Einschnitte
Einschnitte
Maria hatte keine Probleme damit gehabt, sich nach und nach in den Freundeskreis von Thomas einzuschleichen. Bereits seit drei Wochen wohnte sie nun schon in der Pension Rheinblick. Sie hatte das Zimmer für sechs Wochen angemietet und im voraus bezahlt. Nach den ersten vierzehn Tagen reiner Beobachtung schaffte sie es, mit einem Freund von Thomas in Kontakt zu kommen. Die ganze Aktion lief besser, als sie gedacht hatte. Von Vorteil war natürlich, daß Thomas viele Einzelheiten seines Lebens auf seiner Homepage ausführlich dargestellt hatte. Scheinbar liebte er es, sich zu zeigen. Das war gut, denn ansonsten hätte Maria ihren Plan nie durchführen können. Die Stadt war zwar nicht gerade klein, aber doch recht überschaubar. Das machte es recht einfach, Freunde und Bekannte von Thomas ausfindig zu machen. Maria hatte einen kleinen Einkaufswagenunfall mit einem der Freunde inszeniert. Wenn sie wollte konnte sie verdammt charmant sein und diesmal hatte sie all ihren Charme spielen lassen. Nachdem sie noch gemeinsam einen Kaffee trinken waren, hatte dieser Freund sie zu einer Party am kommenden Wochenende eingeladen. Die Wahrscheinlichkeit, dort auf Thomas zu treffen, war sehr groß, gab es doch nur selten eine Party, die er sich entgehen ließ.
Freudig machte sich Maria an die Vorbereitung. Sie wollte es genießen, wollte jeden einzelnen Moment voll auskosten. Heute sollte ihr Tag sein.
Nach dem Duschen cremte sie sich mit einer wohlriechenden Lotion ein, die auf ihr Parfum abgestimmt war. Alles sollte perfekt sein, auch das kleinste Detail mußte stimmen. Rein gar nichts wollte sie dem Zufall überlassen. Sie zog ihre schwarzen Strümpfe langsam an und stellte mal wieder fest, daß sie nicht sonderlich zufrieden mit ihrer Figur war. Aber sie machte das Beste daraus und es gab mehr als einen Mann, der mit ihr ohne weiteres ins Bett gehen würde. Doch das war heute unwichtig. Heute wollte sie nur die Aufmerksamkeit von Thomas auf sich ziehen. Sie hatten ein Date. Maria lachte. Ja, sie hatten ein Date, und was für eins. Mein Lieber, du wirst dich noch wundern.
Ein letzter Blick in den Spiegel. Die schwarze Perücke saß gut. Vielleicht sollte sie sich die Haare auch so schneiden lassen – es stand ihr gut. Das Make-up war in Ordnung. Sie setzte sich die Brille mit dem schwarzen Rahmen auf. Maria war mit sich und ihrem Aussehen zufrieden – sie sah richtig heiß aus.
Nur noch schnell die Tasche packen, dann konnte sie los. Es war wichtig, daß sie keines der Utensilien vergaß. Einige waren so wichtig, daß sie ohne sie ihre ganze Aktion vergessen konnte, bei anderen konnte man durchaus improvisieren. Vor lauter Aufregung kontrollierte Maria die Tasche drei Mal.
Dann sah sie sich noch einmal im Raum um, blickte an sich herunter und verließ erwartungsvoll die Pension.
Die Party gefiel Maria. Die Leute waren lustig und alle nett zu ihr. Nachdem sie sich mit fast allen unterhalten hatte, stellte ihr endlich jemand Thomas vor, der sich zum Mittelpunkt der Party gemacht hatte. Das war ihre Chance, sie durfte ihn nicht wieder aus ihren Fingern lassen. Mit einem herausfordernden Lächeln hielt sie die Unterhaltung aufrecht. Maria wußte, worauf Thomas ansprang. Nach einer halben Stunde intensiver Unterhaltung über alle möglichen Themen, wollte Maria zur Toilette.
„Ich muß mal kurz wohin. Wir können ja danach weiter quatschen, wenn du willst.“, sagte sie zu Thomas, gab ihm einen Kuß und ging. An der Tür drehte sie sich noch einmal um und schenkte Thomas ein strahlendes Lächeln.
Als sie aus dem Bad kam, stand Thomas neben der Tür.
„Hey, wartest du auf mich? Das ist ja süß.“
Sie wartete die Antwort nicht ab, sondern gab ihm einen Kuß. Thomas, der den Kuß leidenschaftlich erwiderte, ließ seine Hände über ihren Körper wandern.
„Oh, du trägst Strapse. Sehr erotisch. Kommst du mit zu mir?“
„Da sag ich nicht nein. Du bist ja hoffentlich kein Sittenstrolch.“, sagte Maria lachend.
Sie verabschiedeten sich nicht von dem Gastgeber oder anderen, sondern schlichen sich einfach raus.
„Hast du noch etwas zu trinken hier?“, fragte Maria als sie in Thomas‘ Wohnung ankamen.
„Wie wär’s mit einem Bier? Etwas anderes habe ich zu Zeit nicht zu bieten."
Thomas, der Maria auch noch etwas zu Knabbern anbieten wollte, verschwand in der Küche. Maria nutzte die Gelegenheit und schüttete das weiße Pulver in sein Bier.
Sie lagen noch nicht lange im Bett, da merkte sie, wie Thomas müde wurde und kurz danach einschlief.
Gut so, sie machte sich ans Werk. Abschließend zündete sie die dicke Stumpenkerze an und stellte sie auf das kleine Nachtschränkchen neben dem Bett. Nachdem alles vorbereitet war, begann die lange Zeit des Wartens bis er wieder aufwachte. Es dauerte zwei Stunden.
Maria erinnerte sich, wie schwer es gewesen war, an die Tabletten heranzukommen. Midazolam, ein Mittel, das von den Ärzten vor und während chirurgischer Eingriffe verabreicht wurde und dessen Wirkung sich durch den Alkohol noch verstärkte. Sie wußte um die effektive Wirkung, war sie doch schon mehrere Male operiert worden. Im Krankenhaus Tabletten zu stehlen, war aufregend gewesen, hatte ihr einen richtigen Kick gegeben. Sie lächelte bei dem Gedanken daran.
Thomas schlug die Augen auf.
„Ach, kommen wir langsam wieder zu uns? Na, wie fühlst du dich, mein Herzblatt? Bemüh dich nicht. Du kannst weder antworten noch dich bewegen. Den Knebel in deinem Mund wirst du nicht los und an deiner Stelle würde ich mich nicht so viel bewegen. Unter dem Tuch, mit dem du am Bett festgebunden bist, habe ich dich mit Angelsehne gefesselt. Je mehr du dich bewegst, um so tiefer schneidet sie sich in dein Fleisch. Aber wenn du gerne noch mehr leiden willst... Von mir aus.“
Maria zog sich bis auf die Unterwäsche aus und setzte sich rittlings auf Thomas. Sie beugte sich vor und nahm die Kerze in die Hand.
In seinen Augen zeichnete eine Frage ab.
„Du willst wissen, was das Ganze soll? Du hast wirklich keine Ahnung, wer ich bin, oder? Das erstaunt mich jetzt aber. Immerhin weißt du doch so viel von mir. Dann will ich dir mal auf die Sprünge helfen, Herzchen. Du erinnerst dich doch sicherlich an deine Internetbekanntschaft. Du weißt schon, die die dir alles mögliche von sich erzählt hat. Die, die du dann hinterher auf deiner Seite lächerlich gemacht und gedemütigt hast.“
Ein Erkennen durchfuhr sein Gesicht.
„Ah, ich sehe, du weißt jetzt, wer ich bin. Aber du hast keine Ahnung, wie sehr du mich damit verletzt hast. Du verstehst, daß ich dich dafür bestrafen muß, oder? Vielleicht lernst du dann, daß du das Vertrauen anderer nicht so einfach mißbrauchen solltest.“
Maria hob die Kerze, die sie die ganze Zeit in ihrer Hand gedreht hatte etwas höher und bewegte sich mit ihr auf seinen Kopf zu. Thomas begann wild den Kopf zu drehen, stemmte seine Hüften hoch, versuchte das, was da kommen würde zu verhindern.
„Halt still, mein Lieber. Willst du, daß ich erst richtig böse werde? Und deinen Kopf solltest du auch nicht so viel bewegen. Oder soll das Wachs in deine Augen laufen?“
Langsam und genußvoll ließ Maria einige Tropfen des heißen Wachses auf seine Stirn laufen. Ein schmerzvolles Stöhnen war die Antwort darauf.
„Das hättest du nicht erwartet, daß du mal wegen mir stöhnen mußt.“, lachte Maria.
Wieder tropfte sie etwas Wachs auf Thomas, diesmal jedoch auf seine Brust.
„Gut, daß du keine Haare auf der Brust hast, sonst würde das Wachs nicht so schön weh tun.“
Noch immer saß sie auf seinem Unterleib und sie merkte, daß sich etwas regte.
„Ja schau einer an. Dein kleiner Freund scheint Gefallen an dem Spiel zu finden. Dann sollte ich jetzt wohl eine andere Tonart anschlagen.“
Maria ging an ihre Tasche und kam mit einem Cuttermesser zurück.
„Weißt du, es ist echt schön, daß man die einfachsten Foltergeräte im Baumarkt finden kann. So ein Messer kann wahnsinnig scharf sein, ist dir das schon mal aufgefallen?“
Die Angst in seinen Augen amüsierte Maria.
„Laß mich überlegen. Wo fang ich denn am besten an? Vielleicht an deinem Oberschenkel. Ja, ich glaub, das könnte mir gefallen.“
Sie setzte das Messer an und übte nur ein wenig Druck aus. Doch der Schnitt war nicht tief genug, so daß sie den Druck verstärken mußte. Sie führte das Messer bis zum Knie. Dann setzte sie das Messer direkt daneben noch einmal an und führte einen parallelen Schnitt durch.
„Das Gute am Geschichtsstudium ist, daß man viele Sachen lernt, die sonst kaum bekannt sind. Daß es Folter schon immer gab, weiß ja heutzutage jeder, aber hast du eine Ahnung, wie ausgefeilt die Methoden waren? Ich hab unwahrscheinlich viel gelernt. Hab keine Angst, ich werde nicht das ganze Spektrum an dir ausprobieren. Du hast Glück, so Sachen wie mit den Genitalien rumexperimentieren – da steh ich nicht drauf. Deine Eier und dein stattlicher Schwanz sind dir also sicher. Naja, laß dich einfach überraschen, was mir so einfällt.“
Als Maria den schmalen Streifen Haut abzog, fing Thomas vor Schmerz an zu schluchzen und zu weinen.
„Du verstehst, daß ich ein kleines Andenken brauche. Vielleicht sollte ich mir noch von einer anderen Stelle deines Körpers eine Scheibe abschneiden.“ Sie lachte über ihren Witz. Doch dann wurde sie wieder ernst und konzentrierte sich auf den nächsten Schnitt. Sie zögerte. Noch einmal das Bein? Nein, besser der Arm.
Die beiden Hautstreifen legte Maria vorsichtig in eine Glas mit Alkohol und stellte das Glas in ihre Tasche.
„Weißt du, das macht mir echt Spaß. Mal sehen, ich kann dich ja noch einmal besuchen. Später, wenn du dich schon in Sicherheit wiegst. Doch kommen wir jetzt erst einmal zum Höhepunkt. Und verdammt, hör endlich auf zu heulen. Ich denke, du bist so ein großer starker Mann. Über meine Gefühle, Ängste und mein ganzes Leben konntest du dich köstlich amüsieren. Na, was ist jetzt? Meinst du diese Erfahrung wäre auch was für deine Seite? Meinst du darüber würden sich auch alle lachen? Na, wie fühlt man sich auf der anderen Seite des Zauns, du elendes Schwein?“
Maria schlug ihm mit der Hand ins Gesicht. Dann wurde sie wieder ruhiger.
„Mein Ausbruch tut mir leid. Konzentrieren wir uns doch wieder auf das Wesentliche.“
Sie stand auf, zog sich dicke Handschuhe an und nahm etwas aus ihrer Tasche.
Noch immer heulte Thomas. Mit angstvollen Augen blickte er auf den kleinen dampfenden Behälter, den Maria mit einer Zange in der Hand hielt.
„Du weißt nicht, was das ist, oder? Das hat mir ein Freund aus einem Labor an der Uni besorgt. Schade, du kannst nicht raten. Dein Knebel. Es ist flüssiger Stickstoff. Hast du eine Ahnung, was man damit macht? Sicher, du bist ja ein pfiffiges Kerlchen. Man kann damit Sachen gefrieren. Wir wollen hier jetzt aber nicht fachsimpeln. Laß uns doch einfach zur Tat schreiten.“
Maria hatte sich via Internet etwas über Verletzungen durch Stickstoff informiert. Stickstoff verursachte ähnliche Verletzungen wie Verbrennungen. Schön, er würde also richtig leiden.
Scheinbar ahnte Thomas, was Maria mit ihm vorhatte, denn er versuchte sich mit letzter Kraft zu wehren.
Maria ließ ein wenig Stickstoff auf den Bauch von Thomas laufen. Er gab einen Laut von sich, der einem Schrei nicht unähnlich war.
Die junge Frau war jetzt völlig in die Folter vertieft. Sie genoß ihre Rache. Niemals würde dieser Typ sie vergessen. Wenn er schlau war, würde er daraus lernen.
Immer wieder goß sie etwas Stickstoff auf die Haut des Mannes, dem sie so sehr vertraut hatte.
Zum Abschluß wollte sie ihm noch einmal richtig weh tun. Sie wischte das blutverschmierte Bein mit einem nassen Handtuch sauber. So konnte sie die offene Wunde besser sehen. Ganz langsam goß sie dann den restlichen Stickstoff in die Wunde.
Diese Schmerzen verkraftete Thomas nicht. Er verlor das Bewußtsein.
Grund genug für Maria das Ganze zu beenden. Sie zog sich an, räumte ein wenig auf und ging. Sie ließ die Tür offen, so daß ihn früher oder später jemand finden würde. Schließlich wollte sie nicht, daß er starb.
Mit einem Hochgefühl fuhr Maria in die Pension, packte ihre Sachen und verließ die Stadt.