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Eltern werden - #0der: Sind wir eigentlich bescheuert?
Schlafen 2.0
Nein, wir haben in der Erziehung nicht alles richtig gemacht. Das ist uns nun klar.
Fernsehen? Auszeit? Ein gemütlicher Abend? Bei uns gibt es das nicht mehr. Seit Neustem sind mein Mann und ich Spieler. Ja, jeden Abend. Wir spielen Schnick-Schnack-Schnuck. Hiermit losen wir aus, wer den restlichen Abend am Gitterbett unseres Kindes sitzen muss.
Denn Jacob schreit.
Ja, natürlich, jedes Kind schreit. Jedoch kenne ich bis dato keines, welches an Jacob herankommt.
Unser Sohn möchte zum Schlafen nicht alleine sein. Also schreit er wenn wir den Raum verlassen. Es sind Töne, welche Gläser zerspringen lassen könnten. Seine Lunge war von Anfang an gut entwickelt, aber soetwas haben wir nicht erwartet. Jedoch sind es nicht nur diese Töne. Nein, die Lautstärke und Ausdauer sind noch schlimmer. Jacob kann stundenlang schreien ohne dabei an Kraft zu verlieren.
Um ehrlich zu sein haben wir Angst, dass die Nachbarn die Polizei rufen könnten.....oder noch schlimmer... einen Priester zwecks Teufelsaustreibung. Denn des Abends ist unser Kind nicht das, was es tagsüber zu sein vorgibt!
Um unsere Nerven – und auch die Nerven der Nachbarn in ca. einem Kilometer Entfernung- zu schonen, gehorchen wir unserem sechs Monate altem Baby und der Verlierer unseres Spieles verbringt den Abend im Kinderzimmer.
Es ist jedoch nicht so, das Jacob unsere Anwesenheit reicht, Nein, Jacob quält uns. Wir müssen neben dem Bett sitzen und seine Hand halten. Durch das Babygitter. Die ganze Zeit bis er eingeschlafen ist.
Lässt man los, dann schreit er. Bewegt man sich, dann schreit er.
Aber hey! Ich kenne Babys, welche nicht ohne das Ohr eines Elternteils in der Hand schlafen können. Versucht das mal durch das Gitterbettchen!
Leider habe ich heute verloren und sitze somit am Bett unseres Sohnes. Die Hand so verdreht, dass sie sowohl durch die Gitter passt, als auch seine kleine Hand umschließt.
Ich habe Glück! Nach nur (!) 30 Minuten ist er heute tatsächlich friedlich eingeschlafen.
Vorsichtig lasse ich Jacobs Hand los und stehe auf. Nein, das ist nicht ganz richtig. Eigentlich befinde ich mich in einer Art Schwebezustand. Lautlos und sanft schwebe ich unter Anstrengung all meiner Muskeln in die Höhe. Mein Bein ist eingeschlafen, meine Hand schmerzt. Egal! Ich muss leise sein und versuche nicht zu atmen, bis ich aus Jacobs Zimmer heraus bin. Es sind lediglich vier Schritte. Jedoch muss ich auf einige Fallen gefasst sein. Überall liegt kleines Spielzeug herum, welches, wenn mit meinem Fuß getroffen, laut durch den Raum purzeln und Jacob aufwecken könnte. Ebenfalls knarren die Holzdielen. Es knarrt nicht jede Diele und somit gleicht das Verlassen des Zimmers einem Staffellauf in Zeitlupe. Man muss genau überlegen, wohin man tritt und darf keine Sekunde unkonzentriert sein.
Ich befinde mich kurz vor der Tür und..."Knarr" Nein! Falscher Fuss! Das Geräusch des Bodens dringt durch meinen ganzen Körper. Langsam drehe ich mich zu Jacobs Bettchen um. Mein letzter Atemzug dürfte gefühlte 10 Minuten her sein. >Was sind schon Muscheltaucher gegen junge Eltern?<
Jacob hat die Augen auf! Das Zimmer ist dunkel, jedoch weiß ich, dass er sie geöffnet hat. Ich spüre das. Es ist ähnlich wie das Gefühl eines Beutetieres welches von seinem Fressfeind beobachtet wird.
Bloß nicht bewegen. Vielleicht schläft Jacob wieder ein.
Wie eine Wachsfigur stehe ich mitten im Raum. Mist, ich muss atmen! Mir wird langsam schwarz vor Augen.
Jacob fängt an zu weinen...
Ich atme.....
....und sitze wieder am Bett.