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Einsicht
Weltfremdheit, Realitätsverschiebung, geblendete Jugend hinter dem Schleier von Unwissenheit, Verdrängung von historischen Begebenheiten, die Interdependenz von jung und alt geriet in Vergessenheit. Alles Warnzeichen, die wir berücksichtigen, und vor allem vor Augen führen sollten. Aber woher rühren sie? Die Antwort liegt bei dem sukzessiv mindernden Literaturgebrauchs. Denn die Literatur ist wichtig, für uns alle, und absolut notwendig für ein gegenseitiges, wie auch weltliches Verständnis. Verständnis gegenüber Mitmenschen, anderen Kulturen, unserem Umfeld und unserem Planeten.
Die Literatur war seit jeher Spiegel unserer Zeiten. Ja, sie reflektierte mit penibelster Präzision Geschehenes und bald Passierendes. Hätte man ihr vermehrt Beachtung geschenkt, so hätte viel Grausames, wie Kriege, Genozide, Umweltkatastrophen und ökonomische Notstände vermieden werden können. Das tat man aber nicht, und somit stehen wir nun einer Welt gegenüber, die nicht nur kurz vor dem Abgrund steht, sondern in der die Menschen auch noch mit geradezu erschreckender Paralysiertheit dem Untergang entgegenblicken. Als wäre die Selbstzerstörung unsere Determination.
Interessant aber ist zu sehen, wie gerade jetzt, in dieser, ich übertreibe hier absichtlich, um den Tatbestand auch ins rechte Licht zu rücken, apokalyptischen Zeit viele Menschen ihre Zuflucht in den Büchern suchen. Ist es für dies nicht ein wenig zu spät? Oder besteht tatsächlich noch Hoffnung? Um dies zu zeigen bin ich hier, und hoffe auf offene Ohren, aber vor allem offene Geister zu stossen.
Die Schweizer Bevölkerung kann sich glücklich schätzen in einem Staat zu leben, in dem Bildung und Edukation noch gross geschrieben werden. Jedem Kind wird die Möglichkeit eine Schule zu besuchen offenbart, unabhängig davon, welchen Schultypus es zu besuchen ersucht. Das Schweizer Schulsystem gehört mitunter sehr wenigen anderen Staaten auf dieser Welt zu den besten, wenn nicht sogar das Beste. Aber dann ist ja alles in bester Ordnung könnte man meinen. Aber weit gefehlt. Sicherlich ist der durchschnittliche Bildungsgrad gegenüber anderen Ländern prozentual überdurchschnittlich, aber was bringt Wissen, wenn es falsch eingesetzt wird. Als Beispiel will ich eine ganz gewöhnliche, x-beliebige Geschichtsunterrichtsstunde nehmen:
Der Lehrer bespricht mit seinen Schülern den Hergang des zweiten Weltkrieges. An der nächsten Klausur wird genau dies geprüft informiert der Lehrer die Schüler. Die Schüler sitzen nun zu Hause und lernen alles über den Aufstieg Hitlers, den Einfall der Deutschen in Polen bis hin zur Invasion der Alliierten in der Normandie.
Was ist hier falsch, sollte man sich fragen? Die Antwort ist ganz einfach: Die Schüler lernen es nur auswendig. Somit wird die eigentliche Thematik verfälscht, auf ein Minimum von Relevanz reduziert. Nämlich: es könnte wieder passieren!! Der Fehler hierbei liegt bei den heutigen Pädagogen. An ihnen ist es doch den Schülern dieses Wissen hautnah und exemplarisch für die Labilität des Weltzustands darzulegen. Wir dürfen der Wahrheit nicht den Rücken zudrehen, denn sie kennt keine Fairness.
Und genau hierbei ist die Literatur, das jahrtausend alte Wissen unser grösster Verbündeter. Lehrt aus Büchern, denn alles andere wäre, ist Zwecksentfremdung. Aber wir Menschen scheinen nicht begreifen zu wollen. Wir, die westliche Welt, nennen uns selbst Abendland, den gebildeten Teil der Menschheit. Ach ja? In Anbetracht aller politischen, sozialen, ökonomischen und ökologischen Geschehnisse dürften wir uns nicht mal als homo sapiens bezeichnen. Denn „sapiens“ heisst einsichtig! Und das scheint auf uns wohl keineswegs zuzutreffen. Sogar im Reich der Tierwelt scheint Einsicht eine Tugend zu sein. Tiere lernen durch Schmerzen. Aber hat die Menschheit nicht schon oft Schmerzen erfahren müssen? Doch, und zwar schon zu oft.
Und genau hier gilt es einzusetzen. Wir müssen uns wieder auf die wesentlichen Dinge des Lebens besinnen. Bücher können uns dabei helfen, da ihr didaktischer Wert unschätzbar gross ist. Literatur zeigt uns nicht nur das Geschehene, sondern auch Lösungen, Problembeseitigungen in Bezug auf die Zukunft in vielerlei Hinsicht. Toleranz kann sie uns lehren. Toleranz gegenüber der Welt und deren Menschen.
Aber alles von der Geschichte abzuleiten wäre ebenfalls ein grosser Fehler. Sicherlich besteht zwischen Passiertem und Passierendem eine Kausalität, aber uns nur auf diese zu beschränken wäre unklug. Literatur weist ein breites Spektrum auf, aber in vielerlei Hinsicht auch antiquiert, denn Leben heisst Progressivität. Um mich anders auszudrücken: Die Literatur sollte vielmehr den Grundpfeiler, die Basis unserer Gesellschaft bilden. Grosse Gedanken ehemaliger Zeit sollten modifiziert und auf die heutige Welt zugeschnitten werden. Würden wir jene grosse und visionäre Ideen eins zu eins übernehmen würden sie, bedingt durch ihre Antiquiertheit im nichts verlaufen. Aber sie sind unser Ansporn, unsere Motivation, schlussendlich unsere einzige Rettung.
Sehe ich mich um so sehe ich nur Desillusioniertheit, Passivität und Hang zur Selbstaufgabe. Tatsache aber ist: Dies überrascht mich nicht einmal. Anstatt des Miteinanderlebens, werden stupide und zwangsläufig zur Debilität führende Lebenstile geführt. Was will man auch anderes erwarten, wenn unsere Jugend den Alltag vor dem Fernseher verbringt, und sich über genau jenes Medium mit sinnlosen Informationen berieseln lässt. Der Informationsfluss unserer heutigen Zeit ist zweifelsohne sehr gross, aber er blendet. Überall sieht man Kriege, Zerstörung, Naturkatastrophen. Wir beginnen zu resignieren, anstatt das Schöne zu sehen. Das ist falsch. Ich will, dass wir wieder Hoffnung schöpfen, Vergangenem gewahr sind, aber nicht davon abhängig. Wir haben noch Chancen, aber nicht mehr viele. Es ist Zeit, dass der Mensch, und vor allem unsere Jugend wieder an sich glauben. Literatur kann uns den Weg weisen, aber dafür müssen wir unsere Augen und Geist öffnen, damit wir auch den Weg, den wir beschreiten müssen, nicht verfehlen. Es gilt den Horizont zu erweitern, um nicht dem Isolationismus zu verfallen.
Jetzt heisst es gemeinsam an einer Idee festzuhalten, an etwas glauben. Bücher werden uns dabei helfen, aber dafür müssen wir auch die dargebotene Hand ergreifen!! Literatur heisst Wissen und Erkenntnis, und sie ist unsere einzige Rettung.