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Eintagsfliegenwahn

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27.05.2002
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Eintagsfliegenwahn

Eintagsfliegenwahn

Auf der Suche merkst Du nicht, wie die Zeit vergeht. Oder du bist dir dessen täglich von zwei bis fünf Uhr bewusst. Angesichts der anhaltenden Leere und der Angst vor einem nie endenden Eintagsfliegendasein. Eines Tages, der nie endet. Die Zunge zieht nicht gerade danach, es auf ihr zergehen zu lassen, doch du kannst nicht anders, da die Neigung zur Selbstqual dein Weg nach außen ist.

Die Luft schmeckt nach Frische. Regen bedeutet für die Verzweifelten Befreiung, da der unaufhaltsame Fluss reinigt. Und ist er Zeichen für den Weg zur Ehrlichkeit. Ein Grund für deine Verzweiflung ist deine Verschlossenheit. Was ist so verwunderlich an wirklich tiefgehenden Gedanken? Was lässt dich die Freude des Verstandenseins kosten? Momentaufnahmen, die locken? Auch wenn du sie längst begraben glaubtest: Hoffnung feiert weit öfter Wiederauferstehung als jeder Prophet.

Die Solitude steht dir auf der Stirn geschrieben. Das Sujet jeglichen schriftlichen Diskurses sei die Freiheit. Der gemeinsame Nenner. Kürze, erweitere und dies sei das Ergebnis. Was aber ist Freiheit? Hat sie nicht jeder Mensch in sich? Wozu die Außenwelt damit belästigen, wenn jeder König seiner eigenen Freiheit ist? Dein Wille, dein Weg. Gehst du ihn nicht, dann bist du dir Rechenschaft schuldig. Nur du selbst kannst dich in einen Käfig sperren. Kanarienvögel singen Gospelsongs.

Rechenschaft. Angst davor, sich erklären zu müssen. Ist Gott ein Zeichen für den Drang des Menschen nach Selbstgeißelung? Ist die Frage nach der Erschaffung Gottes die moderne Herausforderung? Existiert Gott, so wird er seine Zeichen hinterlassen haben. Ein Gott, der schafft und verschwindet, ist wie ein Gärtner, der pflanzt und verkümmern lässt. Gott, der Erschaffer, so nennst du ihn, ist dem allgemeinen Verständnis nach in erster Linie Menschenerschaffer. Ein Experte der Menschenzucht. Lässt ein Experte eine Rückentwicklung zu?

Rückentwicklung, was ist das? Du kannst es nicht als die Wiederbelebung des physischen Neandertalers sehen. Redet man von Gott, so trennt man Körper und Seele. Und Körper ist Werkzeug. Seele dagegen der Handwerker.

Existiert Gott nicht, so wird jegliche Diskussion absurd.

Du siehst dich von dir selbst abgelenkt. Die Versenkung ist die Zeitaufwendigste aller Selbstbeschäftigungen. Doch ist sie notwendig, um wenigstens für einen Bruchteil irgendeiner Zeiteinheit von der öden Lebensmaschinerie zu entgleiten. Doch das Räderwerk dreht sich weiter und schluckt dich wieder.

Frau Grätz lächelt im Vorbeigehen und gratuliert dir mit ihrem leuchtenden Auge zu deiner neuen Vitalität. Du drehst selbstsicher auf und wünschst ihr in ansteckender Zufriedenheit einen schönen Verdauungsspaziergang. Doch ansteckend ist mehr die verbreitete Krankheit des Missverstehens. Ein Fehltritt, was solls. Die Nächste verfällt deinem Charme.

Interessant wie gewöhnliche Mütter erziehen. Diese hier wirft mit Popoklapsen um sich. Frecher Bengel, du. Doch das Geschrei zehrt an deinen Nerven, so stehst du auf und bereust diesen menschensuchenden Spaziergang.

Ein Kaffee sucht sich in die Kanne und fällt in die Tasse. Smith erklärt, dass Mitleiden Projektion eigener gedachter Gefühle in andere bedeutet. Du fühlst doch nur, was du fühlst. Nie etwas anderes. Verständnis ist eine gegen Verständnis konvergierende Folge von Ahnungen. Ja, oder du rührst die Leere in der Tasse und klingdingklarr...
Dieses blöde Weib mäht schon wieder den Rasen. Und meckert zwischendurch mit der anderen Ziege über Stars und Sternchen. Nicht dass es bemerkenswert wäre...

Natalia hat keine Zeit für dich. Versuch es erst gar nicht.
Hallo?
Natalia?
Ah, du...
Ich... ich würde gerne mit dir reden.
Hab nur kurz Zeit. Gehe mit Vito nen Film gucken.
Es ist wichtig...
Was denn?
Ich muss dich sehen...
Nein, heute nicht.
Ich habe doch den Text gelesen!
Hm, das ändert nichts an meinen Plänen...
Was würde sie ändern?
....Nichts.
Ich lasse von mir hören.
Wozu sie noch anrufen, wenn es immer so läuft. Sie und ihr „Wahn“. Du liebst es aber, wenn sie „Wahn“ sagt. Wahn, und hauchst es noch einmal hin.
Pack die Badehose ein, nimm den Shakespeare mit hinein, und ab geht’s nun zum Hochhaus in der Innenstadt.

Du singst ihre Lieder: Snow can wait I forgot my mittens, wipe my nose, get my new boots on... Unschuldige Zeilen, die sie gerade deswegen liebte.
Hochhaus, Aufzug, und ab nach oben. Du wirst ungeduldig, da dieses alte Teil ewig braucht. Oben ist es kalt und windig. Packst William aus und liest Romeos Worte, die du von hier Natalia schickst. Stellst dich so hin, dass du zum Sprung bereit scheinst. Es dauert nicht lange und sie kommen. Um dich zu retten. Als ob du Rettung bräuchtest!
Ich Tarzan, ohne Jane! Also bringt man dir Natalia. So sollte es immer sein.
Natalia erscheint aufgeregt, etwas angesäuert. Das kann sie kaum verbergen. Tja, meine Rettung ist wohl auch kaum so interessant wie Vito! Natalia, rette mich...
Du lächelst sie an und sie wehrt sich dagegen weich zu werden. Look I´m standing naked before you… War das nicht dein Lied, Nata? So stimmst du es an. Sie bringt dich mit einem strengen Blick zum Schweigen.
So war es nie zwischen uns! Was du willst, will ich nicht.
So einfach, Nata?
Nenn mich nicht so!
Ich springe, wenn ich dich nicht kriege! (Natürlich nicht, aber soll sie es denken...)
Sie schaut dich entsetzt an. Und diese Härte in ihren Augen, die nichts als Selbstschutz ist, fordert dich fast auf, dies zu tun. Sie gibt dennoch auf. Und wehrt sich nicht länger. Du weißt nicht warum. Aber du nimmst es an. Wie du willst, bricht es aus ihren Lippen wie ein Stück Auslieferung. Look! Nata ist deine Julia.

Nach einer Woche mit ihr hast du genug und begibst dich wieder in versunkene Spaziergänge, um zu hassphilosophieren. Natalia lässt du aber nicht gehen. Sie redet nicht mehr von ihrem Wahn. Wahnsinn ist des Normalen Ausbruch in untragbaren Situationen. Diesen Satz fühlst du. Du willst ihren Wahn.

Frau Grätz lächelt dich an. Und du siehst sie durch eine Decke von noch quälenderen Gedanken. Nata lächelt und nimmt den Ring. Ja, sie will deine Frau werden.

 

Ich sehe mir die Page schon etwas länger an. Mir ist die große Quantität an miserablen bis gar keinen Kurzgeschichten aufgefallen; deshalb wundert mich Deine Erwartungshaltung beim Lesen einer Geschichte eines neuen Mitglieds nicht.

Ich frage mich nur jetzt ernsthaft: Wie wäre es, wenn Du als Moderator nicht so viel lesen müsstest, was eher als Durchschnitt einzuordnen wäre? Hättest Du dann auch meine Geschichte anders empfunden?

Nichtsdestotrotz sehe ich Deine Kritik und teile sie etwas. Auch mir gefällt das Vehältnis Erster Teil - Zweiter Teil nicht. Ich habe erst daran gedacht, den zweiten Teil zu strecken, dann müsste ich aber das Tempo herausnehmen. Das wäre nicht in meinem Sinne.

Den ersten Teil kürzen? Ich denke drüber nach. Könntest Du mir sagen, was man streichen könnte, Kristin?

Vielen Dank!

 

Hi,

kann mich eigentlich der Kritik von Kristin nur anschließen. Der erste Teil ist einfach zu lang.

Deine Geschichte fand ich insgesamt sehr interessant. Was ich als etwas störend empfand, waren die teilweise sehr abstrakten Ausdrücke.

Ein Kaffee sucht sich in die Kanne ...
Bildliche Sprache ist ok. Aber man sollte es nicht übertreiben. Verstehste? ;)

Fazit: deine Geschichte hat mir sehr gut gefallen, trotz des schwächeren ersten Teils. :thumbsup:

 

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