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Elisabeth Sophie

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03.07.2004
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Elisabeth Sophie

Wolfenbüttel im Sommer 1748

Im Ratszimmer des Schlosses hatten sich Herzog Karl Ferdinand, Hofmarschall von Werttemberg, Kanzler von Hallen mit einem Schreiber, Herzogin Elisabeth Sophie sowie Frau von Merker, die derzeitige Mätresse des Herzogs, versammelt.
Der Herzog eröffnete die außerordentliche Sitzung: „Vor nunmehr zehn Jahren wurde mir Elisabeth Sophie angetraut. Einen Erben konnte Ihre Hoheit mir in dieser Zeit nicht schenken. Vielmehr inkommodiert Madame den Hof mit spitzen Reden und unangemessenem Intrigen. C’est fini. Ich erlasse die Order, dass Ihre Hoheit fürderhin in Schloss Wendhausen residieren wird.“
Niemand sprach, der Schreiber brachte die Order zu Papier und der Herzog subskribierte. Dann erhoben sich die Herren. Karl Ferdinand verließ mit seiner Favoritin den Raum. Frau von Merker warf der verbannten Herzogin noch einen triumphierenden Blick zu und wäre beinahe gegen den Türpfosten gerannt: „Wieso schaut sie so glücklich?“, murmelte sie, vergaß dann aber bald wieder diese Szene.

Wolfenbüttel im Frühjahr 1751

Herzog Karl Ferdinand wurde von seinem Kanzler im Privatkabinett aufgesucht: „Soeben ist Nachricht aus Schloss Wendhausen eingekommen. Eure Gemahlin ist guter Hoffnung.“
„Was für ein Elend. Der Bankert ist nicht von mir. Ich habe diese Person die letzten drei Jahre gar nicht gesehen. Ich bezichtige sie der Untreue. Leitet alle erforderlichen Schritte in die Wege.“
„Das könnte diffizil sein. Ihr habt Euch im Winter mehrmals in Wendhausen aufgehalten.“
„Weil die Belange des Gutes meine Anwesenheit erforderten. Ich bin nicht im Schloss gewesen.“ Karl Ferdinand echauffierte sich zunehmend.
„Ich befürchte, ein förmliches Verfahren hätte bei diesem Sachverhalt geringe Aussicht auf Erfolg. Ich rate Euer Durchlaucht sehr eindringlich von immediaten Schritten ab. Zunächst wissen wir noch nicht, ob es ein Knäblein sein wird. Und wenn dies eintritt, bitte ich Euer Durchlaucht, zu bedenken, dass Euer Durchlaucht bisher keinen Stammhalter haben. Das Volk ist bereits beunruhigt, aber sobald das freudige Ereignis bekannt wird, dürfte wieder eitel Ruhe eintreten. Ich rate Euer Durchlaucht dringlichst, bis zum dritten Wiegenfest zu attendieren. Dann wird sich die Abkunft erkennen lassen.“

Wendhausen im Sommer 1754

Am Ende eines verregneten Sommers versammelte sich eine illustre Gesellschaft im blauen Salon von Schloss Wendhausen, um das dritte Wiegenfest des Kronprinzen zu feiern. Herzog Karl Ferdinand war mit Frau von Merker und Mademoiselle Philine d’Aincourt bereits am Mittag angereist und lustwandelte mit den Damen durch den Barockgarten. Hofmarschall von Werttemberg, Kanzler von Hallen und Hofmedicus Geheimrat von Steege waren mit dem Notarius von Wolfenhan sowie zwei Schreibern am frühen Nachmittag eingetroffen. Zur Geburtstagstafel waren auch der Hofkaplan von Wendhausen, der hochwürdige Vater Eberhard sowie die Hofdame der Herzogin, Frau von Mallenberg, gebeten. Drei Dienstmädchen bedienten vom Kämmerer überwacht die Gäste. Der kleine Prinz lag in einem weißen, mit Spitzen und Rüschen besetzten Kleid und einer roten Weste gewandet in seinem Bettchen und schlief, während seine Mutter mehr nach ihm als nach den Gästen schaute. Die halblaut geführten Gespräche schienen den Knaben nicht zu stören.
Schließlich erhob sich der Herzog und beendete so die Kaffeetafel. Hofmarschall von Werttemberg verkündete: „Ich darf nunmehr höflichst die Damen bitten, uns Männer für eine kurze Weile alleine zu lassen.“
„Und der Prinz?“, wagte Elisabeth Sophie zu fragen.
„Nun, da Seine Hoheit auch ein Mann ist, darf er bleiben“, lächelte der Hofmarschall. „Ich denke, er ist bei Seiner Exzellenz, Hofmedicus Geheimrat von Steege, in erfahrenen Händen.“
Elisabeth Sophie sah ihrem Mann an, dass er weitere Widerworte nicht hinnehmen würde.
„Meine Damen, folgen Sie bitte in den gelben Salon. Dort werden Erfrischungen gereicht, bis die Herren wieder zu uns stoßen.“
Der Kanzler hatte bereits vor Beginn der Feier die Zugänge überprüft und schloss nun alle drei Türen ab. „Wir sind jetzt ungestört.“
Geheimrat von Steege nahm den Prinzen aus dem Bett und entkleidete ihn mit sicheren Griffen bis auf die Windeln, die er immer noch trug. Der Hofmarschall nahm währenddessen die Unterlage aus dem Bettchen und platzierte sie auf einem Beistelltisch am großen Fenster, das in den Garten hinausging. Dann legte der Hofmedicus das Kindlein auf die Unterlage. Alle Herren versammelten sich vor dem Tisch und betrachteten den kleinen Jungen, der nunmehr wach war und seinerseits neugierig die vielen Gesichter betrachtete.
„Also scheu ist Seine Hoheit überhaupt nicht“, meinte Notar von Wolfenhan.
„Alle Kinder aus der Linie von Herzog Karl Gustav waren aufmerksam und neugierig und keineswegs schüchtern“, konstatierte der Hofmarschall und fuhr fort. „Bitte beachten Sie die hellbraunen Augen, das schon in diesem jungen Alter ausgebildete kantige Gesicht und das vorspringende Kinn.“
Die Herren betrachteten erst den kleinen Prinzen und richteten dann ihren Blick auf den Herzog, der ein wenig abseits am Fenster stand und in den Garten schaute. Seine hellbraunen Augen fielen allen sogleich auf. Der Herzog hatte in den letzten Jahren offenbar gut gelebt, sein Gesicht war voller und weicher geworden, aber sein Doppelkinn sprang immer noch deutlich hervor.
„Das kann nicht mein Sohn sein. Schafft ihn in seine Gemächer und lasst uns einen guten Tropfen konsumieren.“ Auf Karl Ferdinands Stirn bildeten sich Schweißtropfen und seine Schläfenadern traten deutlich hervor.
„Eine kleine Weile noch, Euer Durchlaucht. Wir kommen zum Abschluss“, verkündete der Hofmarschall, öffnete die Windeln und zog sie mit Schwung unter dem Prinzen hervor. Er verneigte sich leicht vor dem Kind und wies mit seiner rechten Hand auf die freigelegten Partien.
„Eindeutig ein Junge“, murmelte der Hofmedicus.
„Ist das ein Muttermal?“, fragte der Notarius und wies auf eine kleine dunkle Erhebung unter dem Bauchnabel, die wie eine Rosenknospe geformt war.
„Dieses Mal weisen alle Nachkommen von Herzog Karl Gustav auf. Da es üblicherweise unter der Kleidung liegt, ist es den wenigsten Menschen bekannt.“
„Und ein eindeutiger Beweis. Seine Hoheit ist zweifellos ein Abkömmling der herzoglichen Linie. Sollen wir jetzt etwa Nachforschungen anstellen, ob Herzog Karl Ferdinand oder einer seiner Brüder der Erzeuger ist?“ Der Notarius schaute fragend in die Runde.
„Halten Eure Durchlaucht es für opportun, zu untersuchen, ob einer der Prinzen der Urheber des Kronprinzen ist? Wünschen Eure Durchlaucht diesen Skandal?“
Der Hofmarschall schaute erwartungsvoll auf den Herzog. Dessen Gesicht hatte inzwischen die Farbe einer überreifen Tomate angenommen. Dann brüllte er: „Ich habe keine Kinder. Ich verbitte mir diese Unterstellung! Hinaus mit euch allen!“ Er ergriff den kleinen Prinz und öffnete das Fenster. Der Kanzler und die beiden Schreiber eilten herzu und hielten den Herzog davon ab, den Prinzen aus dem Fenster zu stürzen. Schließlich konnte der Kanzler das Kind an sich nehmen und der Herzog sank ohne ein weiteres Wort zu Boden. Hofmedicus und Hofkaplan eilten herzu und beugten sich über ihn. Der Geheimrat richtete sich nach kurzer Zeit wieder auf und verkündete: „Der Herzog ist verstorben.“ Der Kaplan kniete weiter neben der Leiche und betete.
Alle Anwesenden verfielen in tiefes Schweigen. Nach zehn Minuten beschloss der Kaplan seine Gebete.
Der Hofmarschall erhob seine Hand und unterband die einsetzenden Gespräche. „Kein Wort wird von diesen Ereignissen nach außen dringen. Wir werden ein kurzes Bulletin veröffentlichen.“
„Der Verstorbene war schon seit mehreren Monaten in schlechter Kondition. Wir mussten zu jeder Zeit mit einem letalen Ausgang rechnen“, verkündete der Hofmedicus.
„Der Prinz ist zu klein, um den Thron einzunehmen. Und angesichts der Ereignisse vor sechs Jahren scheint mir eine Regentschaft der Herzoginwitwe nicht opportun“, gab der Kanzler zu bedenken.
„Der nächste Thronfolger wäre Prinz Ludwig Ernst. Er studiert noch in Halle, aber ich denke, wir sollten ihm die Regentschaft andienen.“ Der Vorschlag des Hofmarschalls stieß auf allgemeine Zustimmung und so brachen die Herren auf, um den Damen die traurige Kunde zu überbringen.

Die Damen schauten erwartungsvoll auf. Geheimrat von Steege übergab den Jungen an Frau Mallenberg. Elisabeth Sophie bat die Herren, sich zu den Damen zu setzen, aber sie blieben stehen und Hofmarschall von Werttemberg verneigte sich: „Eure Hoheit, verehrte Damen, in tiefer Trauer habe ich Ihnen mitzuteilen, dass Seine Durchlaucht, Herzog Karl Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel, von uns gegangen ist.“ Er ging zur Herzoginwitwe, verneigte sich tief und fuhr fort: „Ich spreche Euer Hoheit mein tiefstes Mitgefühl aus und versichere Euch meine unverbrüchliche Ergebenheit.“
Elisabeth Sophie neigte leicht den Kopf: „Eure Exzellenz, Ich bin Euch zu Dank verpflichtet.“ Sie senkte ihren Blick und schaute unbewegt auf den Tisch. Auch Frau von Merker nahm die Nachricht sehr gefasst auf, während Frau von Mallenberg leise schluchzte und den kleinen Prinzen an sich drückte. Mademoiselle Philine zerfloss geradezu in Tränen. „Quel malheur. Certainement je dois voyager. Je suis peur de mon père“ war zwischen ihren Schluchzern zu verstehen. Elisabeth Sophie wandte sich an sie: „Ihr seid nicht gehalten, zurück zu Eurem Vater zu reisen, wenn Ihr Euch so fürchtet. Frau von Mallenberg hat mich schon vor Monaten um ihren Abschied gebeten. Seid Ihr gewillt, das Amt meiner Hofdame zu übernehmen?“ Die Tränen versiegten, Philine erhob sich, knickste dankbar und ging zu Frau von Mallenberg, die ihr anstandslos den kleinen Prinzen überreichte.
Frau von Merker schien gar nicht erfreut über diese Entwicklung. Und so wandte Elisabeth Sophie sich ihr zu: „Nun, ich werde meinen Sohn nicht alleine lassen und deshalb mein Domizil wieder nach Wolfenbüttel verlegen. Aber ich habe mich hier sehr wohl gefühlt und ich würde mich freuen, wenn Ihr künftig diese Räume nutzen würdet.“
Es fiel Frau von Merker schwer, die Contenance zu wahren. „Euer Wunsch ist mir Befehl. Ich bin sehr bekümmert und bitte, mich zurückziehen zu dürfen“, presste sie schließlich hervor und verließ den gelben Salon. Die anderen Gäste folgten ihr. Nur der Hofmarschall blieb mit der Herzoginwitwe zurück. „Wir sollten frühzeitig das weitere Procedere besprechen.“
Elisabeth Sophie nickte und murmelte: „Der Herzog ist tot. Es lebe der Herzog!“

Herbst 1754

Ihre strenge Trauerzeit wurde auf drei Monate begrenzt. In dieser Zeit führten Elisabeth Sophie und Ludwig Ernst mehrere streng vertrauliche Gespräche mit ihrem Bischof, der dann auch ihre Eheschließung in einer stillen Zeremonie leitete. Die Heirat stieß am Hof auf Erstaunen. „Impossible“, raunte es hier und da, aber dann kam das on dit auf, Karl Ferdinand habe nie die Ehe vollzogen.
Acht Monate nach ihrer zweiten Hochzeit wurde Elisabeth Sophie von ihrer ersten Tochter Marianne Sophie entbunden. Daraufhin verbreitete Frau von Merker, der Regent habe sich schon Jahre vor dem Tod des Herzogs häufig auf Schloss Wendhausen und kaum an der halleschen Universität aufgehalten. Unerwartet stieß ihre Indiskretion auf kein Interesse und so sprach sie auf dem Tauffest von Marianne Sophie den Regenten direkt an: „Durchlaucht haben sich ja in Wendhausen immer sehr wohl gefühlt?“
Ludwig Ernst überhörte deutlich ihre Anspielung und erwiderte leise lachend: „Verehrte Frau von Merker! Ihr wisst doch aus eigener Erfahrung, wie gemächlich und wohltuend das Leben auf Schloss Wendhausen dahinfließt. Sobald ein Semester in Halle abgeschlossen war, habe ich mich zur Erholung nach Wendhausen zurückgezogen. Die anderweitigen Vergnügungen der Kommilitonen sagten mir nicht zu und schienen mir vielmals gar zu frivol. Es mag durchaus Menschen geben, denen savoir vivre eine Sequenz von Lustbarkeiten und Festen bedeutet. Aber ich habe für diese Lebensart wenig Verständnis.“ Ludwig Ernst verneigte sich und ließ Frau von Merker im Saal stehen.
Sie blieb dann den Tauffestlichkeiten für die beiden nachgeborenen Töchter des Herrscherpaares lieber fern, aber als Organisatorin rauschender Feste und femme fatale von Wendhausen wurde sie im eher behäbigen Wolfenbüttel auch nicht vermisst.

Wolfenbüttel im Sommer 2015

„Wir befinden uns nun im Ratszimmer. Dieser intime Raum befindet sich zwischen dem Thronsaal und den Gemächern des Herzogs. An zwei Seiten befinden sich jeweils drei große Fenster, so dass das Zimmer zu den hellsten Räumen des Schlosses gehört. An dem runden Eichenholztisch in der Mitte tagte der herzogliche Rat. Hier sehen Sie ein Gemälde von Johannes Balkmesser aus dem Jahr 1754. Es zeigt die Herzoginwitwe Elisabeth Sophie mit ihrem dreijährigen Sohn, Herzog Karl Ferdinand II. und dem Regenten Ludwig Ernst. Er war der jüngere Bruder des 1754 verstorbenen Herzogs Karl Ferdinand. Dessen Porträt hängt rechts daneben. Es wurde 1750 ebenfalls von Johannes Balkmesser gemalt. Wir begeben uns jetzt zum Thronsaal.“
Meine Ehefrau tippte dem Führer auf die Schulter: „Ich hätte gerne noch eine Frage gestellt!“
„Ja, bitte?“
„Auf dem Bild hat der Regent seine Hand auf die Schulter der Herzoginwitwe gelegt. Dadurch entsteht bei mir der Eindruck, sie seien ein Paar.“
„Nun, Ludwig Ernst hat Elisabeth Sophie drei Monate nach dem überraschenden Tod seines älteren Bruders geheiratet. Ihre Ehe dauerte vierunddreißig Jahre und sie wurde mit drei Töchtern gesegnet.“
Der Schlossführer eilte seiner Herde nach, während meine Frau vor den Gemälden stehen blieb. Ich fragte sie: „Was findest Du daran interessant? So außergewöhnliche Gemälde, um eine Geschichte über sie zu schreiben, sind es doch wohl nicht.“
„Schau dir doch mal die beiden Männer an. Ihre Verwandtschaft sieht man auf den ersten Blick, obwohl der Herzog recht beleibt ist und der Regent eher hager.“
„Nun ja, wenn ich mir deinen Bruder anschaue.“
„Papperlapapp - sieh dir doch mal die Kleidung an. Die beiden Bilder sind im gleichen Jahrzehnt gemalt worden. Die prunkvolle, farbenreiche Gewandung des Herzogs und dagegen der Regent mit schlichtem, schwarzem Rock und schwarzer Weste. Und die Herzoginwitwe? Ich habe schon einige Kleider aus dem Rokoko gesehen und ich muss sagen: Sehr schlicht, kein Schmuck, kein Zierrat. Ob das Herzogtum verarmt war? Das sollte der Herr Professor doch wissen.“
„Darüber habe ich leider nichts gelesen. Lass uns weitergehen, vielleicht beantwortet dir der Führer ja noch eine Frage.“
Meine Frau folgte mir und murmelte: „Da steckt mehr dahinter. Eine Witwe durfte den Bruder ihres verstorbenen Ehemannes nicht heiraten: Ich wittere ein dunkles Geheimnis.“
Ich blieb lieber stumm, denn die Skandalwitterung meiner Ehefrau ist hervorragend ausgeprägt und führt in der Regel zu der Erstellung eines neuen Romans.

 
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Hi jobär,

ich find's gut. Das ist auch eine verrückte Anordnung der Zeiten, erst heute, dann ab 1748. Aber sie klappt. Ist auch sprachlich gut, also ich hab es in einem Zug durchgelesen, lediglich ein paar Punktierungsschnitzer hast du noch drinnen.

Was mir aufgefallen ist: Die Dialoge im ersten Abschnitt klangen für mich teilweise etwas gestellt, z.B.

Ich wittere ein dunkles Geheimnis.
Ihre Verwandtschaft sieht man auf den ersten Blick, obwohl der Herzog recht beleibt ist und der Regent eher hager.
wie gesagt - für mich. Ich weiß nicht, ob hohes Bildungsbürgertum, das in Museen geht, dann da wirklich so redet, das kann natürlich auch sein. Klingt halt schon sehr elitär, so reden bei uns ein paar Professoren, aber nicht mal Dozenten. Aber gut.

Ja, das ist so eine aufdeckende Geschichte, es lässt sich schon am Anfang vermuten, dass da was nicht stimmt - ich fand das auch alles sehr authentisch, von der Sprache der fürstlichen Figuren her und die ganze Aufmachung mit Medicus und dieses Höfliche - das ist schon sehr filigran gemacht. Und zum Schluss versteht man dann, was vorgefallen ist, diese Sache zwischen den zwei Brüdern.
Mag historisch korrekt sein, ich habe das jetzt nicht nachgeprüft, aber ich vertraue dir da mal, aber so ein bisschen mehr Drama oder Showdown hätte ich mir als Leser schon gewünscht - das ist wie gesagt sehr authentisch und flüssig zu lesen, die Geschichte deckt auf, aber große Emotionen oder Mitfiebern mit Figuren kommt nicht gänzlich auf - ein Streit zwischen den Brüdern, einen mag man als Leser, den anderen nicht, mit einem fiebert man mit - sowas hätte ich mir noch ein bisschen gewünscht.

Gerne gelesen,
zigga

 
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Hallo zigga,

danke für Deine positive Kritik. Am Ende sagt der Regent. Das Leben läuft gemächlich dahin (eigentlich wollte ich plätschert schreiben, aber das hat damals niemand gesagt). Naja, so wie das Leben plätschert diese Geschichte dahin, ohne große Emotionen. Da fehlt die Spannung, da vermisst der Leser die großen Momente - aber ich bekomme es einfach nicht hin. Freut mich aber, dass die Geschichte flüssig zu lesen und filigran gestaltet ist. Da habe ich ja meine Absichten doch gut umsetzen können.

Liebe Grüße

Jobär

 

Beim Nachdenken über ziggas Kommentar wurde mir klar, dass am Anfang noch etwas fehlt. Das habe ich jetzt hoffentlich erfolgreich repariert.

Jobär

 
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Hallo jobär,

Da mach ich mal Pause von Krieg und Frieden, um mal was anderes zu lesen (das dauert aber auch ewig, echt) und dann sehe ich deine kleine Geschichte hier und bin sofort wieder in längst vergangenen Adelskreisen unterwegs. Macht nix, ich steh irgendwie drauf.

Das größte Problem, das ich mit der Geschichte habe, ist der erste Absatz. Braucht es diese Vorgeschichte wirklich? Denn mMn passt sie besser ans Ende der Geschichte. So ist von vorneherein nicht sofort klar, dass etwas mit der Familie nicht stimmt, und dieses Rätselraten um die Herkunft des Sohnes wird spannender, finde ich. Und die Idee, das aus dieser Familiengeschichte ein Roman werden könnte, ist doch ein schönes Schlusswort. Aber das ist natürlich nur ein Vorschlag.

Ansonsten finde ich den Sprachduktus gelungen. Er trägt viel zur Atmosphäre bei. Vielleicht ist er stellenweise etwas zu übertrieben, mit dem starken Einsatz lateinischer Begrifflichkeiten, aber ich empfand es nicht als störend. Gut, das mag an meinen derzeitigen Lesegewohnheiten liegen, aber ich fand es sehr passend und einfach gut umgesetzt.

Links die Herzoginwitwe Elisabeth Sophie. Vor ihr sitzt ihr dreijähriger Sohn, Herzog Karl Ferdinand II. Daneben steht der Regent Ludwig Ernst, der jüngere Bruder des 1754 verstorbenen Herzogs Karl Ferdinand. Dessen Porträt hängt rechts daneben. Es wurde 1750 ebenfalls von Johannes Balkmesser gemalt.

Ist als Einstieg vielleicht etwas zäh, finde ich. Überleg mal, ob der Leser wirklich wissen muss, wer wo auf dem Gemälde ist, oder ob man die genauen Positionen weglassen könnte.

Schau Dir doch mal die beiden Männer an.

Das ist doch ein Ehepaar. Warum dann das förmlichere große Du?

Ich erlasse die Order, dass ihre Hoheit fürderhin in Schloss Wendhausen residieren wird.

Das müsste dann wiederum Ihre heißen.

Niemand sprach, der Schreiber brachte die Order zu Papier und der Herzog subskribierte+.

Was bedeutet das Plus??

Elisabeth Sophie sah ihrem Mann an, dass er weitere Widerworte nicht hinnehmen würde, Punkt anstelle des Kommas; Zeilenumbruch „Meine Damen, folgen Sie bitte in den gelben Salon. Dort werden Erfrischungen gereicht, bis die Herren wieder zu uns stoßen.“

Geheimrat von Steege nahm den Prinzen aus dem Bett und entkleidete ihn mit sicheren Griffen bis auf die Windeln, die er immer noch trug.

Gab es damals überhaupt schon Windeln? Google sagt mir, die erste Einwegwindel wurde 1961 auf den Markt gebracht und davor hatten die Leute es nicht so mit Windeln. Ich finde den Begriff hier etwas irreführend, weil ich mir eben so eine Einwegwindel vorstelle. Vielleicht passt ein anderer Begriff besser, oder es wurde etwas anderes verwendet?

Er verneigte sich leicht vor dem Kin und wies mit seiner rechten Hand auf die freigelegten Partien.

Kind

„Alle Kinder aus der Linie von Herzog Karl Gustav waren aufmerksam und neugierig und keineswegs schüchtern“, konstatierte der Hofmarschall und fuhr fort Punkt „Bitte beachten Sie die hellbraunen Augen, das schon in diesem jungen Alter ausgebildete kantige Gesicht und das vorspringende Kinn.“

Der Herzog hatte in den letzten Jahren offenbargut gelebt, sein Gesicht war voller und weicher geworden, aber sein Doppelkinn sprang immer noch deutlich hervor.

offenbar gut

„Das kann nicht mein Sohn sein. Schafft ihn in seine Gemächer und lasst uns einen guten Tropfen konsumieren.“ Auf Karl Ferdinands Stirn bildeten sich Schweißtropfen und seine Schläfenadern traten deutlich hervor.

Unschöne Doppelung, vielleicht einfach: auf Karl Ferdinands Stirn bildete sich Schweiß

Eine kleine Weile noch Komma Euer Durchlaucht.

„Eure Hoheit, verehrte Damen, in tiefer Trauer habe ich Ihnen mitzuteilen, dass Seine Durchlaucht Herzog Karl Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel von uns gegangen ist.“

Ahh, ein Hauch von Heimat bei den Wortkriegern. Sowas find ich immer toll. ;) Aber Braunschweig-Wolfenbüttel war doch ein Fürstentum, wenn ich mich nicht irre, und nur ein Teil des Herzogtums Braunschweig-Lüneburg. Müsste das folglich nicht ein Fürst sein und kein Herzog? Natürlich abgesehen davon, dass Karl I. von 1735-1780 Herzog von Braunschweig-Lüneburg und Fürst von Braunschweig-Wolfenbüttel war, ergo 1754 nicht gestorben sein kann. Aber wir wollen mal nicht so sein.
Wenn du aber das Herzog beibehalten willst, wäre es besser, du würdest Braunschweig-Lüneburg hinschreiben. Aber schön, dass mein Geburtsort mal in den Fokus einer KG hier rückt. ;)

„Eure Exzellenz, Ich bin euch zu Dank verpflichtet: Punkt

Euch

„Quel malheur. Certainement je dois voyager. Je suis peur de mon père“ war zwischen ihren Schluchzern zu verstehen.

Krieg und Frieden scheint mich echt zu verfolgen. Gott sei Dank hat die Version, die ich habe, Fußnoten. ;)

„Der Herzog ist tot. Es lebe der Herzog“.

Der Klassiker. :D

Eine nette Geschichte über die Nachfolge am Hofe, wirklich gerne gelesen, jobär.

Liebe Grüße,
gibberish

 

Lieber gibberish,

vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich werde mich dranmachen, sobald ich wieder zu Hause bin. Du hast als Insider sofort erkannt, dass die Daten nicht so ganz stimmen. ist aber Absicht. Und als Lüneburger wollte ich doch mal den anderen Ort wählen.

Zu den Windeln: Ja, die gab es damals durchaus, natürlich Stoffwindeln, in die oftmals das ganze Kind eingewickelt wurde. Drei- bis vierjährige Kinder trugen ein Kleid ohne Unterwäsche. So habe ich es in einer Arbeit über diese Zeit gelesen. Da sie aber in der Regel noch nicht sauber waren, gehe ich mal davon aus, dass zumndest zu gesellschaftlichen Anlässen vorsorglich gewindelt wurde.

Erst einmal liebe Grüße

Jobär

 

Hallo jobär,

Ich muss schon sagen, da steckt ein gutes Stück Arbeit hinter dieser Geschichte.

An zigga schreibst Du: "da fehlt die Spannung, da vermisst der Leser die grossen Momente, aber ich bekomme es einfach nicht hin."

Also, ich habe die Geschichte mit Spannung gelesen. Für mich war genug Spannung da und auch die grossen Momente fehlen nicht. Du schreibst so anschaulich, dass man sich alles bildhaft vorstellen kann.

Zum Beispiel die Verbannung von Elisabeth Sophie nach Wendhausen. Und dann Frau Merker, als sie ihr einen triumphierenden Blick zuwarf und beinahe gegen den Türpfosten gerannt wäre. Das finde ich Klasse.
"Wieso schaut sie so glücklich drein?" Diese Frage lässt einiges erahnen.

Oder als der kleine Prinz von den versammelten Herren mit Argusaugen betrachtet wurde und der Herzog den Kleinen in einem Wutanfall aus dem Fenster werfen wollte und dann tot umfiell.

Das ist doch Spannung pur.

Mir hat die Geschichte gefallen.
Alles Gute wünscht Dir
Marai

 

Hallo Marai,

ich komme gerade nach Hause und lese Deine Kritik. Und ich kann nur sagen: Genau, so ist es von mir gewollt und gewünscht und es funktioniert. Vielen Dank.

Liebe Grüße

Jobär

 

Hi,

Ich noch mal kurz, weil ich Bedenken habe, dass du mich falsch verstanden hast, jobär: Die Geschichte hat durchaus ihre spannenden Momente, und ich fand sie ja auch gut und habe sie mit Neugier zu Ende gelesen, was bei einem "langweiligen" Text ja nicht passiert wäre - ich schrieb:

so ein bisschen mehr Drama oder Showdown hätte ich mir als Leser schon gewünscht
,
einfach als Ansporn für die nächste Geschichte oder für eine mögliche Version 2 dieser hier (falls du das vorhast), denn hätte es das in der Story gegeben, hätte ich sie gänzlich perfekt gefunden. So hatte ich einfach das Gefühl, du könntest noch mehr rausholen, dass da noch was gehen würde, und das wollte ich dir nicht vorenthalten.
Ich schreibe meine Kommentare nach dem Lesen oft so aus dem Bauch heraus, dass ich sie durchaus positiv und anspornend meine, aber klingen tun sie dann irgendwie negativ, das ist echt ein Problem! :D

Viele Grüße,
zigga

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich habe jetzt die Fehler korrigiert und den Abschnitt 2015 an das Ende gestellt, wie gibberish vorgeschlagen hat.

Und jetzt sehe ich den zweiten Kommentar von zigga. Ich habe Deinen ersten Kommentar durchweg positiv empfunden. Die stärkere Dramaktik verfolgt mich seit langem vergeblich. Bei der Challenge Cliffhanger saß ich denn auch glücklicherweise in der Jury. Ich wollte also nur ein wenig vorbeugen: Auch in der Version 2.1 (die 2.0 ist ja nun erschienen) wird die Spannung nicht gesteigert.

Liebe Grüße

Jobär

 

Hallo jobär,

habe ich gerne gelesen, auch wenn es sonst nicht mein Genre ist. Aber Dein flüssiger Schreibstil und die dahinter stehende Geschichte machen dieses historische Drama sehr lesenswert. Kleine Anmerkungen:

wäre beinahe gegen den Türpfosten gerannt
finde ich in dem Sprachstil nicht ganz passend

lasst uns einen guten Tropfen konsumieren
wegen der heutigen Konsumgesellschaft, in aller Munde, fragte ich mich ob "konsumieren" damals verwendet wurde; im DWDS nachgeschlagen, gab es damals, aber auch schon eher im ökonomischen Sinn von verbrauchen? z.B. 1733 "Bey denen importandis luxuriosis muß man sehen , wenn die Unterthanen dieselben consumiren , so muß man solche entweder gar verbiethen , oder einen grossen Zoll darauf legen ; Hergegen , wenn man einem Orte der Stapel ist , man bringt viel luxuriosa dahin , die werden aber nicht consumirt , sondern wieder fortgeschafft , als wie in Holland , da kan man keinen grossen Zoll darauf legen."

die ihr ohne Anstand den kleinen Prinzen überreichte.
"ohne Anstand" finde ich vielleicht unpassend; "ohne weitere Umstände"?

on dit
ist Französisch für "Gerücht", habe ich beim Lesen nachgeschlagen, sonst hätte es mir hier auch irgendwie für das Verständnis gefehlt; anderes habe ich ohne Verständnis übersprungen und erst jetzt übersetzt:
  • savoir vivre - Fähigkeit das Leben zu genießen
  • Certainement je dois voyager. Je suis peur de mon père - Sicherlich habe ich zu reisen. Ich habe Angst vor meinem Vater
Das Französisch passt aber sehr gut in die récit :), wollte es nur anmerken.

Eine Witwe durfte den Bruder ihres verstorbenen Ehemannes nicht heiraten
noch ergänzen, da der Herzog ja schon einen männlichen Sohn hatte? Oder war 1750 eine Schwagerehe/Levirat ganz verboten/unüblich? So oder so, könnte das ausgebaut werden. Empfinde ich aus heutiger Sicht eine interessante Pflicht. Wobei es hier um die Freude ging :)

Liebe Grüße
oheim

 

Hallo oheim,

vielen Dank für Deine Kritik. Ich werde mich mit Deinen Verbesserungsvorschlägen befassen, wenn ich mal drüber geschlafen habe. Nur zwei Anmerkungen schon jetzt:
Ich habe das konsumieren gewählt, weil es besonders bei Luxiswaren Verwendung fand. Hier sollte also nicht irgendein alkoholisches Getränk genossen werden, sondern schon ein auserlesener Tropfen.

Eine Witwe durfte den Bruder ihres verstorbenen Ehemannes nach damaligen bürgerlichem Recht nicht heiraten:
Diese Vorschrift ist erst im neuen BGB 1900 weggefallen.
Auch das katholische Kirchenrecht verbietet die Leviratsehe.
Nun ist das Hezogtum Braunschweig auch zur damaligen Zeit evangelisch gewesen, aber ich bin um der
Geschichte willen davon ausgegangen, dass der evangelische Bischof die Nichtigkeit der ersten*Ehe feststellen und damit die Erlaubis zur Eheschließung erteilen konnte. Der Gang über bürgerliche Gerichte war mir für die Geschichte zu kompliziert.

Liebe Grüße

Jobär

 
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Hallo nochmal jobär,

ich finde, die Geschichte wirkt jetzt runder, nachdem du den anfänglich ersten Absatz ans Ende gestellt hast. So hat man nicht mehr den ungewöhnlichen Sprung in der Chronologie drin, also gleich zu Anfang dreihundert Jahre zurück, und die Handlung wird nicht sofort offenbart. Das war ja vorher mehr oder weniger der Fall.

„Nun, Ludwig Ernst hat Elisabeth Sophie drei Monate nach dem überraschenden Tod seines älteren Bruders geheiratet.

Besonders Sätze wie dieser, die vorher relativ unbeachtet untergegangen waren, über die man einfach so drüber gelesen hatte, gewinnen enorm an Bedeutung. Also ich find's klasse so.

Nochmal was anderes:

Naja, so wie das Leben plätschert diese Geschichte dahin, ohne große Emotionen. Da fehlt die Spannung, da vermisst der Leser die großen Momente - aber ich bekomme es einfach nicht hin.

Also bei deinen Geschichten, die ich gelesen habe, war das ja immer so, dieses Ruhige, scheinbar Ereignislose, das aber wirklich nie langweilig wird. Ich finde, das macht deine Geschichten zu deinen Geschichten, geben ihr was eigenes. Also ich denke, das ist absolut nichts Schlechtes. Da kann noch so viel Dramatik rein, deine Storys haben einfach einen ganz eigenen Charme. ;)

In dem Sinne liebe Grüße,
gibberish

 

Lieber gibberish,

ich dachte mir, ich schau noch mal ins Forum und finde dieses wunderbare Betthupferl.

Vielen Dank

Jobär

 

Liebe maria.meerhaba,

vielen Dank für Deine Kritik. Auch wenn Du Wien nicht magst - habe ich gelesen - hast Du das weiche Wiener Herz, das mit leiden und mitjauchzen will es überhaupt nicht abkann, wenn es übergangen wird.

Da sind dann meine Geschichten nicht so gut, weil ich meistens ein wenig distanziert schreibe. (Obwohl ich denke, bei Blutrot oder Spätnebel können die Lesenden sich beteiligen). Bei dieser Geschichte wollte ich sie bewusst aus der Sicht der Schriftstellerin vom*Ende beschreiben. Recherche ist halt distanziert und objektiv.

Aber danke, dass Du die Mühsal auf Dich genommen hast, meine Geschichte zu lesen und zu kommentieren.

Liebe Grüße

Jobär

 
Zuletzt bearbeitet:

„Das kann nicht mein Sohn sein. Schafft ihn in seine Gemächer und lasst uns einen guten Tropfen konsumieren.“

Hallo jobär,

Deine Geschichte steht in guter Tradition, ist doch eine der bekanntesten deutschsprachigen Komödien von einem Gemälde inspiriert, um zugleich den Sündenfall (Genesis 3) neu zu interpretieren: Der zerbrochene Krug des Heinrich von Kleist, der sich freilich ein dörfliche Kulisse aussucht. Durch Deine gelungene Geschichte hindurch spüre ich einen feinen Humor bis – vor allem 2015 – Selbstironie.

Anzunehmen ist, dass bei Hofe weniger teutsch als französisch gesprochen wurde und der Konsum (als „Consumo“) schon bekannt war wie auch sein Verb. Aber es ist immer ein Problem bei historischen Erzählungen, in welcher Sprache man „sprechen“ lässt. Das ist fraglos gut gelöst von Dir.

Gelegentlich wird schlimmstenfalls die Höflichkeitsform nicht durchgehalten

„Das könnte diffizil sein. Ihr habt [E]uch im Winter mehrmals in Wendhausen aufgehalten.“
„Halten Eure Durchlaucht es für opportun, zu untersuchen, ob einer [E]urer Brüder der Urheber des Kronprinzen ist? Wünschen Eure Durchlaucht diesen Skandal?“
(hier will ich gar nicht erst anregen, ob "einer" der Brüder nicht auch von Adel sei …)

„Ich spreche Euer Hoheit mein tiefstes Mitgefühl aus und versichere [E]uch meine unverbrüchliche Ergebenheit.“ // „Ihr seid nicht gehalten, zurück zu [E]urem Vater zu reisen, wenn Ihr [E]uch …

Gelegentlich wären noch Zeichen nachzutragen, vorweg das schwierigste
Der kleine Prinz lag in einem weißen[,] mit Spitzen und Rüschen besetzten Kleid
(das ja nur eine gut getarnte Aufzählung innerhalb der Attribute zum Kleid aufkommen, im folgenden Satz wieder einfacher )
Die prunkvolle[,] reich verzierte Gewandung des Herzogs … mit schlichtem[,] schwarzem Rock …
(wobei prunkvoll und reich verziert evtl. das Gleiche meinen, aber was im gesprochenen Wort flüchtig dahergesagt wird, fällt erst in den Schlingen der Schriftlichkeit auf)
„Eure Hoheit, verehrte Damen, in tiefer Trauer habe ich Ihnen mitzuteilen, dass Seine Durchlaucht[,] Herzog Karl Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel[,] von uns gegangen ist.“

Bisschen Flüchtigkeit

„Eindeutig ein Junge“[,] murmelte der Hofmedicus.
Dessen Gesicht hatte inzwischen die Farbe eine[r] überreifen Tomate angenommen.

Hier kommt alles irgendwie zusammen

„Ich habe keine Kinder. Ich verbiete diese Unterstellung[!] Hinaus mit euch allen[!]“
(Klar, kann „verboten“ werden. Aber könnte nicht auch ein „sich verbitten“ gemeint sein? Ich kenn die Leute bei Hofe nicht … aber es waren - mit Ausnahme der Bediensteten - Leute edelen Geschlechtes)

Hier ist ein unfreiwilliger Gezeitenwechsel durch Buchstabendreher entstanden

Elisabeth Sophie bat die Herren, sich zu den Damen zu setzen, aber sie bl[ie]ben stehen und Hofmarschall von Werttemberg verneigte sich:

... und ging zu Frau von Mallenberg, die ihr ohne Anstand den kleinen Prinzen überreichte.
(besser „anstandslos“, oder wäre Frau v. M. „unanständig“?)

Hier läuft’s Gänsefüßchen weg, das besser als Ausrufezeichen wieder eingefangen würde …

Elisabeth Sophie nickte und murmelte: „Der Herzog ist tot. Es lebe der Herzog“.

„Verehrte Frau von Merker[!] Ihr wisst doch aus eigener Erfahrung, wie gemächlich und wohltuend das Leben auf Schloss Wendhausen dahinläuft.
(Unter den Welfen werden auch schöngeistige Formulierer gewesen sein, darum mein Vorschlag, statt des bürgerlichen „laufens“ ein „dahinfließen“ …)

Mit großem amusement vom

Friedel
gelesen, der vorsichtshalber noch ein schönes Wochenende wünscht!

 

Hallo Friedrichard,

ich komme gerade vom Seniorenkaffee und habe mir Deine Kritik gleich als Nachtisch vorgenommen.*Die vielen*Fehlerchen die Du noch gefunden hast, werde ich berichtigen, wenn ich wieder bei*Kräften bin. Ich freue mich jedenfalls sehr, dass Du die Geschichte mit großem amusement gelesen hast und dass ich das schwierige Sprachproblem nach*Deiner Meinung gut gelöst habe.

Mit herzlichem Dank wünsche auch ich Dir ein schönes Wochenende

Jobär

 

Jetzt versuche ich zur Zeit den erweiterten Zeichensatz und produziere am laufenden Band nicht trennbare Leerzeichen, die dieses Board als * wiedergibt. Atzend.
Die Fehler habe ich korrigiert, besonders die Wortvorschläge habe ich dankbar übernommen.

Jobär

 

Das mit den unerwünschten Zeichen ist mir auch nicht unbekannt, insofern kann ich froh sein, dass der uralte und robustere XP (ca. 14 Jahre alt) auch noch als Schreib- und Rechenmaschine, besonders aber als Zettelkasten seinen Dienst verrichtet mit gelegentlich macken (besonders während der Hitzewellen). Aber warum ich noch mal hier strande, weil mir eine Formulierung aus der Luise Millerin/Kabale und Liebe eingefallen ist, wenn von Walther (ich hoff, er schreibt sich mit tea-aitsch) von Wurm oder wem auch immer, über seinen Sohnemann mit den einleitenden Worten

"Ihro Gnaden Dero Sohn"

Nachricht/Kunde erhält. So ähnlich werden auch die Welfen eine Generation zuvor gesprochen haben, wenn sie denn deutsch sprachen ... Sicherlich hätte eine solche Rede zu Beginn für verwundertes Amüsement gesorgt, gegen Ende aber gelangweilt ...

Bis demnächst und einen schönen Restsonntag, wünscht der

Friedel

 

Hallo Friedrichard,

ich denke, das Problem, mit dem ich im Clinch lag, lautet nicht, so zu schreiben, wie die Oberschicht damals sprach, sondern so zu schreiben, dass ein durchschnittlicher Leser meint, die Leute sprächen so, wie man damals gesprochen hat. Insofern wäre der Gebrauch dieser alten Form eher abschreckend.

Eisessenderweise wünsche ich auch schöne Sonnenstunden

Jobär

 

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