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Electrify

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09.12.2001
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Electrify

Ich spüre wie die Ströme direkt in mein Gehirn treffen und schmerzen. Ich ertrage den Schmerz nicht mehr, der sich unter vielen Menschen ausgebreitet hat.
Überall sind Maschinen. Elektronisch betriebene Maschinen. Sie schalten die Impulse durch ihre endlosen Kreisläufe und geben dabei eine Strahlung ab. Diese Strahlung war schon immer da, erreicht aber nun eine neue Qualität. Sie ist so stark dass sie sich in deine Synapsen und Neuronen bohrt. Der Smog ist zu stark. Ich spüre wie ich mich verändere. Wie er andere verändert. Die Strahlung lässt uns denken und handeln wie Maschinen. Der Impuls ist direkt da, zehnmal schneller als alles andere. Nur das Licht kann noch schneller sein. Wir denken nicht mehr, wir handeln nur noch. Es gibt keine Details mehr, lediglich den eigentlichen Ablauf einer Sache. Alles ist ein Strom. Ein fließender Fluss aus Impulsen und Handlungen. Wir sind Roboter. Unmenschlich handelnde Maschinen aus Fleisch und Blut.

Sonntag, Tag 3
Ich stehe vor dem Spiegel und sehe mir in die Augen. Die Pupillen weiten sich und bleiben in dieser Haltung. Ich frage mich was gestern Nacht passiert ist. Der Gedanke kommt zurück und sehe ein Bild vor mir, wie ich einen fremden Mann vor einer heruntergekommenen Bar mit einer Flasche billigem Rotwein das Gesicht verletzt habe. Ich habe nur einmal zugeschlagen. Das hat aber gereicht, ihm sein Gesicht zu zertrümmern. Das habe ich alles mitbekommen, ohne dabei auch nur ein Gefühl wahrzunehmen. Der Grund warum ich auf den Typ losgegangen bin, erscheint mir jetzt denkbar dumm. Er hat an die Eingangstür der Bar uriniert. Ich war nicht betrunken als ich an dieser Bar vorbeigekommen war, bin aber geradewegs aus dem Büro gekommen und hatte mir noch eine Flasche Wein im Minimarkt gekauft um mich abends vor dem Fernseher zu betrinken. Ich sah mein Opfer und spürte wieder die Schmerzen im Kopf, die ich jeden Abend der vergangenen Woche zuvor auch schon hatte. Dann schlug ich ihn nieder und ging weiter. Diese Aktion hat wohl niemand mitbekommen, denn ich bin ohne Probleme nach Hause gekommen und dann in mein Bett gefallen. Als ich vorhin wach geworden bin, war mir klar, dass gestern Abend etwas nicht richtig gelaufen ist. Ich habe gehandelt ohne Gedanken oder ein Gefühl gehabt zu haben. Ich habe den Mann einfach angegriffen, weil er etwas unorthodoxes getan hat. Gott, ich bekomme diese Kopfschmerzen wieder. Doch ein weiteres Gefühl steigt in mir auf. Ich spüre ein Vibrieren in meinem Körper. Irgendetwas passiert.

Samstag, Tag 2
Das Büro ist leer und ich sitze verlassen in meinem drehbaren Stuhl. Überall auf den Schreibtischen stehen Computer und deren Kabelverbindungen zu anderen Computern und Faxgeräten und Druckern und Monitoren und Projektoren und Modems und Telefonen und Stereoanlagen und elektronischen Grafikboards und Mäusen und Fernsehern und vielem weiteren Zeugs das man in einer Medien- und Werbeagentur benötigt. Alles piept und klickt einsam vor sich hin und ist dennoch verbunden zu Seinesgleichen. Es ist längst Feierabend, doch ich sitze noch nachdenklich und erschöpft an meinem Arbeitstisch und sehe mir die beschäftigten Geräte und Maschinen an, wie sie ihre Arbeit auch nach Arbeitsschluß noch perfekt erledigen. Diesen Morgen ist mir etwas Seltsames passiert.
Als ich auf dem Weg zur Arbeit war, habe ich die Abkürzung durch den Stadtpark genommen. An einem Weg der mit dem Schatten der Bäume bedeckt war, konnte ich eine tote Katze einen Meter neben dem Pfad erkennen. In diesem Moment bekam ich ein Pfeifen in den Ohren, ein Flimmern vor den Augen und leichte Kopfschmerzen. Dann weiß ich noch wie ich die Katze ohne einen Gedanken darüber zu verschwenden, mit trockenem Laub bedeckt und das ganze mit einem Streichholz angezündet habe. Entsetzlich heller Rauch stieg auf und ich sah mir die aufkeimenden Flammen an. Mindestend fünf Minuten bin ich reglos dagestanden und habe mir geistesabwesend die brennende Katze angesehen. Keiner hatte mich oder mein kleines Barbecue bemerkt. Erst als nur noch eine leichte Glut und Asche übrig war setzte ich meinen Körper wieder in Bewegung und ging ohne auch nur die kleinste geistige Regung weiter.
Warum habe ich das getan? Wollte ich der Katze helfen, oder den Parksäuberern, oder mir? Ich habe keine Ahnung. Ich weiß nur dass das Flimmern und meine Kopfschmerzen weg waren und dass ich ohne jegliche Entschlossenheit, die von mir aus gekommen wäre, gehandelt habe.

Freitag, Tag 1
Ich sitze zitternd auf dem heruntergeklappten Toilettensitz der Kraftwerktoilette und kalter Schweiß läuft mir von der Stirn in meine Augenbrauen. Mein Schädel brummt vor Kopfschmerzen und muß ihn in meinen Händen festhalten dass ich nicht ohmächtig oder tot auf dem WC zusammenbreche. Ich habe meine billige Digitalarmbanduhr bereits in die Tiefen des Abwasserkanals gespült, doch das helle Licht der Deckenlampen macht mich immer noch wahnsinnig. Vor allem spüre ich das Summen. Das Summen der Glühbirne, den fließenden Strom. Dann ist da noch dieses Hintergrundbrummen, das Geräusch des Megagenerators, dessen eigentlicher Grund dieser Firmenwerksbesuch war. Meine beiden Arbeitgeber waren geradezu davon besessen, diesen riesigen Mechanismus aus leitenden und schaltenden Stromimpulsen zu besichtigen und eine Reportage darüber zu verfassen. Dieses Monstrum aus Leuchtdioden und kaltem Metall könnte die Stromversorgung eines ganzen Staates mit über zwei Millionen Haushalten steuern und lenken und betreibt jetzt schon die gesamte Schaltung der Stadt. Doch als ich diesem Wesen in die Augen sah, verbrannte es mir die Wahrnehmung. Es begann auch mich zu steuern und zu schalten, es lenkte auch meine Gedanken und Handlungen. Jetzt bin ich Teil des gesamten Stromkreises und handle nach Wahrnehmung und vorherbestimmten Gesetzen. Und wenn ich darüber nachgedacht habe, werde ich mich nach der nächsten Nacht nicht mehr daran erinnern können, weil es meine Gedankenschaltung nicht mehr zulässt. Jeder Tag wird neu, von vorne beginnen, mit einem Gefühl des Unwohlseins. Mit dem grausamen Summen des Digitalweckers in meinem Kopf.
Doch ich habe schon einen Plan. Wenn ich jetzt noch lebend aus dieser Toilette und diesem kranken Elektronikzentrum komme, werde ich nicht schlafen, sondern Bomben bauen oder kaufen. Diese werde ich hier anbringen. Hier in diesem Gebäude. Ich werde nachts einbrechen und das gesamt Gebäude verminen. Schließlich werde ich auch eine in mir verpflanzen und die Zeitzünder alle auf den nächsten Feiertag stellen, damit kein Unschuldiger mit in die Luft geht. Sonntag Morgen werde ich Zuhause sein, in meiner kleinen einsamen Wohnung und in den Spiegel sehen.
Bei diesem Gedanken spüre ich, wie der Strom aus Angst, vor seiner bevorstehenden Niederlage durch meine Augenlider zittert.

 

Hallo Masterplan,

interessanter Ansatz, ausbaufähig. Zum Beispiel müßte die zunehmende Unsicherheit des Protagonisten mehr rüberkommen, immerhin beschließt er am Freitag, den Generator in die Luft zu jagen und am Sonntag weiß er nur noch, daß etwas passieren wird.

Eine Stelle paßt überhaupt nicht, nämlich diese...

Dieses Monstrum aus Leuchtdioden und kaltem Metall könnte die Stromversorgung eines ganzen Staates mit über zwei Millionen Haushalten steuern und lenken und betreibt jetzt schon die gesamte Schaltung der Stadt.

... hoffe, du weißt, was ich meine.

Wie gesagt, alles noch ausbaufähig. Achte an einigen Stellen auf die Formulierungen. Manches klingt recht holprig bzw. unfreiwillig komisch.

Aber der Grundgedanke der Geschichte ist in Ordnung.

Sodele

Poncher

 

Hallo masterplan,

am Anfang sind Rechtschreibung, Zeichensetzung, usw. in Ordnung. Das ist sehr postiv zu vermerken. Der zeitliche Gegenlauf, den dritten Tag zuerst, dann den zweiten ... ist eine interessante Sache, aus der man etwas machen könnte. Ob es dir gelungen ist, kann ich leider nicht beurteilen. Denn ich habe nur den Anfang gelesen. Du schilderst die Sicht des Protagonisten sehr übertrieben, geradezu orgiastisch. Andere können da sicherlich mehr mit anfangen als ich. Für meinen Geschmack wäre eine Etage tiefer besser und lesbarer gewesen.

Klaus

 

Hallo masterplan,

deine Story hat mir gefallen, sowohl stilistisch als auch inhaltlich.

Ein paar kleine Anmerkungen habe ich aber dennoch:

1. Mit den Kommata hast du es wohl nicht so. Mal setzt du sie bei einem Relativsatz (beispielsweise) mal nicht. Scheint also nicht Unwissen zu sein, sondern einfach Luschigkeit.

2. Nach meinem Geschmack verwendest du das "und" zu häufig. Vielleicht das eine oder andere Mal durch einen Punkt ersetzen.

Nur das Licht kann noch schneller sein.
Alle Formen von elektromagnetischen Wellen und Impulsen breiten sich mit Lichtgeschwindigkeit aus. Wie kann da das Licht noch schneller sein?

konnte ich eine tote Katze einen Meter neben dem Pfad erkennen.
... sah ich eine tote Katze, klingt nicht ganz so kompliziert.

In diesem Moment bekam ich ein Pfeifen in den Ohren, ein Flimmern vor den Augen und leichte Kopfschmerzen.

Schwache Formulierung, vielleicht:
Plötzlich pfiff es in meinen Ohren, vor meinen Augen flimmerte es. Mein Kopf dröhnte (schmerzte).

Entsetzlich heller Rauch stieg auf
Wieso entsetzlich hell? Das "entsetzlich" stört hier irgendwie. Auf der anderen Seite, ist der Rauch bei brennenden Kadavern nicht unbedingt hell, weil durch die Feuchtigkeit der Körper nicht komplett verbrennt und viele Rußpartikel und andere Stoffe aufsteigen.

dass ich ohne jegliche Entschlossenheit, die von mir aus gekommen wäre, gehandelt habe.
Komplizierte Konstruktion. Er hat nicht aus eigenem Antrieb gehandelt, oder als ob ihn ein anderer gesteuert hätte.

Dennoch: Trotz der vielen Anmerkungen, war der Gesamteindruck positiv. Weiter so!

Gruß, Mike :)

 

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