Wege getrennt. Silke war anders als die anderen Mädchen gewesen, irgendwie eigentümlich. Silke zog alte Klamotten an, manche waren schon ziemlich vergammelt. Sie sammelte allen möglichen Krimskrams, von Knöpfen über Bierdeckel bis hin zu alten Büchern, solche Bücher die kein Mensch je gelesen hat und auch jemals lesen wird. Schrieb Gedichte und hörte alte Platten. Das alles hatte Tanja eigentlich an ihr gemocht, aber was sollten die anderen dazu sagen, wenn sie mit ihr abhing? Es passte einfach nicht. Aber jetzt war man ja reifer geworden und die Wogen hatten sich geglättet. Man wusste, was wirklich zählt, dass es um mehr ging, als um nur aufgesetzte Dinge. Und deshalb pflegte Tanja seit einiger Zeit wieder den Kontakt zu Silke, denn sie betrachtete ihre Freundschaft als eine Bereicherung und Abwechslung für ihr eigenes Leben.

An der Wohnungstür angekommen drückte Tanja den Knopf. Es summte eine alte nervige Klingel. Niemand da. Sie hatte sich schon wieder umgedreht, als Silke die Tür dann doch öffnete.
„Hi, das ist aber eine Überraschung!“ Silke strahlte.
Nachdem sie sich ausgiebig begrüßt hatten, betraten sie die Wohnung.
„Ich hol uns was zum trinken, geh doch schon ins Wohnzimmer!“
Sofort fiel Tanja ein seltsamer Geruch auf, aber so war es halt bei Silke. Sie ließ sich auf die Couch fallen. Ihr Blick wanderte umher.
“Oh man, hier scheint schon lange nichts mehr gemacht worden zu sein“, dachte sie sich. Da fiel ihr der Radioempfänger auf, der neu zu sein schien. Er war angeschaltet, aber rauschte nur. Nach einer Weile stand sie auf um einen Sender einzustellen, fand aber keinen. Nur irgendwelche Stimmen aus der Ferne waren zu hören. Sie stellte ihn ab und setzte sich mit einem Seufzen wieder aufs Sofa.
Silke brachte einen Tee. Wie selbstverständlich schaltete sie im Vorbeigehen das Radio wieder an. Dann schenkte sie ein und setzte sich lächelnd.
„Wie geht’s dir denn so, Silke. Weißt du, ich war bei deiner Arbeit und die haben mir gesagt, du wärst krank und da hab ich mir Sorgen gemacht.“
„Mir geht’s ausgezeichnet! Nö, die von der Arbeit…“, sie winkte ab, „die haben doch keine Ahnung!“
„Ach so, du gehst dort gar nicht mehr hin?“
„Ja klar, ich hab jetzt was Besseres gefunden. Eine neue Aufgabe sozusagen.“ Sie blickte zu ihrem Radio. „Weißt du, eigentlich hab ich gewusst, dass du zu mir kommst.“
„Ach ja,… von wem denn?“
„Das würdest du mir jetzt sowieso nicht glauben, aber ich habe eine Überraschung für dich, gib‘ mir mal deine Hand!“
Tanja zögerte, irgendwas an Silkes Art ließ sie schaudern. Sie streckte dennoch ihre Hand hin. Blitzschnell packte Silke Tanjas Hand, zog ein Küchenmesser hervor und schnitt ihr in den Arm.
Tanja schreckte zurück. Erstarrt beobachtete Sie, wie das Blut den Arm herunter lief und auf den Teppich tropfte. Silke stürzte sich auf sie. Aber Tanja warf den Tisch um und fiel rücklings über die Lehne der Couch. Sie rappelte sich auf, wollte nur raus, weg von hier!
„Warte doch Tanja, es tut auch bestimmt nicht weh. Es wird dir gleich viel besser gehen, bitte glaube mir!“ rief Silke ihr nach.
Tanja war schon an der Wohnungstür angekommen, aber sie war verschlossen! Sie war ihr ins Netz gegangen. Tanja schrie in Todesangst. Silke kam langsam auf sie zu. Dabei drehte sie das Messer in ihrer Hand.
„Lass mich in Ruhe! Was willst du von mir?“
„Ich will gar nichts von dir, meine Liebe. Es ist nur so, dass ich meine Anweisungen habe und du bist von ihnen auserwählt worden. Deine Seele ist zu Höherem als zu deinem erbärmlichen Dasein bestimmt. Nun komm schon, ich bring’s zu Ende.“
Tanja merkte, wie ihr die Kräfte schwanden. Ihr wurde schwarz vor Augen….

Silkes Mutter war den weiten Weg aus Rumänien gekommen, um nach ihrer Tochter zu sehen. Sie hatte sie schon lange nicht mehr telefonisch erreicht und machte sich nun Sorgen, auch weil Silke beim letzten Telefonat so eigenartig geklungen hatte. Von Stimmen, einem Portal und kranken Seelen hatte sie gesprochen. Silkes Mutter war ja einiges von ihrer Tochter gewöhnt, aber nun war sie zu weit gegangen. Sie machte sich ernsthaft Sorgen um Silkes Geisteszustand. Nachdem sie einige Male geklingelt hatte, öffnete sie die Tür mit ihrem Zweitschlüssel. Ein fauliger Geruch wehte ihr entgegen. Mit vorgehaltener Hand und einer bösen Vorahnung schlich sie den Gang zum Wohnzimmer entlang. Ein altes Radio rauschte mit voller Lautstärke vor sich hin. Keine Spur von Silke. Sie betrat das Bad. Überall waren Fliegen. Der Vorhang der Badewanne war zugezogen. Sie wollte ihn nicht öffnen, aber sie musste es tun. Als sie ihn zur Seite geschoben hatte, erblickte sie einen Berg modriger Leichenteile, die in einer schwarzen Brühe schwammen. Darüber, am Haken der Brause, hing ihre Tochter, die mit einem nachdenklichen Lächeln ihr Werk zu betrachten schien. Die Mutter kippte um und fiel auf die kalten Fliesen.
Es klang fast so, als ob das Summen der Fliegen mit dem Rauschen des Radioempfängers übereinstimmte.

 

Hallo Cybernator

Thematisch fand ich den Beginn deiner Geschichte nicht schlecht gewählt, obwohl voraussehbar, dass da Stimmen aus dem Radioempfänger folgen mussten. Dann driftest du aber arg ab, in einen für mein Empfinden billigen Abklatsch von Horrorvorstellung. Es klingt, als ob zwei völlig verschiedene Ideen zusammengemischt worden wären. Dies ist schade, da das Thema durchaus Potential für eine spannende Handlung hat, wenn du deiner anfänglichen Intention nur treu geblieben wärst. Es kann natürlich passieren, dass einem Autor sich eine Idee präsentiert, der Anfang gut läuft, es dann aber nicht mehr weitergeht. Doch da kann man nicht einfach etwas willkürlich anhängen, entweder gelingt es den Faden wieder aufzunehmen, oder man lässt das Stück fallen. Vielleicht gelingt es dir ja noch, nachträglich diesen Sachverhalt zu verbessern, dem Ganzen einen vernünftigen Dreh zu geben, aber dazu müsstest du sie überarbeiten.

Du wähltest eine einfache Sprachform, was an sich gut ist, doch liesse sich einiges etwas gewandter formulieren. Doch aller Anfang ist schwer und so habe ich nachfolgend nur ein paar Dinge rausgepickt, die mir besonders auffallend waren.

Oh man, sie ertappt sich dabei einem Radio ohne Empfang zuzuhören, wie albern, aber auch irgendwie romantisch.

Oh Mann,

Sie stellt ihn ab und zieht den Stecker noch dazu.

… zusätzlich auch noch raus.

Nun komm her, ich bring’s zu ende.“

Ende

Silkes Mutter war ja einiges von ihrer Tochter gewöhnt, hatte den Schlafwandel aber stets als Kindheitsphantasien abgetan.

das Schlafwandeln
Dieser Satz bildet zudem einen logischen Fehler zu bisher Gesagtem. Du schriebst weiter oben, dass Silkes Mutter sie gesehen hatte, als sie schlafwandelte und zum Friedhof ging. Auch erinnern sich Schlafwandler selbst nicht an diese Phasen. Als Kindheitsfantasien hätte die Mutter es nur abtun können, wenn das Kind etwas fabuliert hätte, aus Träumen zusammengereimt.

Sie will ihn nicht öffnen, aber sie muss es tun. Sie erblickt einen Berg modriger Leichenteile, die im braunen Blut schwimmen.

Gestocktes oder altes Blut ist derart dunkel, dass das Auge es als schwarz wahrnimmt. Wenn es mit Wasser vermischt wird, kann sich die Tönung verdünnen, bis hin zu dunklen Schlieren im Wasser. Das Bild liesse sich also präziser umschreiben und nicht einfach mit Braun.

Ich habe noch bei deinen beiden anderen Geschichten nachgeschaut, wie du mit Anregungen umgehst. Zu deinem Text Love Story hattest du Novak u. a. folgendes geantwortet:

Es tut mir Leid, wenn dich Der Tippfehler so quält, war auch betimmt keine Absicht. Darfst du gerne berichtigen.

Diese Aussage wirkt mir nicht nur unüberlegt, sondern mehr noch, nicht sehr geistreich. Wenn du dir die Mühe machst, nachzusehen, wie andere Schreibende mit Geschichten erfolgreich umgehen, kannst du erkennen, sie korrigieren und ändern Inhalte, wenn es angezeigt ist. Nicht dass jemand etwas gegen seine eigene Überzeugung ändern muss, aber Rechtschreibefehler sind das absolute Minimum, wenn es jemandem ernst ist mit dem Schreiben.
Wenn es nur Tippfehler sind, lassen sich diese direkt im eingestellten Text vornehmen oder bei grösserer Überarbeitung ganze Passagen oder der ganze Text über den fehlerhaften kopieren. Hierzu musst du die Bearbeitungsanzeige unten anklicken, und im Fenster öffnet sich der entspreche Modus.

Also, ich bin gespannt, was du aus dieser und deinen beiden andern Geschichten noch machst. Viel Glück!

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo Anakreon.
Vielen Dank für das Lesen und deine Kritik!
Ich habe die Geschichte schon vorher überarbeitet, versucht Silke mehr Tiefe zu geben und auch dichter am Empfänger zu bleiben. Ich weiß nicht, ob ich sie so umfangreich bearbeiten werde, wie es wohl angezeigt ist. Zum einen habe ich die Schlafwandelgeschichte reingenommen, weil sie tatsächlich einer Bekannten von mir passiert ist und um anzudeuten, dass Silke schon immer"empfänglich" für die andere Welt war. Ich denke, ich werde lieber was Neues schreiben und versuchen, den Faden besser festzuknoten.

Wegen dem nicht sehr geistreichen Umgang mit Novaks Bemerkung, bedauere ich nicht den richtigen Ton getroffen zu haben. Es klingt wirklich ein bisschen unverschämt, gerade hinsichtlich der aufbauenden Worte, die sie mir geschrieben hat.

Nochmals vielen Dank und alles Gute!

 

Hallo Cybernator,

die Grundidee zu der Geschichte finde ich nicht schlecht. Silkes Vorliebe für alte Sachen hängt damit zusammen, dass sie eine Art sechsten Sinn hat und die Vergangenheit der Gegenstände spüren kann ... und dann gerät sie leider an ein besessenes Radio, das sie, weil sie für das Übersinnliche empfänglich ist, zu Mord und Suizid treibt. So ähnliche Sachen spielen sich in vielen anderen Horrorgeschichten und -filmen ab, aber das muss nichts heißen, man kann auch aus sehr oft verwendeten Motiven noch interessante Geschichten herausholen.

Dein Text hat im Moment noch ein paar handwerkliche Mängel, aber manches hat mir durchaus gefallen, und ich denke mit einer weiteren Überarbeitung könntest du ihn noch mal ein Stück verbessern.

Das Ganze ist sehr knapp gehalten und vieles ist nur angedeutet, aber ich denke nicht, dass sich das ändern muss, außer du hättest Lust darauf, es zu einer längeren Geschichte auszubauen. Dass du nicht zeigst, was genau Silke von dem Radio zu hören bekommst, verstärkt den Eindruck, dass sie eine Außenseiterin ist, die so ein bisschen in ihrer eigenen Welt lebt, und man könnte die Geschichte auch so interpretieren, dass sie einfach bloß Wahnvorstellungen entwickelt hat.

Also am grundlegenden Aufbau der Geschichte müsste sich aus meiner Sicht nichts ändern, aber jeden Fall gibt es sprachlich noch eine Menge Verbesserungspotenzial.

Eine grundsätzliche Frage: Warum erzählst du die Geschichte im Präsens? Ich habeim Prinzip nichts dagegen, bei manchen Geschichten ist das auf jeden Fall die richtige Wahl - aber hier hatte ich das Gefühl, die einfache Vergangenheit würde besser funktionieren, besonders, weil du an einigen Stellen die Vorvergangenheit benutzt, was aber nicht geht wenn der Rest des Textes im Präsens steht.

Hier ist eine Liste von Sachen, die mir im Text aufgefallen sind (zum Teil sogar positiv :)):

Sie mit ihrem Faible für alte Sachen, keiner in ihrem Freundeskreis konnte es verstehen. Aber was soll’s? Wenn’s ihr gefällt.
kann es verstehen.
Abgesehen davon habe ich mich hier gefragt, was das für eine Perspektive ist. Du erzählst ja hier eigentlich aus der Sicht von Silke, aber diese Sätze wirken so, als ob jemand sie von außen betrachtet. Dieses "Was soll's, wenn's ihr gefällt" - das ist etwas, was ein Freund oder Kollege sich vielleicht denken würde, der das nicht richtig nachvollziehen kann, aber sowas denkt man doch nicht über sich selbst. Silke weiß doch, warum ihr die alten Gegenstände soviel bedeuten.

Sie hat sich immer vorgestellt, damit tief in die Unendlichkeit des Alls vordringen zu können, dort wo noch nie ein Ohr zuvor gewesen war.
Ich musste ein bisschen schmunzeln bei dem Satz. Ich weiß nicht, ob so eine leicht verschrobene Person, die sich so stark zu Antiquitäten hingezogen fühlt, gleichzeitig auch ein Science-Fiction-Fan wäre, aber mir hat es jedenfalls gefallen.

Eine Woche Später, Silke kommt gerade vom Einkaufen zurück
später klein

Moment mal, denkt sie sich, war jemand in ihrer Wohnung gewesen? Panisch blickt sie umher, findet aber alles an seinem Ort. Nach einer Weile beruhigt sie sich wieder. Vielleicht ist es mal wieder passiert. Seit ihrer Kindheit kam es ab und zu mal vor, dass sie schlafwandelte und dabei ziemlichen Unfug anstellte. Einmal war sie sogar im Schlafanzug aus dem Haus gegangen. Ihre Mutter war ihr gefolgt und musste zusehen, wie ihre Tochter schnurstracks zum Friedhof ging, sich vor das Grab einer wildfremden Person stellte und anfing zu reden. Es war noch dazu in einer Fremdsprache gewesen. Nach einer Weile hat sie aufgehört sich mit wem auch immer zu unterhalten und ist wieder zurück nach Hause ins Bett gegangen.
Hier hast du so einen wilden Mischmasch aus Präsens, Präteritum, Perfekt und Plusquamperfekt. Ich glaube, du könntest es dir wirklich einfacher machen, wenn die ganze Geschichte in der Vergangenheitsform erzählt würde. Dann passt es auch mit der Vorvergangenheit.
Außerdem, wenn sie das Radio beim Schlafwandeln angemacht hätte, hätte es ihr doch schon auffallen müssen, bevor sie Einkaufen gegangen ist. Aber na ja, Leute reden sich ja auch Sachen ein, um sich zu beruhigen :). Den Mix der verschiedenen Zeitformen solltest du aber auf jeden Fall glätten.

Gestern bei der Party hat Petra, ihre Kollegin, sie von der Seite angemacht. Wie man sich so einen alten Kasten, der nicht mal funktionierte, ins Wohnzimmer stellen könne, fragte Petra sie vor den anderen. Sie habe auch so einen geerbt und ihn schleunigst als Sperrmüll entsorgt. Silke versuchte zu erklären, dass solchen alten Gegenständen eine Art Seele innewohnte. Alles was dieses Radio erlebt habe, alle Unterhaltungen, Streitereien, oder vielleicht auch, wie zwei Menschen verliebt mit einander getanzt haben, wäre nun ein Teil von ihm geworden. Und es konnte ja sein, dass es von dem Erlebten etwas zurück geben könne. Die anderen hatten sich nur angekuckt und hämisch grinsend die Gesichter verzogen.
Das wirkt auf mich eher wie das Verhalten von Teenagern als von Erwachsenen. Ich schließe nicht aus, dass es so etwas gibt, aber wenn ich als höflicher Mensch zu einer Party eingeladen bin (und die Leute müssen ja bei Silke zu Gast sein, um das Radio sehen zu können), dann mach ich den Gastgeber doch nicht dumm an, auch wenn ich seinen Möbelgeschmack vielleicht komisch finde. Und wenn ich weiß, dass andere mit Unverständnis reagieren, würde ich vielleicht auch nicht meine esoterischen Theorien vor allen ausbreiten, sondern eher etwas Ausweichendes sagen wie "ich habe Antiquitäten schon immer gemocht". Die Szene sollte schon drin sein, mit dieser Erklärung warum alte Sachen für Silke so faszinierend sind, aber Petra kann die Frage ja einfach aus Neugier stellen, und Silke könnte eine ausweichende Antwort geben und ihre wahren Beweggründe könnten in ihren Gedanken zutage treten.

Es läuft eine Musik, die die junge Kundschaft zum verweilen einlädt.
Verweilen groß

Tanja kennt Silke schon seit dem Kindergarten, aber später haben sich ihre Wege getrennt, als sie so 16 waren.
Das sagt man zwar umgangssprachlich, aber geschrieben wirkt es doof. Und Zahlen sollte man in Geschichten ausschreiben, weil es schöner aussieht. Also würde ich draus machen "als sie ungefähr sechzehn waren"

Außerdem kann man hier den Eindruck bekommen, das wäre das erste Mal, dass Tanja wieder Kontakt aufnimmt, seit sie sechzehn war. Das passt aber nicht, weil sie ja weiß, wo Silke arbeitet und wohnt. Das könntest du noch ein wenig eindeutiger machen, dass sie schon eine Weile wieder mit Silke Kontakt hat und sie jetzt besuchen will, weil sie länger nichts mehr von ihr gehört hat.

Sofort fällt Tanja ein seltsamer Geruch auf, aber so war es halt bei Silke.
so ist es halt (wenn du das mit dem Präsens beibehalten willst)

Sie Stellt ihn ab und setzt sich mit einem Seufzen wieder aufs Sofa.
stellt klein

Wie selbstverständlich schaltet sie im Vorbeigehen den Radio wieder an.
das

Erstarrt beobachtet Sie, wie das Blut den Arm herunter läuft und auf den Teppich tropft.
sie klein

Silke kommt grinsend und in aller Ruhe auf sie zu. Sie spielt dabei mit dem Messer.
„Lass mich in Ruhe! Was willst du von mir?“
Das Wort Ruhe taucht zweimal kurz nacheinander auf. Du könntest Silke langsam oder auch einfach nur so auf Tanja zukommen lassen, um die Wiederholung zu vermeiden. Das "grinsend" fand ich auch nicht so toll, das ist so ein Horror-Klischee, da seh ich immer Jack Nicholson in "Shining" vor mir. Sie sagt ja, dass sie eigentlich kein persönliches Interesse daran hat, Tanja umzubringen, sie folgt halt ihren Anweisungen. Deshalb würde ich es besser finden, wenn sie einfach ganz cool sozusagen ihren neuen Job ausführt, ohne zu grinsen.

Deine Seele ist zu höherem als zu deinem erbärmlichen Dasein bestimmt.
Höherem groß

Tanja merkt, wie ihr die Kräfte schwinden, ihr wird schwarz vor Augen….
Von einem Schnitt in die Handfläche kippt man aber nicht so schnell um. Vielleicht solltest du sie beim ersten Mal die Pulsader erwischen lassen :baddevil:

Wieder einige Wochen später.
Kannst du weglassen, dass Zeit vergangen ist, wird auch so deutlich

Ein alter Radio rauscht mit voller Lautstärke vor sich hin.
altes

Es klingt fast so, als ob das Summen der Fliegen mit dem Rauschen des Radioempfängers übereinstimmt.
Der letzte Satz gefällt mir :thumbsup:

Grüße von Perdita

 

Hallo Perdita!

Danke für deine Kritik. Sie hat mir wirklich Lust darauf gemacht, mir die Geschichte nochmals vorzunehmen.
Eine wirklich wertschätzende und damit produktive Kritik, denn schließlich muss ich handwerklich noch einiges dazulernen.
Was ich nicht verstehe ist die allgemeine Abneigung gegen Klischees oder abgenutzte Motive. Das Leben besteht doch auch aus ständigen Wiederholungen. Aber egal.
Ich denke, ich werde die gute Silke noch etwas abhängen lassen und werde die Sache in 2 Wochen nochmals angehen.

Liebe Grüße
Cybernator

 

Hallo noch mal,

Sie hat mir wirklich Lust darauf gemacht, mir die Geschichte nochmals vorzunehmen.
Das höre ich sehr gern, das heißt ich muss beim Kommentieren was richtig gemacht haben :)

Was ich nicht verstehe ist die allgemeine Abneigung gegen Klischees oder abgenutzte Motive. Das Leben besteht doch auch aus ständigen Wiederholungen.

Na ja, dir wird es doch auch so gehen, dass etwas frisches, neuartiges, nicht vorhersehbares irgendwie aufregender ist als etwas, das man so ähnlich schon viele Male gesehen hat.

Das ist nicht so gemeint, dass alles, was schon mal da war, per se schlecht ist - es gibt seit Jahrhunderten Geschichten über Vampire, und trotzdem schaffen es manche Leute noch, ganz exzellente Vampirgeschichten zu schreiben. Nur wenn man zum hundersten Mal liest, wie sich ein Mädchen in einen blassen geheimnisvollen Typen mit auffälligen Eckzähnen verliebt, wird man es doch irgendwann leid :p. Also wenn ich das Gefühl habe, dass eine Geschichte auf einem ziemlich ausgetretenen Pfad daherkommt, dann weise ich darauf hin - vielleicht motiviert es den Autor, etwas Neues zu probieren und sich originellere Alternativen zu überlegen. Aber Klischees sind nicht grundsätzlich abzulehnen und man kann sie glaube ich auch nicht komplett vermeiden. Und das wird auch immer eine sehr individuelle Sache sein. Einem Leser, der schon sehr viel Ähnliches gelesen hat, gehen vielleicht Sachen auf den Keks, die anderen noch ganz unverbraucht und cool vorkommen :).

Grüße von Perdita

 

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