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Eisbärmann
Eisbärmann
Eine harte Aufgabe steht mir bevor. Meine ganze Entschlossenheit, mein Mut ist jetzt erforderlich. Dieses Mal werde ich nicht aufgeben, nein, ich werde es jetzt einfach machen! Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss! Auch wenn es schwerfällt...
Nachdem ich es dann geschafft habe, aus dem Bett aufzustehen, schleppe ich mich ins Bad und erledige die nötigsten Dinge. Bisher alles Routine.
Die habe ich sowieso zur Genüge. Immer der gleiche Ablauf. Ich gehe die 60 Marmorstufen lange Treppe herunter in den Eingangshalle herunter und stolpere erst einmal über den Eisbärläufer, der am Fuss liegt. Der sollte doch eigentlich nicht hier liegen, er ist einfach eine potentielle Stolperfalle! Aber mein Innenarchitekt meinte, der müsste dahin, ist auch ansich ein schöner Blickfang. Aber mein Knöchel hat sich wieder einmal in dem riesigen aufgerissenen Maul des größten Landraubtieres der Welt eingeharkt. Wenn einem das in der nördlichen Polarregion passiert, würde es wohl übler ausgehen, aber nichtsdestotrotz habe ich wieder eine neue Schramme am Fuss.
Ich zerre also den Läufer am Schwanz gepackt in die Besenkammer, auch wenn die Eingangshalle jetzt ein wenig leer aussieht. Das Vieh wird mir jedenfalls kein Bein mehr stellen. Ich überlege, ob es die späte Rache des Bären ist, schließlich hatte ich Ihn damals auf meiner Arktissafari abgeknallt.
Naja mal sehen, vieleicht suche ich mir demnächst ein weniger rachsüchtiges, flacheres Tier aus was dann auf dem Boden liegen kann. Der Innenarchitekt wir eine Lösung haben.
Mittlerweile habe ich die Küche errreicht, die Kaffeemaschine angestellt und den Toster mit zwei Scheiben Jagdwurst gefüttert. Ich bin noch ein wenig verschlafen und neben der Spur, erst der Geruch des verkokelten Aufschnitts lässt mich etwas wacher werden. Jetzt hab ich schon keine Lust mehr auf Frühstück! Tasse Kaffee und Zigarette muss auch reichen.
Heute steht sowieso nichts anstrengendes an, ich werde erst einmal ein wenig entspannen. Zeitdruck oder Termine habe ich nicht, ich habe nie Termine. Was ich aber habe ist ein 85 Quadratmeter grosses Wohnzimmer, vollgestopft mit Unterhaltungselektronik von der ich mich jetzt berieseln lasse.
Erst einmal Nachrichten schauen. Es gibt nichts neues, nur die üblichen Katatrophen und Kriesen, Skandale und Prominews sowie die Wetteraussichten. Kenne ich alles schon, schon 1000x mal gesehen. Es langweilt mich. Es langweilt mich so sehr, das ich beschließe das Haus zu verlassen! Aber ich kann nicht, auf meinem Haus liegt ein Fluch! Auch wenn ich es wollte, ich kann nicht raus. Es geht nicht! Seit dieser Sache, die damals in Indien passierte.
Es ist eigentlich keine Interessante Geschichte, aber um es kurz zu machen: Ich war mal wieder auf der Suche nach einem Tier, das ich schießen, ausstopfen und in meine Haus legen könnte. Eigentlich hatte ich es auf einen der berühmten Indischen Tieger abgesehen, ich habe mich aber spontan umentschieden und stattdessen eine heilige Kuh erlegt. Großer Fehler. Der Blattschuß war einwandfrei, die Kuh fällt auf der Stelle tot um und ich sehe sie schon vor meinem Geistigen Auge nett präpariert vor dem Kamin liegen.
Aber es kommt immer anders als man denkt. Die Kuh steht wieder auf und fängt an auf mich einzureden. Von wegen was soll das, ob ich nicht wüsste das sie eine heilige Kuh sei und ich bin jetzt verflucht. Da hatte ich den Salat, nicht nur keine neue Trophäe, auch noch nen Fluch am Hals. Na Toll.
Okay, ich gebe es zu. Das mit dem Fluch habe ich mir ausgedacht. Ich verlasse einfach nicht gerne das Haus. Aber das hat auch seine Gründe. Sobald ich einen Fuss nach draußen setze, kommen die Leute angerannt und wollen etwas von mir. Nachdem ich vor 3 Jahren im Lotto gewonnen hatte, bekam ich plötzlich jede Menge neuer Freunden. Diese Personen wollen an mein Geld, gehen mir auf die Nerven und belagern mich quasi. Sehr unangenehm.
Viele denken auch, ich wäre nicht mehr ganz gescheit. Das Geld hätte mich verändert, es würde mir schaden! Zu einem Wahnsinnigen hat es mich gemacht, erzählt man sich hinter vorgehaltener Hand. Das stimmt aber nicht, ich bin so geblieben wie ich war. Auch ohne Geld war ich schon Wahnsinnig, oh ja.
Aus dem Fenster schauend, sehe ich vor der Auffahrt einen roten Kleinwagen stehen. Darin sitzt eine große dicke Frau. Es ist Frau Kraschrinski, wir kennen uns bereits. Frau Kraschrinski arbeitet in der Lottoannahmestelle unseres kleinen Dorfes und war die erste, die von meinem Millionengewinn erfahren hatte. Seit dem klebt Sie an meinen Hacken, Sie möchte Geld von mir. Sie hat die fixe Idee, ein eigenes Geschäft zu eröffnen, ich soll es bezahlen da Sie es war, die meinen Lottogewinn quasi in die Wege geleitet hat. Frau K. geht mir gewaltig auf die Nerven. Alle Versuche, Sie mir vom Leib zu halten blieben bisher ohne Erfolg. Frau K. ist extrem hartnäckig, Sie beobachtet mit Ihren großen verquollenen Glubschaugen jede meiner Bewegungen. Mit ihrer quäkenden Stimme labert Sie mir minutenlange Nachrichten auf meinen Anrufbeantworter. Mit Ihren weißen Wurstfingern krackelt Sie mir seitenlange Briefe die Sie dann, in einen Umschlag mit der Aufschrift "WICHTIG!!!" gesteckt, in meinen Briefkasten stopft.
Frau K. wird mich heute Morgen kennen lernen, das habe ich soeben beschlossen. Ein wahnsinniges Lächeln huscht über mein Gesicht.
Ich schiebe den Vorhang des Fensters zurück und fange an mich auszuziehen. Nackt wie Gott mich schuf, laufe ich quer durch meine Villa zur Innentür meiner Garage. Dort schnappe ich mir den halb vollen weißen Farbeimer. Der ist noch vom anstreichen der Küche übrig geblieben. Ich schließe meine Augen und gieße mir den Eimer über den Kopf. Nachdem auch der letzte Rest der hellsten unbunten Farbe auf mich getropft ist, verteile ich Sie mit meinen Händen auf meinem Körper, bis ich komplett im strahlendsten Weiß da stehe.
In der Eingangshalle hole ich das Fell des fiesen Stolperbären aus der Abstellkammer und werfe es mir um die Schultern. Der große Kopf des Bären ist quasi meine Kaputze und ich spüre, wie die Kräfte des einst stolzen Jägers auf mich übergehen! Der Eisbärmann war geboren und bereit für seine erste Tat.