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Eisenweg

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10.12.2002
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Eisenweg

Erik bricht früh auf. Zeitig aus dem Bett zu finden, fällt ihm zu Hause immer schwer, aber hier, im Urlaub, ist das kein Problem. Vom Hotel geht er hinunter zum See. Der Ort ist als Surferparadies bekannt; in wenigen Stunden, wenn die Thermik zwischen den engen Bergen einsetzt, wird es hier von jungen Sportskanonen wimmeln. Jetzt liegt noch Dunst über dem bewegungslosen Wasser.
Erik folgt dem Ufer zur Ostflanke des Cima SAT. Der Berg bohrt sich fast senkrecht in die Talsohle und setzt See wie Ort eine jähe Grenze. Bis zur Bastione schlängelt sich eine schmale Straße in Serpentinen den Berg hinauf, auf der die zahlreichen Touristen stumm aneinander vorbei stapften. Die Ruine jedoch trennt Zivilisation und Wildnis, nur ein Trampelpfad führt weiter nach oben und die wenigen Menschen, denen Erik hier noch begegnet, grüßen ihn und er grüßt zurück.
Die Sonne steht bereits hoch am Himmel, als er sein erstes Etappenziel erreicht. Die Chiesa Santa Barbara ist der Schutzheiligen der Bergleute geweiht und verwegen auf den steilen Fels geklatscht; sie wurde für die Arbeiter erbaut, die hier oben Fallrohre für ein Wasserkraftwerk installierten. Nachts strahlt ein Scheinwerfer die Kapelle an. Wenn es dunkel ist und der Berg selbst nicht zu erkennen, hängt sie wie ein leuchtendes Tor mitten im Himmel. Erik ist nicht gläubig, aber selbst für ihn ist es ein bewegender Anblick, für Christen muss er überwältigend sein. Jetzt setzt sich Erik auf die Stufen und beobachtet, wie Wanderer vor der Statuette der Märtyrerin niederknien. Außer als Tourist war er noch nie in einer Kirche, und ausgerechnet hier daran etwas zu ändern, erscheint ihm unpassend und vielleicht feige. Auch ist Niederknien noch nie seine Sache gewesen, vor wem auch immer.
In der heißen Augustsonne schwitzt Erik wie ein Affe, aber es macht ihm nichts aus. Im Gegenteil, es ist einer der Gründe, warum er hier ist: In klimatisierten Räumen hockt er den Rest des Jahres genug. Ein junges Paar neben ihm bewundert den Ausblick und unterhält sich über ein Gerücht der letzten Tage: Angeblich hat eine Anti-Tourismus-Gruppe Piranhas im See ausgesetzt, die schon einen Badegast attackiert hätten. Die Frau hat jetzt Angst zu baden. Wie kann man sich seinen Ängsten so unkontrolliert ausliefern? Der Freund der jungen Frau versucht das einzig Richtige und beschwichtigt sie, ohne sie allzu ernst zu nehmen.
Etwas entfernt unterhalten sich zwei Männer über ihre Arbeit. Einer von ihnen macht sich Sorgen um sein berufliches Fortkommen, nachdem seine Firma irgendwelche Sparprogramme aufgelegt hat. Das Thema erinnert Erik an seine eigenen Probleme an der Uni, aber hier oben stört ihn das nicht.
Alle Gespräche sind seltsam unbeschwert, trotz der teils ernsten Themen. Die luftige Höhe legt eine Distanz zwischen den Alltag und dem Hier und Jetzt; alle umgibt die ruhige Aura von Menschen, die ihre Nöte zumindest heute wie von oben betrachten können. Selbst die junge Frau wirkt eher belustigt über sich selbst, als ernsthaft besorgt.
Erik bricht bald wieder auf. Fast alle Wanderer kommen nur bis zur Kapelle, um die Unbeschwertheit und das wunderbare Panorama zu genießen, und kehren danach wieder um. Erik will weiter, will auf den Gipfel und bis dahin ist es noch weit. Das Tal liegt jetzt rund 500 Meter unter, der Gipfel 700 Meter über ihm.
Bis zur Kapelle war der Weg noch klar erkennbar, doch jetzt führt lediglich eine Via ferrata weiter nach oben. "Klettersteig" nennt man so etwas im Deutschen, aber die wörtliche Übersetzung "Eisenweg" ist schöner und treffender. In nicht ganz so steilem Gelände helfen bei der Orientierung ab und zu auf die Felsen gepinselte Farbkleckse, in den schwierigeren Passagen ist die Route mit Eisen gesichert: Stahlseile sind im Fels verankert, eiserne Sprossen in den Granit eingelassen. Manchmal stecken bloß schwere, bis zu einem halben Meter lange Nägel im Gestein.
Erik kontrolliert seine Ausrüstung: Hüft- und Brustgurt, Helm, Seil. Ein Blick auf den Karabiner, mit dem er sich in die Sicherungen einklinkt. In diesen Dingen ist er penibel. Auch über seine Kondition ist er sich sicher, er hat schon längere und höhere Touren gemacht als diese. Eine andere Sicherheitsmaßnahme missachtet er: Auf Klettertouren geht man nicht allein. Normalerweise ist er mit Freunden unterwegs, aber dies ist ein Familienurlaub und von seinen Verwandten will niemand mit.
Als er dreizehn Jahre alt war, hatten seine Eltern mit ihm und den kleinen Brüdern Ferien in einer dieser schrecklichen Hotelstädte am Teutonengrill gemacht. Eines Tages beschlossen einige ältere Freunde, dem täglichen Badehorror in der pisswarmen Adria zu entfliehen und nahmen Erik mit auf einen Ausflug. Sie wollten einen Wanderweg um den Gran Sasso herum nehmen, dem berühmtesten Berg der Apenninen, landeten aber auf einer ferrata, die auf den Cono Grande hinauf führte, dem höheren der beiden Gipfel. Irgendwann am späten Nachmittag, stand Erik mit seinen für den Strand gedachten Badelatschen auf einem schmalen Felssims, hielt sich an einem in Hüfthöhe verlaufenen Stahlseil fest, und schaute ungefähr 80 Meter senkrecht in die Tiefe. In diesem Moment wusste er zweierlei: Erstens hatte er eine Scheißangst. Zweitens wollte er mehr davon. - Allerdings mit geeigneterem Schuhwerk.
Etwa fünfzehn Jahre später suchen sich Eriks Bergwanderstiefel einen Weg über immer steiler werdende Felsen. Er lässt sich Zeit, laut Karte ist die ferrata für sechs Stunden ausgelegt, aber er will genießen und geht langsam. Erik kriecht auf allen Vieren eine alte, mit Gestrüpp überwachsene Geröllhalde hinauf. Ab und zu gibt es ein Stahlseil zum Einhaken, die ersten nutzt er, aber es wird ihm zu dumm und er geht einfach so. Klettern kann man das noch nicht nennen.
Dann wird es ernst. Über dem sowieso schon steilen Gelände erhebt sich endlich die eigentliche Wand. Ein Sicherungsseil führt in einer Scharte nach oben, alle fünf bis sechs Meter ist es im Fels verankert. Ab und zu sind Nägel als Hilfen in den Fels geschlagen, aber die meiste Zeit muss man sich seine Tritte und Griffe selbst suchen. Die ferrata gilt als schwierig, erfordert viel freie Felskletterei und verläuft sehr exponiert. Dem Auge bietet sich nur wenig Halt.
Erik lässt die ihm bekannte Welt hinter sich. Wie fast alle Menschen ist er es gewohnt, in Horizontalen zu leben, zu fühlen, zu denken. Senkrechten, etwa Hauswände, sind in jener Welt nur kurze Übergänge zu neuen Horizontalen. Echte Senkrechten gibt es nur als ferne Felswände, aus dem sicheren Tal betrachtet. Jetzt ist alles umgekehrt. Aus einer senkrechten Wand schaut Erik hinab in das ferne Tal. Es ist unwirklich weit weg. Selbst die nicht ganz so steilen Passagen, wo er eben noch auf allen Vieren vorankam, verschmelzen mit der Senkrechten. Sein Gehirn fordert wiederholt, er möge doch den Kopf gerade halten und die gewohnte Perspektive wieder herstellen. Aber es ist die Welt, die umgefallen ist und nicht wieder aufsteht.
Der Blick nach unten ist fast so endlos wie der Blick in den Himmel. Erst die winzigen Dächer des Ortes bieten den nächsten Halt, rund 700 Meter unter ihm. Erik fühlt die Höhe, der drohende Schwindel flattert um seinen Kopf wie ein nervöser Vogel. Alle in seiner Familie neigen zu Höhenangst, aber sie hindert ihn nicht, im Gegenteil. Sie ist Teil der Herausforderung. Die Anstrengung ist für den Körper, die Angst für den Kopf. Einmal, als mitten in einer Demonstration plötzlich Glasflaschen durch die Luft flogen und alle panisch davonrannten, ist Erik einfach stehen geblieben. Er wollte weder getroffen werden, noch war er so dumm zu glauben, dass ihm schon nichts passierte; auch konnte er ohne medizinische Ausbildung keinem der vielen Verletzten helfen, die überall auf dem Pflaster lagen. Er wollte sich einfach beweisen, stehen bleiben zu können, wann immer er es wollte. Keine Angst würde ihm das nehmen.
Allmählich geht die mediterrane Vegetation in europäischen Mischwald über. Weiter oben muss es ein paar Bäume geben. Im seichten Wind treiben Blätter die Wand herunter. Erik verfolgt ihren Flug bis sie sich in der Bläue des tief unter ihm liegenden Sees verlieren. Ameisengroße Surfer tummeln sich dort. Ob seine Brüder dabei sind? Zur Linken zieht sich das Wasser wie ein blaues Band zwischen den Bergen entlang bis an den in der Sonne glitzernden Horizont. Mit den Felsen im Vordergrund ist der Anblick nur deshalb nicht kitschig, weil er real ist. So etwas zu malen, wäre peinlich.
Erik schaut sich um, saugt das Panorama auf. Die Angst begleitet ihn auf dem Weg nach oben, aber sie mischt sich mit Bewunderung für soviel Schönheit. Ein neues Gefühl entsteht so: Ehrfurcht, er erkennt sie kaum, so fremd. In diesen Momenten zwischen Himmel und Erde glaubt er immer zu verstehen, warum die Menschen die Religion erfunden haben. Wer so etwas fühlt, kann wohl nicht anders. Oder ist das kitschig? Daheim, an seinem Schreibtisch, dächte er wohl so. Religiöse Gefühle sind für Erik entweder Gegenstand wissenschaftlicher Analyse oder esoterischer Frauenbücher, niemals Teil des eigenen Erlebens. Hier fühlt sich das Leben anders an, Denken ist unwichtig. Er hat Vertrauen - Vertauen zum Fels, Vertrauen zu sich selbst. Ein Griff, der sich gut anfühlt, ist auch gut, einer der sich schlecht anfühlt, schlecht. Darüber nachzudenken wäre sinnlos, ja gefährlich. Immer wieder löst er seine Hand vom Gestein und greift höher.
Der Weg bleibt jetzt schwer. Es ist nicht wirklich senkrecht aber etwa 90 Prozent davon. Für die eigene Wahrnehmung machen die fehlenden 10 Prozent keinen Unterschied, aber man kann einen Teil seines Eigengewichts auf den Fels ablegen. Das Klettern wird so bedeutend leichter. Eine Zeitlang verläuft die Route entlang einer ausgesetzten Kante, jetzt ist auch zu den Seiten nur noch Luft und blauer Himmel. Später muss eine extrem glatte Stelle gequert werden, die nur mit einzelnen Nägeln als Tritte gesichert ist.
Jedes Mal, wenn es ein bisschen weniger steil wird, fehlen die Seile. Am Nachmittag verklettert sich Erik an so einer Stelle: Plötzlich ist er mitten in einer senkrechten Wand, ohne Seil und Sicherung. Zwischen seinen Füßen ruft wieder die Endlosigkeit, aber er hört nicht hin. Er bricht den Vorstoß ab, klettert ein Stück zurück und findet schließlich den verblassten Farbklecks, den er zuvor übersah und der ihm einen anderen Weg weist.
Immer wieder sind jetzt silberne oder bronzene Plaketten in den Fels geschraubt. Namen stehen darauf mit Geburts- und Sterbedaten. Eine Tafel fällt Erik besonders auf. Der Typ mit italienisch klingendem Namen hatte zwei Tage vor ihm Geburtstag und morgen wird es genau ein Jahr her sein, dass er hier abgestürzt ist. Erik klettert weiter. Die makabren Plaketten sind immer in den einfacheren Passagen, wo man Gefahr läuft, sich zu früh zu entspannen. Auf fast allen ferrate gibt es sie, ähnlich den vielen Holzkreuzen an den Bäumen neben den Straßen. Zumindest fühlt man hier die Unruhe noch.
Der Weg zum Gipfel zieht sich in die Länge. Mehrfach denkt Erik, gleich da zu sein, aber immer wieder stellen sich neue Hindernisse in den Weg. Endlich sieht er zwischen einigen Felsen hindurch das Gipfelkreuz; es sind nur noch wenige Seillängen. Er will seinen Karabiner in ein neues Seil einklinken und zieht in routinierter, nur halb-bewusster Vorsichtsmaßnahme am senkrecht nach oben verlaufenden Stahlseil. Anstatt straff fixiert zu sein, kommt das schwere Seil ins Rutschen.
Erik krallt sich am Gestein fest, presst sich flach gegen die Wand. Das Seil peitscht hinter ihm durch die Luft, verfehlt ihn knapp. Dann hängt es lose im letzten Haken und baumelt schlaff wie eine tote Schlange in die Tiefe. Er zieht es hoch, bis das aufgespleißte Ende zu sehen ist. Blitzschlag, vermutlich das Gewitter vor drei Tagen.
Sein Herz pocht bis zum Hals. Er schaut sich um. Zwei glatte Felsplatten liegen hier nebeneinander, die Route verläuft durch eine enge Rinne zwischen ihnen. Etwa zwanzig Meter über ihm ist der nächste Haken und das nächste Seil. Nach unten sind es jetzt über tausend Meter, zu vorhin kein wesentlicher Unterschied. Zum Umkehren ist es zu spät am Tag, die Dunkelheit würde ihn einholen. Sein gemütliches Tempo rächt sich jetzt in fataler Weise. Für den Rückweg hat er sich einen schnellen Wanderweg auf der anderen Seite des Berges ausgesucht, aber um dahin zu gelangen, muss er über den Gipfel. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Am Berg übernachten, sich morgen für etwa zweitausend Euro in einem Helikopter nach unten bringen lassen (die Blamage gäbe es umsonst dazu), oder versuchen, bis zum nächsten Seil ohne Sicherung zu klettern.
Er fühlt sich wie damals am Gran Sasso. Angst und Lust an der Herausforderung mischen sich miteinander. Hätte er weniger Angst, so wäre die Herausforderung kleiner und die Lust geringer. Seine Hand zittert ein wenig, aber nur, solange er einfach dasteht und nichts tut. Er greift versuchsweise nach dem Fels. Die Berührung entspannt ihn und das Zittern verschwindet. Er trifft eine Entscheidung.
In den nächsten Minuten vergisst er alles um sich herum. Es gibt nur noch ihn und den Fels. Eine Rinne hat auf drei Seiten Stein. Das hilft, verdreifacht die zur Verfügung stehenden Tritte und Griffe und entspannt das Auge. Mit der Klettertechnik gibt es kein Problem. Kleine Steinchen stürzen in den Kilometer unter seinen Füßen. Erik schaut regelmäßig nach unten. Kein zufälliger, unbeabsichtigter Blick soll ihn erschrecken. Wenn man sich der Höhe bewusst bleibt, kann sie einen nicht plötzlich anfallen.
Alles, was ihn im Tal, in der horizontalen Welt bewegt, ist unwichtig geworden, verblasst vor dem Ernst der unmittelbaren Aufgabe. Die Antwort auf alle wichtigen Fragen des Lebens, auf alle Fragen, die zu stellen überhaupt einen Sinn macht, gibt der nächste gute Griff. Langsame, gleichmäßige, kontrollierte Bewegungen. Wenn Erik auf der linken Seite der Rinne klettert, muss er aufpassen, nicht an der rechten mit seinem Rucksack hängen zu bleiben. Das Geräusch der über den modernen Kunststoff kratzenden Felsen alarmiert. Hinhören, sich der Gefahr bewusst bleiben, keine hastigen Bewegungen, vor dynamischen Zügen den Rücken kontrollieren. Da - ein guter Griff, und alle Ungewissheiten verschwinden.
Allmählich verringert sich die Distanz zum ersehnten nächsten Haken. Noch zehn Meter, noch fünf, schließlich streckt Erik die Hand aus. Es fehlen vielleicht zwanzig Zentimeter. Er sucht nach einem weiteren Tritt, aber ausgerechnet hier läuft die Rinne aus und der Fels ist glatt. Zwei Minuten vergehen mit der Suche, drei. Über dem Tritt, auf dem er steht, gibt es noch eine winzige Bank, so schmal, dass er abrutschen wird, sobald die Spannung in seinem Fuß auch nur ein wenig nachlässt. Ein tödliches Versprechen.
Kurz denkt Erik an die Betenden unten in der Kapelle. Nein, - Menschen beten, damit ihnen die Angst genommen wird, aber er ist hierher gekommen, weil er die Angst fühlen will, sich ihr stellen.
Hochdrücken, mit der Linken den Haken greifen, mit der Rechten einklinken. Einige Male geht Erik jede Bewegung in Gedanken durch. Dann setzt er seinen Fuß auf die schmale Bank, drückt sich hoch, und greift mit der gleichen Bewegung nach dem Haken. Die Präzision, mit der die Hand genau dorthin greift, wo sie hin greifen soll, erleichtert nicht nur: Vor allem erfüllt sie Erik mit einer tiefen Befriedigung. Er klinkt den Karabiner ein und klettert weiter.
Kurze Zeit später ist er auf dem Gipfel. Ein Badehandtuch großer Brocken Fels irgendwo im Himmel. Es schwindelt ihm, als er sich am Gipfelkreuz festhält und vorsichtig aufrichtet. Erik schaut auf die benachbarten Gipfel hinab, in das Tal und auf den fernen See. Die Welt hat an Farben gewonnen.
Das gerissene Sicherungsseil ist vergessen, zumindest bis heute Abend. Wenn er im Bett liegt, wird der Berg noch einmal nach ihm greifen und in der Nacht wird Erik tausend Mal in die Abgründe des Tages schauen. Der fast angenehme Nachgeschmack eines überstandenen Abenteuers.

 

Arne bricht früh auf.
Hm...

Die Geschichte war gut. Spannend, stilistisch solide und vor allem spannend. Und man hat ein wenig dazugelernt, über Eisenwege, Kletterei und Schutzheilige.

Ein paar Detailanmerkungen:

Zeitig aus dem Bett zu finden, fällt ihm zu Hause immer schwer, aber hier, im Urlaub, ist das kein Problem
Ein bekanntes Syndrom... ;)

Cima SAT
Klingt wie ein Satellitensender für Kinoprogramme. Gibt´s den wirklich? Wenn ja, warum SAT und nicht Sat?

Der Berg bohrt sich fast senkrecht in die Talsohle
Interessante alternative Sichtweise. Normalerweise erheben sich Berge und bohren sich nicht.

die Ruine selbst jedoch trennt Zivilisation und Wildnis
Das hab ich nicht verstanden. Jedenfalls nicht beim ersten Lesen. Später (viel später!!) wurde mir klar, daß diese Zitadelle gar nicht auf der Bergspitze steht, und es von hier aus noch weiter nach oben geht (der Trampelpfad).

Nachts strahlt die Kapelle ein Scheinwerfer an
Solche Verknotungen stören empfindlich meinen Lesefluß. Besser: Nachts strahlt ein Scheinwerfer die Kapelle an

vor wen auch immer
wem

Fast alle (hier) wollen nur bis zur Kapelle, das wunderbare Panorama genießen, und kehren dann wieder um.
Der dritte Teil des Satzes paßt nicht zu den vorangehenden. Vorschlag:
Fast alle wollen nur bis zur Kapelle, das wunderbare Panorama genießen und wieder umkehren.

Arne will weiter, will auf den Gipfel. (Bis dahin ist es noch weit.) Das Tal liegt jetzt rund 500 Meter unter ihm, der Gipfel 700 Meter über ihm.
Umständlich.
Vorschlag:
Arne will weiter, will auf den Gipfel, der sich immer noch 700 Meter über ihm befindet. Das Tal hingegen erstreckt sich in 500 Metern Tiefe.

Erstens hatte er eine scheiß Angst.
Scheißangst

es gibt nur wenig Halt für das Auge.
Warum auch sollte das Auge sich festhalten wollen?

Sein Gehirn fordert, er möge doch den Kopf gerade halten und die gewohnte Perspektive wieder herstellen. Aber es ist die Welt, die umgefallen ist und nicht wieder aufsteht.
Das fand ich gut. Kann man ich richtig schön vorstellen.

ein Verhalten, das Arne manchmal amüsierte, doch meist nervte. Arne ist Akademiker, ein Kopfmensch
Hm. Komischer Zusammenhang...

Ein Griff im Fels, der sich gut anfühlt ist auch gut, einer der sich schlecht anfühlt, schlecht. Darüber nachzudenken wäre sinnlos, ja gefährlich
Fand ich gut.

Wenn Arne auf der linken Seite der Rinne klettert, muss er aufpassen, nicht an der rechten mit seinem Rucksack hängen zu bleiben.
Waas, der Kerl schleppt einen Rucksack mit sich herum??

So, das war´s von meiner Seite.

r

 

Hi Rel!
Auch hier viele Dank für Deine Kritik! :)

Geschrieben von relysium
Zitat: Arne bricht früh auf.
Hm...
Wo ist das Problem?

Geschrieben von relysium
Cima SAT
Klingt wie ein Satellitensender für Kinoprogramme. Gibt´s den wirklich? Wenn ja, warum SAT und nicht Sat?
SAT oder S.A.T. (Eine Abkürzung, für was weiß ich nicht. Offenbar kann man im Italienischen bei Abkürzungen mit mehreren Worten die Punkte weglassen.) Es gibt beide Schreibweisen. Den Berg gibts wirklich, was ein kleines Problem der Story ist: Aus "literarischen" Gründen habe ich unten im Tal keine Namen verwendet: See und Ort bleiben Namenlos. Natürlich brauchst Du nur "Cima SAT" zu googeln und schon weißt Su, wo der Berg ist, wie der See heißt, und kannst sogar ein paar Impressionen von der ferrata einsammeln...)

Geschrieben von relysium
Das hab ich nicht verstanden. Jedenfalls nicht beim ersten Lesen. Später (viel später!!) wurde mir klar, daß diese Zitadelle gar nicht auf der Bergspitze steht, und es von hier aus noch weiter nach oben geht (der Trampelpfad).

Hm... behalte ich mal als potentielles Problem im Auge. *überleg*

Geschrieben von relysium
Der dritte Teil des Satzes paßt nicht zu den vorangehenden. Vorschlag:
Fast alle wollen nur bis zur Kapelle, das wunderbare Panorama genießen und wieder umkehren.
Kritik berechtigt. Vorschlag klingt aber komisch. Wird wohl: "Fast alle kommen nur bis zur Kapelle, genießen das wunderbare Panorama und kehren wieder um."

Geschrieben von relysium
Vorschlag:
Arne will weiter, will auf den Gipfel, der sich immer noch 700 Meter über ihm befindet. Das Tal hingegen erstreckt sich in 500 Metern Tiefe.
Grummel... Mag ich nicht... *grübel*

Geschrieben von relysium
Scheißangst
Gibts da irgendeine Regel, die ich nicht kenne Aragorn hatte an anderer Stelle aus meinen "scheiß Kamin" auch einen "Scheißkamin" gemacht. Muß das Substantiviert werden? :confused:


Geschrieben von relysium
Warum auch sollte das Auge sich festhalten wollen?
Ist eigentlich eine feststehende Redewendung: "dem Auge wenig Halt bieten" eintönig sein, ohne markante Punkte. ähnlich auch: "Im Auge behalten" (bedeutet ja auch eigentlich nur, etwas zu beobachten.

Geschrieben von relysium
Hm. Komischer Zusammenhang...
*seufz* Du hast völlig recht und hast zielsicher meine "Problemstelle" herausgepickt. Daran bastel ich seit Tagen herum, weiß aber einfach net, wie ich das rüberbringe, was ich meine :mad:. Hab schon überlegt, den Absatz zu streichen - nur wird dann der Chrakter meines Prot klar? Wird deutlich, warum er klettert?

Geschrieben von relysium
Waas, der Kerl schleppt einen Rucksack mit sich herum??

Auf jeden Fall! Auf Tagestouren brauchst Du Futter und mindestens einen, wenn nicht 2 Liter Wasser. je nach Tour brauchst Du auch noch wärmere Klamotten, falls Du doch mal irgendwo hängen bleibst und die Nacht in der Wand bist - da wirds dann nämlich arschkalt...
Ich erinnere mich da an eine 2 Tages Tour, wo wir auf 3000 Metern in einer Hütte übernachteten: Den Tag über war es irre heiß - kaum war die Sonne weg, fiel die Temperatur recht schnell Richtung 0 Grad - wie in der Wüste. Wir Schlauberger wollten Geld sparen und nicht in der Hütte essen, hatten also einen Gaskocher und Spaghetti mit. Schon mal versucht, auf 3000 Metern was zu kochen? Das Wasser wird nicht richtig heiß, weil der Luftdruck fehlt. Wir warteten also in kurzen Hosen und T-Shirts bei Null grad etwa 2 Stunden darauf, daß unsere Spaghetti endlich weich wurden. Helden waren wir... :rolleyes:

 

Zitat: Arne bricht früh auf.
>Hm...
Wo ist das Problem?
Problem würde ich das nicht nennen, nur der Name klingt so ähnlich wie ein anderer... ;)

Gibts da irgendeine Regel, die ich nicht kenne Aragorn hatte an anderer Stelle aus meinen "scheiß Kamin" auch einen "Scheißkamin" gemacht. Muß das Substantiviert werden?
Das ist keine Regel, nur ist eben "scheiß" kein Adjektiv.
Der scheiße Burger...
Die scheißen Burger...
Ich gab dem scheißen Kerl sein Geld...
Klingt alles nicht sehr überzeugend, oder?

Ist eigentlich eine feststehende Redewendung: "dem Auge wenig Halt bieten" eintönig sein, ohne markante Punkte. ähnlich auch: "Im Auge behalten" (bedeutet ja auch eigentlich nur, etwas zu beobachten.
1. Noch nie gehört, klingt aber gut. Habe das neulich erst selbst erfunden (zumindest glaubte ich das, aber wenn du sagst,das gibt es schon...) :(
2. Hier geht es doch in erster Linie um reales Festhalten und nicht um Bauhaus-Ästhetik, deswegen finde ich es nach dieser Erklärung noch unpassender als zuvor. (Dachte, es heißt: sein Auge fand nichts, woran es (und somit auch er) sich festhalten konnte).

->Sie war sehr gefühlig und aß auch seit Jahren
->kein Rindfleisch mehr –
->ein Verhalten, das Arne manchmal amüsierte, doch
->meist nervte. Arne ist Akademiker, ein Kopfmensch
>Hm. Komischer Zusammenhang...
*seufz* Du hast völlig recht und hast zielsicher meine "Problemstelle" herausgepickt. Daran bastel ich seit Tagen herum, weiß aber einfach net, wie ich das rüberbringe, was ich meine . Hab schon überlegt, den Absatz zu streichen - nur wird dann der Chrakter meines Prot klar? Wird deutlich, warum er klettert?
Klar, er tut es des "Kicks" wegen. Um Angst zu haben. Ich glaube, nur wenn er Angst hat, fühlt er sich wirklich lebendig, aber das ist schon Interpretation. Auf jeden Fall macht Angst ihm Freude, und ebenfalls, wenn er weiß, daß er sie besiegt hat.
Rindfleisch zu essen ist für ihn wahrscheinlich so ähnlich wie bei geworfenen Flaschen einfach stehen zu bleiben.
Trotzdem ist es nicht klar, was das mit Akademikertum zu tun hat.
Wenn du ein Problem mit dieser Stelle hast, streiche die Anmerkung mit dem Akademiker doch einfach.

r

 

So,
habe die KG nochmal überarbeitet. In fast allen Punkten nur Kosmetik, außer an der bewußten Stelle:

Geschrieben von relysium
Wenn du ein Problem mit dieser Stelle hast, streiche die Anmerkung mit dem Akademiker doch einfach.

Ich will sie aber nicht streichen. Die Stelle ist zu wichtig für den Charakter. Außerdem will ich inzwischen aus "Stilübungsgründen" herausfinden, wie ich das ausdrücken kann. - Selbst wenn ich die Stelle danach doch noch streichen sollte. *Ehrgeiz*

Niels :)

 

Hallo Niels!

Ich habe Deine Geschichte gern gelesen und auch brav nach den Bildern gegoogelt. :)
Als Abenteuer war sie teilweise recht spannend, besonders da, wo das Seil riß… Aber dadurch, daß Dein Protagonist Deinen zweiten Namen trägt, weiß man schon von vornherein, daß nichts schief gehen wird. So wie bei Filmen, wo man weiß, daß sie gut ausgehen… Womit das mein erster Kritikpunkt/Änderungsvorschlag ist. ;)

Besonders schön beschrieben fand ich übrigens (unter anderen) jene Stelle:

Aus einer senkrechten Wand schaut Arne hinab in das ferne Tal. Es ist unwirklich weit weg. Selbst die nicht ganz so steilen Passagen, wo er eben noch auf allen Vieren voran kam, verschmelzen mit der Senkrechten. Sein Gehirn fordert, er möge doch den Kopf gerade halten und die gewohnte Perspektive wieder herstellen. Aber es ist die Welt, die umgefallen ist und nicht wieder aufsteht.

Ich überlege, warum Du die Geschichte wohl unter Philosophisches gepostet hast, aber so richtig schlüssig will es mir nicht aufgehen. Ich kann nur vermuten, daß die philosophische Aussage sein soll, daß, wenn man sich bis nach oben kämpft, den schwierigen Aufstieg schafft, man dann dafür als Belohnung eine leichte Wanderung vor sich hat. Vielleicht ist Dir ja wegen dieser Aussage die Betonung so wichtig, daß Arne Akademiker ist? Das wäre jedenfalls auch das einzige, was mir als Grund für das Nennen des Akademiker-Grades einfällt. Denn wenn es bloß darum ginge, ihn als denkenden Menschen darzustellen, hätte die Darstellung gereicht, daß er sich Gedanken macht. Nicht nur Akademiker sind denkende Menschen. Ich zum Beispiel kann gar nicht zu denken aufhören, vielleicht denke ich sogar mehr als so mancher Akademiker, bin aber weit vom Akademiker (vor allem von dessen Gehalt…) entfernt. Also ich bin kein nicht denkender Mensch, bloß weil ich kein Akademiker bin, und für Deinen Protagonisten (es soll ja eine Geschichte und kein Tagebuch sein) ist der Titel wirklich nichtig.
Die Mehrzahl der Bevölkerung sind Nicht-Akademiker, also kann es auch nicht dafür dienlich sein, daß sich der Leser besser mit dem Protagonisten identifizieren kann. Kurzum: Ich würd es streichen. :)

Eine Stelle, die ich mir auch markiert habe, weil ich den Gedanken nicht so ganz nachvollziehen kann:

Wenn es dunkel ist und der Berg selbst nicht zu erkennen, hängt sie wie ein leuchtendes Tor mitten im Himmel. Für Christen muss das ein bewegender Anblick sein.
Der Anblick ist doch bestimmt auch für Arne bewegend, oder? Ich bin auch keine Christin, aber wenn ich mir das so vorstelle, ist der Anblick sicher bewegend, dafür muß ich nicht gläubig sein, oder? Und wie es ihn bewegt, geht ja schon aus dem ersten der beiden Sätze hervor, sonst wär´s ja gar nicht in der Geschichte erwähnt… ;)

So, jetzt bin ich von der philosophischen Betrachtung ein bisschen abgeschweift… Da wollte ich nämlich noch meinen Einwand anbringen, der aber keine Kritik an der Geschichte ist, sondern nur meine Meinung zu der Philosophie, die Du hier anscheinend transportieren willst:
Warum muß man sich eigentlich so mühsam auf einen Berg kämpfen, wenn es einen viel gemütlicheren Wanderweg gibt (Du schreibst ja, daß er diesen für den Rückweg geplant hat), bei dem man die Aussicht viel mehr genießen kann, weil man nicht ständig in Gefahr ist, und viel mehr von der lebendigen Natur sieht, statt – zumindest streckenweise – nur den harten Stein?
Ich frage das im philosphischen Sinn als Mensch, der gern gemütlich durchs Leben geht und in Bezug aufs Raufkommen auf den Berg als eine, die gern wandert statt klettert. Wobei Du den Grund fürs Klettern eigentlich in der Geschichte genug erläutert hast, aber philosophisch seh ich ihn nicht… Vielleicht bin ich auch bloß blind oder Du hast aus einem ganz anderen Grund unter Philosophie gepostet, hm. *nachdenk*
Könnte natürlich auch sein, daß Du einfach sagen wolltest: Wenn man ein Ziel vor Augen hat, kann man es auch erreichen. Aber da bleibt dann auch wieder meine Frage, warum nicht gemütlicher? ;)

So, das wars erstmal für heute, ein paar kleine Anmerkungen hab ich noch, die liefere ich spätestens am Wochenende nach. :)

Liebe Grüße,
Susi

 
Zuletzt bearbeitet:

Oha! Da hast Du Dir ja gut die Nacht um die Ohren geschlagen! (Posting um 3.20 Uhr!) Erstmal vielen Dank für Deine Mühen!

Geschrieben von Häferl
... Aber dadurch, daß Dein Protagonist Deinen zweiten Namen trägt, weiß man schon von vornherein, daß nichts schief gehen wird. So wie bei Filmen, wo man weiß, daß sie gut ausgehen… Womit das mein erster Kritikpunkt/Änderungsvorschlag ist. ;)

Ja, hab ich auch schon gedacht - als ich die Story bei der Lesung in Göttingen vortrug, hatte ich den Protagonisten auch "Erik" genannt. Muss nur noch mal in die Printversion übernommen werden...

Zu deiner Frage, warum sie Story unter Philkosophisches steht: Weil sie sonst überall noch weniger passte. Es fehlt einfach die Rubrik "Psychologisches": Es ging mir vor allem um eine Charakterstudie, also "Innenschau" (bzw. ein wenig Selbstbespiegelung, wenn Du böse sein möchtest :) ) . Dazu gehört auch die Erwähnung des "Titels", denn die eigentlich Frage: "Warum macht der Protagonist das? Was ist so faszinierend an der Angst?" liegt in seiner Unzufriedenheit mit seinem Beruf. - Nicht mit dem "Denken", sondern eher im "akademischen Herumdenken" mit seinem ewigen "klein-klein", methodendiskussionen und Erkenntnissen mit häufig sehr begrenzten konkreten Wert. Beim Klettern ist das anders: Die Aufgabe ist ernst, aber eindeutig und deshalb in gewissen Sinne einfach: "ein guter Griff und alle Ungewissheiten verschwinden."
- Soviel in aller Kürze als Selbstdeutung, was der Autor mit seiner Geschichte meinte - aber angeblich enthält ja jede Geschichte mehr, als der Autor eigentlich sagen wollte... :)


Geschrieben von Häferl
Ich zum Beispiel kann gar nicht zu denken aufhören, vielleicht denke ich sogar mehr als so mancher Akademiker, bin aber weit vom Akademiker (vor allem von dessen Gehalt…) entfernt.

Also verdienst Du sehr gut, ja? Herzlichen Glückwunsch!! :D :D

Geschrieben von Häferl
Also ich bin kein nicht denkender Mensch, bloß weil ich kein Akademiker bin, und für Deinen Protagonisten (es soll ja eine Geschichte und kein Tagebuch sein) ist der Titel wirklich nichtig.
Die Mehrzahl der Bevölkerung sind Nicht-Akademiker, also kann es auch nicht dafür dienlich sein, daß sich der Leser besser mit dem Protagonisten identifizieren kann. Kurzum: Ich würd es streichen. :)

Wie gesagt - es geht nicht um "denken", sondern um Probleme, die die akademische Lebenswelt so mit sich bringt...

Geschrieben von Häferl
Der Anblick ist doch bestimmt auch für Arne bewegend, oder? Ich bin auch keine Christin, aber wenn ich mir das so vorstelle, ist der Anblick sicher bewegend, dafür muß ich nicht gläubig sein, oder? Und wie es ihn bewegt, geht ja schon aus dem ersten der beiden Sätze hervor, sonst wär´s ja gar nicht in der Geschichte erwähnt… ;)
"Tuscheeee", wie der Franzose sagt (aber wohl anders schreibt). Das muss ich mir wohl nochmal anschauen.


Geschrieben von Häferl
Warum muß man sich eigentlich so mühsam auf einen Berg kämpfen, wenn es einen viel gemütlicheren Wanderweg gibt (Du schreibst ja, daß er diesen für den Rückweg geplant hat), bei dem man die Aussicht viel mehr genießen kann, weil man nicht ständig in Gefahr ist, und viel mehr von der lebendigen Natur sieht, statt – zumindest streckenweise – nur den harten Stein?

Die Frage aller Fragen. ;) Meine Antwort: Der Protagonist will seinen Alltag vergessen und sich ein Problem stellen und es eindeutig lösen. Klettern ist ein größeres Problem als Wandern und erfordert mehr Konzentration als Wandern, bringt also mehr Ablenkung - das persönliche Ziel des Protagonisten wird so besser erfüllt. Beim Klettern wird der Alltag buchstäblich bedeutungslos, er versinkt unter Dir - das kenne ich beim Wandern so nicht.

Gruß, Niels

 

Hallo Niels!

Etwas spät, aber doch … :)

bei der Lesung in Göttingen vortrug, hatte ich den Protagonisten auch "Erik" genannt. Muss nur noch mal in die Printversion übernommen werden...
Find ich gut, obwohl „Erik“ ein bisschen hart klingt…
Die Funktion „Suchen und Ersetzen“ im Word kennst Du ja sicher, oder? Wenn nicht: Strg + h ;)
bzw. ein wenig Selbstbespiegelung, wenn Du böse sein möchtest
Ich könnte ja jetzt böse sein …:D Nein, eigentlich weiß ich überhaupt nicht, warum Du da von „böse“ sprichst.
Also verdienst Du sehr gut, ja? Herzlichen Glückwunsch!!
Mich dünkt, Du hast da etwas falsch verstanden... :D


Jetzt aber zum ernsteren Teil ;) :

»eine saubere, schmale Strasse«
– Straße

»Auf der Straße stapfen die wenigen Touristen stumm aneinander vorbei; ab hier führt nur ein Trampelpfad weiter nach oben und die wenigen Menschen, denen Arne begegnet, grüßen ihn und er grüßt zurück.«
– irgendwie gehts an der Stelle etwas schnell von den wenigen Touristen, die stumm aneinander vorbeigehen, zu den wenigen Menschen, die Arne grüßen, bzw. umgekehrt. Ich dachte im ersten Moment, hier widerspricht sich was, bevor ich es richtig mitbekam. – Übrigens wiederholt sich „wenigen“. ;)

»Irgendwann, am schon späten Nachmittag, …, hielt sich an einem in hüfthöhe verlaufenen Stahlseil fest«
– keinen Beistrich nach „Irgendwann“
Hüfthöhe

»Die Angst begleitet ihn auf den Weg nach oben«
– auf dem Weg

»Ein Griff im Fels, der sich gut anfühlt ist auch gut, einer der sich schlecht anfühlt, schlecht.«
– anfühlt, ist
– ich würde, wenn überhaupt, nicht „fühlt“ kursiv schreiben, sondern „ist“. Aber eigentlich brauchst Du da nix kursiv machen, der Sinn erschließt sich auch so.

»entlang einer ausgesetzte Kante«
– einer ausgesetzten Kante

»Sie ist mit einzelnen Nägeln als Tritten gesichert.«
– als Tritte (ohne n)

»Jedes Mal, wenn es ein Bisschen weniger steil wird«
– ein bisschen weniger

»Zwischen seinen Füssen ruft wieder die Endlosigkeit«
– Füßen

»Der Typ mit italienisch klingenden Namen hat zwei Tage vor ihm Geburtstag und morgen wird es genau ein Jahr her sein, dass er hier abgestürzt ist.«
– mit italienisch klingendem Namen hatte
– ich würde „und morgen wird es genau ein Jahr her sein“ durch „und morgen ist es genau ein Jahr her“ ersetzen, das paßt bei so einer Zeitspanne schon und klingt weniger kompliziert

»Holzkreuzen an den Bäumen neben den Strassen.«
– Straßen

»Er zieht es hoch bis das aufgespleißte Ende zu sehen ist.«
– ich würde hier einen Beistrich machen: hoch, bis

»Kleine Steinchen stürzen in den Kilometer zu seinen Füssen.«
– Füßen
– klingt irgendwie komisch, finde ich. Würde schreiben … stürzten den Kilometer zu seinen Füßen hinab/hinunter.

»Zwei Minuten vergehen mit der Suche, drei.«
– das hinten angehängte „drei“ fände ich besser gleich nach „zwei“: Zwei, drei Minuten vergehen …

»Über dem Tritt, auf den er steht«
– auf dem er

»und greift mit der gleichen Bewegung nach dem Haken.«
– vielleicht besser „mit der einstudierten/geplanten/errechneten Bewegung“

»Alle Abgründe des heutigen Tages werden noch einmal lebendig werden, alle Felsen noch einmal bestiegen.«
– die beiden „werden“ lesen sich nicht so schön

»Aber das ist fast angenehm«
– fast? – Ich würd es weglassen (evtl. auch das „Aber“, vielleicht: Das ist der angenehme Nachgeschmack …:))

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Soo ... runderneuerte Fassung, vielen Dank für die Kritik Susi! :)

Ich habe im Prinzip deine Anmerkungen eingearbeitet und eine Änderung der "Rast" vorgenommen, die ich schon länger geplant hatte - sie ersetzt übrigens die "Sozialwissenschaftler" Stelle, die nicht nur du kritisiert hast. :)

Geschrieben von Häferl
»Aber das ist fast angenehm«
– fast? – Ich würd es weglassen (evtl. auch das „Aber“, vielleicht: Das ist der angenehme Nachgeschmack …:))

Nein, das ist alles andere als angenehm! Es geht hier nicht darum, dass der Protagonist nochmal "den Tag an sich vorbeiziehen läßt", sondern eher in einer Art "verzögerten Stressreaktion" Ängste bewältigt, die in der Situation selbst verdrängt wurden. Dagegen kann man sich kaum wehren und das kann sogar sehr unangenehm sein, etwa wenn man bei Mehrtagestouren die Erholung braucht. - Nur das gemütliche Bett und das Bewußtsein, dass ja nichts passieren kann, entspannt etwas und gibt das Gefühl, im sicheren Bett zu klettern. :)

Gruß, Niels

PS: Ich hätte ja eigentlich gedacht, dass der Protagonist wieder von Dir heftige Schelte für seine Unvernunft bekommt. *g* Im Gegensatz zu der Ski-Story finde ich mein bzw. des Protagonisten Verhalten beim Klettern (allein) oder gar bei der "Demo-Rückblende" durchaus angreifbar. Aber wer sagt eigentlich, dass Protagonisten (oder Autoren :D) besonders vernünftig zu sein haben?

 

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